VwGH 18.08.2015, Ra 2015/20/0049
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | B-VG Art133 Abs4; VwGG §28 Abs3; |
RS 1 | Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (Hinweis B vom , Ra 2015/02/0191, mwN). Mangels Bezug auf den im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2016/06/0059 B RS 1 |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2015/20/0050
Ra 2015/20/0051
Ra 2015/20/0052
Ra 2015/20/0053
Ra 2015/20/0059
Ra 2015/20/0055
Ra 2015/20/0056
Ra 2015/20/0057
Ra 2015/20/0058
Ra 2015/20/0054
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der 1. A (geboren 1977), und von zehn weiteren Antragstellern, alle vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3, der gegen die Beschlüsse vom , 1) Zl. G307 2016514-1/2E, 2) Zl. G307 2016515- 1/2E, 3) Zl. G307 2016516-1/2E, 4) Zl. G307 2016517-1/2E,
Zl. G307 2016519-1/2E, 6) Zl. G307 2016521-1/2E,
Zl. G307 2016522-1/2E, 8) Zl. G307 2016523-1/2E,
Zl. G307 2016524-1/2Z, 10) Zl. G307 2016525-1/2E und
Zl. G307 2016526-1/2E, des Bundesverwaltungsgerichtes, jeweils betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Die Revisionswerber haben in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorgebracht, dass der Vollzug der angefochtenen Beschlüsse (mit denen jeweils die Beschwerde gegen die Aberkennung des Asylstatus samt Erlassung einer Rückkehrentscheidung zurückgewiesen wurde) für sie mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden wäre.
Dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung öffentliche Interessen entgegenstehen würden, ist weder erkennbar noch wurden solche von der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2015/20/0050
Ra 2015/20/0051
Ra 2015/20/0052
Ra 2015/20/0053
Ra 2015/20/0059
Ra 2015/20/0055
Ra 2015/20/0056
Ra 2015/20/0057
Ra 2015/20/0058
Ra 2015/20/0054
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Straßegger, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Ortner, in den Revisionssachen 1. der A D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0049), 2. der S D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0050), 3. des mj. M D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0051), 4. der mj. L D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0052), 5. der mj. Sh D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0053), 6. der mj. M D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0054), 7. der mj. S D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0055), 8. der mj. H D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0056), 9. des mj. O D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0057), 10. der She D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0058), 11. der I D (prot. zur hg. Zl. Ra 2016/20/0059), alle in W, alle vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3, gegen die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom , Zl. G307 2016514-1/2E (zu 1.), Zl. G307 2016526-1/2E (zu 2.), Zl. G307 2016521-1/2E (zu 3.), Zl. G307 2016517-1/2E (zu 4.), Zl. G307 2016525-1/2E (zu 5.), Zl. G307 2016519-1/2E (zu 6.), Zl. G307 2016523-1/2E (zu 7.), Zl. G307 2016515-1/2E (zu 8.), Zl. G307 2016522-1/2E (zu 9.), Zl. G307 2016524-1/2Z (zu 10.) und Zl. G307 2016516-1/2E (zu 11.), betreffend Zurückweisungen von Beschwerden in Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der minderjährigen dritt- bis neuntrevisionswerbenden Parteien sowie der volljährigen zweit-, zehnt- und elftrevisionswerbenden Parteien.
2 Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom wurde den Anträgen der revisionswerbenden Parteien auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) stattgegeben und den revisionswerbenden Parteien jeweils der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Unter einem wurde gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass den revisionswerbenden Parteien kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
3 Mit Bescheiden vom erkannte das BFA den revisionswerbenden Parteien jeweils den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ab und stellte unter einem gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass den revisionswerbenden Parteien die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde den revisionswerbenden Parteien der Status des subsidiär Schutzberechtigten jeweils nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Weiters erteilte das BFA den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005, erließ Rückkehrentscheidungen gegen die revisionswerbenden Parteien und stellte fest, dass jeweils die Abschiebung nach Bosnien gemäß § 46 FPG zulässig sei; die Frist zur freiwilligen Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, es sei verschwiegen worden, dass die revisionswerbenden Parteien auch bosnische Staatsangehörige seien. Die Erstrevisionswerberin und ihre Familie hätten sich freiwillig wieder unter den Schutz des bosnischen Heimatstaates gestellt und auf den Status der Asylberechtigten verzichtet und sie würden auch freiwillig nach Bosnien zurückkehren wollen. Der Status der Asylberechtigten sei daher gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 abzuerkennen gewesen.
Die in Rede stehenden Bescheide des BFA wurden den revisionswerbenden Parteien am selben Tag, um 15.20 Uhr bzw. 15.30 Uhr, ausgehändigt und von diesen persönlich übernommen. Im weiteren Verlauf wurde seitens der revisionswerbenden Parteien um 16.00 Uhr ein handschriftlich unterfertigter Rechtsmittelverzicht abgegeben.
4 Gegen die genannten Bescheide erhoben die revisionswerbenden Parteien am Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Darin machten die revisionswerbenden Parteien zusammengefasst einen Willensmangel bei der Abgabe des Rechtsmittelverzichtes geltend.
5 Mit den nunmehr angefochtenen Beschlüssen wies das BVwG die Beschwerden gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurück.
Begründend führte das BVwG zusammengefasst aus, dass der handschriftlich unterfertigte Rechtsmittelverzicht mangels besonderer Formerfordernisse gültig eingebracht worden sei. Wenn die Revisionswerber in der Beschwerde vermeinen würden, sie seien - vermittelt durch die Anwesenheit zweier Kriminalbeamter und das durch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt eingeleitete Verfahren - derart unter Druck gestanden, dass sie den Verzicht und die Niederschrift aus Angst unterfertigt hätten, so werde diese Behauptung nur in den Raum gestellt, jedoch nicht näher dargelegt. Wie vom BFA ausgeführt, habe es sich bei der Beiziehung der beiden Kriminalbeamten um eine von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene und rationelle Maßnahme gehandelt, um die Revisionswerber nicht nochmals vorladen zu müssen. Der Einvernahme habe schon aufgrund der Formulierung der einzelnen Fragen nicht einmal ansatzweise die Ausübung eines Druckes entnommen werden können. Auch hätten es die Revisionswerber unterlassen, am Ende der Befragung - trotz ausdrücklichen Nachfragens - dagegen Einwendungen vorzubringen.
Weiters sprach das BVwG jeweils mit Hinweis auf Art. 133 Abs. 4 B-VG aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
6 Gegen die Beschlüsse des BVwG vom richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die vom BVwG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
8 Die revisionswerbenden Parteien machen zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen geltend, das BVwG habe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Ermittlungen zu den Umständen durchgeführt, unter welchen der Rechtsmittelverzicht abgegeben worden sei. An die Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichtes seien strenge Maßstäbe anzulegen, um einen Willensmangel bei seiner Abgabe ausschließen zu können. Dieser strenge Beurteilungsmaßstab erfordere eine hinreichende Ermittlung der Umstände unter welchen der Verzicht abgegeben worden sei. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei auch darin zu erblicken, dass das BVwG trotz substantiierten Sachverhaltsvorbringens in der Beschwerde und ausdrücklichen Anträgen auf Durchführung einer Verhandlung sowie Ladung von Zeugen keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe.
9 Soweit die Revision die Verletzung der Begründungspflicht und Mängel im Ermittlungsverfahren rügt, ist ihr entgegen zu halten, dass eine im Rahmen der gesonderten Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht weiter substantiierte Behauptung von Verfahrensmängeln nicht ausreicht, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2015/19/0285 und 0286). Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Mangels konkreten Bezug auf den im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt betreffend die Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes wird in der Revision keine Rechtsfrage aufgeworfen, der grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2016/20/0209 bis 0211).
10 Die Revision zeigt auch mit dem Vorbringen zur Verletzung der Verhandlungspflicht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG keine grundsätzliche Rechtsfrage auf, zumal die vorliegenden Fallkonstellationen vom Anwendungsbereich des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfasst sind, wonach die Verhandlung u.a. entfallen kann, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist (vgl. allgemein zur Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0017 und 0018).
11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AsylG 2005; VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015200049.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-50572