VwGH 14.02.1963, 1197/61
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | WertZG 1955 §10; ZollG 1955 §52 Abs2 litg; |
RS 1 | Daß unrichtige Angaben über den Wert der zur Verzollung bestellten Waren in der Warenerklärung (§ 52 Abs 2 lit g ZollG 1955) von dem Verfügungsberechtigten aus einer Zollwerterklärung übernommen wurden, welche von dem Warenempfänger nach § 10 ZollwertG erstattet wurde, hindert nicht, daß für den Verfügungsberechtigten gemäß § 174 Abs 3 lit c ZollG 1955 die Zollschuld kraft Gesetzes entsteht (Hinweis E , 2667/59 VwSlg 2655 F/1962). * E , 346/63 #4 |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH Erkenntnis 1963/11/28 0346/63 1 |
Normen | WertZG 1955 §10; ZollG 1955 §52 Abs2 litg; |
RS 2 | Die nach § 52 Abs 2 lit g ZollG 1955 in die Warenerklärung aufzunehmenden Angaben über den Wert der einem Wertzoll unterliegenden Waren sind mit der Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes gemäß § 10 WertZG 1955 nicht ident. Die Bestimmungen des ZollG 1955 bieten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß durch § 52 Abs 2 lit g ZollG 1955 die Vorschrift des § 10 WertZG 1955 dahin abgeändert werden sollte, daß die in dieser Bestimmung vorgesehene Erklärung zur Ermittlung des Zollwertes ihrer Selbständigkeit entkleidet und zu einem rechtsförmlichen Bestandteile der Warenerklärung gemacht werden sollte. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH Erkenntnis 1962/05/23 2667/59 2 |
Norm | ZollG 1955 §174 Abs3 litc; |
RS 3 | Für das Entstehen der Zollschuld gemäß § 174 Abs 3 lit c ZollG 1955 kraft Gesetzes ist das subjektive Bewußtsein der Unrichtigkeit der Angaben in der Warenerklärung ohne Belang. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH Erkenntnis 1962/05/23 2667/59 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Porias und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Kadecka, Dr. Klecatsky und Dr. Skorjanec als Richter, im Beisein des Schriftführers, Sektionsrates Dr. Klein, über die Beschwerde der Firma O-Transporte in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 1158/1/VI/1961, betreffend Geltendmachung einer Eingangsabgabenschuld nach § 174 Abs. 3 lit. c des Zollgesetzes 1955, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Das Zollamt Linz fertigte in der Zeit vom bis eine Anzahl von Bananeneinfuhren auf Antrag der hierüber verfügungsberechtigten Beschwerdeführerin durch Verzollung zum freien Verkehr ab. Da die Beschwerdeführerin in den Warenerklärungen als Erzeugungs- und Herkunftsland "Belgisch-Kongo" angegeben hatte und zum Nachweis des Ursprunges der Bananen Ursprungszeugnisse, ausgestellt von der Handelskammer Antwerpen und mit einem Vidierungsvermerk des belgischen Kolonialministeriums versehen, vorgelegt hatte, hob das Zollamt die Eingangsabgaben gemäß der Tarifnummer 12 d des Zolltarifs, BGBl. Nr.445/1924, nach dem vertragsmäßig begünstigten Zollsatz von 18 Goldkronen für 100 kg ein. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 174 Abs. 3 lit. c des Zollgesetzes 1955, BGBl. Nr. 129 (ZG 1955), ein unerhoben gebliebener Eingangsabgabenbetrag von S 106.978,-- und eine Rechtsmittelgebühr von S 618,-- vorgeschrieben. Zur Begründung wurde im wesentlichen angeführt, daß Erhebungen, insbesondere Auskünfte "offizieller belgischer Stellen", ergeben hätten, daß das Stammgewicht von Bananen aus Belgisch-Kongo bzw. Ruanda-Urundi durchschnittlich 17 bis 18 kg, das Gewicht ecuadorianischer Bananen dagegen 25 kg oder mehr betrage. Nachdem die von der Beschwerdeführerin von der Firma G, Antwerpen, als Versender eingeführten Bananen ein Stamm- (Büschel)gewicht von 21,30 bis 31,90 kg aufgewiesen hatten, habe die größte Wahrscheinlichkeit dafür gesprochen, daß die Bananen nicht aus Belgisch-Kongo bzw. Ruanda-Urundi stammten und die Angaben in den Warenerklärungen über den Ursprung der Bananen sowie die Ursprungszeugnisse unrichtig seien. Diese Vermutung sei für die Zollverwaltung zur Gewißheit geworden als vom belgischen Finanzministerium mit Schreiben vom "Unterlagen" zur Verfügung gestellt worden seien, aus denen hervorgegangen sei, daß sämtliche Waggonsendungen der nach Österreich eingeführten Bananen aus Schiffen verladen wurden, die ecuadorianische Ware nach Antwerpen brachten. Für die aus einem "Nicht-GATT-Staat" stammende Ware sei der begünstigende Zollsatz von 18 Goldkronen für 100 kg nicht zugestanden. Vielmehr sei der autonome Zollsatz der Tarifnummer 12 d des Zolltarifs 1924 von 30 Goldkronen für 100 kg anzuwenden gewesen. Da die geringere Zollfestsetzung durch die unrichtigen Angaben in den Warenerklärungen bewirkt worden sei, sei für die Beschwerdeführerin die aus der Anwendung des eben bezeichneten Zollsatzes entstandene Zollschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. c ZG 1955 kraft Gesetzes entstanden. In Erledigung einer von der Beschwerdeführerin erhobenen Verjährungseinrede führte die belangte Behörde aus, daß zwar die Bemessungsverjährung nach § 144 AO nur ein Jahr betrage, doch sei für hinterzogene Abgabenbeträge eine Verjährungsfrist von zehn Jahren festgesetzt. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 582/58, komme es nicht darauf an, ob der Abgabenschuldner selbst die Abgabenbeträge hinterzogen habe. Da in der vorliegenden Rechtssache tatsachenwidrige Ursprungszeugnisse verwendet worden seien, liege der Tatbestand einer bewußt gewollten Abgabenverkürzung jedenfalls insofern vor, als bei dem ausländischen Versender wie auch bei an den Bananenimporten "interessierten und beteiligten" Personen eine Fälschungs- und Verschleierungsabsicht bestanden haben müsse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Der angefochtene Bescheid fußt auf § 174 Abs. 3 lit. c ZG 1955. Danach entsteht eine Zollschuld kraft Gesetzes für den, der durch unrichtige Angaben in der Warenerklärung bewirkt, daß eine zollpflichtige Ware zollfrei oder unter Festsetzung eines geringeren Zollbetrages vom Zollamt ausgefolgt wird, hinsichtlich des unerhoben gebliebenen Zollbetrages. Zu den Angaben, die eine Warenerklärung zu enthalten hat, gehört nach § 52 Abs. 2 lit. d ZG 1955 auch die Angabe des Erzeugungs- und Herkunftslandes der Ware. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2667 und 2668/59, ausgesprochen hat, ist für das Entstehen der Zollschuld nach § 174 lit. c ZG 1955 das subjektive Bewußtsein der Unrichtigkeit der in der Warenerklärung gemachten Angaben ohne Belang. Maßgebend ist vielmehr allein die objektive Unrichtigkeit dieser Angaben. Die Feststellung, daß die von der Beschwerdeführerin abgegebene Warenerklärungen objektiv unrichtig waren, traf die belangte Behörde in Übung der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Slg. N. F. Nr. 281/F, vom , Zl. 103/58, vom , Zl. 330/59, und vom , Zl. 2050/59) der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit hin unterliegt. Eine solche Unschlüssigkeit vermag aber der Verwaltungsgerichtshof in den die Feststellung der objektiven Unrichtigkeit der Warenerklärungen begründenden Gedankengänge der belangten Behörde nicht zu finden.
Auch die Beschwerde vermag eine solche Unschlüssigkeit nicht dazutun.
Die Beschwerde wendet weiter ein, daß die mit dem angefochtenen Bescheid geltend gemachte Abgabenschuld gemäß § 144 AO nach einem Jahr, also spätestens am , verjährt sei, weil kein eindeutiger Beweis für die Abgabenhinterziehung erbracht und damit die Annahme der nur für einen solchen Fall vorgesehenen zehnjährigen Verjährungsfrist unstatthaft sei. Dahingestellt bleiben kann, ob überhaupt im Beschwerdefall die Bestimmung des § 144 AO zur Anwendung zu gelangen hat, denn die in Rede stehende Rüge ist schon in sich unbegründet. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 582/58, ausgesprochen hat, gilt die im § 144 AO festgesetzte zehnjährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgabenbeträge ohne Rücksicht darauf, ob der Abgabenschuldner selbst die Abgaben hinterzogen hat. Es kommt nur darauf an, ob sie überhaupt hinterzogen worden sind. Daß aber im Beschwerdefall die mit dem angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Abgabenbeträge überhaupt hinterzogen worden sind, durfte die belangte Behörde aus den schon erwähnten, in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Gründen in Übung der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung annehmen, ohne hiebei eine Unschlüssigkeit zu begehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Dem nach Einbringung der Beschwerde in einem Schriftsatz vom erhobenen Antrag der Beschwerdeführerin, ein im Akt des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Zl. 24 d Vr 2195/61 erliegendes Gutachten zu Beweiszwecken einzuholen, war schon deshalb nicht stattzugeben, weil der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren nach Artikel 131 B-VG - wie sich auch aus § 41 VwGG 1952 ergibt - zur Aufnahme von Beweisen in der Verwaltungssache selbst nicht berufen ist (vgl. etwa auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1237/59).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | WertZG 1955 §10; ZollG 1955 §174 Abs3 litc; ZollG 1955 §52 Abs2 litg; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1963:1961001197.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-54246