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VwGH 02.05.1980, 1118/79

VwGH 02.05.1980, 1118/79

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
KFG 1967 §66;
KFG 1967 §77 Abs4;
RS 1
Die Frage der Verkehrszuverlässigkeit ist auch bei einer Entziehung der Heereslenkerberechtigung im Sinne des § 66 KFG 1967 zu prüfen.
Normen
AVG §58 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
RS 2
Ist die Mangelhaftigkeit der Begründung eines vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides wesentlich, dh ist durch sie die Partei des Verwaltungsverfahrens über die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen nicht unterrichtet und dadurch an der Verfolgung ihres Rechtsanspruches behindert worden und ist auch die Prüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes unmöglich, dann kann die Nachholung dieser unterlassenen Begründung in der Gegenschrift die der angefochtenen Entscheidung anhaftende Mangelhaftigkeit nicht beheben (daher Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; Hinweis E , 1420/48, VwSlg 1326 A/1950).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2099/59 E VwSlg 5186 A/1960 RS 2
Norm
AVG §59 Abs1;
RS 3
Der Umstand, daß eine Gesetzesstelle, die für die Entscheidung allenfalls hätte maßgebend sein können, im Spruch des Bescheides nicht angeführt ist, besagt für sich allein noch nicht, daß die Entscheidung nicht auf Grund dieser Gesetzesstelle ergangen sein konnte. Es wäre immerhin denkbar, daß aus der Begründung des Bescheides oder aus dem sonstigen Akteninhalt erkennbar ist, daß sich die Behörde bei ihrer Schlußfassung tatsächlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat und deren Anführung nur aus Versehen oder aus Beweggründen, aus denen sich in der Frage des Bescheidwillens nichts ableiten läßt, unterblieben ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0739/66 E VwSlg 7051 A/1967 RS 3
Norm
AVG §59 Abs1;
RS 4
GRS wie 1800/54 E RS 2
Normen
AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
RS 5
Lässt ein Bescheid seine Rechtsgrundlage nicht erkennen, und ist diese auch nicht aus dem vorangegangenen unterinstanzlichen Bescheid zu erschließen, so ist er im Falle der Anfechtung vor dem VwGH gem § 42 Abs 2 lit c Z 2 VwGG 1952 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1287/63 E VwSlg 6407 A/1964 RS 1
Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
RS 6
Das Parteiengehör muß von der Behörde IN FÖRMLICHER WEISE gewährt werden, sodaß es hier nicht genügt, wenn der Partei der maßgebliche Sachverhalt in irgendeiner Weise bekannt wird. (Hinweis auf E , 2091/55, VwSlg 4557 A/1958 und vom , 1180/70, VwSlg 7948 A/1971 - hier war dem Bfr IM LENKERBERECHTIGUNGSENTZIEHUNGSVERFAHREN keine Gelegenheit zur Stellungsnahme zum Gutachten eines ärztlichen Amtsachverständigen auf das sich der Entziehungstatbestand der Alkoholbeeinträchtigung iSd § 5 Abs 1 StVO, gestützt hatte gegeben, worden)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1085/78 E RS 1

Entscheidungstext

Beachte

Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen: Der mangels Kundmachung keine für den VwGH verbindliche Rechtsquelle darstellende Erlaß des BM für LV, Zl. 358.000 MotInsp 68 VI/7, bildet keine rechtliche Grundlage für die Entziehung des Kraftfahrer-Bewährungsabzeichens.

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. Onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Dorner als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Dobner, über die Beschwerde des JS in Z, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom , Zl. 4.435- 1710/Trsp/79, betreffend Entziehung einer Heereslenkerberechtigung und eines Kraftfahrer-Bewährungsabzeichens in Silber, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm dem Beschwerdeführer die Heereslenkerberechtigung entzogen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; soweit mit dem angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer das Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen in Silber entzogen wurde, wird er wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.230,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem am geborenen Beschwerdeführer, seit Offiziersstellvertreter (OStv), war am auf Grund des Art. I § 6 des Heereskraftfahrgesetzes 1958, BGBl. Nr. 52, ein Militärführerschein erteilt worden. Nachdem Art. I des Heereskraftfahrgesetzes 1958 durch § 135 Abs. 4 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267 (KFG), mit dem Ablauf des außer Kraft getreten war, gemäß § 133 Abs. 1 erster Satz erster Satzteil KFG jedoch Berechtigungen, die auf Grund der vor dem Inkrafttreten des Kraftfahrgesetzes in Geltung gewesenen Bestimmungen erteilt worden waren, unberührt geblieben sind, wurde dem Beschwerdeführer in der Folge vom Bundesminister für Landesverteidigung (Kommando der Heeresversorgungstruppen) gemäß § 77 Abs. 1 KFG die Berechtigung zum Lenken von Heeresfahrzeugen für die Gruppen A, B, C, E, F und G erteilt und hierüber am der Heeresführerschein Zl. 7/72 ausgestellt.

Am war dem Heeresmaterialamt eine "Kurzmeldung über Verkehrsunfall" mit dem dem Kennzeichen nach bestimmten Heereskraftfahrzeug erstattet worden, wonach der Beschwerdeführer anlässlich einer Probefahrt am von Hall in Tirol Straubkaserne nach Innsbruck gefahren sei. Als er in der Liebeneggstraße aus einer Parklücke (Fahrbahnerweiterung) rückwärts auf die Fahrbahn eingefahren sei, sei ihm Gfr. WE als Einweiser behilflich gewesen und habe durch lautes Zurufen bzw. durch Handzeichen das Auffahren auf einen Pkw verhindern wollen. Der Beschwerdeführer sei jedoch vom Kupplungspedal abgerutscht und auf einen parkenden dritten Pkw aufgefahren. Die Höhe des Fremdschadens habe ca. S 5.000,-- betragen. Folgende Stellungnahme des KO. des Truppenkörpers zur Verschuldensfrage war abgegeben worden: Durch das Abrutschen vom Kupplungspedal sei der Beschwerdeführer wohl Schuld tragend am gegenständlichen Unfall, jedoch könne eine entschuldbare Fehlleistung als angemessen erachtet werden. Folgende Stellungnahme des KO des Heereskörpers war abgegeben worden: Ein OStv rutsche nicht mehr von einem Kupplungspedal ab. Der Unfall sei fahrlässig verursacht worden.

Am war eine gleichartige Kurzmeldung in gleicher Weise erstattet worden, wonach der Beschwerdeführer anlässlich einer Probefahrt am über die Autobahn nach Zirl gefahren sei. Am Marktplatz in Zirl habe er mit dem Kraftfahrzeug reversieren wollen, wobei ihm TFInsp. F als Einweiser behilflich gewesen sei. Ca. 1 m vor einem parkenden Zivil-Pkw habe F beim Rückwärtsfahren das Zeichen zum Halten gegeben. Der Beschwerdeführer sei jedoch vom Bremspedal abgerutscht und infolge der dort befindlichen Steigung bzw. des Gefälles (ca. 10 %) auf den parkenden Pkw aufgefahren. Die Höhe des Sachschadens an dem Zivil-Pkw habe etwa S 20.000,-- betragen. Folgende Stellungnahme des KO. des Truppenkörpers zur Verschuldensfrage war abgegeben worden: Der Beschwerdeführer dürfte laut Unfallshergang am gegenständlichen Kfz-Unfall Schuld tragend sein. Es erscheine möglich, dass der Einweiser das Zeichen zum Anhalten für das vorhandene Gefälle nicht rechtzeitig gegeben habe, sodass das Abrutschen vom Bremspedal durch eine kraftvolle Schnellbremsung verursacht worden sei. Folgende Stellungnahme des KO. des Heereskörpers war abgegeben worden: Der Unfall sei vom Lenker des Heereskraftfahrzeuges verschuldet worden. Da der Beschwerdeführer schon bei dem im Jahre 1976 verschuldeten Unfall vom Kupplungspedal gerutscht sei, werde seinen Angaben bezüglich Abrutschens vom Bremspedal wenig Glaubwürdigkeit geschenkt.

Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung (Heeresmaterialamt) vom wurde dem Beschwerdeführer der "Heeresführerschein" (richtig: die Heereslenkerberechtigung) und das Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen in Silber befristet bis entzogen, und zwar mit folgender Begründung: Der Beschwerdeführer habe am einen Verkehrsunfall fahrlässig verschuldet, bei dem erheblicher Sachschaden entstanden sei. Da der Beschwerdeführer bereits am einen Verkehrsunfall mit erheblichem Sachschaden verschuldet habe, werde ihm der "Heeresführerschein" und das Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen befristet entzogen. Im Wiederholungsfalle müsste die unbefristete Entziehung des "Heeresführerscheines" ausgesprochen werden. Nach Ablauf der Entziehungsfrist sei von der Dienststelle ein Antrag auf Wiederausfolgung zu stellen.

Ob dieser Bescheid dem Beschwerdeführer entsprechend dem § 62 AVG 1950 zugestellt oder verkündet wurde, ist den von der belangten Behörde vorgelegten Akten nicht zu entnehmen. Auf der Urschrift dieses Bescheides befindet sich diesbezüglich nur der Vermerk: "Zur Kenntnis genommen:" und daneben die Unterschrift des Beschwerdeführers.

Am war in gleicher Weise wie am und eine weitere "Kurzmeldung über Verkehrsunfall" erstattet worden, wonach der Beschwerdeführer am (in Innsbruck) von der Burgenlandstraße kommend in die Dr. Glatzstraße eingefahren sei, wobei er nach ca. 25 m infolge Schneeglätte über die Fahrbahnmitte nach links gerutscht sei. Dadurch habe er einen entgegenkommenden Pkw behindert, wodurch dieser stark nach rechts habe ausweichen müssen und dabei einen geparkten dritten Pkw gestreift habe. In diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer den erstgenannten Pkw auf der linken Seite leicht gestreift. Die Höhe des Schadens an dem Zivil-Kraftfahrzeug habe etwa S 14.000,-- betragen. Folgende Stellungnahme des KO. des Truppenkörpers zur Verschuldensfrage war abgegeben worden: Beim gegenständlichen Kraftfahrzeug-Unfall sei das Verschulden dem Heereskraftfahrer anzulasten, da er gemäß § 7 StVO 1960 und infolge der vorhandenen Schneeglätte gemäß § 20 StVO 1960 zu wenig Sorgfalt angewendet habe. Folgende Stellungnahme des KO. des Heereskörpers war abgegeben worden: Gemäß § 20 Abs. 1 StVO 1960 habe der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Diese Bestimmung sei vom Heereskraftfahrer nicht beachtet worden, daher sei ihm die Alleinschuld an dem gegenständlichen Verkehrsunfall anzulasten.

Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung (Heeresmaterialamt) vom wurde dem Beschwerdeführer "der Heeresführerschein, ausgestellt vom Kommando der Heeresversorgungstruppen am , Zl. 7/72, für die Gruppen A, B, C, E, F, G und das Kf-Bewährungsabzeichen in SILBER mit sofortiger Wirkung auf DAUER entzogen", und zwar mit folgender Begründung: Der Beschwerdeführer habe am einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem ca. S 5.000,-- Fremdschaden entstanden sei. Am habe er den nächsten Unfall ebenfalls mit erheblichem Sachschaden (S 20.000,-- Fremdschaden) verschuldet. Das Heeresmaterialamt habe sich daher veranlasst gesehen, eine befristete Entziehung des "Heeresführerscheines" und des Kraftfahrzeug-Bewährungsabzeichens auszusprechen. Nach Ablauf der Entziehungsfrist sei dem Beschwerdeführer der Heeresführerschein und das Kraftfahrzeug-Bewährungsabzeichen wieder ausgefolgt worden. Am habe der Beschwerdeführer einen weiteren Unfall verschuldet, wobei wieder erheblicher Sachschaden entstanden sei. Da dem Beschwerdeführer nach dem Unfall vom im Wiederholungsfalle die unbefristete Entziehung angedroht worden sei und auf Grund der drei Unfälle mangelnde Verkehrszuverlässigkeit angenommen werden müsse, werde gemäß Erlass BMfLV Zahl 358.000 - MotInsp/68 VI/7 nunmehr die UNBEFRISTETE ENTZIEHUNG des Heeresführerscheines und des Kraftfahrzeug-Bewährungsabzeichens in SILBER ausgesprochen.

Gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung (Heeresmaterialamt) vom richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:.

Als Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG 1965 behauptet der Beschwerdeführer, er sei in seinem Recht auf Nichtentzug seines "Heeresführerscheines" und des Kraftfahrzeug-Bewährungsabzeichens in Silber ohne Vorliegen der Entziehungsvoraussetzungen nach § 73 im Zusammenhang mit § 77 Abs. 4 KFG und des Punktes A. 3. lit. c des Erlasses des Bundesministers für Landesverteidigung vom , Zl. 358.387-MotInsp/68, durch unrichtige Anwendung der Normen, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, 37, 39, 59 und 60 AVG 1950) verletzt. Als Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG 1965 enthält die Beschwerde im wesentlichen folgendes: Ohne weder im Spruch noch in der Begründung die angewandte Gesetzesbestimmung gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 angeführt zu haben, entziehe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer seinen "Heeresführerschein" und das Kraftfahrzeug-Bewährungsabzeichen in Silber unter Zitierung eines Erlasses des Bundesministers für Landesverteidigung, weil "auf Grund der drei Unfälle mangelnde Verkehrszuverlässigkeit angenommen werden muss". Offensichtlich habe die belangte Behörde jedoch keinerlei Erhebungen darüber durchgeführt, ob die im Bescheid angenommene mangelnde Verkehrszuverlässigkeit auch tatsächlich gegeben sei, wozu sie gemäß § 75 Abs. 1 KFG verpflichtet gewesen wäre. Zu deren Ergebnissen hätte dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt werden müssen. Dementsprechende Ausführungen fehlten daher auch in der Bescheidbegründung. Die Berufung auf einen Erlass könne sie nicht ersetzen. Desgleichen mangle es dem angefochtenen Bescheid an Ausführungen über das Vorliegen der Entzugsvoraussetzungen für das Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen, worüber offensichtlich ebenfalls keine Erhebungen durchgeführt worden seien. Der zitierte Erlass enthalte zudem keinerlei Bestimmungen über die Entziehung dieses Abzeichens. Gemäß § 77 Abs. 4 KFG habe der Bundesminister für Landesverteidigung bei Bedenken über das Vorliegen von Voraussetzungen für die "Heeresführerscheinerteilung" unverzüglich unter sinngemäßer Anwendung der §§ 73 bis 75 KFG ein Entziehungsverfahren einzuleiten bzw. den "Heeresführerschein" zu entziehen. Nach § 73 KFG sei die Lenkerberechtigung ihren Besitzern zu entziehen, wenn diese unter anderem nicht mehr im Sinne des § 66 KFG verkehrszuverlässig seien. Die belangte Behörde habe nun die gegenständliche "Heeresführerscheinentziehung", wie sie in der Bescheidbegründung ausführe, wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ausgesprochen. Eine solche mangelnde Verkehrszuverlässigkeit liege gemäß § 66 Abs. 1 KFG dann vor, wenn auf Grund der bestimmt erwiesenen Tatsachen des § 66 Abs. 2 und ihrer Wertung eine rücksichtslose Gefährdung der Verkehrssicherheit oder eine erhöhte Wahrscheinlichkeit zur Begehung sonstiger schwerer strafbarer Handlungen angenommen werden müsse. Bei Prüfung des Kataloges dieser Tatsachen, welche eine derartige Annahme rechtfertigen, zeige sich keine der dort angeführten als auf den Fall des Beschwerdeführers anwendbar. Da die mangelnde Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers von der belangten Behörde auf Grund seiner drei Unfälle angenommen werde, käme allein § 66 Abs. 2 lit. f KFG in Betracht, wonach es als eine solche Tatsache gelte, wenn ein Kraftfahrzeuglenker unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Verkehrsvorschriften verstoßen habe. Da die dem Beschwerdeführer angelasteten Unfälle weder unter besonders gefährlichen Verhältnissen noch mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern erfolgt seien, sei die Tatsache des § 66 Abs. 2 lit. f KFG, die die Annahme der belangten Behörde als gerechtfertigt erscheinen lassen würde, im Falle des Beschwerdeführers - ungeachtet der fehlenden Erhebungen durch die Behörde als nicht erfüllt anzusehen. Im Falle der besonderen Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern hätte diese im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der belangten Behörde konkret angeführt werden müssen, was aber nicht geschehen sei, da eine solche weder vorgelegen noch nachgewiesen worden sei. Ein zusätzliches Tatbestandselement zur Annahme der besonders gefährlichen Verhältnisse liege im Sinne dieser Rechtsprechung ebenfalls nicht vor. Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigten drei Unfälle ohne Personenschaden nicht zu einer solchen Annahme und daher auch nicht zum Entzug des "Heeresführerscheines". Die Bestimmungen über die Entziehung des Kraftfahrer-Bewährungsabzeichens fänden sich in Punkt A. 3. des Erlasses des Bundesministers für Landesverteidigung vom , Zl. 358.387-MotInsp/68, welcher eine Verordnung dieses Bundesministers darstelle, die in dessen Verordnungsblatt verlautbart worden sei. Demzufolge sei dieses Abzeichen bei Wegfall der Erfüllung einer für die Verleihung vorgeschriebenen Bedingung (A. 2.) zu entziehen. Hiebei sei unter anderem die Richtlinie der lit. c einzuhalten, nach der die Entziehung des "Heeresführerscheines" auch die Entziehung des Kraftfahrer-Bewährungsabzeichens, zumindest auf die gleiche Dauer, zur Folge habe. Da die für die Verleihung vorgeschriebenen Bedingungen vom Beschwerdeführer erfüllt worden seien, sei ihm das Abzeichen infolge des Entzuges seines "Heeresführerscheines" entzogen worden. Dieser sei dem Beschwerdeführer, wie oben ausgeführt, zu Unrecht entzogen worden. Aus diesem Grunde sei der Entzug dieses Abzeichens nicht im Sinne der erwähnten Norm erfolgt.

Bereits der erste Teil der Beschwerdeausführungen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Der § 77 Abs. 4 KFG bestimmt folgendes: Bestehen beim Bundesministerium für Landesverteidigung Bedenken, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Heereslenkerberechtigung auch gegeben sind, so hat es unverzüglich unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der §§ 73 bis 75 ein Verfahren zur Entziehung der Heereslenkerberechtigung einzuleiten und diese gegebenenfalls zu entziehen.

Gemäß Art. II Abs. 4 EGVG 1950 ist unter anderem das Allgemeine Verfahrensgesetz 1950 auf das behördliche Verfahren der Bundesministerien unter anderem in allen Fällen anzuwenden, in denen sie als erste Instanz einschreiten.

Gemäß § 60 AVG 1950 sind in der Begründung jedes Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dieser Bestimmung entsprach die belangte Behörde im Falle des angefochtenen Bescheides keineswegs ausreichend. Die Frage der Verkehrszuverlässigkeit ist nämlich auch bei einer Entziehung einer Heereslenkerberechtigung im Sinne des § 66 KFG zu prüfen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist aber vor allem in dieser Richtung lückenhaft. Diese Begründungslücke hindert die Nachprüfung des angefochtenen Bescheides, soweit damit die gegenständliche Heereslenkerberechtigung entzogen wurde, auf seine inhaltliche Rechtswidrigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof und belastet ihn daher mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965. Der seitens der belangten Behörde in der Gegenschrift unternommene Versuch, die unterlassene Begründung nachzuholen, ist nicht geeignet, die im angefochtenen Bescheid anhaftende Mangelhaftigkeit zu beheben. (Vgl. z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2099/59, Slg. Nr. 5186/A, und vom , Zl. 1476/77, worauf unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird.) Zur Vermeidung von Missverständnissen wird schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass nach dem Kraftfahrgesetz eine Lenkerberechtigung erteilt wird und der Führerschein bloß die Bestätigung über die erteilte Lenkerberechtigung (§ 71 Abs. 1 KFG) ist. Nach dem Kraftfahrgesetz kann der Führerschein selbst zwar abgenommen, aber nicht entzogen werden. Dieser Rechtsirrtum vermochte jedoch im vorliegenden Fall den deutlich erkennbaren Entscheidungswillen der belangten Behörde - in Wahrheit die Heereslenkerberechtigung zu entziehen - nicht zu verdecken. Gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter deutlicher Fassung und unterAnführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Der von der belangten Behörde zur Grundlage ihrer Entscheidung gemachte Erlass ist keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsquelle, weil er mangels Kundmachung gemäß § 2 Abs. 1 lit. f des Bundesgesetzes über das Bundesgesetzblatt 1972, BGBl. Nr. 293, in der geltenden Fassung, nicht als Rechtsverordnung, sondern nur als Verwaltungsverordnung (Dienstanweisung, Instruktion) zu werten ist. Der Umstand, dass eine Gesetzesstelle, die für die Entscheidung allenfalls hätte maßgebend sein können, im Spruch des Bescheides nicht angeführt ist, besagt für sich allein noch nicht, dass die Entscheidung nicht auf Grund dieser Gesetzesstelle ergangen sein konnte. Es wäre doch immerhin denkbar, dass aus der Begründungs des Bescheides oder aus dem sonstigen Akteninhalt erkennbar ist, dass sich die Behörde bei ihrer Schlussfassung tatsächlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat und deren Anführung nur aus Versehen oder aus Beweggründen, aus denen sich in der Frage des Bescheidwillens nichts ableiten lässt, unterblieben ist. (Vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 739/66, Slg. Nr. 7051/A.) Im vorliegenden Fall finden sich aber weder in der Begründung des Bescheides noch in dem sonstigen Akteninhalt entsprechende Hinweise, vielmehr ist zu bezweifeln, ob die Behörde unter dem Zwang, die hier - von ihr allenfalls - angewendete Gesetzesbestimmung zu zitieren, dem Beschwerdeführer die Heereslenkerberechtigung entzogen hätte. (Vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1800/54, Slg. Nr. 3989/A.) Auch hier vermag der von der belangten Behörde in der Gegenschrift unternommene Versuch, das Versäumte nachzuholen, die dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit nicht zu sanieren. Die belangte Behörde belastete somit den angefochtenen Bescheid, soweit damit die gegenständliche Heereslenkerberechtigung entzogen wurde, auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965. (Vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1287/63, Slg. Nr. 6407/A.)

Wie bereits oben dargelegt, handelt es sich bei dem von der belangten Behörde als Grundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogenen Erlass um keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsquelle. Somit liegt - anders als bei der Heereslenkerberechtigung - für die Entziehung des dem Beschwerdeführer zweifellos mit einem individuellen Rechtsakt verliehene Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen in Silber keine Grundlage gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG vor. Diesbezüglich belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit mit ihm die gegenständliche Heereslenkerberechtigung entzogen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965, soweit mit ihm das gegenständliche Kraftfahrer-Bewährungsabzeichen in Silber entzogen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Lediglich aus Gründen der Prozessökonomie sei für das allenfalls fortgesetzte Verfahren noch folgendes bemerkt: Die materielle Rechtskraft knüpft sich an den Spruch des Bescheides, der gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz AVG 1950 auch die "Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen" zu enthalten hat, in Verbindung mit dem den angenommenen maßgebenden Sachverhalt darstellenden Teil der Begründung, d. s. im Sinne des § 60 AVG 1950 die "Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens", während die übrigen Ausführungen der Begründung, damit also im vorliegenden Fall die in dem oben zitierten Bescheid vom - abgesehen von der Frage dessen gesetzmäßiger Erlassung - aufgenommene Androhung:

"Im Wiederholungsfalle müsste die unbefristete Entziehung des Heeresführerscheines ausgesprochen werden.", von der Rechtskraft in keiner Weise erfasst werden. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Judikatur weiters davon aus, dass das Parteiengehör von der Behörde in förmlicher Weise gewährt werden muss und dass es nicht genügt, wenn der Partei der maßgebliche Sachverhalt in irgendeiner Weise bekannt wird. (Vgl. zuletzt die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1085/78, und vom , Zl. 3016/78, worauf unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird.)

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 542.

Wien, am

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Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
KFG 1967 §66;
KFG 1967 §77 Abs4;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl;
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel
als wesentlicher Verfahrensmangel
Begründung Begründungsmangel
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung
Parteiengehör
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1980:1979001118.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAF-53951