VwGH 21.05.1969, 0538/68
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Ein Baumeister, der seine ehemaligen Berufserfahrungen bei der Vermittlung von Grundstücksgeschäften gegen Provision verwertet, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. |
Normen | |
RS 2 | Ein Angehöriger eines freien Berufes, der seine höhere Vorbildung beim Abschluß von Geschäften, bei der Werbung von Kunden oder beim Absatz von Waren verwertet, wird zum Gewerbetreibenden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schimetschek und die Hofräte Dr. Eichler, Dr. Kaupp, Hofstätter und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal, über die Beschwerde des Ing. KR in W, vertreten durch Dr. Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien IV, Wohllebengasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat) vom , Zl. VI-1707/68, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1964 und 1965, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog in den Jahren 1964 und 1965, den Angaben in seinen Einkommensteuererklärungen zufolge, Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Architekt und planender Baumeister. Außerdem erzielte er Provisionseinnahmen aus der Vermittlung von Grundstücksgeschäften, die sich im Jahre 1964 auf S 1,770.000,-- und im Jahre 1965 auf S 66.205,80 beliefen. Den Provisionseinnahmen des Jahres 1964 stellte der Beschwerdeführer als Werbungskosten bezeichnete Ausgaben von S 743.349,23 - darunter einen nicht weiter aufgegliederten Pauschbetrag für "Sonstige Kosten" in der Höhe von S 708.000,-- - gegenüber und wies den sich ergebenden Einnahmenüberschuß von S 1,026.650,77 in seiner Einkommensteuererklärung 1964 unter den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 EStG aus. Für das Jahr 1965 legte der Beschwerdeführer eine Provisionsabrechnung vor, die mit einem Überschuß von S 26.452,40 schließt. In den Umsatzsteuererklärungen dieser Jahre sind die Provisionseinnahmen nicht angeführt.
Anläßlich der Einkommensteuerveranlagung richtete das Finanzamt zunächst an den Beschwerdeführer einen Vorhalt, in dem es ihn unter anderem aufforderte, seine Vermittlungstätigkeit zu erläutern und den als "Sonstige Kosten" des Jahres 1964 abgesetzten Pauschbetrag von S 708.000,-- aufzugliedern und nachzuweisen. Der Vertreter des Beschwerdeführers entgegnete darauf, daß dessen Tätigkeit in der Baureifmachung von Bauprojekten bestehe; dazu gehöre die Acquisition und die Ausarbeitung der Projekte in groben Umrissen, die Besorgung der damit zusammenhängenden Baubewilligungen und des Baumanagements, schließlich die Feilbietung an Interessenten und Verwertung der Projekte. Die Vermittlungstätigkeit des Beschwerdeführers sei daher als selbständige Arbeit im Sinne des § 18 EStG anzusehen. Was den von den Provisionseinnahmen des Jahres 1964 abgesetzten Pauschbetrag von S 708.000,-- betreffe, handle es sich um Spesen und Provisionen, die vom Beschwerdeführer zur Realisierung der sonstigen Einkünfte aufgewendet werden mußten; ein konkreter Nachweis sei ihm jedoch "auf Grund der Natur der Sachlage nicht möglich".
Das Finanzamt behandelte die Provisionseinkünfte des Beschwerdeführers ungeachtet dieser Ausführungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und verwehrte bei der Gewinnermittlung 1964 den Abzug des geltend gemachten Pauschbetrages von S 708.000,-- als Betriebsausgabe. Ferner unterwarf es die in beiden Jahren erzielten Umsätze und Gewinne aus der Vermittlungstätigkeit der Umsatz- und Gewerbesteuer. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte aus, daß sich seine Vermittlungstätigkeit durch nichts von der Tätigkeit unterscheide, wie sie im normalen Geschäftsleben von Architekten und Ziviltechnikern vorgenommen werde. Sie sei daher unter § 18 EStG einzureihen, wie es das Finanzamt in den vorangegangenen Jahren stets getan habe; sogar eine Betriebsprüfung für die Jahre 1959 bis 1961 habe diesen Standpunkt geteilt. Im übrigen liege es in der Natur der von ihm entrierten Projekte, daß oftmals größere Beträge an nicht namhaft zu machende Personen gezahlt werden müßten. Erst dadurch ließe sich die Projektsdurchführung ermöglichen. Diesen Umständen trage auch der Gesetzgeber Rechnung, denn § 162 der Bundesabgabenordnung enthalte nur eine Kann-Bestimmung. Daraus sei ersichtlich, daß nicht in jedem Fall Name und Adresse des Empfängers einer Betriebsausgabe namhaft gemacht werden müsse. Aus denselben Erwägungen habe die Betriebsprüfung für die Jahre 1959 bis 1961 Betriebsausgaben pauschaliert mit 30 v. H. der Einnahmen anerkannt, sodaß der Abzug eines Pauschbetrages von 40 v. H. der Provisionseinnahmen 1964 durchaus gerechtfertigt sei.
Die belangte Behörde gab der Berufung mit Bescheid vom keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß sich der Beschwerdeführer gewerbsmäßig mit der Vermittlung von Kaufverträgen über Grundstücke beschäftige. Diese Tätigkeit lasse sich weder unter den § 18 EStG einordnen noch unter die sonstigen Einkünfte. Dagegen seien alle Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit und damit auch die Gewerbesteuerpflicht gegeben. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Betriebsausgaben von S 708.000,-- hätten weder dem Grunde noch der Höhe nach anerkannt werden können, denn er habe nicht einmal versucht, wenigstens einen Teil der Empfänger namhaft zu machen, § 162 der Bundesabgabenordnung lasse eine Ausnahme nur dann gelten, wenn die Nennung des Empfängers tatsächlich unmöglich sei oder auf ein unüberwindbares Hindernis stoße. Für die Gesamtheit der vom Beschwerdeführer gezahlten Provisionen könne dies aber nicht zutreffen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
1. Zur Frage der Gewerbesteuerpflicht der Provisionseinkünfte:
Gemäß § 28 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, ist eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb im Sinn der Abgabenvorschriften, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Arbeit im Sinn des Einkommensteuerrechtes anzusehen ist. Der Beschwerdeführer, der die hier strittigen Einkünfte in seinen Einkommensteuererklärungen als Vermittlungsprovision bezeichnet hat und sie zunächst als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG angesehen wissen wollte, versuchte im weiteren Verlauf des Abgabenverfahrens, deren Behandlung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die Verwaltungsinstanzen mit der Rechtsansicht zu bekämpfen, daß es sich bei seiner Tätigkeit um die Ausübung eines freien Berufes im Sinne des § 18 EStG handle, die die Annahme eines Gewerbebetriebes ausschließe. Nun gehören nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG zu den freien Berufen insbesondere die wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die Berufstätigkeit der Ärzte, Dentisten, Rechtsanwälte und Notare, der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker, der Wirtschaftstreuhänder, der Bildberichterstatter, Journalisten, Dolmetscher, Übersetzer und ähnlicher Berufe. Dieser Gesetzesstelle können somit, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 661/F, vom , Slg. Nr. 681/F, vom , Slg. Nr. 1628/F, vom , Slg. Nr. 2476/F, u. a.) zutreffend ausgeführt hat, nur Berufe unterstellt werden, die den im § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG angeführten ähnlich sind, also eine gewisse höhere Vorbildung voraussetzen. Der Verwaltungsgerichtshof konnte jedoch nicht finden, daß die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ausführlich beschriebene Tätigkeit, die er bei der Durchführung seiner Grundstücksgeschäfte entfaltet, eine höhere Vorbildung erfordert, wie sie etwa von den staatlich befugten und beeideten Ziviltechnikern oder anderen Angehörigen der im § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG aufgezählten, typischen freien Berufe verlangt wird. Es mag wohl richtig sein, daß sich der Beschwerdeführer im Hinblick auf langjährige Berufserfahrungen als Baumeister nicht nur darauf beschränkt, einem Realitätenvermittler vergleichbar Verkäufer und Käufer eines Grundstückes zusammenzuführen, sondern darüber hinaus seine Berufserfahrungen als Gewerbetreibender im Rahmen seiner Vermittlungstätigkeit zweckentsprechend verwertet. Damit sind aber die Voraussetzungen einer Tätigkeit, die eine höhere Vorbildung erfordert, noch nicht erfüllt. Im übrigen wird, wie schon der ehemalige Reichsfinanzhof im Urteil vom , RStBl. 1940, S. 14, im Fall eines beratenden Ingenieurs erkannt hat, selbst ein Angehöriger eines freien Berufes, der den Abschluß von Geschäften, den Absatz von Waren oder die Werbung von Kunden mit Hilfe seines besonderen Fachwissens verfolgt, zum Gewerbetreibenden. Die belangte Behörde hat daher nicht geirrt, wenn sie die strittigen Provisionseinkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und daher als gewerbesteuerpflichtig angesehen hat. Aus der Tatsache aber, daß die in Rede stehenden Einkünfte von den Abgabenbehörden in abgelaufenen Veranlagungszeiträumen unrichtig behandelt wurden, vermag der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch darauf abzuleiten, daß dies auch in aller Zukunft so geschehe.
2. Zur Frage der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben:
Gemäß § 162 der Bundesabgabenordnung kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabenpflichtige die Absetzung von Schulden, anderen Lasten oder Aufwendungen beantragt, verlangen, daß er die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Werden die veranlagten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen. Es ist also dem Ermessen der Abgabenbehörden anheimgestellt, ob sie das Verlangen nach Bekanntgabe der Empfänger von Betriebsausgaben stellen oder nicht. Von einer Ermessensüberschreitung könnte nur dann gesprochen werden, wenn der Behörde von vornherein bekannt wäre, daß der Abgabepflichtige die verlangten Angaben aus tatsächlichen und unabwendbaren Gründen nicht machen kann (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, S. 552). Die vom Beschwerdeführer verfaßte Einkommensteuererklärung 1964 läßt jedoch nicht erkennen, daß Gründe vorgelegen wären, die einer Aufgliederung und dem Nachweis der von ihm - neben anderen Betriebsausgaben - geltend gemachten "Sonstigen Kosten" von
S 708.000,-- entgegenstanden. Den Abgabenbehörden war es also nicht verwehrt, vom Beschwerdeführer nähere Aufklärung über die Verwendung des von ihm abgesetzten Pauschbetrages zu verlangen, schon um feststellen zu können, ob überhaupt eine betriebliche Veranlassung für diese Ausgaben gegeben war. Der Beschwerdeführer hat jedoch dem berechtigten Verlangen des Finanzamtes entgegnet, es liege in der Natur der von ihm entrierten Geschäfte als Voraussetzung für einen Geschäftsabschluß größere Beträge nicht namhaft zu machenden Personen zuwenden zu müssen. Geschäftliche Rücksichten dieser Art entheben ihn aber keineswegs von der ihm obliegenden Auskunfts- und Nachweispflicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2392/60, und vom , Zl. 1736/62). Mithin hatte es der Beschwerdeführer in Kauf zu nehmen, den von ihm geltend gemachten Betrag nicht absetzen zu können. Soweit er in der vorliegenden Beschwerde versucht, die im Abgabenverfahren verlangten Angaben mit dem allgemeinen Hinweis auf die Notwendigkeit von Geschäftsreisen in das Ausland, der Zuwendung von Geldbeträgen an untergeordnete Arbeitnehmer, Zwischenvermittler u. dgl. nachzuholen, handelt es sich um ein neues Vorbringen, das gemäß § 41 VwGG 1965 unbeachtlich ist. Im übrigen ist die Behauptung, der Beschwerdeführer habe den Abgabenbehörden ohnedies einen Teil der Empfänger des strittigen Betrages namhaft gemacht, durch den Inhalt der Verwaltungsakten nicht gedeckt.
3. Zur Frage der Umsatzsteuerpflicht der Provisionseinnahmen:
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren auch die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 1964 und 1965 mit Berufung bekämpft, soweit seine Provisionseinnahmen der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Eine Begründung enthält das Rechtsmittel in diesem Punkt allerdings nicht, und auch in der vorliegenden Beschwerde beschränkt sich der Beschwerdeführer auf das Vorbringen, seine Vermittlungstätigkeit habe allenfalls Spekulationsgeschäfte begründet, die eine Umsatzsteuerpflicht nicht nach sich ziehen. Darin kann ihm jedoch nicht gefolgt werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1959, BGBl. Nr. 300/1958, unterliegen der Umsatzsteuer unter anderem die sonstigen Leistungen - also auch eine in Spekulationsabsicht unternommene Vermittlungstätigkeit -, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt ausführt; Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Alle diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall erfüllt, sodaß der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie die Umsatzsteuerbescheide 1964 und 1965 im angefochtenen Bescheid bestätigt hat.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit in keinem Punkt als begründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf und § 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b, § 48 Abs. 2 lit. a und b, und § 59 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 3914 F/1969; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1969:1968000538.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-52908