VwGH 16.09.1965, 1126/65
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Norm | HöfeG Tir §7 |
RS 1 | Der Antrag auf Aufhebung der Eigenschaft eines geschlossenen Hofes kann nur von allen Miteigentümern gemeinsam, von einem Miteigentümer aber nur mit Zustimmung der übrigen Miteigentümer gestellt werden (Hinweis E , 1096/54 VwSlg 3789 A/1955). |
Normen | |
RS 2 | Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist dann unzulässig, wenn ein in anderer Richtung laufendes Verwaltungsverfahren den Rahmen für eine diesbezügliche Entscheidung bietet. |
Norm | VwGG §34 Abs1 |
RS 3 | Die Frage nach der Berechtigung zur Antragstellung ist die Frage nach der prozessualen Rechtsfähigkeit (Parteifähigkeit) und der prozessualen Handlungsfähigkeit (Prozessfähigkeit) Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit sind im AVG nicht behandelt. Darin ist, wie Hellbling in einem Kommentar zu den Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen Band I, S 137, zutreffend hervorgehoben hat, ein Mangel gelegen. Die Frage nach der Parteifähigkeit und der Prozessfähigkeit muss daher unter Heranziehung der Bestimmungen über die Rechts- und Handlungsfähigkeit entschieden werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Präsidenten Dr. Guggenbichler, sowie die Hofräte Dr. Krzizek, Penzinger, Dr. Knoll und Dr. Schmelz als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde der TF in X, vertreten durch Dr. Otto Perner, Rechtsanwalt in Lienz, gegen den Bescheid der Landeshöfekommission beim Amte der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LHK- 15/2, betreffend Aufhebung der Hofeigenschaft nach dem Tiroler Höfegesetze, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist verpflichtet, dem Bundeslande Tirol S 390,-- an Kosten binnen zwei Wochen bei sonstigem Zwange zu bezahlen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheide der belangten Behörde wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, die Hofeigenschaft für den geschlossenen Hof "B" in EZ, I, Katastralgemeinde X, aufzuheben, gemäß § 7 des Tiroler Höfegesetzes im Zusammenhalt mit den §§ 833 und 834 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) mangels Antragsberechtigung zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides hieß es, § 7 des Tiroler Höfegesetzes räume die Antragslegitimation für die Aufhebung der Hofeigenschaft dem Eigentümer eines Hofes ein. Sei eine Mehrheit von Eigentümern vorhanden, müsse die Frage der Willensbildung nach den Vorschriften des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches beurteilt werden. Die Erstinstanz habe festgestellt, daß zwischen der Beschwerdeführerin als Minderheitseigentümerin und der Mehrheitseigentümerin MP, keine Einigung über die Aufhebung der Höfeeigenschaft ihres gemeinsamen Anwesens besteht. Mangels Einhelligkeit innerhalb der Miteigentumsgemeinschaft könne daher nicht von einem Antrage des Eigentümers gesprochen werden. Die belangte Behörde habe sich auch veranlaßt gesehen, der Frage näherzutreten, ob eine beabsichtigte Hofauflösung als Angelegenheit der ordentlichen oder außerordentlichen Vermögensverwaltung anzusehen sei. Als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung könnten nur Verfügungen angesehen werden, die der Erhaltung und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums dienen, soweit sie notwendig und zweckmäßig seien, dem Interesse aller Miteigentümer zu dienen und keinen besonderen Kostenaufwand erfordern. Bei Beachtung dieser Kriterien sei eine Hofauflösung in Anbetracht der damit verbundenen rechtlichen Folgen für die einzelnen Miteigentümer jedenfalls eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung, für die gemäß § 834 ABGB die anteilsmäßige Mehrheit entscheide, die Überstimmten jedoch gemäß § 833 des gleichen Gesetzes Sicherstellung für künftigen Schaden, Austritt aus der Gemeinschaft und schließlich richterliche Entscheidung im Sinne des § 835 ABGB verlangen können.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und hiezu im wesentlichen ausgeführt: § 7 des Tiroler Höfegesetzes mache keine Einschränkungen dahin, daß ein Miteigentümer den in dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Antrag nicht stellen könne. Es sei daher jeder Miteigentümer zur Antragstellung berechtigt. Auch mit dem Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 833 und 834 ABGB könne die Legitimation zur Antragstellung für die Beschwerdeführerin nicht verneint werden. Die angeführten Gesetzesstellen beziehen sich nur auf die Verwaltung und den Besitz der gemeinsamen Sache sowie auf wichtige Veränderungen. Darauf habe sich aber der Antrag der Beschwerdeführerin nicht bezogen. Der Antrag habe einzig und allein auf die Feststellung gezielt, daß die im Miteigentume stehende Besitzung infolge Wegfall wesentlicher Voraussetzungen nicht mehr die Höfeeigenschaft besitze, weshalb die Behörde verpflichtet gewesen wäre, entsprechende Feststellungen zu treffen und die Höfeeigenschaft zu löschen. Durch den Antrag der Beschwerdeführerin werde keine Veränderung im Besitz oder in der Verwaltung vorgenommen, sondern nur eine Feststellung begehrt. Wenn jeder Miteigentümer berechtigt sei, die Teilungsklage einzubringen und die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, müsse er auch berechtigt sein, einen Antrag nach § 7 des Tiroler Höfegesetzes zu stellen. Durch den Antrag erfolge auch kein Eingriff in landwirtschaftliche Belange, die durch das Höfegesetz geschützt seien. Der Antrag hätte nur eine Tatsachenfeststellung begehrt, nämlich die, daß ein landwirtschaftlicher Besitz die im Gesetz geforderte Höfeeigenschaft nicht mehr besitze. Die Hofauflösung stehe im Ermessen der Höfebehörde, die darüber zu entscheiden habe, ob bei einem Hof noch die Voraussetzungen der Höfeeigenschaft gegeben seien. Schon aus diesem Gesichtspunkt müsse jeder Miteigentümer berechtigt sein, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Die Bestimmungen des Höfegesetzes sollen nur jenen zugutekommen, die einen landwirtschaftlichen Besitz mit Hofeigenschaft übernehmen, nicht aber jemandem, der einen Besitz erbe, welcher die Hofeigenschaft längst verloren habe.
Der Beschwerde mußte aus nachstehenden Erwägungen ein Erfolg versagt bleiben:
Was zunächst das Vorbringen betrifft, die Beschwerdeführerin habe nicht die Aufhebung der Hofeigenschaft, sondern nur die Feststellung begehrt, daß dem in Rede stehenden Hofe die Eigenschaft eines geschlossenen Hofes nicht mehr zukomme, so ist dies aktenwidrig. Denn in ihrem Antrage vom , durch den das gegenständliche Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt wurde, hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich beantragt, die Hofeigenschaft aufzuheben. Wie dieser Antrag gemeint war, ergibt sich zweifelsfrei daraus, daß die Beschwerdeführerin in Klammer § 7 des Tiroler Höfegesetzes hinzusetzte. Dieser Antrag wurde im Laufe des Verwaltungsverfahrens niemals geändert. Aber selbst wenn die Beschwerdeführerin nur die Erlassung eines Feststellungsbescheides begehrt hätte, hätte auch dieser Antrag zurückgewiesen werden müssen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu u. a. dessen Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 4675/A) ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides dann unzulässig, wenn ein in anderer Richtung laufendes Verwaltungsverfahren den Rahmen für eine diesbezügliche Entscheidung bietet. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil § 7 des Tiroler Höfegesetzes (Gesetz vom , LGBl. Nr. 47) bestimmt, daß dann, wenn ein geschlossener Hof durch Abtrennung oder geänderte Zweckbestimmung einzelner Bestandteile, durch Elementarereignisse oder durch andere Umstände die Eigenschaft zur Erhaltung einer Familie überhaupt dauernd verliert, über Einschreiten des Eigentümers auf Aufhebung der Hofgemeinschaft zu erkennen ist.
Aber auch in der Sache ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Auch die Beschwerdeführerin geht davon aus, daß ein auf § 7 des Tiroler Höfegesetzes gegründeter Bescheid ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt ist. Ein solcher entspricht nur dann dem Gesetze, wenn ein auf seine Erlassung gerichteter, von einer hiezu legitimierten Partei gestellter Antrag vorliegt. Die Beschwerdeführerin räumt dies ein, ist jedoch der Meinung, daß zur Stellung eines Antrages im Sinne der vorangeführten Gesetzesbestimmung jeder Miteigentümer legitimiert sei. Diese Rechtsansicht ist unzutreffend.
Wer Eigentümer eines geschlossenen Hofes und daher legitimiert ist, einen Antrag nach § 7 des Tiroler Höfegesetzes einzubringen, hat die erkennende Behörde gemäß § 38 AVG 1950 als Vorfrage nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilen, Vorliegend ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin nur zu einem Viertel Eigentümer des gegenständlichen Hofes ist, während die übrigen Eigentumsanteile sich im Besitze der Frau MP befinden, die dem Antrage der Beschwerdeführerin nicht zugestimmt hat. Die Beschwerdeführerin kann daher nicht behaupten, Eigentümer der Liegenschaft zu sein.
Die Frage nach der Berechtigung zur Antragstellung ist die Frage nach der prozessualen Rechtsfähigkeit (Parteifähigkeit) und der prozessualen Handlungsfähigkeit (Prozeßfähigkeit). Parteifähigkeit und Prozeßfähigkeit sind im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG 1950) nicht behandelt. Darin ist, wie Hellbling in seinem Kommentar zu den Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen Band I, S. 137, zutreffend hervorgehoben hat, ein Mangel gelegen. Die Frage nach der Parteifähigkeit und der Prozeßfähigkeit muß daher unter Heranziehung der Bestimmungen über die Rechts- und Handlungsfähigkeit entschieden werden. § 9 AVG 1950 bestimmt, daß, insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, diese von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - diese Voraussetzung trifft hier zu -, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen ist. Nun bestimmt § 828 ABGB, daß, solang alle Teilhaber einer gemeinsamen Sache einverstanden sind, sie nur eine Person vorstellen und das Recht haben, mit der gemeinsamen Sache nach Belieben zu schalten. Sobald sie uneinig sind, kann kein Teilhaber der gemeinschaftlichen Sache eine Veränderung vornehmen, wodurch über den Anteil des anderen verfügt würde. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist daher davon abhängig, ob durch den Antrag auf Aufhebung der Höfeeigenschaft des in Rede stehenden Hofes auch über den Anteil der anderen Miteigentümerin verfügt wird. Diese Frage ist zu bejahen. Denn den Bestimmungen des Tiroler Höfegesetzes kann nur ein Hof als solcher, niemals aber ein Eigentumsanteil an einem Hof unterliegen. Daraus folgt, daß der Antrag auf Aufhebung der Eigenschaft eines geschlossenen Hofes nur von allen Miteigentümern gemeinsam, von einem Miteigentümer aber nur mit Zustimmung der übrigen Miteigentümer gestellt werden kann. Es ist hier die gleiche Rechtslage wie im Baurechte gegeben, bezüglich welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung - vgl. hiezu u. a. sein Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 3789/A - zu der Auffassung bekannt hat, daß Miteigentümer nur im Verein miteinander einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung stellen können. Durch diese Rechtsprechung wird erreicht, daß allfällige Differenzen der Miteigentümer über die Zweckmäßigkeit eines solchen Antrages vor dem Einschreiten der Behörde allenfalls im gerichtlichen Weg ausgetragen werden müssen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb ihr kein Erfolg beschieden sein konnte, sie war vielmehr gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf § 47 Abs. 2 lit. b und § 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 im Zusammenhalt mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom , BGBl. Nr. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1965:1965001126.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-53974