VwGH 19.12.2017, Ro 2015/17/0031
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VergnügungssteuerG Wr 2005 §17; VergnügungssteuerG Wr 2005 §19 Abs1; VwRallg; |
RS 1 | Soweit mit dem hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/17/0039, der den erstinstanzlichen Abgabenbescheid abändernde Berufungsbescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom aufgehoben wurde, hat dies nicht zwingend den Wegfall der Rechtsgrundlage des gegenständlichen Straferkenntnisses gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 2005 zur Folge, weil die Bestrafung wegen Verletzung der Anmeldepflicht nach § 17 VGSG 2005 gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 2005 nicht voraussetzt, dass die Abgabe bereits (rechtskräftig) vorgeschrieben wurde, und die Abgabenvorschreibung keinen Grundlagenbescheid darstellt, auf dessen Bestand die gegenständliche Bestrafung notwendigerweise aufbauen musste (vgl. ). |
Normen | |
RS 2 | Das BFG hat das Verschulden (Fahrlässigkeit) an der Abgabenverkürzung nach § 19 Abs. 1 VGSG 2005 nicht auf die in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG normierte Beweislastumkehr bzw. Pflicht des Täters zur Glaubhaftmachung seines mangelnden Verschuldens gegründet. Das BFG hat die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Abgabenverkürzung nach § 19 Abs. 1 iVm § 17 Abs. 1 VGSG 2005 auf die unterlassene Bekanntgabe der für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umstände betreffend das mit eingeführte Eintrittssystem mit "Bonus-" und "Normal-Karten" gestützt und zur subjektiven Tatseite ausgeführt, dass beim Revisionswerber als zumindest durchschnittlich begabten und erfahrenen nach außen zur Vertretung der Komplementärgesellschaft der abgabenpflichtigen Kommanditgesellschaft Berufenen ohne besondere Kenntnisse in rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten bei gehöriger Sorgfalt Zweifel hätten entstehen müssen, dass die mangelnde Offenlegung der maßgeblichen Umstände des neuen Eintrittssystems der Offenlegungsverpflichtung des § 120a BAO widerspricht. Insofern widerspricht das Erkenntnis nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur mangelnden Anwendbarkeit der Beweislastumkehr nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG für die ein Erfolgsdelikt darstellende Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung. |
Normen | VergnügungssteuerG Wr 2005 §8 Abs1; VStG §5 Abs2; |
RS 3 | Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die irrige Auslegung der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, - wie auch deren Unkenntnis - nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Auslegung (bzw. Kenntnis) der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die irrige Gesetzesauslegung, wie auch die Unkenntnis des Gesetzes, müssen somit unverschuldet sein. Bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht bedarf es im Zweifelsfall einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Die entsprechenden Erkundigungen können nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person eingeholt werden. Hat die Partei eine falsche Auskunft erhalten, so liegt ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung somit Erkundigungen bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person grundsätzlich als ausreichend zur Erfüllung der an den Teilnehmer im Wirtschaftsleben zu stellenden Sorgfaltsanforderungen erachtet, soweit nicht begründete Zweifel an der erteilten Auskunft bestehen mussten bzw. die Auskunft die Annahme der Gesetzeskonformität für den konkreten Sachverhalt nicht begründen konnte (vgl. ). Dabei gilt für die Sorgfaltspflicht der Partei gerade dann ein besonders strenger Maßstab, wenn - wie im vorliegenden Revisionsfall - gerade eine Konstruktion entwickelt wurde, mit der die Grenzen des vergnügungssteuerpflichtigen Eintrittssystems von Publikumstanzveranstaltungen ausgelotet werden sollten (vgl. ). |
Normen | VergnügungssteuerG Wr 2005 §14; VergnügungssteuerG Wr 2005 §19 Abs1; VStG §5; |
RS 4 | Der dem Beschuldigten, einem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft einer GmbH & Co KG, vorgeworfene Verwaltungsstraftatbestand der Verkürzung der Vergnügungssteuerpflicht nach § 19 Abs. 1 VGSG 2005 gründet auf der fahrlässigen Verletzung der Anmeldepflicht. Die Anmeldepflicht wird dann verletzt, wenn die Angaben die Abgabenbehörde nicht in die Lage versetzen, deren Richtigkeit anhand der Angaben in der Erklärung zu überprüfen. Es muss der volle und ganze Sachverhalt offengelegt werden (vgl. ). Die Rechtsansicht, wonach der Beschuldigte begründete Zweifel an der Vollständigkeit des der Abgabenbehörde bekannt gegebenen Sachverhalts zum neuen Eintrittssystem vor allem hinsichtlich der unterlassenen Mitteilung der Erlöse aus den "Bonus-Karten", der Höhe des "Bonus-Karten"-Entgelts und der unterschiedlichen Getränkepreise für Inhaber einer "Bonus-Karte" bzw. einer "Normal-Karte" sowie der Anzahl der Nutzer dieser unterschiedlichen Karten haben musste, ist auch unter Bedachtnahme auf eine im Ergebnis letztlich unrichtige Rechtsauskunft der vom Beschuldigten beigezogenen Steuerberatungskanzlei bzw. rechtlichen Vertretung über die abzuführende Vergnügungssteuer auf die Einnahmen aus der Getränkekonsumation und den "Bonus-Karten" neben der abzuführenden Raumpauschsteuer nicht zu beanstanden. Die infolge Verletzung der Anmeldepflicht verwirklichte fahrlässige Verkürzung der Vergnügungssteuer gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 2005 ist dem Beschuldigten somit auch subjektiv vorwerfbar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des E S in D, vertreten durch Mag. Hubert Traudtner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20/8-9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7501492/2014, betreffend Verkürzung der Wiener Vergnügungssteuer, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien, 1082 Wien, Ebendorferstraße 2/4) den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit erstinstanzlichem Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom wurde über den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der D D GmbH & Co KG gemäß § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 2005 (VGSG 2005) in Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 VStG 1991 wegen Unterlassung der Einbekennung und Entrichtung der in Wien für die einzelnen Monate April 2010 bis April 2011 näher bezifferten jeweils am 15. Tag des Folgemonats fällig gewesenen Vergnügungssteuer bis , sohin wegen Verkürzung der für diese Monate näher bezifferten Vergnügungssteuer (Publikumstanzveranstaltungen) für die einzelnen Monate jeweils eine Geldstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe im Fall der Uneinbringlichkeit verhängt. Der Berechnung des jeweiligen Verkürzungsbetrags wurde der von der Abgabenbehörde erster Instanz im Bescheid vom der D D GmbH & Co KG für die einzelnen Abgabenzeiträume vorgeschriebene Betrag an Vergnügungssteuer (zusammengesetzt aus Raumpauschsteuer sowie Besteuerung der Erlöse ohne Umsatzsteuer aus dem Verkauf von Getränken und "Bonus-Karten" jeweils in der Höhe von 8 vH) zugrunde gelegt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde insoweit Folge, als die einzelnen verhängten Geldstrafen samt Ersatzfreiheitsstrafen herabgesetzt wurden. Gleichzeitig sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
3 Die Zulässigkeit der Revision begründete das BFG dahin, dass zu den beiden Rechtsfragen, ob ausgehend vom vorliegenden Sachverhalt Entgelte in wirtschaftlicher Betrachtungsweise für "Bonus-Karten" als Eintrittsgeld zu werten sind, und ob neben der Pauschsteuer noch eine Besteuerung der Konsumation zu erfolgen hat, keine bzw. keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Die belangte Behörde beantragte in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Abweisung der Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
8 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender (bzw. hier vom BFG angenommener nicht einheitlicher) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. zuletzt mwN).
9 Dies ist hinsichtlich der, vom BFG und in der Revision dargelegten Rechtsfragen der Fall. In dem über den Berufungsbescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien im dem Strafverfahren gegen den Revisionswerber zugrundeliegenden Abgabenverfahren ergangenen Erkenntnis vom , Ro 2014/17/0039, legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass das mit neu eingeführte Entgeltsystem mit entgeltlichen "Bonus-Karten" für die Konsumation von Getränken zu branchenüblichen Preisen und unentgeltlichen "Normal-Karten" verbunden mit doppelt so hohen Preisen für konsumierte Getränke nicht als entgeltliche Gestaltung des Eintritts im Sinn der Leistung von Eintrittsgeld gemäß § 3 Abs. 4 VGSG 2005 zu qualifizieren ist. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis mit eingehender Begründung ausgeführt, dass die Vorschreibung von Raumpauschsteuer mangels Einhebung von Eintrittsgeld gemäß § 3 Abs. 7 iVm § 8 Abs. 1 VGSG 2005 nicht die gleichzeitige Besteuerung der Konsumation (vorliegend von Getränken) ausschließt und konkret - wie letztlich im Ergebnis die Abgabenbehörde erster Instanz im Bescheid vom - die Vergnügungssteuer für die einzelnen Monate April 2010 bis April 2011 als Raumpauschsteuer gemäß § 3 Abs. 7 erster Satz VGSG 2005 und als Besteuerung des Entgelts für die "Bonus-Karten" als Bestandteil des Entgelts für die Getränkekonsumation gemäß § 3 Abs. 3 iVm § 8 Abs. 1 erster Satz bzw. § 18 VGSG 2005 zu einem Steuersatz von 8 vH vorzuschreiben gewesen wäre. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
10 Dem BFG kann somit nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn es neben der Vorschreibung von Vergnügungssteuer als Raumpauschsteuer auch von der gleichzeitigen Besteuerung der Getränkekonsumation einschließlich des Entgelts für die "Bonus-Karten" als Bestandteil des Entgelts für die Getränkekonsumation ausging und infolgedessen die fehlende Erklärung und Entrichtung der Vergnügungssteuer als Verwaltungsübertretung ahndete.
11 Soweit mit dem hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/17/0039, der den erstinstanzlichen Abgabenbescheid abändernde Berufungsbescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom aufgehoben wurde, hat dies nicht zwingend den Wegfall der Rechtsgrundlage des gegenständlichen Straferkenntnisses gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 2005 zur Folge, weil die Bestrafung wegen Verletzung der Anmeldepflicht nach § 17 VGSG 2005 gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 2005 nicht voraussetzt, dass die Abgabe bereits (rechtskräftig) vorgeschrieben wurde, und die Abgabenvorschreibung keinen Grundlagenbescheid darstellt, auf dessen Bestand die gegenständliche Bestrafung notwendigerweise aufbauen musste (vgl. ). Unabhängig davon legte die Strafbehörde ihrem Straferkenntnis den im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , Ro 2014/17/0039, ergangenen erstinstanzlichen Abgabenbescheid vom zugrunde.
12 Die sowohl vom BFG als auch in der Revision zur Begründung der Zulässigkeit der Revision dargelegten Rechtsfragen wurden somit in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt, sodass ihnen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (mehr) zukommt.
13 Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen hat das BFG das Verschulden (Fahrlässigkeit) des Revisionswerbers an der Abgabenverkürzung nach § 19 Abs. 1 VGSG 2005 nicht auf die in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG normierte Beweislastumkehr bzw. Pflicht des Täters zur Glaubhaftmachung seines mangelnden Verschuldens gegründet. Das BFG hat die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der Abgabenverkürzung nach § 19 Abs. 1 iVm § 17 Abs. 1 VGSG 2005 auf die unterlassene Bekanntgabe der für die Abgabenerhebung maßgeblichen Umstände betreffend das mit eingeführte Eintrittssystem mit "Bonus-" und "Normal-Karten" gestützt und zur subjektiven Tatseite ausgeführt, dass beim Revisionswerber als zumindest durchschnittlich begabten und erfahrenen nach außen zur Vertretung der Komplementärgesellschaft der abgabenpflichtigen Kommanditgesellschaft Berufenen ohne besondere Kenntnisse in rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten bei gehöriger Sorgfalt Zweifel hätten entstehen müssen, dass die mangelnde Offenlegung der maßgeblichen Umstände des neuen Eintrittssystems der Offenlegungsverpflichtung des § 120a BAO widerspricht. Insofern widerspricht das angefochtene Erkenntnis nicht der im Zulässigkeitsvorbringen dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur mangelnden Anwendbarkeit der Beweislastumkehr nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG für die ein Erfolgsdelikt darstellende Verwaltungsübertretung der fahrlässigen Abgabenverkürzung.
14 Der Revisionswerber stützte sich im Beschwerdeverfahren schließlich auf einen endschuldbaren Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG und brachte dazu vor, dass er auf die näher erläuterte, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechende Rechtsansicht seines Rechtsvertreters zum Umfang der Vergnügungssteuerpflicht in Bezug auf das neue Eintrittssystems habe vertrauen dürfen.
15 Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die irrige Auslegung der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, - wie auch deren Unkenntnis - nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Auslegung (bzw. Kenntnis) der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die irrige Gesetzesauslegung, wie auch die Unkenntnis des Gesetzes, müssen somit unverschuldet sein. Bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht bedarf es im Zweifelsfall einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen. Die entsprechenden Erkundigungen können nicht nur bei den Behörden, sondern auch bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person eingeholt werden. Hat die Partei eine falsche Auskunft erhalten, so liegt ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung somit Erkundigungen bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person grundsätzlich als ausreichend zur Erfüllung der an den Teilnehmer im Wirtschaftsleben zu stellenden Sorgfaltsanforderungen erachtet, soweit nicht begründete Zweifel an der erteilten Auskunft bestehen mussten bzw. die Auskunft die Annahme der Gesetzeskonformität für den konkreten Sachverhalt nicht begründen konnte (vgl. ). Dabei gilt für die Sorgfaltspflicht der Partei gerade dann ein besonders strenger Maßstab, wenn - wie im vorliegenden Revisionsfall - gerade eine Konstruktion entwickelt wurde, mit der die Grenzen des vergnügungssteuerpflichtigen Eintrittssystems von Publikumstanzveranstaltungen ausgelotet werden sollten (vgl. ).
16 Wesentlich ist, dass der dem Revisionswerber vorgeworfene Verwaltungsstraftatbestand der Verkürzung der Vergnügungssteuerpflicht nach § 19 Abs. 1 VGSG 2005 auf der fahrlässigen Verletzung der Anmeldepflicht gründet. Die Anmeldepflicht wird dann verletzt, wenn die Angaben die Abgabenbehörde nicht in die Lage versetzen, deren Richtigkeit anhand der Angaben in der Erklärung zu überprüfen. Es muss der volle und ganze Sachverhalt offengelegt werden (vgl. ). Die Rechtsansicht des BFG, wonach der Revisionswerber begründete Zweifel an der Vollständigkeit des der Abgabenbehörde bekannt gegebenen Sachverhalts zum neuen Eintrittssystem vor allem hinsichtlich der unterlassenen Mitteilung der Erlöse aus den "Bonus-Karten", der Höhe des "Bonus-Karten"-Entgelts und der unterschiedlichen Getränkepreise für Inhaber einer "Bonus-Karte" bzw. einer "Normal-Karte" sowie der Anzahl der Nutzer dieser unterschiedlichen Karten haben musste, ist auch unter Bedachtnahme auf eine im Ergebnis letztlich unrichtige Rechtsauskunft der vom Revisionswerber beigezogenen Steuerberatungskanzlei bzw. rechtlichen Vertretung über die abzuführende Vergnügungssteuer auf die Einnahmen aus der Getränkekonsumation und den "Bonus-Karten" neben der abzuführenden Raumpauschsteuer nicht zu beanstanden. Die infolge Verletzung der Anmeldepflicht verwirklichte fahrlässige Verkürzung der Vergnügungssteuer gemäß § 19 Abs. 1 VGSG 2005 ist dem Revisionswerber somit auch subjektiv vorwerfbar.
17 Da der Revisionswerber unabhängig von der Rechtsauskunft zur Vergnügungssteuerpflicht der Einnahmen aus der Getränkekonsumation und den "Bonus-Karten" neben der abzuführenden Raumpauschsteuer nach dem VGSG 2005 begründete Zweifel an der Vollständigkeit der der Abgabenbehörde bekannt gegebenen Angaben über das neue Eintrittssystem haben musste, kommt den Beweisthemen "Auftrag des Revisionswerbers an den Steuerberater" sowie "Kontrolle der beauftragten Personen" keine rechtliche Bedeutung zu. Der vom Revisionswerber im Zulässigkeitsvorbringen monierte Verfahrensmangel infolge der unterlassenen Aufnahme der zu diesen Beweisthemen von ihm beantragten Beweismittel vermag daher ebenso wenig die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu begründen.
18 Der Revisionswerber zeigt somit keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr. 518/2013.
Wien, am
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Normen | BAO §120a; VergnügungssteuerG Wr 2005 §14; VergnügungssteuerG Wr 2005 §17 Abs1; VergnügungssteuerG Wr 2005 §17; VergnügungssteuerG Wr 2005 §19 Abs1; VergnügungssteuerG Wr 2005 §8 Abs1; VStG §5 Abs1; VStG §5 Abs2; VStG §5; VwRallg; |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RO2015170031.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-49675