VwGH 02.08.2016, Ra 2016/05/0070
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | BauO Wr §129 Abs2; BauO Wr §129; |
RS 1 | Den Feststellungen zufolge waren im Gesamtausmaß von ca. 1 m2 Fliesen des Bodenpflasters des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses teilweise nicht vorhanden, gebrochen, locker und aufgewölbt, wodurch es zu einem Niveauunterschied von mindestens 2 cm und der Gefahr des "Aufstellens" von Fliesen bei ungleichmäßiger Belastung, verbunden mit einer Stolpergefahr, gekommen ist. Mit der Auffassung, dass solche Mängel des Bauzustandes in Anbetracht der fehlenden Trittsicherheit und der Stolpergefahr eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit einer Person bewirkten und im Hinblick darauf ein Baugebrechen darstellten, wobei von einer bloß minimalen Gefährdung keine Rede sein könne, steht das VwG auf dem Boden der hg. Judikatur (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das E vom , 97/05/0062). Dasselbe gilt in Bezug auf das Fehlen eines Füllelementes des Stiegengeländers, wodurch die Gefahr des Abstürzens (einer Person) in einer Höhe von ca. 1 m gegeben war (vgl. in diesem Zusammenhang das E vom , 92/05/0074). |
Normen | |
RS 2 | Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte begründen müssen, warum "dem gegenständlich zu lösenden Sachverhalt bzw. der dahinter stehenden Rechtsfrage" keine grundsätzliche Bedeutung zukomme, wirft die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (Hinweis B vom , Ra 2016/01/0023, mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision der Dr. G B in W, vertreten durch Brand Rechtsanwälte GmbH in 1020 Wien, Schüttelstraße 55, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , Zl. VGW-011/024/28021/2014-9, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2016/05/0035, mwN).
5 Im Rahmen der Ausführungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bringt die Revision vor, dass das Ausmaß der vorliegenden Beeinträchtigungen (des Bauzustandes) die Qualifikation eines Baugebrechens im Sinne des § 129 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) nicht erreiche, weil das Bodenpflaster im Gangbereich des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses lediglich im Gesamtausmaß von 1 m2 teilweise fehlerhaft, gebrochen, locker und aufgewölbt gewesen sei und lediglich ein Füllelement des Stiegengeländers gefehlt habe. Derartige - insbesondere auf Abnützung, Gebrauch und unsachgemäße Handhabung zurückzuführende - Beeinträchtigungen bzw. Umstände seien geradezu typisch bei älteren Häusern und träten laufend auf, sodass eine gänzliche Hintanhaltung derartiger Umstände unmöglich sei, und es handle sich dabei höchstens um zeitbedingte Gebrauchsspuren. Im Vergleich zu einer in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Baugebrechen qualifizierten angemorschten Unterkonstruktion eines Daches, einer gesundheitsschädlichen Durchfeuchtung des Bauwerkes oder einer Fassade, bei der Putzteile abfielen, seien die vorliegenden Mängel geradezu minimal und unbedeutend. Die Frage, ob bauliche Verhältnisse wie die verfahrensgegenständlichen als Baugebrechen im Sinne des § 129 BO anzusehen seien, sei vom Verwaltungsgerichtshof bislang nicht behandelt worden.
6 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
7 Die im angefochtenen Erkenntnis unter Hinweis auf die hg. Judikatur vertretene Rechtsauffassung, dass ein Baugebrechen im Sinne des § 129 Abs. 2 BO (u.a.) immer dann vorliege, wenn sich der Zustand einer Baulichkeit derart verschlechtere, dass hiedurch öffentliche Interessen berührt würden, und ein öffentliches Interesse, das die Behörde zum Einschreiten ermächtige, immer dann gegeben sei, wenn durch den bestehenden Zustand (u.a.) eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit einer Person herbeigeführt oder vergrößert werden könne, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0020, mwN).
8 Den dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden - im Rahmen der Ausführungen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG in verfahrensrechtlicher Hinsicht unbekämpften - Feststellungen zufolge waren im Gesamtausmaß von ca. 1 m2 Fliesen des Bodenpflasters des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses teilweise nicht vorhanden, gebrochen, locker und aufgewölbt, wodurch es zu einem Niveauunterschied von mindestens 2 cm und der Gefahr des "Aufstellens" von Fliesen bei ungleichmäßiger Belastung, verbunden mit einer Stolpergefahr, gekommen ist. Mit der Auffassung, dass solche Mängel des Bauzustandes in Anbetracht der fehlenden Trittsicherheit und der Stolpergefahr eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit einer Person bewirkten und im Hinblick darauf ein Baugebrechen darstellten, wobei von einer bloß minimalen Gefährdung keine Rede sein könne, steht das Verwaltungsgericht Wien auf dem Boden der hg. Judikatur (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0062).
9 Dasselbe gilt in Bezug auf das Fehlen eines Füllelementes des Stiegengeländers, wodurch die Gefahr des Abstürzens (einer Person) in einer Höhe von ca. 1 m gegeben war (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0074).
10 Mit der nicht weiter substantiierten Behauptung, eine gänzliche Hintanhaltung des genannten Bauzustandes sei bei älteren Häusern, wie dem vorliegenden Gebäude, unmöglich, zeigt die Revision nicht auf, dass die Revisionswerberin an diesem Zustand im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG kein Verschulden getroffen habe.
11 Auch mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht Wien hätte begründen müssen, warum "dem gegenständlich zu lösenden Sachverhalt bzw. der dahinter stehenden Rechtsfrage" keine grundsätzliche Bedeutung zukomme, wirft die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2016/01/0023, mwN).
12 Demzufolge war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016050070.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-50657