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VwGH 06.03.2014, 2012/11/0057

VwGH 06.03.2014, 2012/11/0057

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
VVG §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
RS 1
Eine Ladung nach § 19 Abs 1 AVG ist grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist (Hinweis B , 88/09/0036, B , 88/09/0057). Voraussetzung dafür ist, daß im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, zB daß diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung - bildet (Hinweis B , 88/09/0057).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 93/18/0579 B VwSlg 14234 A/1995 RS 1
Normen
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FSG 1997 §39 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
RS 2
Im vorliegenden Fall wurde in der Ladung für den Fall des Fernbleibens des Beschwerdeführers keine der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern die Einziehung des Führerscheins des Beschwerdeführers durch die Polizeiinspektion und die Weiterleitung dieses Dokuments an die zuständige Bezirkshauptmannschaft angedroht. Dabei handelt es sich aber um keine "kraft Gesetzes unmittelbar" an die Ladung anknüpfende Rechtsfolge, weil gemäß § 39 Abs. 1 dritter Satz FSG 1997 (die übrigen Fälle dieser Bestimmung kommen sachverhaltsbezogen hier nicht in Betracht) für die Abnahme des Führerscheines durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zuerst die Entziehung der Lenkberechtigung mit vollstreckbarem Bescheid erforderlich ist (Hinweis B vom , 98/19/0293). Da die hier angefochtene Ladung im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens somit keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zog, kann sie demnach nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, in der Beschwerdesache des DM in W, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom , Zl. 1a-BB-08/058633, betreffend Ladung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Erledigung lautet wie folgt:

"Ladung

Sehr geehrte Frau, sehr geehrter Herr!

Wir haben folgende Angelegenheit, an der Sie beteiligt sind,

zu bearbeiten:

Lt. amtsärztlichen Gutachten vom  muss Ihr Führerschein auf 1 Jahr befristet werden. Weiters muss ein Code für die vierteljährliche Abgabe von Harnbefunden auf Cannabinoide eingetragen werden.

Bitte kommen Sie persönlich in unser Amt, ansonsten wird der Führerschein von der Polizeiinspektion Oberau eingezogen und an die Bezirkshauptmannschaft Kufstein zum Zwecke der Eintragung übermittelt.

...

Bitte bringen Sie diese Ladung, einen amtlichen

Lichtbildausweis und folgende Unterlagen mit:

Ihren Führerschein, 1 aktuelles biometrisches Passfoto und EURO 49,50 (da eine Neuausstellung des Führerscheines erfolgen muss).

...

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bezirkshauptmann

..."

Nach der Aktenlage ging dieser Ladung das Schreiben des Amtsarztes vom voran, wonach der Beschwerdeführer (nach diesbezüglicher Aufforderung durch die Behörde) eine "bedingte befürwortende psychiatrische Stellungnahme" vorgelegt habe. Laut Amtsarzt bestehe eine bedingte gesundheitliche Eignung unter der Auflage "Harn unter Sicht auf Cannabinoide 3-monatlich" und "Nachuntersuchung 1 Jahr".

In der vorliegenden Beschwerde geht der Beschwerdeführer (aus nachstehenden Gründen unzutreffend) davon aus, dass es sich bei der genannten Ladung um einen Bescheid handle.

Eine Ladung ist grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist. Voraussetzung dafür ist, dass im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, etwa dass diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung - bildet. Die Vollstreckung der zwangsweisen Vorführung oder einer Zwangsstrafe ist gemäß § 19 Abs. 3 AVG nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht und die Zustellung der Ladung zu eigenen Handen erfolgt war (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 2010/21/0422, und den dort zitierten Beschluss vom , Zl. 98/19/0293, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde in der Ladung für den Fall des Fernbleibens des Beschwerdeführers keine der in § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern die Einziehung des Führerscheins des Beschwerdeführers durch die Polizeiinspektion Oberau und die Weiterleitung dieses Dokuments an die zuständige Bezirkshauptmannschaft angedroht.

Dabei handelt es sich aber um keine (im Sinne der zitierten Judikatur) "kraft Gesetzes unmittelbar" an die Ladung anknüpfende Rechtsfolge, weil gemäß § 39 Abs. 1 dritter Satz FSG (die übrigen Fälle dieser Bestimmung kommen sachverhaltsbezogen hier nicht in Betracht) für die Abnahme des Führerscheines durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zuerst die Entziehung der Lenkberechtigung mit vollstreckbarem Bescheid erforderlich ist (vgl. auch dazu den zitierten Beschluss Zl. 98/19/0293). Gegenständlich gibt es auch nach der Aktenlage keine Hinweise, dass ein solcher Bescheid im Zeitpunkt der Zustellung der angefochtenen Ladung bereits erlassen gewesen wäre.

Da die hier angefochtene Ladung im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens somit keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zog, kann sie demnach nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 leg. cit., iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
FSG 1997 §39 Abs1;
VVG §1 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter
Bescheidbegriff Allgemein
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor
dem VwGH Allgemein
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Verfahrensanordnungen
Instanzenzug Zuständigkeit Besondere Rechtsgebiete
Verfahrensrechtliche Bescheide Zurückweisung Kostenbescheide
Ordnungs- und Mutwillensstrafen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:2012110057.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-49871