Suchen Hilfe
VwGH 22.04.1980, 0718/80

VwGH 22.04.1980, 0718/80

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
Scheidet ein Arzt bei Weiterführung seiner Privatpraxis aus seinem Angestelltenverhältnis in einem Krankenhaus aus, so ist die "Sondergebühren" erbringende selbständige Tätigkeit im Krankenhaus kein Teilbetrieb, der aufgehoben wurde. In einem solchen Fall kommt der ermäßigte Steuersatz nach § 37 weder Aufgabe eines Teilbetriebes noch wegen eines Gewinnes infolge Wechsels der Gewinnermittlungsart in Betracht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0733/80 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gancz, über die Beschwerde des Dr. HR in S, vertreten durch Dr. Guntram Hörburger, Rechtsanwalt in Salzburg, Linzergasse 22/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat, vom , Zl. 43/1-VBK-Fr/1979, betreffend Einkommensteuer 1976, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Er war Vorstand der dermatologischen Abteilung an den Landeskrankenanstalten des Bundeslandes Salzburg und bezog als solcher neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die üblichen Klassegebühren (Sondergebühren), welche steuerlich als Einkünfte aus selbständiger Arbeit angesetzt wurden. Außerdem betreibt er eine Privatpraxis. Den Gewinn aus seiner selbständigen Tätigkeit ermittelt er gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972. In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 1976 gab der Beschwerdeführer bekannt, daß er am als beamteter Primararzt in Pension gegangen sei, die Privatpraxis werde jedoch weitergeführt. Mit der Aufgabe der gesamten Tätigkeit an den Landeskrankenanstalten sei der Tatbestand der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes im Sinne des § 24 EStG 1972 erfüllt worden. Für den aus den noch aushaftenden Forderungen an Sondergebühren errechneten Veräußerungsgewinn in der Höhe von S 162.119,-- beantrage er deshalb nach Abzug des Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1972 die Anwendung des begünstigten halben Steuersatzes für außerordentliche Einkünfte gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 EStG 1972.

Mit der Begründung, daß es sich beim behaupteten Veräußerungsgewinn nur um die laufenden Einnahmen aus der Tätigkeit als Primararzt handle, lehnte das Finanzamt die Anerkennung eines begünstigten Veräußerungsgewinnes ab.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß die Sondergebühren steuerlich als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gewertet worden seien. Als Gewinn sei der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt worden. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben könnten nur im Rahmen eines Betriebes anfallen und die Honorarforderungen, auf denen die Betriebseinnahmen beruhten, müßten demnach Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens sein. Die Gesamtheit der Wirtschaftsgüter im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Tätigkeit an den Landeskrankenanstalten stelle sich steuerrechtlich als ein Teilbetrieb dar. Was für die Veräußerung gelte, müsse auch für die Betriebsaufgabe gelten. Außerdem stellte der Beschwerdeführer den Alternativantrag, den ausgewiesenen Gewinn als Übergangsgewinn im Sinne des § 37 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972 mit dem begünstigten Steuersatz zu besteuern, wobei allerdings der Freibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1972 wegfalle.

Eine den Berufungsausführungen nicht Rechnung tragende Berufungsvorentscheidung setzte der Beschwerdeführer durch den Antrag, seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen, außer Wirksamkeit.

In der vor der belangten Behörde durchgeführten Berufungsverhandlung wurde vorgebracht, daß auch die Aufzeichnungen für die jeweiligen Tätigkeiten getrennt geführt worden seien, lediglich in den Steuererklärungen sei eine Zusammenfassung erfolgt.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid verneinte die belangte Behörde das Vorliegen eines Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 24 EStG 1972 und lehnte auch eine Tarifbegünstigung gemäß § 37 Abs. 1 leg. cit. ab.

Der Beschwerdeführer habe in einem örtlich geschlossenen Wirkungskreis eine einheitliche Tätigkeit ausgeübt und diese nicht aufgegeben, sondern nur eingeschränkt. Obwohl der Beschwerdeführer seine Tätigkeit an mehreren Stellen der Stadt ausgeübt habe, müsse dennoch von einem geschlossenen örtlichen Arbeitsbereich gesprochen werden, der der Annahme eines Teilbetriebes entgegenstehe. Da bei einem Primararzt die Behandlung im Krankenhaus vielfach in der Privatordination beginne oder ende, überschneide sich der Patientenkreis derart, daß von getrennten und verschiedenen "Kundenkreisen" nicht gesprochen werden könne. Auch steigende Einnahmen aus der Privatordination nach Aufgabe der Tätigkeit im Krankenhaus sprächen für eine einheitliche und gleichartige Tätigkeit. Die Führung verschiedener Bankkonten für die verschiedenen Einnahmen sei dabei belanglos bzw. üblich. Liege keine Aufgabe eines Teilbetriebes im Sinne des § 24 EStG 1972, sondern nur eine Einschränkung der Tätigkeit vor, dann stellten die nach der Pensionierung eingehenden Forderungen laufende Einnahmen der weiterhin ausgeübten ärztlichen Tätigkeit dar. Außerordentliche Einkünfte, die gemäß § 37 EStG 1972 mit einem begünstigten Steuersatz zu versteuern wären, fielen nicht an. Dieses Ergebnis müsse als durchaus befriedigend angesehen werden, weil es der Zweck der Begünstigung nach § 37 EStG 1972 sei, der Progression des Einkommensteuertarifes vorzubeugen, die durch das Zusammentreffen ordentlicher mit außerordentlichen Einkünften entstehe. Eine solche Zusammenballung von Einkünften oder eine zusätzliche Versteuerung bisher nicht erfaßter Vorgänge finde im vorliegenden Falle jedoch nicht statt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Ebenso wie Gewinne, die sich aus der Veräußerung eines Betriebes (hier eines behaupteten Teilbetriebes) ergeben, sind die anläßlich der Betriebsaufgabe (Aufgabe eines Teilbetriebes) entstehenden Gewinne (§ 24 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 EStG 1972) zu behandeln. Sie sind der Einkunftsart zuzurechnen, die bis zur Veräußerung bzw. Aufgabe aus dem Betrieb erzielt wurde (§ 21 Abs. 2 Z. 3, § 22 Abs. 1 Z. 5 und § 23 Z. 3 EStG 1972). Im Beschwerdefall sind das unbestrittenermaßen Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, daß für die Aufgabe eines Teilbetriebes grundsätzlich dasselbe gilt wie für die Veräußerung eines Teilbetriebes und sie sind auch einer Meinung, daß an sich in dieser Frage zwischen einem Gewerbebetrieb und einem der Ausübung eines Freiberufes dienenden Betrieb kein Unterschied bestehe. Die Streitfrage ist daher, ob bei dem gegebenen Sachverhalt eine Aufgabe eines Teilbetriebes angenommen werden kann.

Die Veräußerung eines Teilbetriebes setzt die Veräußerung eines organisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teiles eines Betriebes voraus, der es auf Grund seiner Geschlossenheit dem Erwerber ermöglicht, die gleiche Erwerbstätigkeit ohne weiteres fortzusetzen (aus der zahlreichen dies zum Ausdruck bringenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes siehe beispielsweise die bei Hofstätter-Reichel, Tz. 19 zu § 24, zitierten Erkenntnisse). Auf den Fall der Aufgabe eines Teilbetriebes übertragen bedeutet dieser Rechtsgrundsatz, daß die veräußerten bzw. in das Privatvermögen übertragenen Wirtschaftsgüter einen komplexen Organismus bilden müssen, der - für den fiktiv gedachten Fall der Veräußerung den Fortbetrieb durch den Erwerber ermöglicht. Davon ist im Beschwerdefall keine Rede. Was hier ausschließlich geschehen ist, ist - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - die Einschränkung einer einheitlichen, nämlich der ärztlichen Tätigkeit, die durch den Übertritt in den Ruhestand bedingt war. Die strittigen Forderungen für sich allein sind das Ergebnis der freiberuflichen (= betrieblichen) Tätigkeit des Beschwerdeführers, sie stellen aber keinen wirtschaftlich so beschaffenen Vermögenskomplex dar, daß mit ihrem Übergang auf einen Dritten dieser in die Lage versetzt würde, die Tätigkeit des Beschwerdeführers fortzusetzen. Ein bestimmter Forderungsbestand aus laufenden Geschäften ohne jeden Zusammenhang mit der sonstigen einer Person zur Disposition stehenden Erwerbsorganisation hat nicht den Charakter eines selbständigen Teilbetriebes.

Wenn der Beschwerdeführer meint, die Behandlung von Patienten an den Krankenanstalten sei ein organisch in sich geschlossener Bereich, mit "vollkommener Selbständigkeit gegenüber der Tätigkeit" in seiner Privatpraxis, so mag das durchaus zutreffen. Entscheidungswesentlich ist jedoch nach dem Gesagten, daß dieser "geschlossene Bereich" in jeder Hinsicht der Krankenanstalt und nicht dem Beschwerdeführer zuzuordnen ist. Die Verbindung zwischen diesem "Bereich" und dem Beschwerdeführer bestand lediglich darin, daß der Beschwerdeführer dem "Bereich" auf Grund besonderer Vereinbarung einen Teil seiner ärztlichen Tätigkeit widmete. Aus der Sicht der Beschwerde verfehlt ist daher der in der Folge vom Beschwerdeführer gezogene Schluß, seine "diesbezügliche Tätigkeit" habe von jedem "anderen Facharzt ohne weiters fortgesetzt werden" können. Denn der "andere Facharzt" kann die vom Beschwerdeführer aufgegebene Tätigkeit nicht im hier maßgebenden Sinn fortsetzen, weil ihm der Beschwerdeführer die hiefür erforderlichen Mittel zu überlassen imstande war, sondern weil ihm die Krankenanstalt die für die Führung einer Krankenhausstation oder eines Krankenhausambulatoriums notwendigen Sachmittel und das hiefür erforderliche Personal zur Verfügung stellt.

Die Tarifbegünstigung des § 37 Abs. 1 EStG 1972 konnte mangels des Tatbestandes des Abs. 2 Z. 2 dieser Gesetzesstelle nicht angewendet werden. Auch ein infolge Wechsels der Gewinnermittlungsart entstandener Gewinn (§ 37 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972) liegt nicht vor, denn die Vorschrift des § 24 Abs. 2 EStG 1972, wonach der Veräußerungsgewinn für den Zeitpunkt der Veräußerung nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 oder des § 5 (durch Betriebsvermögensvergleich) zu ermitteln ist, war auf den Beschwerdefall nicht anzuwenden.

Bei dieser rechtlichen Beurteilung des Beschwerdefalles durch den Verwaltungsgerichtshof ist auch kein Verfahrensmangel erkennbar, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einer im Spruch anderslautenden Entscheidung hätte gelangen können. Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war. Da bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, hatte dies gemäß § 35 Abs. 1 leg. cit. ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zu erfolgen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Fundstelle(n):
EAAAF-53164