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VwGH 15.01.1969, 1410/68

VwGH 15.01.1969, 1410/68

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Als "Begründung" einer Berufung kann nicht schon jede nicht näher begründete Behauptung, daß der Bescheid ungesetzlich oder die vorgeschriebene Abgabe zu hoch sei und dgl, angesehen werden. Auch das allgemeine Vorbringen, die dem Bescheid zugrundegelegte Schätzung entspreche nicht dem tatsächlichen Betriebsergebnis, ist zu unbestimmt, um als ausreichende Begründung einer Berufung angesehen werden können.
Normen
RS 2
Hat der Steuerpflichtige innerhalb der vom Finanzamt erstreckten Frist keine Steuererklärung eingebracht, hat infolgedessen das Finanzamt die Besteuerungsgrundlage geschätzt und hat der Steuerpflichtige gegen die Steuerbescheide Berufungen eingebracht, in denen weder die beantragten Änderungen noch die Gründe dafür angegeben sind, dann stellt es keine ordnungsmäßige Verbesserung der Berufungen dar, wenn der Steuerpflichtige einen Verbesserungsauftrag des Finanzamtes lediglich mit der nachträglichen Abgabe der Steuererklärungen beantwortet, die zwar andere Ziffern der Bemessungrundlage, aber keine näheren Erläuterungen über die Ermittlung dieser Ziffern (Bilanzabschriften usw) enthalten. Das Finanzamt kann in solchen Fällen die Berufungen als zurückgezogen ansehen (Hinweis E , 2383/50, VwSlg 658 F/1952).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0117/59 E VwSlg 2440 F/1961; RS 1
Normen
RS 3
Wurde dem Steuerpflichtigen die Verbesserung einer wegen Fehlens der Begründung mangelhaften Berufung aufgetragen und legt er in der Folge zwar die bis dahin fehlende Steuererklärung vor, ohne jedoch die darin gemachten Angaben durch Beifügung etwa einer Bilanzabschrift zu erhärten, holt er also auf diese Weise die fehlende Begründung der Berufung nicht nach, dann kommt die Erteilung eines Ergänzungsauftrages iSd § 161 Abs 1 BAO nicht mehr in Betracht, es tritt vielmehr die Rechtsfolge des § 275 BAO ein.
Norm
RS 4
Es stellt keine ordnungsgemäße Verbesserung einer Berufung dar, wenn der Bfr einen Verbesserungsauftrag des Finanzamtes lediglich mit der nachträglichen Abgabe der Steuererklärungen beantwortet, die zwar andere Ziffern der Bemessungsgrundlage, aber keine Erläuterungen über die Ermittlung dieser Ziffern (Bilanzabschriften usw) enthalten (Hinweis E , 0117/59, VwSlg 2440 F/1961).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Finanzkommissär Dr. Glöckel, über die Beschwerde des JT in F, vertreten durch Dr. Hugo Fuhrmann, Rechtsanwalt in Wien I, Bösendorferstraße 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 335-1/67, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1964 bis 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Steiermark) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Gastwirt. Er war gegenüber der Abgabenbehörde anfänglich durch einen Wirtschaftstreuhänder, ab September 1965 durch einen Rechtsanwalt vertreten. Nachdem zunächst sein Wirtschaftstreuhänder am um Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärungen 1964 bis angesucht hatte, brachte ab Oktober 1965 sein Rechtsanwalt allmonatlich einen Antrag ein, in dem jeweils um Verlängerung der Frist für die Abgabe der Steuererklärungen 1964 um einen weiteren Monat angesucht wurde. Ab März 1966 wurden gleichartige Fristerstreckungsansuchen auch bezüglich der Steuererklärungen 1965 gestellt. Alle diese Ansuchen wurden im wesentlichen damit beründet, daß es nicht möglich gewesen sei, die für die Erstattung der Steuererklärungen notwendigen Buchungsunterlagen zu erhalten, die noch im Besitze des Wirtschaftstreuhänders seien, der den Beschwerdeführer früher vertreten habe, weil sich der Wirtschaftstreuhänder weigere, diese Unterlagen herauszugeben. Dabei wurde wiederholt in Aussicht gestellt, daß man gegen den Wirtschaftstreuhänder gerichtliche Schritte einleiten und eine Anzeige bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gegen ihn erstatten werde bzw. den Gewinn auf Grund der vorhandenen Wareneinsatz-Ziffern vorläufig wenigstens kalkulatorisch ermitteln werde. Umsatzsteuererklärungen waren für 1964 am , für 1965 am überreicht worden.

Als bis trotz 20 Fristverlängerungsansuchen für 1964 und 7 Fristverlängerungsansuchen für 1965 für die genannten Jahre noch immer keine Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen eingebracht worden waren, nahm das Finanzamt die Steuerveranlagung gemäß § 184 BAO im Schätzungswege vor, wobei es zu den erklärten Umsätzen einen 5%igen Sicherheitszuschlag hinzurechnete und den Reingewinn mit 10 % (1964) bzw. 12 % (1965) vom Umsatz ermittelte.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Steuerbescheide Berufung. Hiebei führte er aus, daß die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung nicht dem tatsächlichen Betriebsergebnis entspreche. Er beantragte, der Berufung dahingehend stattzugeben, daß er auf Grund der nachzureichenden Abgabenerklärungen für die Jahre 1964 und 1965 zur Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer veranlagt werde.

Das Finanzamt erteilte hierauf dem Beschwerdeführer einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 275 BAO, weil aus der eingereichten Berufung nicht ersichtlich sei, in welchen Punkten die einzelnen Bescheide angefochten bzw. welche Änderungen beantragt würden, und auch eine Begründung fehle, weil die Berufung sich auf die Steuererklärungen 1964 und 1965 stütze, die jedoch nicht eingereicht worden seien. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß die Berufung als zurückgenommen gelte, falls die Mängel in der erteilten Frist nicht behoben würden.

Der Beschwerdeführer entsprach diesem Antrag insoweit, als er innerhalb der erteilten Mängelbehebungsfrist die Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für 1964 und 1965 - allerdings ohne Bilanzabschriften - einreichte.

Das Finanzamt erließ daraufhin einen Bescheid, in dem es aussprach, daß die Berufung als zurückgenommen gelte, weil dem Mängelbehebungsauftrag nicht vollinhaltlich entsprochen worden sei. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er bestritt, dem Mängelbehebungsauftrag nicht vollinhaltlich entsprochen zu haben, da er die Steuererklärungen für 1964 und 1965 auftragsgemäß vorgelegt habe. Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer die Begründung der gegen die Abgabenbescheide eingebrachten Berufung auf noch einzubringende Steuererklärungen abgestellt habe. Der Beschwerdeführer habe den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Gemäß § 28 c Abs. 2 EStG sei der Abgabepflichtige verpflichtet, seiner Steuererklärung die Betriebsvermögensübersichten beizuschließen. Diese seien demnach als ein integrierender Bestandteil der Steuererklärung anzusehen; eine Steuererklärung ohne beigeschlossene Bilanz sei nicht vollständig. Durch die Bekanntgabe einer Gewinnziffer in den Steuererklärungen habe der Beschwerdeführer zwar sein Berufungsbegehren präzisiert, mangels Vorlage der Bilanzen sei er aber, die Begründung seines Begehrens schuldig geblieben, weil mit der Bekanntgabe einer Gewinnziffer allein noch keine Gründe, die ihre Richtigkeit erhärten, erbracht seien. Da der Beschwerdeführer sein Begehren auch nicht in anderer Weise begründet habe, sei seine Berufung wegen unvollständiger Mängelbehebung infolge unvollständig beigebrachter Steuererklärungen abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 250 Abs. 1 BAO muß eine Berufung u.a. auch eine Begründung enthalten. Wenn eine Berufung nicht den im § 250 BAO umschriebenen Erfordernissen entspricht, so hat gemäß § 275 BAO die Abgabenbehörde erster Instanz dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

Im vorliegenden Fall wird auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten, daß die von ihm ursprünglich eingebrachte Berufung wesentliche Mängel enthielt, weil ihre Begründung sich auf die Behauptung beschränkte, daß die vom Finanzamt durchgeführte Schätzung nicht dem Betriebsergebnis entspreche, weshalb der Berufung dahin stattgegeben werden solle, daß der Beschwerdeführer auf Grund nachzubringender Abgabenerklärungen veranlagt werden möge. Der Beschwerdeführer meint jedoch, durch die Vorlage der Abgabenerklärungen innerhalb der Mängelbehebungsfrist dem ihm erteilten Auftrag vollinhaltlich entsprochen zu haben. Wenn das Finanzamt die Abgabenerklärung wegen der Nichtbeigabe von Bilanzabschriften als unvollständig angesehen habe, hätte es nicht die Rechtsfolge des § 275 BAO daran knüpfen dürfen, sondern einen Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO erteilen müssen.

Hiebei übersieht jedoch der Beschwerdeführer, daß im vorliegenden Fall nur zu prüfen war, ob die Berufung des Beschwerdeführers eine Begründung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. d BAO enthalten hatte. Dabei kann als "Begründung" im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht schon jede nicht näher begründete Behauptung, daß der Bescheid ungesetzlich oder die vorgeschriebene Abgabe zu hoch sei u. dgl., angesehen werden. Auch das in der gegenständlichen Berufungsschrift enthaltene allgemeine Vorbringen, die Schätzung entspreche nicht dem tatsächlichen Betriebsergebnis, war zu unbestimmt, um als ausreichende Begründung einer Berufung angesehen werden zu können. Gerade diesen Mangel hätte der Beschwerdeführer durch entsprechend begründete Ausführungen beheben sollen; er hätte beispielsweise auf die aus seinen Jahresabschlüssen ersichtlichen Betriebsergebnisse hinweisen und hiezu die betreffenden Bilanzabschriften vorlegen können. So aber hat er sich darauf beschränkt, in Steuererklärungsformblätter durch nicht erhärtete Ziffern einzusetzen, die für sich allein nicht als ausreichende Berufungsbegründung angesehen werden konnten. Dabei war die Form, in welcher diese Ziffern geboten wurden, völlig irrelevant. Denn es handelte sich ja in diesem Verfahrensstadium nicht mehr um die Frage der Abgabe von Steuererklärungen, weshalb - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch ein Ergänzungsauftrag nach § 161 Abs. 1 BAO nicht mehr in Frage kam. Es ging jetzt vielmehr ausschließlich darum, die bereits eingebrachte Berufung hinreichend zu begründen; hiefür waren aber durch nichts erhärtete Ziffern - mögen sie nun innerhalb eines Formblattes oder außerhalb eines solchen aufscheinen - jedenfalls unzureichend. Denn es stellt, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zu der mit § 275 BAO gleichlautenden Bestimmung des § 19 Abs. 2 AbgRG ausgeführt hat, keine ordnungsgemäße Verbesserung einer Berufung dar, wenn der Berufungswerber einen Verbesserungsauftrag des Finanzamtes lediglich mit der nachträglichen Abgabe der Steuererklärungen beantwortet, die zwar andere Ziffern der Bemessungsgrundlage, aber keine Erläuterungen über die Ermittlung dieser Ziffern (Bilanzabschriften usw.) enthalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 117/59, Slg. Nr. 2440/F).

Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten des Verwaltungsgerichtshofverfahrens gründet sich auf § 48 Abs. 2 VwGG 1965.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 3841 F/1969;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1969:1968001410.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-54864