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VwGH 01.10.1979, 1239/76

VwGH 01.10.1979, 1239/76

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
UStG 1959 §2 Abs2 Z2
RS 1
Ein Einzelunternehmer, der sowohl einziger Kommanditist einer branchengleichen GmbH & Co KG als auch Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH ist, kann nicht als Organträger der Komplementär-GmbH angesehen werden, wenn sich deren Tätigkeit auf die Geschäftsführerfunktion bei der KG beschränkt. Dies schon deshalb, weil durch die Geschäftsführertätigkeit keine wirtschaftliche Eingliederung in das Einzelunternehmen im Sinne des § 2 Abs 2 Z 2 UStG 1959 begründet wird. Besteht aber zwischen dem Einzelunternehmer und der Komplementär-GmbH kein Organschaftsverhältnis, dann ist im Hinblick auf die Beteiligung der rechtlich selbständigen GmbH an der KG das Vorliegen einer Unternehmereinheit zwischen Einzelunternehmen und KG zu verneinen.

Entscheidungstext

Beachte

Vorgeschichte:

0050/73 E ;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Simon, Dr. Iro, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über die Beschwerde der JK GesmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. Herbert Weber, Rechtsanwalt in Wien IV, Prinz-Eugenstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6-2425/10/75, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1969 und 1970, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Hans Pfersmann für Rechtsanwalt Dr. Herbert Weber, sowie des Vertreters der belangten Behörde, Hofrat KS, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 1.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende KG betreibt ein Bau- und Sprengunternehmen. Einziger Komplementär der KG ist die JK Ges. m. b. H., einziger Kommanditist ist JK, der wiederum alleiniger Gesellschafter der Komplementär Ges. m. b. H. und außerdem Alleininhaber einer Einzelfirma ist. In den Jahren 1969 und 1970 stellte die KG dem Einzelunternehmen Arbeitskräfte entgeltlich zur Verfügung. Das Finanzamt unterzog diese Entgelte der Umsatzsteuer. In der dagegen erhobenen Berufung vertrat die KG die Auffassung, daß es sich hiebei um nicht steuerbare sogenannte Innenumsätze gehandelt habe, da zwischen der KG und dem Einzelunternehmen Unternehmereinheit bestehe. Die abweisende Berufungsentscheidung, mit der die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) das Vorliegen einer Unternehmereinheit verneinte, wurde mit Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten und mit Erkenntnis vom , Zl. 50/73, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Grund für die Aufhebung war, daß die belangte Behörde nicht geprüft hatte, ob im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen der Komplementärgesellschaft m. b. H. und dem Einzelunternehmen ein Organschaftsverhältnis bestand. Zutreffendenfalls wäre nämlich nicht die Ges. m. b. H., sondern deren Organträger JK als Komplementär der KG anzusehen gewesen, was schließlich im Hinblick auf die dann vorliegende Personenidentität zwischen KG und Einzelunternehmen dazu geführt hätte, daß das Vorliegen einer Unternehmereinheit zu bejahen gewesen wäre.

Im fortgesetzten Verfahren kam die belangte Behörde zu dem Ergebnis, daß von den drei Eingliederungsmerkmalen, die der Gesetzgeber im § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1959 als Voraussetzung für das Vorliegen eines Organschaftsverhältnisses normiert hat, im streitgegenständlichen Fall nur die finanzielle Eingliederung zu bejahen sei, während eine wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Komplementärgesellschaft m. b. H. in das Einzelunternehmen nicht vorliege. Die Komplementärgesellschaft m. b. H. sei nämlich ausschließlich als Geschäftsführerin der KG tätig und entfalte losgelöst von dieser Funktion keine eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten. Für sich allein betrachtet ergänze sie daher in keiner Weise wirtschaftlich die Unternehmertätigkeit des Einzelunternehmens. Auch eine organisatorische Eingliederung sei zu verneinen, weil der Umstand, daß alle organisatorischen Maßnahmen sowohl beim Einzelunternehmen als auch bei der Komplementärgesellschaft m. b. H. ausschließlich von der Person des JK bzw. von jener Person ausgehen, die von JK jeweils gleichzeitig als Prokurist des Einzelunternehmens und als Geschäftsführer der Ges. m. b. H. bestellt sei, noch keinen Beweis für eine Unterordnung der Kapitalgesellschaft unter das Einzelunternehmen darstelle. Eine derartige Personenidentität könne vielmehr auch bei Unternehmen vorliegen, die zueinander im Verhältnis der Nebenordnung stehen. Da sohin ein Organschaftsverhältnis zwischen Komplementärgesellschaft m. b. H. und Einzelunternehmen zu verneinen sei, könne auch keine Unternehmereinheit zwischen der KG und dem Einzelunternehmen angenommen werden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Im wesentlichen vertritt die beschwerdeführende KG die Ansicht, daß die belangte Behörde die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 50/73, dahin gehend mißverstanden habe, daß die Prüfung, ob ein Organschaftsverhältnis zwischen Komplementärgesellschaft m. b. H. und Einzelunternehmen bestehe, losgelöst von der Funktion der Gesellschaft m. b. H. als Komplementär der KG und damit auch ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Tätigkeit der KG zu erfolgen habe. Nun sei aber der Gesellschaft m. b. H. vom Einzelunternehmer JK die Aufgabe zugedacht worden, nicht unter eigenem Namen, sondern unter dem Firmennamen der KG, also in Form einer Personengesellschaft mit JK als Kommanditisten unter Verwendung der ihr vom Einzelunternehmen JK zur Verfügung gestellten Anlagegüter diejenigen Tätigkeiten zu entfalten und geschäftsführend bei der KG zu leiten, welche vor Gründung der Gesellschaft m. b. H. und der KG der Einzelunternehmer unter der Einzelfirma ausgeübt habe. Diese Funktion der Gesellschaft m. b. H. sei in wirtschaftlicher Hinsicht die Funktion eines Kaufmannes. Die Tatsache, daß die KG umsatzsteuerrechtlich als selbstständiges Unternehmen anzusehen sei, ändere nichts daran, daß ihr keine eigene Rechtspersönlichkeit zukomme. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit sei daher der Komplementärgesellschaft m. b. H. zuzurechnen, die sohin entgegen der Auffassung der belangten Behörde sehr wohl eine wirtschaftliche Funktion habe. Was die organisatorische Eingliederung anlange, so komme dem Umstand, daß die strittigen Umsätze nicht bei der Komplementärgesellschaft m. b. H., sondern bei der KG verbucht wurden, im Hinblick auf deren mangelnde Rechtspersönlichkeit keine Bedeutung zu. Im übrigen müsse es dem Einzelunternehmer als Organträger freigestellt bleiben, wen er beauftrage, die Buchhaltungsarbeiten für die Komplementärgesellschaft m. b. H. zu verrichten. Die Komplementärgesellschaft m. b. H. sei somit nicht nur „reine Dienerin des Betriebs des Organträgers und der jeweiligen Anordnung desselben betreffs ihrer Tätigkeit im wirtschaftlichen Bereich unterworfen (wirtschaftliche Eingliederung)“, sondern ebenso in allen anderen Belangen „völlig eines eigenen Willens beraubt“ und somit auch organisatorisch dem Einzelunternehmen eingegliedert. Die belangte Behörde habe daher zu Unrecht die Unterordnung der Komplementärgesellschaft m. b. H. als Organ unter den Einzelunternehmer als Organträger und damit die abzuleitende Tatsache verneint, daß der Einzelunternehmer JK über sein Organ (Komplementärgesellschaft m. b. H.) als Komplementär der KG anzusehen sei, so daß gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 UStG zwischen der KG und dem Einzelunternehmen kein der Umsatzsteuer unterliegender Leistungsaustausch erfolgen könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 50/73, wurde der Erstbescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil nicht geprüft worden war, ob im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen der Komplementärgesellschaft m. b. H. und dem Einzelunternehmen umsatzsteuerrechtlich ein Organschaftsverhältnis bestanden hat. In diesem Zusammenhang wird im zitierten Erkenntnis wörtlich ausgeführt: „Nun wäre, wenn die Ges. m. b. H. - nicht die Ges. m. b. H. & Co. KG, sondern die Ges. m. b. H. für sich allein - nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse in das Einzelunternehmen derart finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert ist, daß sie umsatzsteuerrechtlich ein Organ des Einzelunternehmers im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG darstellt, der Einzelunternehmer als Organträger Komplementär der Ges. m. b. H. & Co. KG. In diesem Fall könnte das Vorliegen einer Unternehmereinheit bei der nun vorliegenden Personenidentität nicht verneint werden.“

Die beschwerdeführende KG vermeint nun, die belangte Behörde habe diese Ausführungen mißverstanden. Mit den Worten „die Ges. m. b. H. für sich allein“ sollte lediglich dem Umstand Rechnung getragen werden, daß ein Organverhältnis zwischen der KG und dem Einzelunternehmen begrifflich nicht möglich sei. Dessenungeachtet müßte jedoch die wirtschaftliche Tätigkeit der KG bei Prüfung des Organschaftsverhältnisses der Komplementärgesellschaft m. b. H. zugerechnet werden.

Dieser Auffassung kann der Gerichtshof nicht beipflichten. Im zitierten Erkenntnis sollte keineswegs die gesetzlich eindeutig geregelte, für ein Organverhältnis wesensmäßig erforderliche Voraussetzung unterstrichen werden, daß das eingegliederte Unternehmen eine juristische Person sein muß, sondern es sollte klargestellt werden, daß bezüglich der Eingliederungsmerkmale die Komplementärgesellschaft m. b. H. für sich allein und nicht in Verbindung mit den wirtschaftlichen Aktivitäten der KG zu betrachten ist. Denn der Umstand, daß das Einzelunternehmen, die KG und die Komplementärgesellschaft m. b. H. ausschließlich von ein und demselben rechtsgeschäftlichen Willen, nämlich dem des Einzelunternehmers JK geleitet wurde, war offenbar und unbestritten und brauchte daher auch nicht mehr näher untersucht zu werden. Daher gehen auch die Ausführungen der beschwerdeführenden KG, wonach die Komplementärgesellschaft m. b. H. „völlig eines eigenen Willens beraubt“ und deshalb als Organ des Einzelunternehmers anzusehen sei, ins Leere. Die umsatzsteuerliche Unselbstständigkeit einer juristischen Person ergibt sich nämlich keineswegs schon daraus, daß sie letztlich vom Willen einer einzigen physischen Person geleitet wird - sonst könnte z. B. eine sogenannte Einmann-Gesellschaft m. b. H. als Unternehmer gar nicht in Betracht kommen -, sondern nur bei Vorliegen der im § 2 Abs. 2 Z. 2 UStG 1959 genannten Eingliederungsmerkmale. Lediglich in dieser Richtung waren daher, wie dies die belangte Behörde nunmehr auch getan hat, Untersuchungen anzustellen. Dabei war aber zunächst davon auszugehen, daß die beschwerdeführende KG umsatzsteuerlich ein selbstständiges Unternehmen darstellt, dessen Lieferungen und Leistungen nicht dem Komplementär (= der Gesellschaft m. b. H.) zugerechnet werden können. Gerade dies aber tut die beschwerdeführende KG, indem sie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen sich und dem Einzelunternehmen als solche zwischen der Komplementärgesellschaft m. b. H. und dem Einzelunternehmen darzustellen versucht und dabei allgemeine handelsrechtliche Erwägungen betreffend die Funktion des Komplementärs einer KG in den Vordergrund stellt. Sie übersieht dabei, daß es im streitgegenständlichen Fall um die Frage geht, ob zwischen ihr und dem Einzelunternehmen Unternehmereinheit bestanden hat, was dann zu bejahen gewesen wäre, wenn der Einzelunternehmer als Folge der umsatzsteuerlichen Unselbstständigkeit der Komplementärgesellschaft m. b. H. selbst als Komplementär hätte angesehen werden müssen. Würde man hingegen der Argumentation der beschwerdeführenden KG folgen, dann käme der Frage nach dem Vorliegen einer Unternehmereinheit gar keine Bedeutung zu, weil dann die strittigen Umsätze nicht als solche der KG, sondern als solche des Komplementärs zu beurteilen wären, die wiederum infolge des unterstellten Organschaftsverhältnisses dem Einzelunternehmen zugerechnet werden müßten. Wie falsch das Ergebnis derartiger Überlegungen wäre, zeigt allein schon die Tatsache, daß dabei konsequenterweise die Frage nach der Personenidentität des Kommanditisten völlig unerheblich wäre.

Da unbestritten ist, daß die Komplementärgesellschaft m. b. H. außer ihrer Funktion als Geschäftsführer der beschwerdeführenden KG keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet hat, war die belangte Behörde im Recht, wenn sie eine wirtschaftliche Eingliederung der Gesellschaft m. b. H. in das Einzelunternehmen verneinte. Denn nicht die Gesellschaft m. b. H. als solche, sondern lediglich die KG hätte in diesem Fall eine das Einzelunternehmen ergänzende wirtschaftliche Tätigkeit entfalten können. Mangelte es aber im streitgegenständlichen Fall an einer wirtschaftlichen Eingliederung der Gesellschaft m. b. H. in das Einzelunternehmen, dann konnte die Prüfung einer allfälligen organisatorischen Eingliederung unterbleiben, weil eine Organschaft schon dann nicht vorliegt, wenn eines der drei gesetzlich geforderten Eingliederungsmerkmale nicht gegeben ist.

Da sich die Beschwerde demnach als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Wien, am

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Norm
UStG 1959 §2 Abs2 Z2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1979:1976001239.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAF-54363