VwGH 20.11.1964, 1011/64
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
RS 1 | Bei entsprechendem Betriebsumfang können auch die Betriebskosten für einen zweiten Personenkraftwagen eines Architekten als Betriebsausgabe anerkannt werden, zumal dann, wenn die zu beaufsichtigenden Baustellen fast über das ganze Bundesgebiet verstreut sind. |
Norm | |
RS 2 | Der Absetzungsbetrag für den im Betrieb mittätigen Ehegatten kann selbst dann nur für die Monate der tatsächlichen Tätigkeit in Anspruch genommen werden, wenn die in der Zeit der Abwesenheit angefallenen Arbeiten während der restlichen Beschäftigungsdauer nachgeholt werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Raschauer als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des Dipl. Ing. EM in G gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom , Zl. S 29-164/1-I-1964, betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 1961, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid hat die belangte Behörde einer Berufung des Beschwerdeführers nur zum Teil Folge gegeben. Sie hat ihre Entscheidung, soweit Streit vor dem Verwaltungsgerichtshof besteht, wie folgt begründet
1. Zur Frage der Absetzung für die Abnutzung (AfA) von Teppichen:
Der Beschwerdeführer habe für sein Warte- und Besprechungszimmer drei Stück gebrauchte Teppiche im Gesamtwert von 17.900 S angeschafft und hiefür eine 10%ige AfA als Betriebsausgabe geltend gemacht. In der Wohnung des Beschwerdeführers würden zwei Zimmer ausschließlich betrieblich genutzt, ein Zimmer als Arbeitszimmer für die Mitarbeiter des Beschwerdeführers und ein anderes Zimmer für Besprechungen. Die gegenständlichen drei Teppiche befänden sich im Konferenzraum des Architektenbüros. Im Hinblick auf die gegebenen betrieblichen Verhältnisse würden jedoch zu der Ausstattung des Zimmers zwei Teppiche genügen. Der dritte Teppich (Anschaffungskosten 9.800 S) diene Repräsentationszwecken. Bei seiner Anschaffung seien zweifellos auch persönliche Gründe maßgebend gewesen, sodaß die betreffenden Kosten in die private Lebensspähre des Beschwerdeführers gemäß § 12 EStG verwiesen werden müßten. Hingegen sei die AfA für die beiden anderen Teppiche in der Höhe von 10 % anzuerkennen.
2. Mitarbeit der Ehegattin im Betrieb:
Die Gattin des Beschwerdeführers sei bis einschließlich März 1961 infolge einer Erkrankung arbeitsunfähig gewesen und erst ab April dieses Jahres wieder in seinem Betrieb mittätig. Der Beschwerdeführer habe in einer Niederschrift vom angegeben, daß seine Gattin ab diesem Zeitpunkte sämtliche Schreibarbeiten (Buchhaltung, Korrespondenz, Kostenvoranschläge) habe erledigen können, weil diese Arbeiten nicht mit einer körperlichen Anstrengung verbunden gewesen seien. Die Arbeitszeit habe 40 bis 50 Stunden in der Woche betragen. Der nach dem Einkommensteuergesetz vorgesehene Absetzungsbetrag für die mittätige Ehegattin könne aber nur teilweise für die Zeit, in der sie auch tatsächlich vollbeschäftigt mittätig war, anerkannt werden. Der dagegen vom Beschwerdeführer vorgebrachte Einwand, daß einer Angestellten auch im Krankheitsfalle der Lohn weiter bezahlt werde, gehe ins Leere, weil nach § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG nur die Zeit berücksichtigt werden könne, in der die Ehegattin auch tatsächlich gearbeitet habe. Infolgedessen sei der gegenständliche Absetzungsbetrag nur für die Monate April bis Dezember 1961 im Ausmaße von 7.500,-- S als Betriebsausgabe anerkannt worden.
3. Kraftfahrzeugkosten:
Der Beschwerdeführer unterhalte zwei Personenkraftwagen und habe hiefür in der Steuererklärung eine AfA von 20 % und die vollen Kraftfahrzeugkosten als Betriebsausgaben geltend gemacht. Er habe in der Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes sowie im weiteren Berufungsverfahren geltend gemacht, daß die Anschaffung eines zweiten Personenkraftwagens deshalb erforderlich gewesen sei, damit auch seine Angestellten geschäftliche Fahrten durchführen können. Es handle sich deshalb auch bei diesem Wagen um ein in seinem Betrieb eingesetztes Wirtschaftsgut. Aus einer mit dem Beschwerdeführer am aufgenommenen Niederschrift gehe aber hervor, daß einige Angestellte auch "freie Mitarbeiter" beim Beschwerdeführer seien. Ein solcher Mitarbeiter habe in der eigenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 1961 die Aufwendungen für seine Kraftfahrzeuge (Roller und Personenkraftwagen) im Ausmaß von 60 % als Betriebsausgabe geltend gemacht. Deshalb sei es nicht glaubwürdig, daß dieser Angestellte auch den Wagen des Beschwerdeführers benützt habe. Übrigens behaupte der Beschwerdeführer, entgegen seinen Ausführungen in der Berufungsschrift, daß dieser zweite Personenkraftwagen nicht allein von den Angestellten, sondern auch von ihm selbst und seiner Gattin benützt werde. Dieser Behauptung widerspreche aber die Tatsache, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben in der erwähnten Niederschrift einen Personenkraftwagen im Jahre 1962 verkauft habe, sodaß nur mehr ein solcher für den Betrieb genügt habe. Hiezu komme, daß der Beschwerdeführer die betriebliche Verwendung beider Wagen im Jahre 1961 durch keine Aufzeichnungen (wie z.B. durch Führung von Fahrtenbüchern und dgl.) habe glaubhaft machen können. Der Beschwerdeführer habe auch die entstandenen Kosten für Treibstoff von 23.609 S (gemeint sind die in der Steuererklärung angeführten "Autobetriebskosten") nicht nach den beiden Wagen trennen und keinerlei Angaben für die Aufwendungen im einzelnen machen können. Die belangte Behörde erkenne deshalb zwar 13.609 S als Treibstoffkosten im vollen Umfang als Betriebsausgaben an, der restliche Betrag von 10.000 S für den zweiten Personenkraftwagen müsse aber nach § 12 EStG in die Privatsphäre des Beschwerdeführers verwiesen werden. Weiters werde die AfA für den ersten Personenkraftwagen in Höhe von 10.673 S zur Gänze als Betriebsausgabe anerkannt. Hingegen seien die Kraftfahrzeugversicherungen nur für einen Personenkraftwagen als Betriebsausgabe anzuerkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
1. Zur Frage der AfA von Teppichen:
Der Beschwerdeführer hat laut Anlagenverzeichnis im Jahre 1961 Teppiche um 17.900 S erworben. Er bat eine Absetzung von 10 % der Anschaffungskosten, also 1.790 S, gewinnmindernd geltend gemacht. In der Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes, mit dem die Anschaffung nur eines Teppiches als notwendige Betriebsausgabe anerkannt wurde, hat er darauf hingewiesen, daß das Büro eines Architekten besonders gut ausgestattet sein müsse. Es müsse dem Beschwerdeführer überlassen bleiben, ob er Einzelteppiche hiezu verwende oder etwa einen Spannteppich, der übrigens teurer gewesen wäre. Im Laufe des Verfahrens teilte der Beschwerdeführer auf Anfrage des Finanzamtes mit, daß es sich um geknüpfte, aber gebrauchte Teppiche handle; ein dunkelbrauner (Anschaffungskosten 3500 S), ein hellbrauner (Anschaffungskosten 4.600 S) und ein bunter Teppich (Anschaffungskosten 9.800 S) die im Warte- und Konferenzraum verwendet werden. Die betriebliche Verwendung der Teppiche steht nicht in Streit, obschon die anläßlich einer Betriebsnachschau getroffene Feststellung, daß die Teppiche im Besprechungszimmer lagen, für sich allein noch keinen unwiderlegbaren Beweis für ihre tatsächliche Verwendung im Kanzleibetrieb des Beschwerdeführers gebildet hätte, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift mit Recht ausführt. Der angefochtene Bescheid verweigert aber die AfA für den wertvollsten der drei Teppiche mit der Begründung, daß er nicht zu Betriebs-, sondern zu Repräsentationszwecken angeschafft worden sei. In diesem Zusammenhang wird auf § 12 EStG Bezug genommen. Nach Z. 1 der genannten Gesetzesstelle sind u.a. Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen auch dann nicht abzugsfähige Ausgaben … wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Voraussetzung der Nichtabzugsfähigkeit ist also, daß es sich um Aufwendungen für die Lebensführung des Beschwerdeführers handelt. Die belangte Behörde ist aber hinsichtlich des in Rede stehenden Teppichs grundsätzlich davon ausgegangen, daß er nur im Betrieb des Beschwerdeführers verwendet wird und zu dessen Betriebsvermögen gehört. Da die gemäß § 7 EStG zulässige Absetzung für Abnutzung nichts anderes ist als die Aufteilung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens auf die Jahre seiner voraussichtlichen Nutzungsdauer, war auch der strittige Absetzungsbetrag für den um 9.800 S angeschafften Teppich im vorliegenden Fall abzugsfähig. Man kann nämlich bei Aufwendungen für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern, die ausschließlich dem Betriebe des Steuerpflichtigen dienen, in der Regel nicht mit Grund behaupten, daß sie für dessen "Lebensführung" gemacht wurden. Da die belangte Behörde sohin die Abzugsfähigkeit in rechtsirriger Anwendung der Bestimmungen des § 12 EStG versagte, ist der angefochtene Bescheid insoweit seinem Inhalte nach rechtswidrig.
2. Mittätigkeit der Ehegattin im Betriebe:
Außer Streit steht, daß die Gattin des Beschwerdeführers in seinem Unternehmen in der Zeit vom April bis Ende 1961 vollbeschäftigt mittätig war. In der Zeit vom Anfang dieses Jahres bis zum 31. März war ihr wegen Krankheit eine Mitarbeit unmöglich. Die Beschwerde ist nun der Meinung, daß der Absetzungsbetrag, den § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG vorsieht, in vollem Ausmaß zu gewähren sei, weil die Gattin des Beschwerdeführers die ihr obliegenden Arbeiten auch für die Zeit ihrer Abwesenheit nachgeholt und damit die fehlende Arbeitskraft ersetzt habe. Mit diesem Einwand übersieht aber die Beschwerde, daß die erwähnte gesetzliche Bestimmung den Absetzungsbetrag nur entsprechend den vollen Monaten, in denen die Mitarbeit geleistet wurde, gewährt, falls die Beschäftigung nicht das ganze Kalenderjahr hindurch gedauert hat. Es ist also auf die Vollbeschäftigung während einer bestimmten Zeit abgestellt, nicht auf unabhängig von einer Zeitspanne erbrachte Arbeitsleistungen (vgl. auch die Ausführungen in den hg. Erkenntnissen vom , Zl. 888/63, und vom , Zl. 872/62). Da die Gattin des Beschwerdeführers unbestritten nur neun Monate des Jahres 1961 vollbeschäftigt in seinem Unternehmen tätig war, konnte der Absetzungsbetrag nach § 4 Abs. 4 Z. 4 EStG nur im Ausmaß von 9/12 des Jahresbetrages gewährt werden.
3. Kraftfahrzeugkosten:
In Streit steht die Betriebszugehörigkeit des zweiten Personenkraftwagens. Die Frage ist - da der Beschwerdeführer den Gewinn nicht nach den Vorschriften für Vollkaufleute gemäß § 5 EStG zu ermitteln hat - nach den im hg. Erkenntnis vom , Zl, 2641/59, dargelegten Grundsätzen zu beantworten. Nach diesen müßte der zweite Kraftwagen, objektiv gesehen, betrieblichen Zwecken und nicht etwa bloß der Beförderung des Unternehmers von der Wohnung zum Betrieb oder gelegentlichen Fahrten zu Behörden und Ämtern dienen. Der Beschwerdeführer hat die Betriebskosten und die AfA für zwei Personenkraftwagen als Betriebsausgabe behandelt. Er hat im Verwaltungsverfahren darauf verwiesen, daß die Betriebskosten gegenüber dem Jahre 1960 nur unwesentlich gestiegen seien, sodaß die Vermutung, es habe sich um die Anschaffung eines zweiten Wagens für private Zwecke gehandelt, nicht begründet sei. Deswegen beantrage er, den nicht abzugsfähigen Privatanteil ebenso wie im Vorjahr mit 20 % zu schätzen (nicht auf 40 % zu erhöhen). In einer im Berufungsverfahren aufgenommenen Niederschrift hat er (entgegen abweichenden früheren Behauptungen) erklärt, daß beide Wagen sowohl von ihm und seiner Gattin als auch von den Angestellten benützt werden. Ein Wagen genüge nicht, weil er 20 bis 25 Baustellen im Raume von Wien bis Innsbruck einerseits und von Graz bis Leibnitz andererseits zu betreuen habe. Der angefochtene Bescheid verweigert die Anerkennung der Ausgaben für den zweiten Wagen hauptsächlich mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer auch "freie Mitarbeiter" beschäftige. Ein Mitarbeiter habe in seiner eigenen Erklärung selbst Aufwendungen für einen Roller und einen Personenkraftwagen zu 60 % als Betriebsausgaben geltend gemacht. Auch habe der Beschwerdeführer in der Niederschrift angegeben, daß er einen Personenkraftwagen verkauft habe, sodaß er schon im folgenden Jahre 1962 nur mehr einen Personenkraftwagen benötigt habe. Die Beschwerde wirft dieser Begründung mit Recht Unschlüssigkeit vor. Wenn ein Mitarbeiter des Beschwerdeführers selbst Betriebskosten für ein Kraftfahrzeug geltend macht, so ist dies noch kein zwingender Beweis dafür, daß die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschäftigung beim Beschwerdeführer gemacht wurden, zumal es sich um einen sogenannten "freien Mitarbeiter" gehandelt hat. Die belangte Behörde behauptet auch nicht, daß der betreffende Mitarbeiter ausschließlich beim Beschwerdeführer beschäftigt gewesen sei. Den Hinweis des angefochtenen Bescheides, daß der Beschwerdeführer schon im folgenden Jahr mit einem Wagen das Auslangen gefunden habe, widerlegt aber die Beschwerde damit, daß für den im Dezember 1962 verkauften Wagen der Marke Opel bereits im November desselben Jahres ein Wagen der Marke Opel Kapitän angeschafft worden sei. Zwar ist diese Behauptung der Beschwerde unüberprüfbar, weil das Anlagenverzeichnis 1962, auf das die Beschwerde Bezug nimmt, nicht in den Verwaltungsakten erliegt, doch hätte die belangte Behörde im Hinblick auf das nicht von vornherein unglaubwürdige Vorbringen, daß im Hinblick auf die weit verstreuten Baustellen oft Angestellte unverzüglich mit einem Wagen an eine Baustelle entsendet werden müssen, in eine nähere Prüfung eingehen und z.B. die von der Beschwerde erwähnten Arbeitsberichte einsehen müssen. Das Verfahren ist also, soweit es sich um die Betriebskosten und die AfA für zwei Personenkraftwagen handelt, ergänzungsbedürftig geblieben. Erst nach einer näheren Prüfung der Art und des Umfanges der Tätigkeit des Beschwerdeführers wird die belangte Behörde darüber urteilen können, ob der zweite Personenkraftwagen nur außerbetrieblichen Zwecken gedient hat.
Der Beschwerde mußte daher, soweit es sich um den unter 2.) genannten strittigen Punkt handelt, der Erfolg versagt bleiben. Da ihr aber hinsichtlich der unter 1.) und 3.) erörterten Fragen Berechtigung nicht abgesprochen werden konnte, mußte der Bescheid, da er ein einheitliches Ganzes bildet, im vollen Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG aufgehoben werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 3182 F/1964 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1964:1964001011.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAF-53629