VwGH 22.06.1976, 0509/74
Entscheidungsart: ErkenntnisVS
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Werden die Miteigentumsanteile an mehreren Grundstücken, die dem Betrieb einer Personengesellschaft (hier landwirtschaftlicher Betrieb einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) dienen und die im gleichen Verhältnis im Miteigentum der Gesellschafter stehen, wie diese an der Gesellschaft beteiligt sind, so getauscht, daß schließlich jeder der bisherigen Miteigentümer (Gesellschafter) nunmehr Alleineigentümer je eines Grundstückes ist, so sind, soweit kein Spitzenausgleich erfolgt, die Buchwerte jedenfalls dann unverändert fortzuführen, wenn die Grundstücke territorial zusammenhängen und vor und nach der Transaktion unverändert dem lebenden Betrieb dienen. In einem solchen Fall ist eine Aufwertung auf die gemeinen Werte nicht möglich. Der grundbücherliche Erwerb der Miteigentumsanteile durch den einzelnen Gesellschafter stellt bei ihm keine Anschaffung iSd § 23 EStG 1967 dar. Befinden sich auf einzelnen Grundstücken Gebäude, so steht die AfA hiefür nach der Transaktion nur dem Alleineigentümer des betreffenden Grundstückes zu. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 0529/74 E VS VwSlg 4994 F/1976 RS 1 |
Entscheidungstext
Beachte
Siehe:
0529/74 E VS VwSlg 4994 F/1976
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Schimetschek und die Hofräte Hofstätter, Kobzina, Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Kirschner, Dr. Seiler, Dr. Iro und Dr. Drexler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. Carl F. in W, vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, Schillerstraße 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 14/33/5-BK/Fe-1973, betreffend Einkommensteuer 1965, nach der am vor dem einfachen Senat, dem Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Schimetschek und den Hofräten Hofstätter, Dr. Karlik, Dr. Simon und Dr. Kirschner als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Schwärzler, durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Helmut Wildmoser, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberfinanzrat Dr. Hans J., zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.788,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Meierei F." und Eigentümer der dem landwirtschaftlichen Betrieb dieser Gesellschaft dienenden Liegenschaft EZ. 217, KG. L. Aus dieser Liegenschaft verkaufte der Beschwerdeführer im Jahre 1965 (3. August und 6. Dezember) das Grundstück Nr. 840/6 zum Teil an eine Wohnbaugesellschaft um den Verkaufspreis von S 7,093.100,--; zum anderen Teil tauschte er es gegen eine andere Liegenschaft.
Das Eigentum an diesem Grundstück hatte der Beschwerdeführer zu einem Sechstel durch Schenkung seitens seines Vaters im Dezember 1955 erworben. Zu diesem Zeitpunkt wurde ihm außerdem jeweils 1/6 Anteil an einer Reihe von anderen - ebenfalls der "Meierei F." dienenden - Liegenschaften geschenkt. Gleichzeitig wurden der Beschwerdeführer und seine drei Brüder in die bis dahin von seinem Vater Alfred F. und seiner Tante Margarete F. betriebene Landwirtschaftsgesellschaft bürgerlichen Rechts (Meierei F.) als Gesellschafter aufgenommen. Die Grundstücke, deren Anteile der Beschwerdeführer und seine Brüder im Dezember 1955 geschenkt erhielten, waren ausschließlich dem Betrieb der Gesellschaft gewidmet. Im Jahre 1960 kamen die Miteigentümer dieser Liegenschaft überein, teils durch Verkauf von 5/6 Anteilen des Alfred F. sen. an die übrigen Miteigentümer, teils durch Tausch zwischen den anderen Miteigentümern zu erreichen, daß jeder der Söhne des Alfred F. sen. eine Liegenschaft ins Alleineigentum übertragen erhielt und an der Liegenschaft EZ. 189, KG. L, Margarete F. zu 5/6 und Alfred F. sen. zu 1/6 beteiligt waren. Dies wurde durch die Vereinbarung vom erreicht. Damit sollte nach den Angaben des Beschwerdeführers eine zu starke Zersplitterung der Miteigentumsquoten an den Liegenschaften verhindert werden und für den Fall einer späteren (damals aber noch nicht ins Auge gefaßten und bisher auch noch nicht durchgeführten) Auflösung der Gesellschaft Vorsorge für die Verteilung des Vermögens getroffen werden. Die Liegenschaften sollten aber (und wurden ausgenommen den beschwerdegegenständlichen Verkauf und Tausch) unverändert im Betriebsvermögen belassen werden. In der Beschwerde wird dazu noch ausgeführt, daß die bereits 1955 getroffenen Vereinbarungen darüber, daß bei Verfügungen über die dem Betrieb gewidmeten Liegenschaften die Zustimmung der übrigen Gesellschafter einzuholen sei, auch nach Abschluß der Vereinbarung vom aufrechterhalten worden seien.
Das Finanzamt erblickte in der Vereinbarung vom hinsichtlich der vom Beschwerdeführer im Tauschweg erworbenen 4/6 Anteile an der Liegenschaft EZ. 217, KG. L, ein Anschaffungsgeschäft, weil der Tausch ein entgeltliches Rechtsgeschäft sei. Hinsichtlich des vom Vater gekauften 1/6 Anteiles wurde im Hinblick auf den geringen Kaufpreis ein Überwiegen des Schenkungscharakters angenommen und daher hinsichtlich 2/6 Anteile das Vorliegen eines Anschaffungsgeschäftes im Sinne des § 23 EStG 1953 verneint. Der gemeine Wert des Grundstückes wurde vom Finanzamt unter Berücksichtigung der sich aus der Kaufpreissammlung ergebenden Wertverhältnisse durch Rückrechnung vom Verkaufserlös ermittelt, wobei eine Steigerung der Grundstückspreise zwischen 1960 und 1967 um 50 % zugrunde gelegt wurde. Auf dieser Basis ermittelte das Finanzamt einen Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten von S 2,602.944,--, von denen 4/6, d. s. S 1,735.295,--, als Spekulationsgewinn gemäß § 23 EStG 1953 der Besteuerung unterzogen wurden.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde darauf hingewiesen, daß sämtliche Grundstücke, die Gegenstand der Vereinbarung vom gewesen seien, von der "Meierei F."
landwirtschaftlich bewirtschaftet worden seien und noch bewirtschaftet würden. An den Verhältnissen in der Gesellschaft habe sich durch diese Vereinbarung nichts geändert, auch nicht die Aufteilung von Aufwand und Ertrag. Die Vereinbarung sei lediglich ein Abkommen für den Fall einer späteren Auflösung der Gesellschaft gewesen, da angesichts der Stadtnähe mit einer solchen einmal habe gerechnet werden müssen. Sie sei aber nicht durchgeführt worden, weil jeder Teilhaber an der Gesellschaft nach wie vor mit 1/6 beteiligt geblieben sei. Durch den im Jahre 1963 erfolgten Tod des Alfred F. sen. sei eine Änderung dahingehend eingetreten, daß die verbliebenen Gesellschafter von da an mit je 1/5 an Gewinn, Verlust und Vermögen der Gesellschaft beteiligt gewesen seien.
Da das Gesellschaftsvermögen einem gemeinsamen Zweck gewidmet sei, dürfe der einzelne Gesellschafter ohne Rücksicht auf die formelle Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch (ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter) nicht darüber verfügen. Als Veräußerung oder Anschaffung im Sinne des § 23 EStG 1953 könne sowohl unter Berücksichtigung der bürgerlich-rechtlichen als auch der steuerrechtlichen Verhältnisse erst die formelle Entnahme eines Teiles des Liegenschaftsbesitzes aus dem Gesellschaftsvermögen angesehen werden. Eine solche sei aber erst mit Abschluß des Kaufvertrages vom bzw. mit dem Tauschvertrag vom durchgeführt worden. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1953, nach der der Wert der Änderungen, die sich beim Grund und Boden ergebe, bei der Gewinnermittlung außer Ansatz zu lassen sei, habe das Finanzamt bei der Entnahme des Grundstückes aus dem Betriebsvermögen keinen der Besteuerung vom Einkommen unterliegenden Vorgang annehmen dürfen. Außerdem bekämpfte der Beschwerdeführer die Wertermittlung auf Grund der Kaufpreissammlung. In einer Vorhaltsbeantwortung führte der Beschwerdeführer aus, daß die vertraglichen Änderungen im Jahre 1960 nur eine Realteilung von Betriebsvermögen darstellen könnten. Die Entnahme eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen sei jedoch weder Anschaffung noch Veräußerung. Die Tauschvorgänge zwischen den fünf Personen seien als Einzelvorgänge aufzufassen und dabei ergebe sich, daß bei einzelnen Geschäften der Schenkungscharakter überwiege. Diese Auffassung wurde aber in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht mehr aufrechterhalten.
Die belangte Behörde hat mit dem nun angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet abgewiesen und dies im wesentlichen, wie folgt, begründet:
Voraussetzung für das Vorliegen eines Spekulationsgeschäftes im Sinne des § 23 EStG 1953 sei u. a. daß der Veräußerer das Wirtschaftsgut im Weg einer Anschaffung erworben habe. Unter Anschaffung im Sinne des § 23 EStG 1953 seien die schuldrechtlichen Verträge (Kauf-, Tauschverträge usw.), auf Grund derer Leistung und Gegenleistung erfließen, zu verstehen. Nach Lehre und Rechtsprechung liege eine Anschaffung auch dann vor, wenn die Teilhaber einer gemeinschaftlich betriebenen Landwirtschaft untereinander ihre Miteigentumsanteile an zum Betriebsvermögen gehörigen Grundstücken austauschen. Durch die Vereinbarung vom habe der Beschwerdeführer 4/6 der mit den Verträgen vom 3. August bzw. - also innerhalb der verlängerten Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953 - wieder veräußerten Grundflächen der Parzelle Nr. 840/6, KG. L, im Tauschweg, also durch entgeltliche Anschaffungsgeschäfte, erworben. Mit den Ausführungen, wonach er nicht wirtschaftlicher Eigentümer der getauschten Grundstücke geworden sei, könne der Beschwerdeführer nicht die Erlangung des freien Besitzes im Sinne des bürgerlichen Rechts in Abrede stellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Veräußerungsgeschäfte über Grundstücke, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als fünf Jahre beträgt, sind gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 EStG 1953 in der Fassung des Art. II des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 285, als Spekulationsgeschäfte anzusehen. Gemäß Art. III Abs. 2 dieses Bundesgesetzes verlängerte sich die fünfjährige Frist für Grundstücke, die nach dem angeschafft wurden, derart, daß sie nicht vor Ablauf des Kalenderjahres 1965 endete.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß durch die Vereinbarung vom kein Anschaffungstatbestand erfüllt worden sei, weil das Grundstück zu diesem Zeitpunkt zum Betriebsvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Meierei F."
gehört habe und auch nach dieser Vereinbarung im Betriebsvermögen dieser Gesellschaft geblieben sei. Erweist sich diese Ansicht des Beschwerdeführers als begründet, so ist der Beschwerde stattzugeben.
Mit dem über die Beschwerde der "Meierei F.", betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ergangenen Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 529/74, hat der Verwaltungsgerichtshof den Unterschied zwischen einem Tausch und einer Realteilung auf dem Gebiete des Bilanzsteuerrechtes aufgezeigt. Er ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß wohl beim Tausch eine Veräußerung und eine Anschaffung gegeben ist; nicht jedoch bei einer Realteilung, soweit kein "Spitzenausgleich" erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis des weiteren untersucht, ob in der auch für den vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Vereinbarung vom ein Tauschgeschäft oder eine Realteilung zu erblicken ist. Auf Grund der besonderen Verhältnisse des Beschwerdefalles gelangte der Gerichtshof auch unter Bedachtnahme auf die durch § 21 Abs. 1 BAO gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise zu dem Ergebnis, daß eine Anschaffung und Veräußerung durch den Beschwerdeführer und seine Mitgesellschafter im Jahre 1960 nicht erfolgte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 529/74, verwiesen. Für den Beschwerdefall bedeutet das allein, daß die belangte Behörde zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung gelangt ist, weil es nicht möglich ist, dem gegenständlichen grundbücherlichen Eigentumserwerb im Bereich des Bilanzsteuerrechts den Charakter einer "Anschaffung" abzusprechen, die zugrunde liegende Vereinbarung aber als Anschaffungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG 1953 anzusehen.
Aus Vorstehendem folgt, daß der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war, ohne daß es notwendig war, auf die Ausführungen der Beschwerde und des angefochtenen Bescheides in allen Einzelheiten einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 4/1975.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1976:1974000509.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-52859