VwGH 18.10.1965, 1031/65
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | BauO Wr §6 Abs1 |
RS 1 | Eine Bauanlage kleineren Umfanges iSd § 6 Abs 1 der BauO für Wien, liegt vor, wenn es sich an und für sich um ein Bauwerk kleineren Ausmaßes handelt, nicht aber schon dann, wenn die Anlage im Verhältnis zu der im Eigentum des Bauwerbers stehenden Fläche gering ist. Bei der Ermittlung dieses Ausmaßes macht es auch keinen Unterschied, ob zwei oder mehrere Anlagen gleichzeitig oder in einem zeitlichen Abstand von einander errichtet werden (Hinweis E , 381/64; hier: Schwimmbecken und Werkzeughütte). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Borotha, und die Hofräte Dr. Krzizek, Dr. Lehne, Dr. Striebl und Dr. Leibrecht als Richter, im Beisein des Schriftführers, prov. Landesregierungskommissärs Dr. Weingartner, über die Beschwerde des AD in W, vertreten durch Dr. Sepp Hiller, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 6, gegen die Bauoberbehörde für Wien (Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , Zl. MDR-B XIX-46/64), betreffend die Versagung einer Baubewilligung und die Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwaltes Dr. Sepp Hiller, und des Vertreters der belangten Behörde, Magistratsoberkommissärs Dr. HH,, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Gemeinde Wien Aufwendungen in der Höhe von 790,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am suchte der Beschwerdeführer beim Wiener Magistrat, M. Abt. 37, Außenstelle für den 19. Bezirk, um die Bewilligung für die Errichtung einer hölzernen Werkzeughütte im rückwärtigen Teil der Liegenschaft Wien 19, N Nr. 92, an. Diesem Ansuchen wurde mit Bescheid des Magistrates vom gemäß den §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien die Genehmigung versagt. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, die ohne Baubewilligung errichtete Baulichkeit binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides abzutragen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Zur Begründung wurde ausgeführt, für die Liegenschaft sei im vorderen Teil Bauland, Bauklasse 1, offene oder gekuppelte Bauweise, in einer Entfernung von 50 Meter von der vorderen Baufluchtlinie gemessen, Grünland, ländliches Gebiet, festgesetzt. Nach den vorgelegten Plänen sei beabsichtigt, die Werkzeughütte in dem Teil der Liegenschaft zu errichten, der als Grünland ausgewiesen sei. Da das Bauwerk weder land- und forstwirtschaftlichen noch berufsgärtnerischen Zwecken diene und wegen seiner Beschaffenheit und Größe (über 35 m2) die Widmung zu beeinträchtigen geeignet sei, widerspreche es den Bestimmungen des § 6 der Bauordnung für Wien. Eine Baubewilligung auf Widerruf hätte nicht in Betracht gezogen werden können, weil es sich bei dem Bauwerk keinesfalls um ein Provisorium handle und § 71 der Bauordnung nicht zur Umgehung zwingender Vorschriften der Bauordnung herangezogen werden könne.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer Berufung ein, der die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge gab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Werkzeughütte sei entgegen. dem Beschwerdevorbringen. keinesfalls als widmungsgemäß anzusehen. Daß die Hütte nicht land- und forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken diene, werde nicht bestritten und ergebe sich auch aus der Aktenlage, da zur gegenständlichen Liegenschaft nur ein Hausgarten gebühre. Eine Notwendigkeit zur Errichtung dieser Hütte bestehe daher nicht. Aber auch eine Bauanlage kleineren Umfanges im Sinne des § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien liege nicht vor. Der Beschwerdeführer besitze auf der Liegenschaft ein großes, im Bauland liegendes Einfamilienhaus, wo er zweifellos die nötigen Gartengeräte unterbringen könne. In dem im Grünland liegenden Teil der Liegenschaft befinde sich bereits ein Schwimmbecken, das gemäß § 70 der Bauordnung genehmigt worden sei, weil die Behörde davon ausgegangen sei, daß es sich hier um eine Bauanlage kleineren Umfanges handle, durch die die Widmung nicht beeinträchtigt werde. Die Hütte, weiche schon an und für sich sowohl nach ihrer Bodenfläche als auch im Verhältnis zur vorhandenen Gartenfläche nicht mehr kleineren Umfanges sei, komme zu dem Schwimmbecken noch hinzu, das seinerseits schon die im Grünland gelegene Fläche empfindlich beschränke insgesamt könne daher von einer Bauanlage kleineren Umfanges nicht mehr gesprochen werden. Daß die Hütte der Bewirtschaftung des Gartens diene, sei unglaubwürdig Aus der Anlage derselben sei ersichtlich daß es sich um Kabinen und einen gedeckten Sitzplatz handle. Eine Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung sei nicht in Betracht gekommen, weil das Grünland in den Randgebieten Wiens ohnehin schon durch eine „Verhüttung“ in seinem Bestande gefährdet sei. Dazu komme noch, daß die Behörde im Falle der Erteilung einer Bewilligung, wenn sie nicht Willkür üben wolle, auch in ähnlich gelagerten Fällen eine Bewilligung erteilen müßte
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerde ist nicht begründet:
Gemäß § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (Gesetz vom , BGBl. Nr. 11/1930 mit Änderungen) ist in ländlichen Gebieten die Errichtung baulicher Anlagen gestattet, die land- und forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken dienen hiezu gehören auch die erforderlichen Wohnbauten; ebenso sind auch öffentlichen Zwecken dienende Baulichkeiten zulässig. Anderen Zwecken dienende Bauanlagen kleineren Umfanges können zugelassen werden, wenn sie die Widmung dieses Gebietes nicht beeinträchtigen.
Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß die Werkzeughütte land- und forstwirtschaftlichen oder berufsgärtnerischen Zwecken dient. Die Versagung der Baubewilligung nach § 70 der Bauordnung für Wien ist daher nur dann rechtswidrige wenn die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung zu Unrecht, angenommen hat, daß es sich um keine Bauanlage kleineren Umfanges handle. Hiezu bringt der Beschwerdeführer vor, es widerspreche den Denkgesetzen zu behaupten, ein 45 m2 großes Badebecken sei ein kleineres Bauwerke nicht aber eine 35 m2 große Hütte. Im Verhältnis zu dem 4.000 m2 umfassenden Garten seien 35 m2 ein verschwindender Prozentsatz. Mit diesem Vorbringen kann jedoch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan werden.
Wenn im § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien von Bauanlagen kleineren Umfanges die Rede ist, so bedeutet dies nicht - dies hat auch die belangte Behörde verkannt -, daß die Anlage im Verhältnis zu der im Eigentum des Bauwerbers stehenden Fläche gering sein muß, sondern daß es sich an und für sich um ein Bauwerk kleineren Ausmaßes handeln muß. Bei ihrer Entscheidung ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß vorliegendenfalls für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Bauanlage kleineren Umfanges handle, das Schwimmbecken und die Werkzeughütte zusammen zu rechnen sind, beide Bauanlagen zusammen aber nicht mehr kleineren Umfanges sind. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß diese Ansicht unzutreffend ist. Für die Beurteilung der hier maßgeblichen Rechtsfrage kann es keinen Unterschied machen, ob die beiden Bauanlagen gleichzeitig oder in einem zeitlichen Abstand voneinander errichtet werden. Schwimmbecken und Werkzeughütte aber bedecken zusammen eine Fläche von 80 m2. Eine solche Bauanlage ist aber nicht mehr „kleineren Umfanges“. Dazu kommt, daß unter Bauanlagen kleineren Umfanges im Sinne der mehrfach angeführten Gesetzesstelle, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 381/64, ausgeführt hat, nur solche Bauführungen zu verstehen sind, die in einer Großstadt auch in ländlichen Gebieten notwendigerweise Platz finden müssen, wie Aussichtswarten, Erfrischungsstände oder sonstige für die erholungssuchende Bevölkerung bestimmte Baulichkeiten. Um solche Bauanlagen handelt es sich ober vorliegendenfalls nicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist weiters der Meinung daß euch die Anschauung der belangten Behörde, die Bauanlage beeinträchtige die Widmung, zutreffend ist. Wie sich nämlich aus § 4 Abs. 2 A a der Bauordnung ergibt, handelt es sich bei der Widmung „ländliches Gebiet“ um Gründe, die land- und forstwirtschaftlich oder berufsgärtnerisch zu nutzen sind. Die Errichtung einer Werkzeughütte entspricht dieser Widmung jedenfalls dann nicht, wenn die Hütte nicht der Unterbringung von Werkzeugen für eine land- und forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung des Bodens dient.
Die Versagung der Bewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien bekämpft der Beschwerdeführer im wesentlichen damit, daß durch die Errichtung der Bauanlage eine „Verhüttung“ nicht eintrete, weil sich an der gleichen Stelle schon immer eine Hütte befunden habe. Die Willkür sollte die belangte Behörde nicht darin fürchten, daß der Beschwerdeführer um eine Baubewilligung angesucht habe, sondern vielmehr darin, daß jetzt eine Widmungsbeeinträchtigung geschehe, wo sie jahrzehntelang nicht angenommen. worden sei. Dieses Vorbringen zeigt, daß der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid mißversteht. Auch der Beschwerdeführer kann die amtsbekannte Tatsache, daß das Grünland in den Randgebieten Wiens durch die Aufstellung zahlreicher Hütten seinem widmungsgemäßen Zweck weitgehend entzogen wird4 nicht bestreiten. Diesem Übelstand wird auch dadurch entgegengewirkt, daß eine Baubewilligung für eine Werkzeughütte versagt wird, die an Stelle einer früher dort bestandenen errichtet werden soll. Dem Umstand, daß sich an der gleichen Stelle bereits ein Bauwerk befunden hat, kommt nur im Wald- und Wiesengürtel, nicht aber im ländlichen Gebiet, Bedeutung zu. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 5881/A, ausgesprochen, daß die öffentlichen Rücksichten, die die Versagung einer Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien rechtfertigen, auch darin gelegen sein können, daß die Erteilung einer Baugenehmigung dazu führen könnte, daß die Behörde will sie sich nicht dem Vorwurf einer willkürlichen Handhabung des Ermessens aussetzen, auch in anderen gleichartigen Fällen eine Ausnahmegenehmigung erteilen muß. Schließlich hat der Beschwerdeführer im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch keine besonderen Gründe anzuführen vermocht, die eine Ausnahmegenehmigung rechtfertigen würden. Es ist demnach auch die Versagung der Baubewilligung nach § 71 der Bauordnung für Wien im Gesetz begründet.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abgewiesen werden. Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen, das an dem Kern der hier zur Entscheidung stehenden. Rechtsfrage vorbeigeht.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf § 47 Abs. 2 lit. b und § 48 Abs. 2 lit. a, b und d VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z 4, 5 und 6 der Verordnung vom , BGBl. Nr. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | BauO Wr §6 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1965:1965001031.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-53680