VwGH 02.02.2016, Ra 2016/15/0004
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Der Vorwurf, das Bundesfinanzgericht habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen, ist schon deswegen verfehlt, weil das angefochtene Erkenntnis auf Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung beruht, denen sich das Bundesfinanzgericht in gleicher Weise wie schon zuvor das Finanzamt in seinen erstinstanzlichen Bescheiden sowie in Berufungsvorentscheidungen angeschlossen hat. Von einem Verstoß gegen das Überraschungsverbot, das heißt der Einbeziehung von Sachverhaltselementen, die der Partei nicht bekannt waren, in die rechtliche Würdigung (vgl. ; , Ra 2015/04/0073), kann im Revisionsfall daher keine Rede sein. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des J, vertreten durch Mag. Hermann Josef Gaar, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Baumschulgasse 5, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100479/2009, betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2005 sowie Umsatzsteuer 2003 bis 2006 und Jänner 2007, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG davon abhängig, dass zwingende öffentliche Interessen dem begehrten Vollzugsaufschub nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Erkenntnisses für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Unverhältnismäßigkeit des Nachteils aus einer Verpflichtung zu einer Geldleistung ist vom Antragsteller durch zahlenmäßige Angaben über seine derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu konkretisieren (vgl. den hg. Beschluss vom , AW 87/14/0016, SlgNF 10.381/A). Erst eine entsprechende Konkretisierung, die glaubhaft darzutun ist, erlaubt die durch das Gesetz gebotene Interessenabwägung.
Der gegenständliche Antrag enthält keine Ausführungen zu den aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Antragstellers. Der Antragsteller verweist lediglich auf "nach der Aktenlage" bestehendes "entsprechendes Liegenschaftsvermögen". Mit diesem Vorbringen, das jeglicher zahlenmäßiger Angaben über die wirtschaftlichen Umstände des Antragstellers entbehrt, wird dem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen.
Dem Antrag konnte daher schon aus diesem Grund nicht entsprochen werden.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des J S in H, vertreten durch Mag. Hermann Gaar, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Baumschulgasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100479/2009, betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2005 sowie Umsatzsteuer 2003 bis 2006 und Jänner 2007, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht Berufungen (nunmehr Beschwerden) des Revisionswerbers gegen Bescheide des Finanzamtes betreffend Umsatzsteuer 2003 bis 2006 und Jänner 2007 sowie betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2005 keine Folge. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber in den Streitjahren mehrere als Bordellbetriebe bewilligte Lokale geführt habe. Die Kontaktaufnahme mit den Kunden sei in einem Barbereich erfolgt. Nach einem Vorausinkasso der Gesamtkonsumation (Getränke und Zimmerdienstleistung), die noch im Barbereich erfolgt sei, hätten die Prostituierten ihre Dienstleistungen in Zimmern erbracht, die dem Barbereich funktionell zugeordnet waren. Der Revisionswerber habe neben dem Getränkeeinkauf und der Bewerbung der Lokale als Bordelle insbesondere auch die Reinigung der im Zimmerbetrieb verwendeten Handtücher und Bettwäsche zentral organisiert. Zu seinen Aufgaben hätten auch die behördliche An- und Abmeldung der Prostituierten gehört. Da die Tätigkeit des Revisionswerbers weit über die eines Vermieters hinausgegangen sei, seien die im Verfahren strittigen Umsätze (aus Prostitution und Getränkeverkauf) dem Unternehmen des Revisionswerbers zuzurechnen und die den Prostituierten gezahlten Entgelte (ertragsteuerlich) als betrieblicher Aufwand in Abzug zu bringen. Das Überlassen der Räumlichkeiten für die Erbringung der Prostitutionsdienstleistungen stelle im Rahmen der Gesamtleistung des Bordellbetriebes eine unselbständige Nebenleistung dar. Die durch die Kundenanbahnung im Barbereich bedingten Vorgaben hinsichtlich Arbeitsort und -zeit der Prostituierten, der einheitliche "Basiszimmertarif" (Erlöse aus Sondervereinbarungen der Prostituierten mit den Kunden seien dem Revisionswerber nicht zugerechnet worden), die Beistellung der Zimmer durch den Revisionswerber, der auch für die Reinigung der Bettwäsche und Handtücher und die An- und Abmeldung der Prostituierten gesorgt habe, sprächen gegen eine umsatz- und ertragsteuerliche Trennung der Prostitutionsdienstleistung vom Barbetrieb, wie sie vom Revisionswerber vertreten werde. Ein Vorsteuerabzug aus den als betrieblicher Aufwand berücksichtigten Entgelten der Prostituierten könne schon mangels Vorliegens von Rechnungen iSd § 11 UStG 1994 nicht erfolgen.
2 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei auf Grund der gefestigten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässig.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Zulässigkeit wird in der Revision auf die verfahrensrechtlichen Grundsätze des Parteiengehörs, des Überraschungsverbotes sowie der amtswegigen Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren hingewiesen, welche das Bundesfinanzgericht verletzt habe.
8 In Bezug auf das Recht auf Parteiengehör bringt der Revisionswerber lediglich vor, dass den Parteien des Abgabenverfahrens gemäß § 115 Abs. 2 BAO Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben sei. Wodurch das Parteiengehör konkret verletzt worden sein soll, wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht dargelegt.
9 Der Vorwurf, das Bundesfinanzgericht habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen, ist schon deswegen verfehlt, weil das angefochtene Erkenntnis auf Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung beruht, denen sich das Bundesfinanzgericht in gleicher Weise wie schon zuvor das Finanzamt in seinen erstinstanzlichen Bescheiden sowie in Berufungsvorentscheidungen angeschlossen hat. Von einem Verstoß gegen das Überraschungsverbot, das heißt der Einbeziehung von Sachverhaltselementen, die der Partei nicht bekannt waren, in die rechtliche Würdigung (vgl. ; , Ra 2015/04/0073), kann im Revisionsfall daher keine Rede sein.
10 Soweit der Revisionswerber eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht behauptet, unterlässt er es aufzuzeigen, welche Ergebnisse bei der Durchführung der von ihm geforderten Ermittlungen zu erwarten gewesen wären bzw. welche Feststellungen hätten getroffen werden müssen. Eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln, deren Relevanz für den Verfahrensausgang nicht dargelegt wird, reicht nicht aus, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt (vgl. ).
11 Zum Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, wem Prostitutionsumsätze zuzurechnen seien, bleibt der Revisionswerber die Anführung von entsprechenden Entscheidungen für seine Behauptung schuldig. Soweit der Revisionswerber eine grundsätzliche Rechtsfrage darin erblickt, dass "seit dem entsprechenden Erlass des Finanzministeriums" im Jahr 2014, mit dem von der Pauschalbesteuerung zur Einzelfallbesteuerung übergegangen worden sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mehr vorliege, genügt es darauf hinzuweisen, dass Erlässe oder Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen grundsätzlich keine für den Verwaltungsgerichtshof maßgebende Rechtsquelle darstellen (vgl. ; vgl. im Übrigen auch , und die dort angeführte Vorjudikatur). Ein normative Kraft iSd Erkenntnisses des V 4/2017, entfaltender Erlass liegt gegenständlich nicht vor. 12 Zu der in den Zulässigkeitsgründen gerügten (allfälligen)
Doppelbesteuerung bei den Prostituierten einerseits und beim Revisionswerber andererseits bleibt festzustellen, dass der Verwaltungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit der bei den Prostituierten vorgenommenen Besteuerung nicht zu erkennen hat, weil deren Besteuerung nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Wieviel Steuern, die im Bordell des Revisionswerbers tätigen Frauen abgeführt haben, ist für die Frage der Besteuerung des Revisionswerbers nicht von Relevanz.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016150004.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-50764