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VwGH 20.04.1977, 0446/77

VwGH 20.04.1977, 0446/77

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BAO §212 Abs1;
BAO §236 Abs1;
RS 1
Die Auferlegung von Stundungszinsen ist keine Strafsanktion für nicht pünktliche Steuerentrichtung. Die Rechtmäßigkeit der Auferlegung kann nur im Rahmen der Anfechtung eines die Auferlegung von Stundungszinsen aussprechenden Bescheides über Zahlungserleichterungen bekämpft werden, nicht aber im Rahmen eines Verfahrens über die Nachsicht dieser Stundungszinsen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 0383/59 E VwSlg 2491 F/1961; RS 1
Norm
BAO §212 Abs2;
RS 2
Die Stundungszinsenpflicht wird nicht dadurch berührt, daß der Abgabepflichtige aus einem anderen Abgabenanspruch eine Gutschrift erwartet.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH Erkenntnis 1970/06/24 0975/70 1
Norm
BAO §212 Abs2 idF 1974/787 ;
RS 3
Die Rechtseinrichtung der Stundungszinsen stellt sich als ein rein wirtschaftlicher Ausgleich für den Zinsenverlust dar, den der Abgabengläubiger dadurch erleidet, daß er die geschuldete Leistung nicht bereits am Tage der Fälligkeit erhalten hat (Hinweis E , 383/59, VwSlg 2491 F/1961).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH Erkenntnis 1962/05/08 0223/60 1

Entscheidungstext

Beachte

Besprechung in:

Reeger-Stoll: Komm. zur BAO, S 717, Anm. 12, Abs 1 zu § 212 BAO;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Eichler und die Hofräte Dr. Raschauer, Dr. Reichel, Dr. Salcher und Dr. Närr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde des BV in K, vertreten durch Dr. Hans Primus, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Viktringer Ring 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 111-I- 1976, betreffend Stundungszinsen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt: Im August 1972 verkaufte der Beschwerdeführer der Firma X-Wohnbaugesellschaft m.b.H, das Grundstück Nr. 536/7 Garten der Liegenschaft EZ. 679 des Grundbuches der Katastralgemeinde Y zum Kaufpreis von S 1,313.250,--. Die Erwerberin zeigte den diesbezüglichen Kaufvertrag beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt an. Dieser Erwerbsvorgang wurde von dem genannten Finanzamt zunächst gemäß dem § 4 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140, in der für den Beschwerdefall geltenden Fassung (GrEStG), von der Besteuerung ausgenommen. Die Erwerberin teilte das gekaufte Grundstück und errichtete auf der einen Parzelle Eigentumswohnungen. Die andere Parzelle wurde wegen Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Erwerberin nicht verbaut. Anschließend wurde dem Beschwerdeführer von dem genannten Finanzamt mit Bescheid vom gemäß dem § 17 Z. 4 GrEStG eine Grunderwerbsteuer in der Höhe von S 110.861,-- vorgeschrieben. Dagegen erhob der Beschwerdeführer am Berufung. Diese wurde mit Berufungsvorentscheidung des genannten Finanzamtes als unbegründet abgewiesen, worauf der Beschwerdeführer beantragte, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen. In der Folge - jedenfalls vor dem - nahm er jedoch die Berufung zurück. Mit der Berufung hatte der Beschwerdeführer auch um Stundung der genannten Grunderwerbsteuerschuldigkeit angesucht. Das Finanzamt hatte dem Ansuchen mit Bescheid vom durch Bewilligung eines Zahlungsaufschubes bis entsprochen und dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom Stundungszinsen in der Höhe von S 3.266,-- vorgeschrieben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am Berufung, worin er unter anderem auf die inzwischen tatsächlich erfolgte Bezahlung der Grunderwerbsteuer aus dem Massevermögen der Erwerberin Bezug nahm. Die belangte Behörde wies - nachdem die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom durch den Vorlageantrag des Beschwerdeführers gemäß dem § 276 BAO ihre Wirkung verloren hatte - mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom ab. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Das Gesetz sehe in dem § 212 Abs. 2 BAO bei Bewilligung einer den Betrag von S 50.000,-- übersteigenden Abgabenschuld die Vorschreibung von Stundungszinsen in der Höhe von 3 % über dem im Zeitraum des Zahlungsaufschubes jeweils geltenden Zinsfuß für Eskontierungen der Österreichischen Nationalbank pro Jahr zwingend vor. Das Zutreffen dieser Kriterien bestreite der Beschwerdeführer nicht, sondern er bekämpfe die Stundungszinsenvorschreibung damit, daß ihm die ihr zugrunde liegende Grunderwerbsteuerschuld zu Unrecht angelastet worden sei, weil sich das genannte Finanzamt vorher nicht vergewissert habe, ob die Grunderwerbsteuer nicht aus der Konkursmasse der Erwerberin des gegenständlichen Grundstücks hätte einbringlich gemacht werden können. Die Prüfung dieser Frage hätte aber nur in dem - durch Rücknahme der Berufung beendeten - Berufungsverfahren gegen den Grunderwerbsteuerbescheid erfolgen können. Im vorliegenden Fall sei zweifelsfrei ein abgabenrechtliches Gesamtschuldverhältnis gegeben gewesen. Die nunmehr erfolgte Abstattung der Abgabenschuld aus dem Massevermögen der Erwerberin habe zwar auf seiten des Beschwerdeführers zu einer Schuldminderung geführt, die jedoch nicht im Abgabenfestsetzungs- sondern im Einbringungsverfahren eingetreten sei, weshalb der § 212 Abs. 2 Satz 2 BAO nicht in Betracht komme.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und dem Sinne nach wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft. Der Beschwerdeführer bringt vor, das genannte Finanzamt habe die vorgeschriebene Grunderwerbsteuer in dem über das Vermögen der Erwerberin des Grundstücks anhängigen Konkursverfahren erst über Intervention seines Rechtsvertreters angemeldet und die diesbezügliche Forderung sei anstandslos aus der Konkursmasse bezahlt worden. Wäre eine rechtzeitige Anmeldung durch das Finanzamt erfolgt, hätte eine Grunderwerbsteuervorschreibung an den Beschwerdeführer nicht ergehen müssen, der Betrag wäre schon viel früher bezahlt worden und die gegenständlichen Stundungszinsen wären überhaupt nicht entstanden. Daher habe der Beschwerdeführer auch zu Recht gegen die Vorschreibung der Stundungszinsen berufen. Die belangte Behörde übersehe in dem angefochtenen Bescheid, daß das Finanzamt bei gehöriger Aufmerksamkeit den Betrag leicht bei der Erwerberin des Grundstücks hätte hereinbringen können. Diese Unterlassung bedeute eine Ermessensüberschreitung. Der Beschwerdeführer habe einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erlitten. Eine Sicherstellung für den Verkauf in solchen Fällen, insbesondere im Hinblick auf die (in dem § 4 Abs. 2 GrEStG vorgesehene) Frist von acht Jahren, würde sämtliche Grundverkäufe unmöglich machen. Der Beschwerdeführer vermißt ferner Feststellungen darüber, inwiefern die Einbringlichkeit bei der Erwerberin des Grundstücks gegeben gewesen sei, woraus sich ergeben hätte, daß die Grunderwerbsteuer bei ihr jederzeit hätte eingebracht werden können. Dann wären aber überhaupt keine Stundungszinsen entstanden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer verkennt die wirtschaftliche Funktion des Instituts der Stundungszinsen. Diese stellen nicht eine Art Strafe für eine Säumnis dar, sondern ein wirtschaftliches Äquivalent für den Zinsenverlust, den der Fiskus dadurch erleidet, daß er die geschuldete Steuerleistung nicht bereits am Tag der Fälligkeit erhalten hat. Ist doch auch sonst im Wirtschaftsleben der Schuldner gehalten, bei nicht pünktlicher Zahlung der Schuld Verzugszinsen (vgl. § 1333 ABGB, § 353 HGB) zu leisten (siehe Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung Seite 717, Anmerkung 12, Abs. 1 zu dem § 212 BAO und das dort zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 383/59, Slg. Nr. 2491/F).

Stundungszinsenpflicht besteht nach dem § 212 Abs. 2 BAO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 787/1974 seit nur, soweit Abgabenschuldigkeiten einen Betrag von S 50.000,-- überschreiten (Freibetrag) und infolge einer ausdrücklich erteilten Zahlungserleichterung später entrichtet werden, als ihrem ursprünglich (gesetzlich oder bescheidmäßig) bestimmten Fälligkeitstag entspricht. Dies ist aber gegenständlich unbestrittenermaßen der Fall. Der Beschwerdeführer unterliegt bei den von ihm geltend gemachten Beschwerdegründe einem Irrtum, denn er verwechselt die Entstehung des Abgabenanspruches (auf der Seite des Abgabenschuldners der Abgabenschuld), die in dem § 4 BAO in Verbindung mit den Vorschriften der einzelnen Abgabengesetze geregelt ist, mit dem auf Grund der Fälligkeit eintretenden Abgabenzahlungsanspruch (auf Seite des Abgabenschuldners der Abgabenzahlungsschuld). Gegenstand von Stundungszinsen können aber nur Abgabenschuldigkeiten sein, deren Einhebung mit dem Entstehen von Abgabenschulden (allenfalls auch Ansprüchen von Abgabenminderungen) nichts gemein hat, was auch gesetzessystematisch dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Einhebung der Abgaben im 6. Abschnitt der Bundesabgabenordnung geregelt ist, während sich die Vorschriften über das Entstehen des Abgabenanspruches in dem die allgemeinen Bestimmungen enthaltenden

1. Abschnitt dieses Gesetzes befinden (so schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 975/70, Slg. 4110/F). In seinem Erkenntnis vom , Zl. 223/60, hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, daß in einem Verfahren, das lediglich der Einräumung von Zahlungserleichterungen dient, die Frage der Fälligkeit der Abgabenschuld nicht mehr aufgeworfen werden kann. In dem damaligen Beschwerdefall war eine Benützungsbewilligung erteilt und Gebrauchsgebühr vorgeschrieben worden, lange bevor noch das betreffende Objekt errichtet war und somit tatsächlich in Benützung genommen werden konnte. Den Abgabenbescheid hatte der Beschwerdeführer jedoch in Rechtskraft erwachsen lassen und erst dann - eben im Verfahren über die Zahlungserleichterung - Unbilligkeit geltend gemacht.

Darnach körnen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, mit dem Entstehen seiner Grunderwerbsteuerschuld zusammenhängenden Gründe der Beschwerdesache nicht dienlich gemacht werden und erübrigt es sich daher darauf näher einzugehen. Vielmehr war, da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, die Beschwerde gemäß dem § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am

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Normen
BAO §212 Abs1;
BAO §212 Abs2 idF 1974/787 ;
BAO §212 Abs2;
BAO §236 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1977:1977000446.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-52779