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VwGH 19.09.1972, 1106/70

VwGH 19.09.1972, 1106/70

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Zur Wissenschaft im heutigen Sinn gehört das streng methodische Vorgehen einschließlich der Besinnung über Möglichkeiten und Grenzen der angewandten Verfahren (Gr Brockhaus).
Norm
RS 2
Wenngleich man für eine wissenschaftliche Tätigkeit nicht den Abschluß eines Hochschulstudiums als Voraussetzung ansehen wird können, setzt eine wissenschaftliche Tätigkeit doch das Vorhandensein wissenschaftlicher Kenntnisse voraus. Der wissenschaftlich Tätige muß eine schwierige Aufgabe nach streng sachlichen und objektiven Gesichtspunkten zu lösen versuchen, wobei er sich in qualifizierter Form wissenschaftlicher Methoden bedienen muß.
Norm
RS 3
Die wissenschaftliche Tätigkeit beschränkt sich nicht auf die Grundlagenforschung, sondern dient auch der Lösung von Fragen des täglichen Lebens.
Norm
RS 4
Eine an sich wissenschaftliche Tätigkeit verliert ihren Charakter als solche nicht, wenn ihr Ergebnis zu wirtschaftlichen Zwecken ausgewertet wird.
Norm
RS 5
Eine nach wissenschaftlichen Methoden mittels eigenen Spezialwissens durchgeführte Marktforschungstätigkeit und Meinungsforschungstätigkeit ist eine wissenschaftliche Tätigkeit.

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

1896/67

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, DDr. Heller, Dr. Simon und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des Dr. WF, Inhaber eines Institutes für Markt- und Meinungsforschung in Wien, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Rechtsanwalt in Wien I, Feyung 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI. vom , Zl. VI-2930/14/68, betreffend Gewerbesteuer 1964, nach durchgeführter Verhandlung und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Paul Doralt, und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzkommissär HR, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 2.393,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof hatte mit Erkenntnis vom , Zl. 1896/67, auf Grund einer Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland eine die Gewerbesteuer 1964 des Beschwerdeführers betreffende Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. In diesem Erkenntnis wurde zwar die Auffassung des beschwerdeführenden Präsidenten, daß die vom Beschwerdeführer beschäftigten 200 bis 300 Interviewer als fachlich vorgebildete Arbeitskräfte anzusehen seien und daher in Zweifel zu ziehen sei, daß der Beschwerdeführer als Leiter seines Institutes eigenverantwortlich tätig sei, abgelehnt, hingegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Tätigkeit eines Marktforschers der eines Wirtschaftstreuhänders ähnlich sei, als rechtswidrig erkannt. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers, soweit sie nicht über den Charakter einer einfachen Markterkundung hinausgehe, nicht als freiberuflich angesehen werden könne. Das Vorliegen eines freien Berufes könnte aber allenfalls dann angenommen werden, wenn die Tätigkeit des Beschwerdeführers überwiegend als eine wissenschaftliche anzusehen wäre. Hiezu habe aber der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nichts vorgebracht und auch die belangte Behörde habe darüber keine Feststellung getroffen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Honorarnoten der wissenschaftlichen Arbeiten, die die Erlöse des Jahres 1964 einbrachten, sowie Arbeitsproben bzw. Ausarbeitungen dieser Arbeiten, die die Erlöse der Monate Oktober und November 1964 einbrachten, vorzulegen. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, daß seine Tätigkeit richtig als angewandte empirische Sozialforschung zu bezeichnen sei, also eine empirische Wissenschaft sei, die an der Grenze zwischen Natur- und Geisteswissenschaften stehe. Er legte fünf Gutachten bzw. gutachtliche Stellungnahmen von Fachleuten, in erster Linie Universitätsprofessoren vor, in denen zur Frage der Wissenschaftlichkeit der Markt- und Meinungsforschung Stellung genommen wurde. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte die Summe der Honorarnote für die wissenschaftlichen Arbeiten einen Betrag von 3,012.000 S, die Summe der nicht wissenschaftlichen Arbeiten dagegen nur 157.000 S betragen.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Nach Aufhebung der ersten Berufungsentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof habe der Berufungssenat in Befolgung der Vollstreckungsanweisung des § 63 VwGG zu prüfen, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers überwiegend als wissenschaftliche Tätigkeit anzusehen gewesen sei. Selbst wenn die Ausbildung des Beschwerdeführers auf dem Gebiet eines anerkannten Wissenschaftszweiges erfolgt sei und er, mit den Methoden dieser Wissenschaft vertraut, an die Erfüllung der Aufträge herangegangen sei, die ihm von der Wirtschaft gestellt worden seien, genüge dies nicht, seine Tätigkeit als wissenschaftlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG zu beurteilen; denn aus der beispielsweisen Aufzählung der freien Berufe müsse geschlossen werden, daß unter wissenschaftlicher Tätigkeit nicht eine Arbeit auf Grund einer wissenschaftlichen Ausbildung und mit wissenschaftlichen Methoden zu verstehen sei, sondern eine Tätigkeit, die sich bemühe, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu bereichern. Bei der Auslegung des Begriffes "wissenschaftlich" in der Weise, daß schon eine wissenschaftliche Ausbildung, aus der eine Tätigkeit erfolge, und eine wissenschaftliche Methodik dieser Tätigkeit als wissenschaftlich erweise, wäre die Aufzählung bestimmter Berufe, wie etwa der Ärzte, Rechtsanwälte, Ziviltechniker im § 13 Abs. 1 Z. 1 EStG unverständlich und überflüssig, weil auch diese Berufe eine wissenschaftliche Ausbildung voraussetzten und wissenschaftliche Arbeitsweisen befolgten. Obwohl der Arzt, Rechtsanwalt, Ziviltechniker im allgemeinen keine wissenschaftliche Arbeit leisten, gelte seine Tätigkeit kraft ausdrücklicher Aufzählung seines Berufes im § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG als freiberuflich. Der Beruf des Beschwerdeführers scheine in dieser Aufzählung nicht auf und sei auch keiner der aufgezählten Tätigkeiten ähnlich. Der Senat habe daher prüfen müssen, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers, für die er den Gewinn des Jahres 1964 erzielt hatte, ihrem Hauptzweck nach in der Weise wissenschaftlich gewesen sei, daß er damit die Wissenschaft förderte oder zumindest sich zu fördern bemühte. Die vorgelegten Arbeiten stellten unwidersprochen einen repräsentativen Querschnitt für sämtliche Arbeiten des Jahres 1964 dar. Sie zeigten die Ergebnisse von Marktanalysen, die der Beschwerdeführer im Auftrag von anderen Unternehmen durchgeführt habe. Diese Arbeiten dienten dem Zweck, den Auftraggebern verschiedene Hinweise und Unterlagen dafür zu geben, wie sie ihre Betriebe durch geeignete Maßnahmen wie Produktionsgestaltung, Absatzplanung, gezielte Reklame, entsprechenden Kundendienst, Eingehen auf Konsumgewohnheiten etc. wirtschaftlich festigen oder ausbauen könnten. Diese Arbeiten sollten dem Kaufmann ermöglichen, seine kaufmännischen Entscheidungen zu treffen, wie der Beschwerdeführer selbst erläutert habe. Weder in den Arbeiten der Monate Oktober und November 1964 noch in den anderen bereits früher vorgelegten Ausarbeitungen habe der Berufungssenat Arbeiten erkennen können, deren Hauptzweck auf die Erweiterung der Kenntnisse auf dem Gebiete des Wissenschaftszweiges gerichtet war, in dem sich der Berufungswerber ausgebildet habe. Die abschriftlich vorgelegten Honorarnoten für das Jahr 1964 hätten ebenfalls keinen Anlaß zur Vermutung geboten, daß die Arbeiten des Berufungswerbers in den Monaten, für die keine Arbeitsproben vorlagen, einen anderen Zweck verfolgten. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten sagten aus, daß die auf Stichprobenstatistik gestützte Markt- und Meinungsforschung den Charakter der Wissenschaftlichkeit besitze, die Markt- und Meinungsforschung angewandte Sozialwissenschaft sei, bestimmte Arbeiten des Beschwerdeführers auf wissenschaftlichen Methoden dieser Wissenschaftszweige aufbauten, daß Arbeiten des Beschwerdeführers geeignet wären, wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse menschlicher Verhaltensweisen zu vermehren und daß sich das so gewonnene Material für die Erweiterung der Erkenntnisse auf dem Gebiet eines bestimmten Konsumbereiches hervorragend eigne. Diese Gutachten besagten somit keineswegs, daß die Arbeiten des Beschwerdeführers ihrem Hauptzwecke nach der Vermehrung der wissenschaftlichen Erkenntnisse dienten. Sie besagten lediglich, daß verschiedene Arbeiten des Beschwerdeführers geeignet wären, als Ausgangspunkte für die Erweiterung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dienen. Den Auftraggebern, von denen der Beschwerdeführer die Erlöse und damit den Gewinn des Jahres 1964 erzielt habe, käme es nicht darauf an, mit ihren Honoraren die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu mehren. Sie wollten vielmehr auf die praktischen Belange ihres Betriebes abgestimmte Unterlagen erhalten, die ihnen kaufmännische Entscheidungen ermöglichten. Daß bei einzelnen Arbeiten des Beschwerdeführers sich ein wissenschaftlicher Nebenzweck im Sinne einer Förderung der wissenschaftlichen Erkenntnisse erreicht worden sei, sei hiebei nicht entscheidend gewesen. Überdies hätte der Beschwerdeführer den Gewinn für die Erreichung des Hauptzweckes und nicht für die Erreichung des Nebenzweckes erzielt. Seine Tätigkeit sei daher nicht als wissenschaftlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG anzusehen. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit zählten gemäß § 15 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Diese abgabenrechtliche Folgerung werde durch die historische Entwicklung bestätigt, die auch das Gutachten der Beilage D zutreffend skizziert habe: Die Markterkundung habe ursprünglich zu den kaufmännischen Agenden gezählt, der Ausbau dieses kaufmännischen Bereiches habe eine Spezialisierung erfordert, die schließlich auch eine hochschulmäßige Ausbildung voraussetzte, aber weiterhin Bestandteil einer typisch kaufmännischen Tätigkeit geblieben sei, denn die Markt- und Meinungsforschung solle nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers die kaufmännische Entscheidung ermöglichen. Die kaufmännische Tätigkeit bliebe auch dann gewerblich im Sinne der §§ 28 BAO und 15 EStG, wenn sie sich praktisch verwertbarer Forschungsergebnisse aus den verschiedensten Wissensgebieten bedient habe (Hinweis auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom , Zl. 1933/56).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vorerst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die jedoch von diesem mit Erkenntnis vom , B 226/69 abgewiesen und zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer in einem sonstigen Recht verletzt worden ist, an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde. In dem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß die von der belangten Behörde getroffene Grenzziehung nicht denkunmöglich sei und daß gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG keine Bedenken bestehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Einkünfte aus freien Berufen. Zu diesen gehören insbesondere die wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die Berufstätigkeit der Ärzte, Dentisten, Rechtsanwälte und Notare, der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, der Wirtschaftstreuhänder, der Bildberichter, Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer und ähnliche Berufe. Ein Angehöriger eines freien Berufes ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Voraussetzung ist, daß er selbst auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , Zl. 1896/67, die Auffassung vertreten, es liege kein Anlaß vor, die Annahme in Zweifel zu ziehen, daß der Beschwerdeführer als Leiter seines Institutes eigenverantwortlich tätig ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat es des weiteren abgelehnt, die Tätigkeit eines Marktforschers als der eines Wirtschaftstreuhänders ähnlich zu behandeln. Er hat aber ausgesprochen, daß das Vorliegen eines freien Berufes allenfalls noch dann angenommen werden könne, wenn die Tätigkeit des Beschwerdeführers überwiegend als eine wissenschaftliche anzusehen wäre.

Im fortgesetzten Verfahren hat sich nun der Beschwerdeführer bemüht, den Beweis dafür zu erbringen, daß seine Tätigkeit überwiegend als wissenschaftlich anzusehen ist. Er hat dazu neben einer umfangreichen eigenen schriftlichen Darstellung seiner Tätigkeit auch eine Reihe von Gutachten vorgelegt, in denen einerseits zur Frage der Wissenschaftlichkeit der Marktforschung als solche und andererseits zu einzelnen Untersuchungsberichten des Beschwerdeführers Stellung genommen wurde. So führt z. B. Prof. Dr. GS von der Universität Zürich in seinem Gutachten aus, daß zahlreiche Erkenntnisse der Verbraucherpsychologie und der Verhaltensforschung den wissenschaftlichen Bemühungen der Marktforscher zu danken seien. Dies gelte natürlich nicht für alle Berichte, die als Marktforschung angeboten werden. Wenn es sich um die bloße Anwendung von anderwärts übernommenen Methoden handle, fehle das Kriterium der Wissenschaftlichkeit. Wissenschaftlich sei dagegen die Marktforschung, wenn Methoden schöpferisch zur Gewinnung neuer Erkenntnisse angewendet würden, sodaß unser Wissensstand in sachlicher oder methodischer Hinsicht bereichert wird. Zwei Berichte des Institutes für Marktforschung des Beschwerdeführers seien auf Basis eigens konstruierter Fragebogen erstellt worden. Der Fragebogen sei eine sorgfältig ausgearbeitete Neukonstruktion auch unter psychologischen Gesichtspunkten. Das so gewonnene Material eigne sich hervorragend für die Erweiterung unserer Erkenntnisse in diesem Konsumbereich. Das Material der Untersuchung scheine wertvoll, auch im Hinblick auf eine mögliche Weiterverarbeitung für rein wissenschaftliche Zwecke durch ein Universitätsinstitut. In den Gutachten von Univ. Prof. Dr. KP und des Lehrbeauftragten Dr. HF wurde darauf hingewiesen, daß die Berichte des Beschwerdeführers, die zur Untersuchung vorgelegen seien, mit wissenschaftlichen Methoden der modernen Marktforschung erstellt worden seien. In den Gutachten von Prof. Dr. N und Prof. Dr. M wurde auf die Entstehungsgeschichte der Marktforschung hingewiesen. Während die Markterkundung noch vom Betrieb selbst gemacht werden konnte, dränge die Marktforschung als wissenschaftlich fundierte Tätigkeit zur Verselbständigung, zur Ausgliederung einer eigenen Tätigkeit, nämlich des Marktforschers. Diese Tätigkeit verlange eine nach modernen wissenschaftlichen Methoden geführte Marktanalyse, Spezialwissen, um eine Antwort auf die vom Betrieb gestellten Fragen geben zu können. Die Marktforschung, gleichgültig, ob sie als Auftragsforschung durchgeführt werde oder im Rahmen eines Universitätsinstitutes, sei angewandte Sozialwissenschaft. Ihr Ziel sei die Gewinnung von Erkenntnissen, die bei der Auftragsforschung dazu dienen, Handlungsdirektiven zu entwickeln und sachgemäße Entscheidungen zu treffen, die aber außerdem geeignet sind, allgemeine sozialwissenschaftliche und spezielle wirtschaftswissenschaftliche Regeln abzuleiten, Hypothesen aufzustellen und zu verifizieren und damit auch zur Entwicklung der Wirtschaftstheorie beizutragen. Auch diese beiden Gutachter erklärten die ihnen vorgelegenen Berichte als nach den wissenschaftlichen Methoden erarbeitet und geeignet, die wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis menschlicher Verhaltensweisen zu vermehren.

Die Beschwerde wendet sich in erster Linie gegen die Ausführungen der belangten Behörde, es sei den Auftraggebern des Beschwerdeführers nicht darauf angekommen, mit ihren Honoraren die wirtschaftlichen Erkenntnisse zu mehren. Sie hätten vielmehr vom Beschwerdeführer auf die praktischen Belange ihres Betriebes abgestimmte Unterlagen erhalten wollen, die ihnen kaufmännische Entscheidungen ermöglichten. Daß bei einzelnen Arbeiten des Beschwerdeführers auch ein wissenschaftlicher Nebenzweck im Sinne einer Förderung der wissenschaftlichen Erkenntnisse erreich worden sei, sei hiebei nicht entscheidend gewesen. Überdies habe der Beschwerdeführer den Gewinn für die Erreichung des Hauptzweckes und nicht für die Erreichung des Nebenzweckes erzielt. Der Beschwerdeführer bringt dazu vor, daß es nicht maßgeblich sei, ob er mit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit die Wissenschaft fördere oder zumindest sie zu fördern bemüht habe. Maßgeblich sei, daß die Tätigkeit als solche wissenschaftlich gewesen sei.

Im Sprachgebrauch wird der Begriff der Wissenschaft in erster Linie mit den an den Hochschulen und Universitäten gelehrten Disziplinen verbunden (vgl. Bundesfinanzhof vom , BStBl. III. S 165). Wenngleich man für eine wissenschaftliche Tätigkeit nicht den Abschluß eines Hochschulstudiums als Voraussetzung ansehen wird können, setzt eine wissenschaftliche Tätigkeit doch das Vorhandensein von wissenschaftlichen Kenntnissen voraus. Der wissenschaftlich Tätige muß eine schwierige Aufgabe nach streng sachlichen und objektiven Gesichtspunkten zu lösen versuchen, wobei er sich in qualifizierter Form wissenschaftlicher Methoden bedienen und das Ergebnis seiner Arbeit geeignet sein muß, der Erweiterung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu dienen. Die wissenschaftliche Tätigkeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Grundlagenforschung, sondern dient auch der Lösung von Fragen des praktischen Lebens (vgl. Zapletal-Hofstätter, Kommentar - Einkommensteuer, § 18, S. 9). Eine an sich wissenschaftliche Tätigkeit verliert daher ihren Charakter als solche nicht, wenn ihr Ergebnis zu wirtschaftlichen Zwecken ausgewertet wird. Denn das Ergebnis einer wissenschaftlichen Arbeit büßt dadurch seine Eigenschaft ebensowenig ein, wie ein Kunstwerk, wenn es wirtschaftlichen oder Gebrauchszwecken dient (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom , Zl. 1313/57, Slg. Nr. 2190/F). Wie sich aus den vom Beschwerdeführer der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und Gutachten ergibt, ist seine Tätigkeit überwiegend als wissenschaftlich anzusehen. Die belangte Behörde hat den Inhalt der vorgelegten Gutachten nicht bestritten, sondern lediglich darauf hingewiesen, daß es den Auftraggebern, von denen der Beschwerdeführer die Erlöse erzielte, nicht darauf angekommen sei, mit ihren Honoraren die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu mehren, sondern daß diese lediglich auf die praktischen Belange ihres Betriebes abgestimmte Unterlagen zu erhalten wünschten, die ihnen kaufmännische Entscheidungen ermöglichten. Diesem Umstand kommt jedoch, wie oben ausgeführt, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Die belangte Behörde hat daher geirrt, wenn sie aus diesem Grunde die Tätigkeit des Beschwerdeführers als gewerblich ansah, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 und auf der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
Sammlungsnummer
VwSlg 4427 F/1972
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1972:1970001106.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-53915