VwGH 16.10.1972, 0522/68
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | AVG §1; BauRallg; B-VG Art10 Abs1 Z8; B-VG Art15 Abs1; B-VG Art18 Abs1; GaragenG Wr 1957 §6 Abs1; GewO 1859 §23 Abs9; GewO 1859 §25; VwGG §34 Abs1 impl; VwGG §42 Abs2 lita impl; VwGG §42 Abs2 Z1 impl; |
RS 1 | Abgrenzung der Aufgabenbereiche der Gewerbebehörde und der Baubehörde in Ansehung einer gewerblichen Zwecken dienenden Bauanlage unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Nachbarschaft: Die Gewerbeordnung (im besonderen § 25) ist auf die Immissionswirkungen der gewerblichen Betriebsanlage gegenüber der Nachbarschaft schlechthin abgestellt; die Baubehörde hat zu prüfen, ob die Anlage mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung vereinbar ist (Hinweis E Slg 2977) |
Normen | |
RS 2 | Ausführungen darüber, dass im Beschwerdefall - dadurch gekennzeichnet, dass durch eine generelle Bebauungsvorschrift das Wohnen in möglichst ruhiger Lage innerhalb eines größeren, als Widmungseinheit erkennbaren Bereiches gewährleistet sein soll - der Lärm einer Tankanlage schon dann für die Nachbarn unzumutbar ist, wenn er auch nur geringfügig (Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels um ein dB (A)) den Lärm des Straßenverkehrs übersteigt. |
Normen | |
RS 3 | Für die Feststellung, ob durch eine Garage die Nachbarschaft durch Lärm in einer das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Weise belästigt wird, hat sich der Sachverständige des Phonometers zu bedienen; weiters noch allgemeine Ausführungen zum Aufgabenkreis des medizinischen Sachverständigen (Hinweis E , 361/65). |
Normen | B-VG Art131 Abs1 Z1; GaragenG Wr 1957 §4 Abs2; |
RS 4 | Die Regelungen des § 4 Abs 2 des Wiener Garagengesetzes dienen nur dem öffentlichen Interesse, nicht auch dem Interesse der Nachbarschaft. (Daher: Keine subj. öffentl. Nachbarrechte daraus ableitbar.). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0659/62 E VwSlg 5936 A/1963 RS 3
(Hinweis darauf, dass bereits dieses Erkenntnis die Möglichkeit
einer anderen Betrachtungsweise für den Fall vorgesehen hat, dass
ein großer Teil eines Gebietes infolge seiner tatsächlichen
ruhigen Lage eine rechtlich andere Beurteilung erfordert. |
Normen | AVG §1; BauRallg; B-VG Art18 Abs1; GaragenG Wr 1957 §5; GewO 1859 §23 Abs9; GewO 1859 §25; VwGG §34 Abs1 impl; VwGG §42 Abs2 lita impl; VwGG §42 Abs2 Z1 impl; |
RS 5 | Für eine nach mehreren Gesichtspunkten zu beurteilende Anlage müssen alle in den in Betracht kommenden Vorschriften vorgesehenen Bewilligungen eingeholt werden, ohne dass die Partei berechtigt wäre, aus einer bereits erteilten Bewilligung Rechte in einem anderen Bewilligungsverfahren abzuleiten. |
Normen | BauRallg; B-VG Art18 Abs1; GewO 1859 §25; VwGG §34 Abs1 impl; VwGG §42 Abs2 lita impl; VwGG §42 Abs2 Z1 impl; |
RS 6 | Die Gewerbebehörde darf die für eine gewerbliche Betriebsanlage beantragte Genehmigung unter alleiniger Berufung auf eine entgegenstehende Flächenwidmung nicht versagen, auch darf sie nicht in die Beurteilung der Ortsüblichkeit des Immissionsausmaßes Flächenwidmungen, die im faktischen Bereich noch keinen maßgeblichen Niederschlag gefunden haben, einbeziehen. |
Normen | AVG §45 Abs2; AVG §52; GaragenG Wr 1957 §6 Abs1; GewO 1859 §25; ÖAL Richtlinien; VwGG §41 Abs1 impl; VwGG §42 Abs2 litc Z3 impl; VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl; |
RS 7 | Ausführungen dahingehend, dass die Frage des Verkehrslärmes auf Grund der konkreten Sachlage zu lösen ist, wenn auf gestellte Richtlinien (Richtlinie (19) des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung und Empfehlungen der International Organisation for Standartiation) sich auf keine verbindlichen Rechtsquellen berufen können (aufgestellte Richtlinien haben bei der Vollziehung der Gesetze oder Verordnungen nur jene Bedeutung, die ihnen durch Gesetz oder Verordnung beigemessen wird); diese allgemeine Beurteilungsgrundsätze (Richtlinien) die in einem Sachverständigengutachten verwertet werden sind aber wie andere Sachverhaltselemente Gegenstand der Beweisaufnahme und Beweiswürdigung. |
Normen | VwGG §42 Abs4; VwGG §48 Abs1 lita; VwGG §55 Abs1; |
RS 8 | Wenn im Zuge der Entscheidung über eine Säumnisbeschwerde (§ 42 Abs 4 VwGG) dem Bfr der Ersatz von Barauslagen des VwGH vorgeschrieben wird, dann kann dieser binnen einer Woche nach Entstehen seiner Leistungspflicht schriftlich begehren, daß diese Kosten der säumigen Behörde auferlegt werden. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 1199/67 E RS 5 |
Normen | |
RS 9 | In einem Verfahren über eine Säumnisbeschwerde wegen Nichterledigung einer Berufung gegen die Versagung der baubehördlichen Bewilligung für eine Treibstofftankanlage (§ 6 Abs 1 Wiener Garagengesetz) kommt den als Parteien auftretenden Nachbarn ein Anspruch auf Kostenersatz nicht zu. |
Norm | VwGG §55 Abs1; |
RS 1 | Entscheidet der VwGH in einer Säumnisbeschwerde im Sinne des § 42 Abs 4 zweiter Satz VwGG 1965 und entstehen dabei für ihn Barauslagen (Sachverständigenhonorar), für die der Bfr aufzukommen hat, so sind sie diesem auf Grund eines rechtzeitig gestellten Antrages (§ 59 Abs 2 lit d VwGG 1965) von der säumigen Verwaltungsbehörde zu ersetzen (hier: Eintritt der Erbin für die verstorbene Bfrin). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 1199/67 B RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Borotha, den Senatspräsidenten Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Leibrecht, Dr. Hrdlicka und DDr. Heller als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Lengheimer, über die Beschwerde der S-Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. Arnulf Hummer, Rechtsanwalt in Wien 1, Maysedergasse 5, gegen die Bauoberbehörde für Wien, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache (weitere Parteien: 1. GM in W, 2. Volksrepublik N, vertreten durch Dr. Heinrich Dürmayer, Rechtsanwalt in Wien XIX, Kaasgrabengasse 52, 3. WD und LD in Wien, vertreten durch Dr. Kurt Paumgarten, Rechtsanwalt in Wien I, Operngasse 6, 4. HS in W, 5. Dipl.-Ing. GS in W, 6. Dr. MW in W, 7. TS in W, 8. PN in W, 9. EB, FH und HC, vertreten durch Dr. Oskar Weiss-Tessbach, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 13, 10. MP in W), nach der am durchgeführten Verhandlung, zu Recht erkannt:
Spruch
1. Gemäß § 42 Abs. 4 und § 62 VwGG 1965 sowie in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG 1950 wird der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , Magistratsabteilung 35-Ab XIII/24/64, keine Folge gegeben.
2. a) Die Beschwerdeführerin hat dem Verwaltungsgerichtshof Barauslagen in der Höhe von S 6.735,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
b) Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 1.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin wird, soweit es den Ersatz eines mit der Verhandlung vom verbundenen Aufwandes unter dem Titel "Umsatzsteuer", "Einheitssatz" und "Fahrtkosten" betrifft, abgewiesen, im übrigen zurückgewiesen.
c) Die Kostenbegehren der Parteien WD und LD sowie EB, FH und HC werden zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für eine Treibstofftankanlage auf dem Grundstück n1 der KG. Hietzing (Wien 13, Ecke A-straße 42 a - B-gasse) abgewiesen. Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung war mit dem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom keine Folge gegeben worden. Die Behörde hatte angenommen, daß durch die Ausführung des Vorhabens das Stadtbild gröblich gestört würde. Auf Grund einer von der Beschwerdeführerin erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde behob der Gerichtshof mit dem Erkenntnis vom , Zl. 910/66 (Slg. N.F. Nr. 7008/A), den angeführten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Diese wurde darin erblickt, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung auf ein unzulängliches Gutachten ihres Sachverständigen für Architektur gegründet hatte.
Im fortgesetzten Verwaltungsverfahren veranlaßte die belangte Behörde zunächst eine Ergänzung des Gutachtens ihres Sachverständigen für Architektur und holte darüber hinaus das Gutachten eines privaten Sachverständigen ein. Der auf diese Weise ergänzte Sachverhalt wurde in der mündlichen Verhandlung vom , zu welcher auch die Eigentümer der benachbarten Liegenschaften geladen wurden, erörtert. Bei dieser Verhandlung erhoben die Nachbarn unter anderem wegen zu erwartender Lärmbelästigung Einwendungen. Sie brachten hiezu im wesentlichen vor, daß die durch den Betrieb der Tankanlage entstehende Lärmbelästigung in dem hier nach dem Flächenwidmungsplan gegebenen ruhigen Wohngebiet das ortsübliche Maß übersteigen werde.
Zu diesen Einwendungen gab der technische Amtssachverständige an, bei normalem Tankanlagenbetrieb sei mit einer Belästigung, die den vorhandenen Lärm wesentlich überschreiten werde, nicht zu rechnen, weil die A-straße eine stark befahrene Straße (mit Straßenbahnverkehr) darstelle. Auch der ärztliche Sachverständige war der Auffassung, daß die Verhältnisse in diesem Fall so beschaffen seien, daß die von der Tankanlage ausgehenden Geräusche den durch den vorbeiziehenden Verkehr gegebenen Geräuschpegel kaum übersteigen dürften.
Im weiteren Ermittlungsverfahren wurden durch den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 39 (Versuchs- und Forschungsanstalt der Stadt Wien), Lärmmessungen auf der Astraße im Bereich des Standortes der geplanten Tankstelle und bei den Tankstellen Wien 13, C-straße 14, und Wien 13, D-gasse 36, durchgeführt. Hiebei wurden für den Grundgeräuschpegel 45 bis 54 dB(A), für den Schallpegel des Verkehrslärms 56 bis 86 dB(A) und für den Schallpegel des Betriebslärms der Tankanlage 47 bis 80 dB(A) ermittelt bzw. errechnet. Das Gutachten schloß aus einer Gegenüberstellung der erhobenen Lautstärken, daß durch den Betrieb der projektierten Tankanlage für die Nachbarn keine Erhöhung der Lärmintensität (Lautstärke) zu erwarten sei. Lediglich abends und in anderen verkehrsschwachen Zeiten könnte der durch die Tankstelle entstehende Lärm bemerkt werden. Dieser Auffassung schloß sich auch der ärztliche Sachverständige an.
Am fand im fortgesetzten Verwaltungsverfahren eine weitere mündliche Verhandlung statt, bei der die Nachbarn ihre Einwendungen aufrecht hielten. Auch der technische und der ärztliche Sachverständige blieben im wesentlichen bei ihren schon bisher abgegebenen Äußerungen, wonach eine das ortsübliche Ausmaß überschreitende Belästigung nicht eintreten werde. Der ärztliche Sachverständige schränkte seine Äußerung insofern ein, als eine solche Belästigung durch die geplante Anlage dann nicht hervorgerufen werde, wenn der Betrieb nicht vor 7 Uhr morgens und nicht zu anderen Zeiten schwachen Verkehrs (an Sonn- und Feiertagen) stattfinde.
In der Folge richtete die belangte Behörde an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46 (technische Verkehrsangelegenheiten), die Anfrage, ob bezüglich des Verkehrsaufkommens auf der A-straße Verkehrszählungen vorlägen, die darüber Auskunft geben, in welchem Verhältnis die Verkehrsfrequenz vor 7 Uhr morgens und nach 21 Uhr und an Sonn- und Feiertagen zu den übrigen Werktagen in der Zeit zwischen 7 und 21 Uhr steht. Die befragte Abteilung antwortete, daß solche Zählungen nicht vorlägen und für den gegenständlichen Zweck auch nicht durchgeführt werden könnten.
Am erhob die Beschwerdeführerin nach Ablauf der im § 27 VwGG 1965 bestimmten Frist, die im vorliegenden Fall mit der Zustellung des angeführten aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , das ist am , wieder zu laufen begonnen hatte (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 712/A), wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 B-VG Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein und stellte es der belangten Behörde im Sinne des § 36 Abs. 2 VwGG 1965 frei, statt der Einbringung der Gegenschrift den Berufungsbescheid zu erlassen. Die belangte Behörde erstattete jedoch eine Gegenschrift, in der sie nach einer Darstellung des wesentlichen Verfahrensablaufes ausführt, es habe sich im Berufungsverfahren die Einholung eines Gutachtens über das Verkehrsaufkommen der A-straße als notwendig erwiesen. Zur Abgabe eines solchen Gutachtens habe aber die Behörde trotz Bemühens keine geeigneten Sachverständigen ausfindig machen können. Die belangte Behörde legte unter einem die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Damit hat der Verwaltungsgerichtshof zufolge § 42 Abs. 4 VwGG 1965 in der Sache selbst über die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom erhobene Berufung zu entscheiden.
Der Verwaltungsgerichtshof führte ergänzende Ermittlungen durch. Bei der am stattgefundenen Verhandlung erörtere der Gerichtshof mit den Parteien und den Sachverständigen alle für die Entscheidung möglicherweise maßgebenden Gesichtspunkte, im besonderen jene einer möglichen Störung des Stadtbildes im Sinne des § 87 der Bauordnung für Wien und einer möglichen Beeinträchtigung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 des Wiener Garagengesetzes. Im Mittelpunkt der von den anwesenden bzw. bevollmächtigten Vertretern der Nachbarn abgegebenen Erklärungen stand der schon im Verfahren vor der belangten Behörde erhobene Einwand, es sei mit einer für die Nachbarschaft unzumutbaren Lärmbelästigung zu rechnen. Im folgenden wird unter Berücksichtigung der weiteren Verfahrensergebnisse geprüft, ob dieser Einwand, der allein bereits zu einer Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin führen könnte, zutrifft.
In dieser Frage liegen dem Gerichtshof mehrere Sachverständigengutachten vor. Der ärztliche Sachverständige Stadtphysikus Dr. PL führte bei der Verhandlung vom aus, es sei die Magistratsabteilung 15 (Gesundheitswesen) auf Grund der im Verfahren vor der belangten Behörde vorgenommenen Lärmmessungen wohl zu dem Schluß gekommen, es würden von der geplanten Tankanlage keine unzumutbaren Lärmimmissionen ausgehen; doch sei man von der damaligen Gutachtenspraxis, derzufolge der Betriebslärm mit dem Verkehrslärm verglichen wurde, abgegangen. Nunmehr sei dort, wo Verkehrspausen bestünden, also nicht ununterbrochener oder gleichsam ununterbrochener Verkehrslärm herrsche, der Betriebslärm zum Grundgeräuschpegel in Relation zu setzen. Dies würde nach den erhobenen Schallpegeln zur Annahme der Unzumutbarkeit des Tankstellenlärms führen. Es seien nach Ansicht des Sachverständigen zur Prüfung der angegebenen Prämisse Erhebungen über das Verkehrsaufkommen der A-straße erforderlich.
Hierauf wurden auf Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes von der Bundespolizeidirektion Wien im Bereich der geplanten Tankanlage Verkehrszählugen vorgenommen. Gegenstand der Erhebung war die Feststellung der Zahl der auf der A-straße im Bereich des geplanten Standortes der Tankanlage während bestimmter Zeiten, und zwar in den Morgen, Mittags- Abend- und Nachtstunden jeweils an einem Montag, Mittwoch, Samstag und Sonntag verkehrenden Kraftfahrzeuge und Straßenbahnen. Aus dem Ergebnis ist hier festzuhalten, daß sich die Anzahl der an Wochentagen gezählten Fahrzeuge dieser Art in der Zeit von 20 bis 22 Uhr zwischen 138 und 343 pro Stunde und die Anzahl der festgestellten Verkehrspausen - in welchen demnach kein Kraftfahrzeug- und Straßenbahnverkehr stattfand - zwischen 0 und 4 in der Dauer von 1 bis 2 Minuten pro Zählabschnitt, das waren jeweils 15 Minuten, bewegte.
Der ärztliche Sachverständige Stadtphysikus Dr. L erstattete über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ein ergänzendes Gutachten (vom ). Darin wurde ausgeführt, es gehe aus dem Zählergebnis hervor, daß der Motor- (und Straßenbahn-)verkehr der A-straße in der Höhe der B-gasse zahlreiche ein- bis mehrminütige Verkehrspausen aufweise. Es bestehe daher in diesem Bereich kein gleichsam ununterbrochener Motorverkehr, sondern es träten nennenswerte vollständige Verkehrspausen auf, während derer Ruhe herrsche und ein relevanter Grundgeräuschpegel gemessen werden könne. Es sei daher dieser und nicht der Verkehrslärm als Bezugsbasis für die vom vorgesehenen Tankanlagenbetrieb ausgehenden Geräusche zu wählen. Nach den im Verwaltungsverfahren festgestellten Schallpegeldifferenzen (zwischen dem Grundgeräuschpegel und dem Tankanlagenlärm) von 13 bis 26 dB(A) würden daher die Betriebsgeräusche das zumutbare Ausmaß der Belästigung wesentlich überschreiten.
In Erwiderung hierauf legte die Beschwerdeführerin im Dezember 1971 ein Gutachten des Technologischen Gewerbemuseums, Physikalisch-Technische Versuchsanstalt für Wärme- und Schalltechnik, vom vor, in dem folgendes ausgeführt wird (die Beilagen werden nicht dargestellt):
"Gegenstand.
Beantragt war die Messung und Begutachtung des Lärms, der durch den Straßenverkehr und eine neu zu errichtende Tankstelle in Wien 13., A-straße 42a (Ecke B-gasse) in den angrenzenden Gebäuden entsteht. Die Tankstelle soll nur von 6-22 Uhr geöffnet sein, es sollte daher nur dieser Zeitraum erfaßt werden.
Versuchsdurchführung und Ergebnisse.
Es wurde der zurzeit am Grundstück (Garten) der geplanten Tankstelle A-straße 42a herrschende Verkehrslärm gemessen und zwar:
a) etwa 3 m vom Zaun gegen das Haus A-straße 42, vor dem Fenster des Hauses, rd. 11 m von der A-straße
b) etwa 3 m vor dem Fenster des Hauses B-gasse 4, rd. 16 m von der B-gasse.
Ferner wurde der zurzeit durch den laufenden Straßenverkehr allein und der durch den Verkehr und durch den Betrieb einer Tankstelle herrschende Lärm gemessen an in der Lage mit der geplanten Tankstelle vergleichbaren Tankstellen und zwar:
c) auf der Terrasse des Hauses Wien 13., C-straße 10, unmittelbar hinter der S-Tankstelle C-straße 14 gelegen
d) auf dem Balkon des 1. Stocks bzw. vor dem Haus in etwa 3,5 m Höhe, Wien 14., E-gasse 9, Stiege 4, unmittelbar hinter der S-Tankstelle F-straße 4.
Skizzen über die Lage der Tankstellen und der Meßstellen sind in Beilage l dargestellt.
Die Zeit der Messungen ist in der nachfolgenden Tabelle mit den Ergebnissen angegeben.
Es wurde jeweils rd. 1 Stunde der Lärm an den Meßstellen mit einem Mikrophon mit anschließendem Tonbandgerät aufgenommen. Dabei wurden an den Meßstellen c) und d) die Zeiträume, an denen an der Tankstelle kein Betrieb herrschte, in geeigneter Weise gekennzeichnet. Die Zahl der vorbeifahrenden Kraftfahrzeuge und die Zahl der zur Tankstelle zufahrenden Fahrzeuge wurde während der Messungen laufend gezählt.
Aus den Tonbandaufnahmen wurde im Laboratorium durch Wiedergabe über einen Schallpegelmesser mit Bewertungsfilter A und angeschlossenen Pegelschreiber mit einer der Dynamik 'fast' des Schallpegelmessers entsprechenden Einstellgeschwindigkeit und ein angeschlossenes Klassiergerät mit 10 Hz Zählfrequenz die Häufigkeitsverteilung des A-bewerteten Schallpegels in 5 dB-Klassen ermittelt.
Bei den Meßstellen c) und d) wurde eine Auswertung der Gesamtlärmaufnahme und eine Auswertung der Lärmaufnahmen in den Zeitabschnitten ohne Tankstellenbetrieb durchgeführt.
Die ermittelte Schallpegelhäufigkeitsverteilung ist als
Einzelhäufigkeit und Summenhäufigkeit in den Beilagen 2-10
dargestellt. Aus der Häufigkeitsverteilung wurde der
energieäquivalente Dauerschallpegel berechnet nach
Leq = 10 lg 1/100 < fi10 Li/10
Leq = äquivalenter Dauerschallpegel in dB(A)
Li = Schallpegel in den einzelnen Klassen in dB(A)
fi = Häufigkeit des Auftretens der Schallpegel der einzelnen
Klassen in %
Ferner wurden als kennzeichnende Schallpegel der Wert, der in
95 % der Zeit überschritten ist, L95, kennzeichnend für den
Grundgeräuschpegel, und der Wert, der in 1 % der Zeit
überschritten ist, Ll, kennzeichnend für den Spitzenpegel, abgelesen.
In der nachstehenden Tabelle sind die Meßzeiten und Maßergebnisse für die Meßstellen a) bis d) zusammengestellt.
Tabelle im RIS nicht darstellbar Begutachtung
1) Der Lärm durch den Betrieb einer Tankstelle ist vorwiegend Lärm der zu- und abfahrenden Kraftfahrzeuge; er ist damit wie Verkehrslärm zu erfassen durch Aufnahme der Häufigkeitsverteilung des A-bewerteten Schallpegels, der die Wirkung von Lärm auf den Menschen gut wiedergibt. Die Schallpegelhäufigkeit des Lärms an der jeweiligen Meßstelle von Tankstelle und (nicht zu vermeidendem) Straßenverkehr ist mit dem des Lärms des Straßenverkehrs zu vergleichen.
2) Als Meßzeit wurde sowohl eine verkehrsschwächere Tageszeit (Mittwoch, früher Nachmittag) als auch eine verkehrsstarke Zeit (Freitag Nachmittag) und auch die ruhige Abendzeit (Mittwoch 20- 21 Uhr) ausgewählt.
An der geplanten Baustelle für die Tankstelle, jeweils gemessen vor den Fenstern der Anrainer, ergaben sich bei diesen Messungen die folgenden Schallpegel:
in den Nachmittagsstunden äquivalenter Dauerschallpegel 59-60 dB(A), Grundgeräuschpegel L95 44-49 dB(A) und Spitzenschallpegel Ll, 67-70 dB(A);
in den Abendstunden äquivalenter Dauerschallpegel 52-53 dB(A), Grundgeräuschpegel L95 39 dB(A), Spitzenschallpegel Ll 61- 62 dB(A).
Die Meßwerte stimmten an den beiden Meßstellen praktisch überein und es war auch kein Unterschied zwischen Mittwoch und Freitag festzustellen; der Unterschied von 7 dB(A) zwischen Tages- und Abendzeit entspricht dem zu erwartenden Wert.
Mit den genannten Meßwerten ergibt sich nach der in der Versuchsanstalt aus vielen Verkehrslärmmessungen abgeleiteten Gebietseinteilung mit 6 Kategorien (Vgl. F. Bruckmayer u. J. Lang, 'Grundlagen für eine Lärmschutzordnung" Schriftenreihe der Österr. Gesellschaft für Raumforschung und Raumplanung, Bd 13; Springer Verlag, Wien-New York.), das die gegenständliche Tankstelle in einem Gebiet der Kategorie 4 'Wohnen und Büros, verkehrsreichere Lage' liegt, wobei diese Einstufung durch die Lage an der frequentierten, (rd. 500-600 KFZ/h) A-straße gegeben ist.
3) Als Vergleichsmeßstelle kann insbesondere die Tankstelle in Wien 14., F-straße herangezogen werden, hinter der, wie an der geplanten an der A-straße, Wohnhäuser liegen.
Dort fanden die Messungen am Freitag Nachmittag (am vor einem 'verlängerten Wochenende') und Abend (am vor einem teilweise schul- aber nicht arbeitsfrei - 'verlängerten Wochenende') statt, an dem lt. Angabe des Tankstellenpächters der stärkste Tankstellenbesuch herrscht.
Die F-straße wies bei Tag einen ähnlichen Verkehr (Eine Erhöhung der Zahl der Kraftfahrzeuge auf das Doppelte bedeutet eine Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels um 3 db(A)) wie die A-straße auf und der Verkehrslärm an der Meßstelle vor dem Wohnhaus betrug ähnlich
in den Nachmittagsstunden äquivalenter Dauerschallpegel 57 dB(A), Grundgeräuschpegel L95 49 dB(A) und Spitzenschallpegel Ll 65 dB(A);
in den Abendstunden äquivalenter Dauerschallpegel 48 dB(A), Grundgeräuschpegel L95 39 dB(A) und Spitzenschallpegel Ll 57 dB(A);
Der Lärm des Verkehrs war damit etwas geringer (wegen des etwas größeren Abstandes von der Straße) als in der A-straße, die Gebietseinstufung ist die gleiche.
Mit Tankstellenbetrieb erhöhte sich der äquivalente Dauerschallpegel sowohl nachmittags als auch abends um 1 dB(A) (1 dB ist ein gerade wahrnehmbarer Lautstärkenunterschied), der Spitzenschallpegel nachmittags um 1 dB(A), abends um 2 dB(A); die Gebietseinteilung ändert sich dadurch nicht. Die 'Zufahrtsrate' von Kraftfahrzeugen zur Tankstelle aus dem vorbeifließenden Verkehr betrug am Nachmittag 7 %, am Abend 9 %, war also vergleichsweise sehr hoch.
Als weitere Vergleichsmeßstelle kann die Tankstelle an der C-Straße herangezogen werden; unmittelbar hinter dieser wurde auf der Terrasse eines Wohnhauses gemessen.
Der Verkehrslärm betrug an dieser Meßstelle in den Nachmittagsstunden äquivalenter Dauerschallpegel 60 dB(A), Grundgeräuschpegel L95 48 db(A), Spitzenschallpegel L1 67 db(A),
also gleich wie in der A-straße.
Durch den Tankstellenbetrieb erhöhte sich der äquivalente Dauerschallpegel und der Spitzenschallpegel nicht.
Die 'Zufahrtsrate' von Kraftfahrzeugen zur Tankstelle betrug hier 2 % (betriebsschwächere Zeit am Mittwoch Nachmittag).
Der Vergleich der Schallpegelhäufigkeitsverteilungen in Beilagen 8, 9 und 10 zeigt, daß durch den Tankstellenbetrieb keine Schallpegelgruppen besonders hervortreten, sondern die geringe Schallpegelerhöhung über alle Bereiche erfolgt.
4) In ÖAL-Richtlinie 19 ist angegeben, daß für die Beurteilung von schwankendem Lärm, der dem schwankenden Lärm des Straßenverkehrs überlagert ist, der äquivalente Dauerschallpegel mit und ohne den zu beurteilenden Lärm heranzuziehen ist. Die Grenze der zumutbaren Störung ist bei einer Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels durch den hinzutretenden Betrieb um 3 dB(A) erreicht.
Die Messungen an den Vergleichstankstellen haben somit ergeben, daß der Lärm durch den Tankstellenbetrieb in den angrenzenden Wohnhäusern nicht unzumutbar ist. im Hinblick auf die vergleichbare Lage der Gebäude an der geplanten Tankstelle kann für diese das gleiche Ergebnis abgeschätzt werden, unter der Annahme, daß die 'Zufahrrate' etwa im gleichen Bereich liegen wird (lt. Angabe des Antragstellers fahren etwa 1-2 % des Durchzugsverkehrs zu einer Tankstelle zu; die Zufahrrate war demnach an den Vergleichsmeßstellen, insbesondere in der F-straße und dort insbesondere am Abend, überdurchschnittlich hoch.'
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes gab der ärztliche Sachverständige Stadtphysikus Dr. L zu dem soeben dargestellten Gutachten eine weitere gutächtliche Äußerung (vom ) ab. Er nahm darin zum Grundkonzept des Gutachtens - demzufolge auf Zumutbarkeit der Lärmbelästigung geschlossen werde, wenn die Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels durch den hinzutretenden Betrieb ein bestimmtes Maß - nämlich 3 dB(A) - nicht erreiche - kritisch Stellung. Der äquivalente Dauerschallpegel sei, wie der ärztliche Sachverständige ausführt, jener gedachte konstante Schallpegel, der in einem gegebenen Zeitraum die gleiche Schallenergie liefern würde wie der tatsächlich in dieser Zeit beobachtete schwankende, also auch Lärmpausen und Lärmspitzen enthaltende Schallpegel. Er stelle einen energieäquivalenten Mittelwert dar, zu dem die verschiedenen einzelnen Schallpegel je nach ihrer Auftretensdauer beitrügen. Diese Konstruktion sei physikalisch sinnvoll und biete meßtechnisch eine der derzeit praktikabelsten Möglichkeiten, um auch schwankende Lärmpegel durch eine einfache Kennziffer zu charakterisieren. Der äquivalente Dauerschallpegel sei daher zweifellos gut dazu geeignet, Maßstäbe bei der Städteplanung zu setzen, Lärmzonen voneinander abzugrenzen oder bei einer sonstigen allgemeinen Fragestellung als globales Richtmaß zu fungieren. Seine Anwendung sei jedoch bei der Beurteilung des Grades einer gesundheitlichen Beeinträchtigung im Einzelfall sehr problematisch. Es führe - die vom Sachverständigen gegebene Begründung wird hier nur skizzenhaft wiedergegeben - insbesondere dann, wenn ein schwankender Lärmpegel zahlreiche Lärmpausen enthalte, die Berechnung des äquivalenten Dauerschallpegels zu einer für die gesundheitliche Beurteilung kaum verwertbaren Kennziffer, da in ihr die maßgebliche Störwirkung der Lärmspitzen rein rechnerisch durch die Lärmpausen kompensiert werde und nicht mehr aufscheine. Für die medizinische Beurteilung seien somit in erster Linie die Spitzen des zu untersuchenden Lärms maßgebend. Ein Vergleich der Lärmspitzen mit dem Grundgeräuschpegel zeige auch bei Zugrundelegung der von der Physikalisch-Technischen Versuchsanstalt für Wärme und Schalltechnik erhobenen Meßdaten eine erhebliche Überschreitung der in langjähriger Praxis herangezogenen Zumutbarkeitsgrenze von 10 dB(A). Die Nachbarn würden daher in den immerhin als erheblich festgestellten Pausen des Verkehrslärms durch den Tankstellenlärm in unzumutbarem Ausmaß gestört werden. Dabei müsse es unerheblich bleiben, daß etwa die Verkehrslärmspitzen und der Verkehrsdurchschnittslärm den entsprechenden Werten des Tankstellenlärms fast gleichkämen; der Verkehrslärm müsse zwar als unvermeidliches Übel hingenommen werden, dürfe aber nicht als Rechtfertigung für vermeidbare Lärmimmissionen dienen. Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß sich der Tankstellenbetriebslärm auch qualitativ vom simultanen Durchzugsverkehr deutlich abheben könne (Türen- und Motorhaubenzuschlagen, Start- und Anfahrgeräusche). Der Sachverständige regte schließlich die Einholung eines Gutachtens eines einschlägigen medizinischen Universitätsinstitutes an.
Der Verwaltungsgerichtshof gab dieser Anregung statt und holte ein Gutachten des Vorstandes der Lehrkanzel für Umwelthygiene an der Universität Wien Univ. Prof. DDr. MH (vom ) ein, das folgenden Wortlaut hat:
1.0 Allgemeine Feststellungen
1.1 Lärmmessung und Lärmbeurteilung
Die Wirkung des Lärms auf den Menschen kann zu Gesundheitsstörungen (Belästigung), Gesundheitsgefährdung und Gesundheitsschädigung führen. Diese komplexen Wirkungen sind derzeit nicht durch einen einziger Zahlenwert erfaßbar und sind darum eine Frage der Beurteilung. Schalltechnische Grundlagen für eine Beurteilung sind unter anderem in den ÖAL-Richtlinien Nr. 3, 19 (Baulärm) und 20 (Grundbegriffe), sowie in der neu überarbeiteten VDI-Richtlinie 2058 (1971), deren Richtwert mit dem TA Lärm übereinstimmt, zusammengestellt. Um Schallereignisse mit schwankendem Schallpegel durch eine Einzahlenangabe auszudrücken, wird ein Mittelungspegel (äquivalenter Dauerschallpegel) angegeben. Dabei wird meist davon ausgegangen, daß eine Erhöhung des Pegels um 3 dB durch Halbieren der Einwirkungsdauer ausgeglichen wird. Durch einen solchen Mittelungspegel kann unter bestimmten Voraussetzungen die Geräuschwirkung auf die Nachbarschaft annähernd gekennzeichnet werden. Bei der Erforschung der Hörermüdung beim Menschen konnte allerdings festgestellt werden, daß die Ausnahme eines linearen Halbierungsparameters unzutreffend ist. Darüber hinaus zeigte sich bei Erforschung der Hörschädigung, daß die durch Mittelung gefundenen Werte (also beispielsweise der äquivalente Dauerschallpegel) als energieäquivalent, aber nicht als schädigungsäquivalent anzusehen sind. Dieselben Einwände gelten hinsichtlich der Störwirkung bzw. Belästigung durch Lärm. In die Berechnung eines Mittelungspegels gehen zwar auch kurzzeitige Spitzenwerte ein, jedoch zeigt derselbe nicht mehr die absolute Höhe und zeitliche Verteilung der Einzelspitzen.
In Richtlinien, wie beispielsweise VDI 2058, wird versucht, den Mittelungspegel durch Zu- und Abschläge zu einem Beurteilungspegel zu ergänzen. Abschläge werden für Fremdgeräusche eingesetzt, Zuschläge für Ruhezeiten (z.B. 6-7 Uhr und 19-22 Uhr), Einzeltöne und Impulse. In bestimmten Fällen ist es zusätzlich notwendig, die Einzelspitzen getrennt zu betrachten. Abweichungen zwischen Mittelungspegel und der subjektiven Wirkung sind vor allem dann zu erwarten, wenn kurzzeitige Geräuschspitzen sehr hoch aus einem niedrigen Dauergeräusch herausragen und wenn diese ein wesentlich anderes Spektrum zeigen, als das Dauergeräusch. Es sei schon hier angemerkt, daß eine solche Situation bei Tankstellen in Zeiten niedrigen Verkehrsaufkommens mit nennenswerten Pausenzeiten durchaus eintreten kann, wobei das Türen- und Motorhaubenzuschlagen sowie die Startgeräusche als Geräuschspitzen mit anderer Frequenzzusammensetzung als das Geräusch des kontinuierlichen Verkehrs zu werten sein werden,
1.2 Richtwerte, Einwirkungsort und Stadtplanung
Die Richtwerte in den zitierten Richtlinien sind nach Einwirkungsort qualifiziert. Dabei ist unter anderem von Bauklassen, Bauweisen und Flächenwidmung auszugehen. Darüberhinaus sollte auch die Einteilung der Straßen entsprechend der Straßenhierarchie mit in Betracht gezogen werden. Es ist also zu beachten, wie im betreffenden Gebiet gewohnt wird und gewohnt werden wird, bzw. wie der Verkehr sich in dem betreffenden Gebiet derzeit gestaltet und weiter gestaltet werden wird. Die Richtwerte des Entwurfes VDI 2058 stimmen weitgehend mit dem ISO-Entwurf und den Immissionsrichtwerten nach DIN 18005, sowie der in Ausarbeitung befindlichen Richtlinie Nr. 21 des ÖAL überein.
In der Praxis soll zuallererst darauf geachtet werden, daß durch neue Emmissionsquellen die Richtwerte nicht überschritten werden, um eine Höherlizitation des Lärmpegels zu vermeiden. Prinzipiell ist im Städtebau darauf zu achten, den Lärm dorthin abzuleiten, wo er wenig stört. Um einer solchen Forderung gerecht werden zu können, müßte eigentlich in Hinkunft Sorge dafür getragen werden, daß Plätze für Tankstellen in der Stadtplanung ausgewiesen werden, und nicht mehr oder weniger willkürlich durch die Gegebenheiten des wirtschaftlichen Konkurrenzkampfes bestimmt werden.
2.0 Begutachtung des gegenständlichen Falles
2.1 Richtwerte, Einwirkungsort und Gebietsklassifikation
Laut der Niederschrift über die Verhandlung vom wurde sowohl vom Amtssachverständigen der MA 19 als auch vom Sachverständigen Architekten Prof. A das Gebiet als Wohngebiet mit parkähnlichem Charakter bezeichnet. Die letzte gültige Widmung dieses Gebietes laut Plan 1998 aus dem Jahre 1949, bezeichnet das Gebiet als Wohngebiet mit Bauklasse 2, und widmet sowohl in der Astraße als auch in der B-gasse einen Vorgarten von 5 m Breite. Als Richtwerte für städtisches Wohngebiet sind derzeit tagsüber 55 dB(A) und nachts 40 dB(A), für städtisches Wohngebiet mit Hauptstraßen tagsüber 60 dB(A) und nachts 45 dB(A) anzusetzen (Gebietseinteilung nach ISO-Entwurf, Baunutzungsordnung und Entwurf DIN 18005).
Nach dem Gutachten des Technologischen Gewerbemuseums vom sind die angeführten Richtwerte am Ort der geplanten Tankstelle für "Städtisches Wohngebiet" bereits überschritten, die Richtwerte für "Städtisches Wohngebiet mit Hauptstraßen" gerade erst erreicht. Die Messungen ergaben "Leg 59- 60 dB(A)" in den Nachmittagsstunden. Jede zusätzliche Lärmbelastung, und sei sie auch nur 1-2 dB(A), würde also ein Überschreiten auch dieses Richtwertes bedingen. Die Möglichkeit einer Erhöhung auch schon des äquivalenten Dauerschallpegels hat sich bei einer Messung an einer der Vergleichstankstellen ergeben. Es wären daher für dieses Gebiet eher Maßnahmen vorzusehen, um die Umweltbelastung durch Lärmimmissionen einzudämmen (z.B. Verkehrsbeschränkung durch LKW und Mopeds) und nicht sie noch zu erhöhen, wie dies durch den Bau einer Tankstelle zweifellos geschehen würde.
Auf Grund der hier beschriebenen Gesichtspunkte wäre der Bau einer Tankstelle am angegebenen Ort wegen der Gefahr der Überschreitung umwelthygienischer Grenzwerte abzulehnen.
2.2 Bedeutung der Verkehrspausen und deren Ausmaß für die Beurteilung
der Lästigkeit des Tankstellenlärms
Eine durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien im Bereich der geplanten Tankstelle vorgenommene Verkehrszählung weist mehrmals pro Viertelstunde Verkehrspausen von ein bis mehrminütiger Dauer auf. Solche Verkehrspausen treten vor allem auch in "Ruhezeiten", also beispielsweise in der Abendzeit zwischen 19 und 22 Uhr, auf. In dieser Situation bringt der äquivalente Dauerschallpegel allein keine befriedigende Aussage über die zu erwartende Lärmbelästigung durch die Tankstelle. In diesem Fall wären die durch Türen- und Motorhaubenzuschlagen, sowie durch Startgeräusche erzeugten Einzellärmspitzen gesondert zu betrachten, und im Hinblick auf Verkehrspausen, Ruhezeiten, Impulshaftigkeit neu zu interpretieren. In diesem Zusammenhang verdient Beachtung, daß die Vergleichsmessungen, die laut Gutachten des Technologischen Gewerbemuseums vom in der F-straße durchgeführt wurden, abends eine Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels um 1 dB(A) aber des Spitzenschallpegels (1 % der Zeit) um 2 dB(A) ergeben haben. Aus den Kurven geht überdies hervor, daß die noch seltener auftretenden Spitzenwerte mit Tankstelle um bis zu 10 dB(A) höher liegen, als die Werte ohne Tankstelle. Damit ergeben sich schon aus dem Gutachten des Technologischen Gewerbemuseums Hinweise für den Standpunkt des ärztlichen Begutachters, daß die auftretenden Lärmspitzen medizinisch an der Stelle der geplanten Tankstelle als unzumutbar anzusehen sind.
Für die ärztliche Beurteilung muß in Sonderfällen die Auffälligkeit des Geräusches als zusätzliches Kriterium herangezogen werden. Ein Geräusch ist auffällig, wenn es z. B.:
das Hintergrundgeräusch insgesamt oder in einzelnen Frequenzbereichen um 10 dB oder mehr überschreitet,
in Zeiten der Ruhe und Erholung (z.B. nachts, abends, am frühen Morgen, am Wochenende) auftritt,
sich durch besondere Ton- und Impulshaftigkeit aus dem Hintergrundgeräusch oder aus dem gleichmäßigen Grundgeräusch der Anlage heraushebt,
in seiner Art der betroffenen Umgebung fremd oder neu ist.
Alle angeführten Kriterien sind im vorliegenden Fall vorhanden. Es wäre daher sinnvoll, die Auffälligkeit des Geräusches mit in die Beurteilung der Lärmwirkung, wie dies vom ärztlichen Sachverständigen in seinen beiden Gutachten vom und geschehen ist, einzubeziehen.
Das Ergebnis dieser im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzend aufgenommenen Beweise wurde der Beschwerdeführerin und den Nachbarn gemäß § 45 Abs. 3 AVG 1950 (in Verbindung mit § 62 VwGG 1965) zur Kenntnis gebracht. In einer hiezu von der Beschwerdeführerin erstatteten Äußerung (vom ) wird im besonderen darauf hingewiesen, daß die dem Gutachten der Physikalisch-Technischen Versuchsanstalt für Wärme und Schalltechnik vom (im folgenden kurz Gegengutachten genannt) zugrunde liegende Methode, derzufolge für die Beurteilung von schwankendem Lärm der äquivalente Dauerschallpegel mit dem und ohne den zu beurteilenden Lärm heranzuziehen sei, gegenwärtig die international anerkannte Methode für die Lärmbeurteilung darstelle. Dies ergebe sich aus den von der International Organization for Standardization (ISO) herausgegebenen Empfehlungen R 1996 Akustik betreffend Beurteilung von Lärm im Hinblick auf die Reaktion der Öffentlichkeit und R 1999 Akustik betreffend Beurteilung von berufsbedingter Lärmeinwirkung zum Schutze des Hörvermögens. Nach diesen Empfehlungen sei der äquivalente Dauerschallpegel als die genauere Beurteilungsmethode dann heranzuziehen, wenn die Lärmschwankungen über die Zeit komplizierter Natur seien. Dies sei bei der Beurteilung von schwankendem Verkehrs- und sonstigem Lärm auf eine längere Zeitdauer zweifellos der Fall. Die genannte Beurteilungsmethode habe überdies in Richtlinien, die der österreichische Arbeitsring für Lärmbekämpfung herausgibt, Aufnahme gefunden. In der Äußerung der Beschwerdeführerin wird ferner zu einzelnen Ausführungen in den Gutachten der ärztlichen Sachverständigen kritisch Stellung genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu 1) Die dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG 1965 zukommende Aufgabe, im Falle des Vorliegens einer Säumnisbeschwerde in der Sache selbst zu entscheiden, bedeutet grundsätzlich, daß der Verwaltungsgerichtshof diesfalls jene materiell-rechtlichen Vorschriften anzuwenden hat, die von der belangten Behörde bei ihrer Sachentscheidung anzuwenden wären.
Auf die von der Beschwerdeführerin geplante Anlage ist das Wiener Garagengesetz, LGBl. für Wien Nr. 22/1957, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 40/1969, anzuwenden. Gemäß § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes bedarf jegliche Bauführung zur Errichtung oder Vergrößerung von Tankanlagen einer behördlichen Bewilligung. Gemäß § 3 Abs. 5 sind aus Anlaß der behördlichen Bewilligung jene Auflagen vorzuschreiben, die erforderlich sind, um die Übereinstimmung der Anlage mit den Bestimmungen dieses Gesetzes zu gewährleisten. Kann dies durch Auflagen nicht erreicht werden, so ist die Bewilligung zu versagen. Gemäß § 6 Abs. 1 muß jede Tankanlage so beschaffen sein, daß eine Gefährdung ihrer Benützer, der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch giftige Gase oder Dämpfe, durch Brand oder durch Explosion sowie eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung der Bewohner derselben Liegenschaft oder der Nachbarn durch Lärm, üblen Geruch oder Erschütterung nicht zu erwarten sind.
Zu der zuletzt wiedergegebenen Gesetzesstelle hat der Verwaltungsgerichtshof schon früher ausgeführt (siehe die Erkenntnisse vom , Zl. 361/65, und vom , Zl. 1500/65), daß die Frage, ob durch eine dem Wiener Garagengesetz unterliegende Anlage eine Gefährdung oder Belästigung der Nachbarschaft eintritt, Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiete der Technik und auf dem Gebiete des Gesundheitswesens ist. Der technische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von der geplanten Anlage zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sein werden; dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des technischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen, die zu erwartenden Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus, gemessen vom Standpunkt eines Durchschnittsmenschen ohne besondere Überempfindlichkeit, auszuüben vermögen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlaß, von diesen Grundsätzen abzugehen.
In der angeführten Rechtsprechung wurde unter Berufung auf das Erkenntnis des Gerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 5936/A, in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, daß Immissionen, die zwar das Ausmaß der in der unmittelbaren Umgebung der Wohnungen der Nachbarn festgestellten Belästigungen übersteigen, sich aber im Rahmen des in einem gemischten Baugebiet sonst üblichen Ausmaß haften, noch als zumutbar angesehen werden müssen. Die Möglichkeit einer anderen Betrachtungsweise sah der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen seines Erkenntnisses Slg. N.F. Nr. 5936/A allerdings für den Fall, daß ein großer Teil eines Gebietes (dort des gemischten Baugebietes) infolge seiner tatsächlichen ruhigen Lage eine rechtlich andere Beurteilung erfordere. Während dieser Fall aber nach der Sachverhaltsannahme der Behörde, wie sie der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde lag, außer Betracht bleiben mußte, erlangt gerade dieser Gesichtspunkt im vorliegenden Beschwerdefall rechtliche Bedeutung.
Einzugehen ist vorerst auf die in der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin vom aufgeworfene Frage, ob es rechtlich möglich sei, daß die Baubehörde - hier der Verwaltungsgerichtshof - unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes zu einer Versagung der Baubewilligung kommen kann, obgleich derselbe Sachverhalt von der Gewerbebehörde im Rahmen des Betriebsstättengenehmigungsverfahrens anders beurteilt werden könnte und - die Beschwerdeführerin verweist im Zusammenhang auf den Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom - gerade in diesem Fall anders beurteilt werden sei. Die Beschwerdeführerin befürchte diesbezüglich unbefriedigende "Doppelgleisigkeiten".
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Befürchtung bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht begründet. Wohl kann nach der Zuständigkeitsverteilung des Bundes-Verfassungsgesetzes ein und dieselbe Materie nur einem einzigen Kompetenztatbestand zugeordnet werden; doch wird damit nicht ausgeschlossen, daß für bestimmte Sachgebiete nach verschiedenen Gesichtspunkten sowohl vom Bund als auch von den Ländern Regelungen getroffen werden (siehe etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 4348). Damit im Zusammenhang steht der in der Rechtsprechung (siehe etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 4080/A, und vom , Zl. 1234/70) zum Ausdruck kommende, als "Kumulationsprinzip" bezeichnete Grundgedanke, daß bei einem Zusammentreffen von Normen verschiedener kompetenzrechtlicher Herkunft jede Behörde die in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Aufgaben wahrzunehmen hat. Daraus ergibt sich zunächst, daß für eine nach mehreren Gesichtspunkten zu beurteilende Anlage alle in den in Betracht kommenden Vorschriften vorgesehenen Bewilligungen eingeholt werden müssen, ohne daß die Partei berechtigt wäre, aus einer bereits erteilten Bewilligung Rechte in einem anderen Bewilligungsverfahren abzuleiten. Damit ist klargestellt, daß die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte gewerbebehördliche Bewilligung für die baurechtliche Beurteilung ohne Bedeutung ist. Im übrigen verkennt der Verwaltungsgerichtshof nicht, daß in jenen Fällen, in welchen nach einer landesgesetzlichen Vorschrift im Baubewilligungsverfahren zu prüfen ist, ob eine bauliche Anlage, die - wie hier - gewerblichen Zwecken dient, unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Nachbarschaft zulässig ist, die Baubehörde und die Gewerbebehörde ähnliche Aufgaben zu erfüllen haben. Doch bewirkt die Rechtsähnlichkeit der von diesen Behörden zu beurteilenden Fragen, auf die der Verwaltungsgerichtshof schon in dem oben angeführten Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 5936/A hingewiesen hat, nach Auffassung des Gerichtshofes keine Zuständigkeitskonkurrenz. Während nämlich die hier in Betracht kommenden Bestimmungen der Gewerbeordnung (im besonderen § 25) auf die Immissionswirkungen der gewerblichen Betriebsanlage gegenüber der Nachbarschaft schlechthin abgestellt sind, hat die Baubehörde zu prüfen, ob die Anlage, obgleich Immissionswirkungen nur mit deren gewerblichen Nutzung verbunden sein mögen, mit der vorgeschriebenen Flächenwidmung vereinbar ist. Damit befindet sich der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, in der zum Ausdruck kommt, daß eine Regelung der Frage, inwieweit bauliche Anlagen nach Maßgabe der Flächenwidmung zulässig sind, als eine Angelegenheit des Baurechtes - im weiteren Sinne zählen hiezu auch die Vorschriften über die Flächenwidmung - auch dann in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, wenn die Anlage Zwecken eines Gewerbebetriebes dient (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 2977). Die besondere praktische Bedeutung dieser Aufgabenabgrenzung zeigt etwa die Erwägung, daß es unzulässig wäre, wenn die Gewerbebehörde die für eine gewerbliche Betriebsanlage beantragte Genehmigung allein unter Berufung auf eine entgegenstehende Flächenwidmung versagte (siehe die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1257/68, und vom , Zl. 670/70) oder in die Beurteilung der Ortsüblichkeit des Immissionsausmaßes auch Flächenwidmungen, die im faktischen Bereich noch keinen maßgeblichen Niederschlag gefunden haben, einbezöge. Eine derartige Betrachtungsweise ist ausschließlich der Baubehörde vorbehalten. Schon daraus ergibt sich, daß bei der Beurteilung des Schutzes der Nachbarschaft im Bauverfahren gegenüber dem gewerblichen Genehmigungsverfahren dem rechtlichen Wesen nach andere Gesichtspunkte maßgebend sind. Auf eine allenfalls erforderliche weitergehende Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche war im Zusammenhang nicht einzugehen.
Die Bestimmung des § 6 des Wiener Garagengesetzes kann - verfassungskonform - so ausgelegt werden, daß ein Eingriff in den Aufgabenbereich der Gewerbebehörde, wie er sich bei dieser Rechtslage darstellt, nicht anzunehmen ist.
Hingewiesen wird auf den von den Nachbarn schon im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwand, es sei von der geplanten Tankanlage eine Lärmbelästigung zu erwarten, wobei betont wurde, daß sich die Nachbarliegenschaften in einem ruhigen Wohngebiet befänden. Für die nach der oben umschriebenen Rechtslage hier im Vordergrund stehende widmungsrechtliche Beurteilung der Berechtigung dieser Einwendung ist zunächst der für das Grundstück n1 der KG. Hietzing - auf dem die Tankanlage errichtet werden soll - erlassene Bescheid, betreffend die Bekanntgabe der Fluchtlinien und Höhenlagen (Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom ), maßgebend. Mit diesem wurde unter Berufung auf den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Nr. 1998) für das angeführte Grundstück die Bauklasse II sowie die offene, gekuppelte oder Gruppenbauweise vorgeschrieben. Aus dem Fluchtlinienplan ergibt sich ferner die Beschränkung, daß bei der Verbauung des angeführten Grundstückes an der A-straße und an der B-gasse ein Vorgarten in der Breite von 5 m eingehalten werde. Dieselben Bebauungsbeschränkungen gelten nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan auch für die Umgebung des Baugrundstückes; es ist lediglich für einzelne Grundstücke eine geringere Vorgartenbreite vorgesehen. Damit weist aber dieser Teil des Planungsbereiches - er findet erst eine (vorläufige) Begrenzung durch andere Widmungsmerkmale aufweisende Teilbereiche, und zwar im Norden durch Grundstücke am G, für die die geschlossene Bauweise vorgesehen ist, im Osten durch Grundstücke an der C-Straße, für die die geschlossene Bauweise vorgesehen ist, im Süden durch Grundstücke an der H-Allee, die im gemischten Baugebiet liegen, und im Westen durch Grundstücke an der A-straße, die im gemischten Baugebiet liegen und für die die geschlossene Bauweise vorgesehen ist - eine Reihe gemeinsamer Widmungsmerkmale auf, die in Verbindung mit der den ganzen umschriebenen Bereich umfassenden Widmung als Wohngebiet den Cottagecharakter dieses Gebietes, auf den im Verfahren mehrmals, wohl in einem anderen, hier nicht in Betracht kommenden Zusammenhang, hingewiesen wurde, auch widmungsrechtlich zum Ausdruck bringen, woraus insgesamt die Absicht des Verordnungsgebers erkennbar ist, in diesem verhältnismäßig großen Widmungsbereich durch die Aufhellung allgemeiner Bebauungsbeschränkungen in bezug auf die Gebäudehöhe und die sonstige Ausnützung der Bauplätze ein Wohnen in ruhiger Lage zu ermöglichen.
Der Verwaltungsgerichtshof ist auf Grund dieser Erwägungen der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine besondere rechtliche Beurteilung des Schutzes der Nachbarschaft vor einer Belästigung durch Tankanlagen, wie sie in der früheren, schon oben angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofes als möglich bezeichnet wurde, im Beschwerdefall eindeutig gegeben sind.
Nach dem Ergebnis der am durchgeführten Verhandlung war, wie schon oben dargestellt wurde, die Aufnahme weiterer Beweise erforderlich. Der wesentliche Inhalt der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverständigengutachten wurde oben wiedergegeben. Daraus ergibt sich eine Übereinstimmung darin, daß der auf der A-straße stattfindende Fahrzeugverkehr bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der von der Tankanlage zu erwartenden Lärmimmissionen miteinzubeziehen sei. Keine Übereinstimmung besteht hingegen in der Frage, ob der Verkehrslärm auf den Nachbarliegenschaften bereits in einem solchen Maß in Erscheinung tritt, daß die Lärmimmissionen der Tankanlage nicht als unzumutbar anzusehen sind.
In dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gegengutachten wird diese Frage bejaht. Dabei wird von der grundsätzlichen Annahme ausgegangen, daß für die Beurteilung von Lärm, der von dem schwankenden Lärm des vorbeiflutenden Straßenverkehrs nicht zu trennen ist, der äquivalente Dauerschallpegel mit dem und ohne den zu beurteilenden Lärm heranzuziehen sei. Die Grenze der zumutbaren Störung werde erst bei einer Erhöhung des äquivalenten Dauerschallpegels durch den hinzutretenden Betrieb - hier durch die geplante Tankanlage - um 3 dB(A) erreicht, was - dies wurde im Gegengutachten als Ergebnis der Messungen und deren weiteren Bearbeitung festgestellt - hier nicht der Fall sei.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht den Wert der Bemühungen, die darauf abzielen, daß für die Beurteilung des Lärmschutzes Grenzwerte ermittelt und diese als Richtlinie dem damit befaßten Personenkreis empfohlen werden. Bei der Vollziehung der Gesetze haben aber Richtlinien dieser Art zunächst nur jene Bedeutung, die ihnen durch ein Gesetz (oder durch eine Verordnung) beigemessen wird. Da sich nun das Gegengutachten auf keine verbindliche Rechtsquelle zu berufen vermag - weder die im Gegengutachten zitierte Richtlinie (19) des Österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung noch die in der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin vom angeführten Empfehlungen der International Organization for Standardization besitzen diese Eigenschaft - ist die in Rede stehende Frage der Bedeutung des Verkehrslärms auf Grund der konkreten Sachlage des Beschwerdefalles zu lösen, wobei allgemeine Beurteilungsgrundsätze, die in einem Sachverständigengutachten verwertet werden, wie andere Sachverhaltselemente Gegenstand der Beweisaufnahme und der Beweiswürdigung sind.
Der ärztliche Sachverständige Stadtphysikus Dr. L kommt in seinem Gutachten vom zu dem Ergebnis, daß die Nachbarn in den immerhin als erheblich festgestellten Pausen des Verkehrslärms durch den Tankanlagenlärm in unzumutbarem Ausmaß gestört würden. Nach Auffassung des Sachverständigen seien nämlich für die medizinische Beurteilung in erster Linie die Spitzen des zu untersuchenden Lärms, die im äquivalenten Dauerschallpegel keinen deutlichen Ausdruck fänden, maßgebend. Der ärztliche Sachverständige Univ.Prof. DDr. H geht in seinem Gutachten wohl davon aus, daß durch den äquivalenten Dauerschallpegel als einen Mittelungspegel unter bestimmten Voraussetzungen die Geräuschwirkung auf die Nachbarschaft annähernd gekennzeichnet werden könne, doch ist auch er der Meinung, daß in bestimmten Fällen der äquivalente Dauerschallpegel, der die absolute Höhe und die zeitliche Verteilung der Einzellärmspitzen nicht erkennen lasse, allein keine befriedigende Aussage über die zu erwartende Lärmbelästigung ermögliche. Das Vorliegen eines solchen Falles sei nach den Ausführungen des Sachverständigen im Beschwerdefall schon deshalb anzunehmen, weil durch die Zählorgane der Bundespolizeidirektion Wien ein- bis mehrminütige Verkehrspausen pro Viertelstunde, die vor allem auch in der Abendzeit (19-22 Uhr) auftreten, festgestellt worden seien. Auch die Auffälligkeit des Geräusches sei als zusätzliches Kriterium für die Beurteilung der Lästigkeit heranzuziehen, wobei ein Geräusch beispielsweise dann auffällig sei, wenn es in Zeiten der Ruhe und Erholung (etwa abends) auftritt. Im übrigen entnimmt der Verwaltungsgerichtshof dem Gutachten dieses Sachverständigen insgesamt, daß nach dessen Auffassung in eine abschließende medizinische Beurteilung einer konkreten Lärmsituation auch allgemeine umwelthygienische Gesichtspunkte mit einzubeziehen seien. Dies erfordere aber, so ist das Gutachten offenbar zu verstehen, eine Betrachtung, die es ausschließt, daß ein schon aus der gegebenen Planung ableitbarer Grenzwert für den Schallschutz, wenn auch nur geringfügig, überschritten werde. Hier sei dies aber schon nach den im Gegengutachten angeführten Meßergebnissen, die bei einer der Vergleichstankstellen, nämlich jener in der F-straße, eine Erhöhung auch des äquivalenten Dauerschallpegels um 1 dB(A) zeigen, der Fall.
Der damit zum Ausdruck gebrachte Gedanke, es seien auch in die medizinische Beurteilung von Lärmfragen der in Rede stehenden Art selbst Forderungen der Umwelthygiene, die in den Vorschriften der Raumplanung noch keinen eindeutigen Niederschlag gefunden haben, einzubeziehen, ist gewiß beachtlich. (Der Sachverständige weist in seinem Gutachten mit Recht darauf hin, daß eine sich nicht an absoluten Richtwerten orientierende Betrachtung der Einzelfälle ein ständiges "Höherlizitieren" des Lärmpegels mit sich bringen könne.) Wie immer aber diese Frage sonst zu lösen sein mag, für den Beschwerdefall ist zu sagen, daß das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen gerade der hier vorliegenden besonderen Situation Rechnung trägt, die, wie schon ausgeführt wurde, dadurch gekennzeichnet ist, daß durch die maßgebliche generelle Bebauungsvorschrift das Wohnen in möglichst ruhiger Lage innerhalb eines größeren, als Widmungseinheit erkennbaren Bereiches gewährleistet sein soll. So gesehen reicht der den Gutachten beider ärztlicher Sachverständigen zugrunde liegende - mit dem übrigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens voll übereinstimmende - Sachverhalt, der in diesem Umfang auch in der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin vom nicht bestritten wird, aus, um darauf schlüssig die Annahme der ärztlichen Sachverständigen gründen zu können, es würden die Nachbarn der von der Beschwerdeführerin geplanten Tankanlage durch den von dieser zu erwartenden Lärm eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung erfahren. Da hiefür Erwägungen maßgebend waren, die in erster Linie das Gebiet des Gesundheitswesens betreffen, folgt der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der ärztlichen Sachverständigen, der von der Beschwerdeführerin kein anderes ärztliches Sachverständigengutachten entgegengesetzt wurde (siehe hiezu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 353/67).
Nach der oben dargestellten Rechtslage war daher die Berufung der Beschwerdeführerin abzuweisen. Eine Bewilligung der Tankanlage mit der Auflage einer zeitlichen Betriebsbeschränkung war schon deshalb nicht in Erwägung zu ziehen, weil die Beschwerdeführerin noch in ihrer Gegenäußerung vom ausdrücklich erklärt, es sei nur während der Nachtstunden - die Beschwerdeführerin versteht darunter, wie der Zusammenhang erkennen läßt, die Zeit von 22 bis 6 Uhr - ein Betrieb der Tankanlage nicht vorgesehen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage war nicht mehr zu prüfen, ob einer Stattgebung der Berufung allfällige sonstige Versagungsgründe entgegenstehen.
Zu 2a) Dem Verwaltungsgerichtshof sind durch die Bestellung des Sachverständigen Univ.Prof. DDr. H Barauslagen im Gesamtbetrage von S 6.735,-- erwachsen. Im Beschwerdefall hatte jedoch der Verwaltungsgerichtshof anstelle der säumig gewordenen Behörde nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 in der Sache selbst zu entscheiden. Aus dem Sachverhalt ist zu ersehen, daß die den angeführten Aufwand verursachende Maßnahme wohl von Amts wegen angeordnet wurde, jedoch zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Rahmen des auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin durchzuführenden Verfahrens erforderlich war. Es liegt somit der im § 76 Abs. 2 zweiter Satz AVG 1950 vorgesehene Fall vor, in dem die der Behörde (hier dem Verwaltungsgerichtshof) erwachsenen Kosten zunächst den Beteiligten - hier die Beschwerdeführerin - belasten (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1199/67). Auf die Möglichkeit, daß der Beschwerdeführerin diese Barauslagen als Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu Lasten der belangten Behörde als unterliegender Partei zugesprochen werden, wird ausdrücklich hingewiesen. Voraussetzung hiefür ist gemäß § 59 Abs. 1, Abs. 2 lit. d und Abs. 3 VwGG 1965 ein binnen einer Woche nach dem Entstehen der Leistungspflicht (Zustellung dieses Erkenntnisses) beim Verwaltungsgerichtshof schriftlich zu stellender Antrag (siehe das schon oben angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes).
zu 2b) Der Ausspruch über den bereits mit diesem Erkenntnis der Beschwerdeführerin zuerkannten Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. c und d und 55 Abs. 1 VwGG 1965 sowie auf Art. I Z. 2 der der Verordnung des Bundeskanzleramtes, BGBl. Nr. 4/1965. Das auf Ersatz von Umsatzsteuer, Einheitssatz und Fahrtkosten gerichtete Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin war als durch diese Vorschriften nicht gedeckt (siehe etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 6744/A und vom , Slg. N.F. Nr. 6956/A) abzuweisen. Das erst bei der Verhandlung vom für frühere Schriftsätze und für die Teilnahme an einer am stattgefundenen Verhandlung gestellte Kostenmehrbegehren war als verspätet zurückzuweisen. (§ 59 VwGG 1965).
Zu 2c) Das Kostenbegehren einzelner als Nachbarn aufgetretener Parteien findet im Verwaltungsgerichtshofgesetz 1965, in dem die Kostenersatzansprüche der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erschöpfend geregelt sind (vgl. § 58 VwGG 1965) und in den Verwaltungsvorschriften, die der Verwaltungsgerichtshof bei der hier zu treffenden Sachentscheidung anzuwenden hatte, keine Grundlage. Es war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §1; AVG §45 Abs2; AVG §52; AVG §76 Abs2 impl; BauO Wr §87 impl; BauRallg; B-VG Art10 Abs1 Z8; B-VG Art131 Abs1 Z1; B-VG Art15 Abs1; B-VG Art18 Abs1; GaragenG Wr 1957 §4 Abs2; GaragenG Wr 1957 §5; GaragenG Wr 1957 §6 Abs1; GewO 1859 §23 Abs9; GewO 1859 §25 impl; GewO 1859 §25; ÖAL Richtlinien; VwGG §34 Abs1 impl; VwGG §41 Abs1 impl; VwGG §42 Abs2 lita impl; VwGG §42 Abs2 litc Z3 impl; VwGG §42 Abs2 Z1 impl; VwGG §42 Abs2 Z3 litc impl; VwGG §42 Abs4; VwGG §47 Abs2 lita; VwGG §48 Abs1 lita; VwGG §55 Abs1; VwGG §58; |
Sammlungsnummer | VwSlg 8297 A/1972 |
Schlagworte | Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Begründung Begründungsmangel Allgemein Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und Eisenbahnrecht |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1972:1968000522.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
PAAAF-52881