VwGH 20.04.2018, Ra 2017/22/0225
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | B-VG Art133 Abs4 B-VG Art140 B-VG Art89 Abs1 FrÄG 2017 FrÄG 2017 Art7 NAG 2005 §43a idF 2017/I/084 NAG 2005 §43a idF 2017/I/145 NAG 2005 §61 NAG 2005 §82 Abs23 idF 2017/I/084 NAG 2005 §82 Abs23 idF 2017/I/145 VwGG §34 Abs1 VwRallg |
RS 1 | Durch das am kundgemachte FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017, mit Gültigkeit ab dem (vgl. § 82 Abs. 23 NAG 2005 in der soeben genannten Fassung) wurde die Bestimmung des § 61 NAG 2005 (betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Künstler") aufgehoben und die Bestimmung des § 43a NAG 2005 (betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Künstler") neu eingefügt. Durch das am kundgemachte FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 145/2017, wurden die (bereits durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2017 herbeigeführten) Änderungen nochmals im Wesentlichen inhaltsgleich wiederholt und mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft gesetzt (vgl. § 82 Abs. 23 NAG 2005 idF. BGBl. I Nr. 145/2017). Gleichzeitig wurde in Art. 7 normiert, dass das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2017 mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017 außer Kraft tritt. Hintergrund des dargestellten Prozedere war, dass durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 145/2017 - laut den Materialien (vgl. Initiativantrag 2285/A XXV. GP, 92) - ein Fehler im Gesetzgebungsverfahren zur Erlassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 84/2017 saniert werden sollte. Aus dem Vorgesagten folgt für den gegenständlichen Fall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses (Zustellung an den Fremden am ) das NAG 2005 idF. des FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017, in Geltung stand und anzuwenden war. Im Hinblick darauf kam jedoch die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 61 NAG 2005 nicht (mehr) in Betracht, wurde diese Bestimmung doch mit aufgehoben. Daran kann auch das (allfällige) verfassungswidrige Zustandekommen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 84/2017 nichts ändern. Der VfGH vertritt seit dem Erkenntnis vom , V 4/2017, VfSlg. 20.182/2017, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm iSd. Art. 89 Abs. 1 B-VG bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität aufweist und somit rechtliche Existenz erlangt, mag sie auch nicht in der rechtlich vorgesehenen Weise kundgemacht worden sein. Folglich haben auch Gerichte (unter anderem) verfassungswidrig kundgemachte Gesetze gemäß Art. 140 B-VG anzuwenden und diese - wenn sie Bedenken gegen die rechtmäßige Kundmachung haben - vor dem VfGH anzufechten. Bis zur Aufhebung durch diesen sind sie für jedermann verbindlich (vgl. ; ). |
Normen | B-VG Art133 Abs4 FrÄG 2017 NAG 2005 §43a idF 2017/I/145 NAG 2005 §61 NAG 2005 §82 Abs42 idF 2017/I/145 VwGG §28 Abs3 VwGG §34 Abs1 VwRallg |
RS 2 | Der Revisionswerber sieht eine grundsätzliche Rechtsfrage darin, dass Rechtsprechung des VwGH fehle, welche Fassung des NAG 2005 im vorliegenden Fall anzuwenden sei. Dieser Frage kommt allerdings keine Relevanz zu. Die Amtsrevision bringt nämlich nicht vor, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den beantragten Aufenthaltszweck schon dem Grunde nach nicht hätte erfolgen dürfen, sondern sie führt selbst aus, dass das VwG dem Fremden eine "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG 2005 hätte erteilen müssen. Nach § 81 Abs. 42 NAG 2005 idF. BGBl. I Nr. 145/2017 gilt eine vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthaltsbewilligung "Künstler" gemäß § 61 NAG 2005 als "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG 2005 weiter. Vorliegend galt daher die dem Fremden mit dem - am erlassenen - angefochtenen Erkenntnis erteilte Aufenthaltsbewilligung "Künstler" ab dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017 mit - und somit bereits im Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Amtsrevision - ohnehin als eine (dem Fremden auch nach Ansicht des Revisionswerbers zustehende) "Niederlassungsbewilligung - Künstler" weiter. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Bundesministers für Inneres in 1010 Wien, Herrengasse 7, seiner gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-151/074/4482/2017-4, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: J, vertreten durch Mag. Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist auch bei einer Amtsrevision zulässig (vgl. ).
2. Der Revisionswerber begründet den Aufschiebungsantrag damit, dass das Verwaltungsgericht einen im Entscheidungszeitpunkt vom Gesetz her nicht mehr zur Verfügung stehenden Aufenthaltstitel (§ 61 Abs. 1 Z 2 NAG) erteilt und damit offenkundig rechtswidrig gehandelt habe. Der Revisionswerber müsste bei der Staatsdruckerei die Herstellung einer Aufenthaltstitelkarte beauftragen, die von Gesetzes wegen nicht mehr vorgesehen sei. Folglich wäre mit dem Vollzug des Erkenntnisses ein unverhältnismäßiger Nachteil für die von ihm zu vertretenden öffentlichen Interessen verbunden. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch schon in einem anderen Fall, wo eine Aufenthaltstitelkarte für die befristete Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltsrechts bei der Staatsdruckerei hätte beauftragt werden müssen, die aufschiebende Wirkung zuerkannt (-7).
Der Mitbeteiligte trat in seiner Stellungnahme der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen.
Der Aufschiebungsantrag ist nicht begründet.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass den Antragsteller für die Voraussetzungen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung eine strenge Konkretisierungspflicht trifft, was - wenngleich nicht so weitgehend - auch im Fall einer Amtsrevision gilt (vgl. ; , Ra 2015/12/0007). Er hat daher im Einzelnen darzutun, worin für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil - worunter bei einer Amtsrevision eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen zu verstehen ist - als Folge der Umsetzung der angefochtenen Entscheidung gelegen wäre (vgl. ; , Ra 2017/12/0001).
Der Verwaltungsgerichtshof erkennt weiters in ständiger Rechtsprechung, dass im Aufschiebungsverfahren die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen ist und daher Mutmaßungen über den voraussichtlichen Verfahrensausgang außer Betracht zu bleiben haben. Selbst die mögliche bzw. wahrscheinliche Rechtswidrigkeit der Entscheidung ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das Revisionsvorbringen nach der Aktenlage nicht von vornherein als zutreffend zu erkennen, so ist im Aufschiebungsverfahren zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen (vgl. ; , Ra 2016/09/0035).
5. Vorliegend vermag der Revisionswerber mit seinem oben aufgezeigten Vorbringen eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von ihm wahrzunehmenden öffentlichen Interessen nicht darzutun. Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses allein stellt keinen Grund für die Zuerkennung der Aufschiebung dar, haben doch nach der oben erörterten Rechtsprechung Mutmaßungen über den Verfahrensausgang außer Betracht zu bleiben und bildet selbst eine mögliche oder wahrscheinliche Rechtswidrigkeit im Allgemeinen keinen Grund für eine Aufschiebung. Soweit der Revisionswerber releviert, er müsste bei der Staatsdruckerei eine nach dem Gesetz nicht mehr vorgesehene Aufenthaltstitelkarte herstellen lassen, legt er in keiner Weise dar, welche Hindernisse bzw. welcher unverhältnismäßige Nachteil damit fallbezogen verbunden wären. Was die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu Ra 2017/22/0083-7 betrifft, so lag jener Entscheidung eine nicht vergleichbare Konstellation zugrunde.
6. Insgesamt war daher dem Aufschiebungsantrag schon mangels hinreichender Darlegung eines unverhältnismäßigen Nachteils auf Seiten des Revisionswerbers (in eine Abwägung mit den gegenläufigen Interessen des Mitbeteiligten war erst gar nicht einzutreten) nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des Bundesministers für Inneres gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-151/074/4482/2017-4, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien; mitbeteiligte Partei: J M, vertreten durch Mag.a Doris Einwallner, Rechtsanwältin in 1050 Wien, Schönbrunnerstraße 26/3), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art.133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
2.1. Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Erstantrag des Mitbeteiligten, eines Staatsangehörigen von Uruguay, auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ (selbständig) gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) wegen Nichterfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen ab.
2.2. Der Mitbeteiligte erhob gegen den Bescheid Beschwerde.
3.1. Mit dem angefochtenen - dem Mitbeteiligten am (später auch den befassten Behörden) zugestellten - Erkenntnis sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Beschwerde Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben werde (Spruchpunkt I.) sowie dass dem Mitbeteiligten eine Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ (selbstständig) gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 NAG für die Dauer von zwölf Monaten erteilt werde (Spruchpunkt II.).
3.2. Das Verwaltungsgericht führte - soweit hier von Bedeutung - begründend aus, § 61 NAG sei zwar durch das am kundgemachte Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 - FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017, aufgehoben worden. Laut einer Aussendung der Parlamentsdirektion vom sei das Gesetz jedoch wegen eines Formalfehlers verfassungswidrig zustande gekommen. Um den Fehler zu beseitigen, bedürfe es einer neuerlichen Gesetzesinitiative mit Beschlussfassung im Nationalrat und Bundesrat. Vorliegend sei daher das NAG (insbesondere § 61) noch in der Fassung vor BGBl. I Nr. 84/2017 anzuwenden.
Im Übrigen bejahte das Verwaltungsgericht die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen und sprach aus, dass dem Mitbeteiligten eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 61 NAG (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 84/2017) erteilt werde.
3.3. Das Verwaltungsgericht erklärte eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4.1. Gegen dieses Erkenntnis (und zwar nur gegen Spruchpunkt II.) wendet sich die - Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende - außerordentliche Amtsrevision.
Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der Revision - unter dem Gesichtspunkt eines Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - aus, nach der (näher erörterten) Judikatur des Verfassungsgerichtshofs seien auch verfassungswidrig kundgemachte Gesetze anzuwenden. Bei Bedenken gegen die rechtmäßige Kundmachung seien solche Gesetze beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, bis zur Aufhebung seien sie für jedermann verbindlich.
Vorliegend sei im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts das FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017, bereits kundgemacht und anzuwenden gewesen. Die Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen hätten zur Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof führen müssen. Bis zur Aufhebung wäre das Gesetz anzuwenden und folglich eine „Niederlassungsbewilligung - Künstler“ gemäß § 43a NAG - und keine Aufenthaltsbewilligung nach der bereits aufgehobenen Bestimmung des § 61 NAG - zu erteilen gewesen.
4.2. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurück- bzw. Abweisung der Revision.
5. Die Revision ist nicht zulässig.
6.1. Vorauszuschicken ist, dass durch das am kundgemachte FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017, mit Gültigkeit ab dem (vgl. § 82 Abs. 23 NAG in der soeben genannten Fassung) die Bestimmung des § 61 NAG (betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung „Künstler“) aufgehoben wurde und die Bestimmung des § 43a NAG (betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Künstler“) neu eingefügt wurde.
Durch das am kundgemachte Fremdenrechtsänderungsgesetz 2017 – FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 145/2017, wurden die (bereits durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2017 herbeigeführten) Änderungen nochmals im Wesentlichen inhaltsgleich wiederholt und mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft gesetzt (vgl. § 82 Abs. 23 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017). Gleichzeitig wurde in Art. 7 normiert, dass das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2017 mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017 außer Kraft tritt.
Hintergrund des dargestellten Prozedere war, dass durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 145/2017 - laut den Materialien (vgl. Initiativantrag 2285/A XXV. GP, 92) - ein Fehler im Gesetzgebungsverfahren zur Erlassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 84/2017 saniert werden sollte.
6.2. Aus dem Vorgesagten folgt für den gegenständlichen Fall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses (Zustellung an den Mitbeteiligten am ) das NAG in der Fassung des FrÄG 2017, BGBl. I Nr. 84/2017, in Geltung stand und anzuwenden war.
Im Hinblick darauf kam jedoch - wie der Revisionswerber zutreffend releviert - die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 61 NAG nicht (mehr) in Betracht, wurde diese Bestimmung doch mit aufgehoben.
6.3. Daran kann - wie der Revisionswerber richtig hervorhebt - auch das (allfällige) verfassungswidrige Zustandekommen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 84/2017 nichts ändern.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Erkenntnis vom , V 4/2017, VfSlg. 20.182/2017, dass eine „gehörig kundgemachte“ generelle Norm im Sinn des Art. 89 Abs. 1 B-VG bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität aufweist und somit rechtliche Existenz erlangt, mag sie auch nicht in der rechtlich vorgesehenen Weise kundgemacht worden sein. Folglich haben auch Gerichte (unter anderem) verfassungswidrig kundgemachte Gesetze gemäß Art. 140 B-VG anzuwenden und diese - wenn sie Bedenken gegen die rechtmäßige Kundmachung haben - vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch diesen sind sie für jedermann verbindlich (vgl. auch ; ).
6.4. Vorliegend sah sich das Verwaltungsgericht auf Grund der Aussendung der Parlamentsdirektion vom , wonach das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 84/2017 wegen eines Formalfehlers (Abweichung der Kundmachung vom Gesetzesbeschluss des Nationalrats) verfassungswidrig zustande gekommen sei und nochmals beschlossen werden müsse, dazu veranlasst, dieses Gesetz nicht anzuwenden, sondern eine Aufenthaltsbewilligung nach § 61 NAG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 84/2017 zu erteilen.
Nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung wäre das Verwaltungsgericht jedoch verhalten gewesen, das genannte Bundesgesetz - selbst wenn es (allenfalls) verfassungswidrig kundgemacht worden wäre - anzuwenden oder es bei Bedenken gegen seine rechtmäßige Kundmachung vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten.
7. Ausgehend von den obigen Ausführungen stellt sich in der vorliegenden Revisionssache die Frage, ob die vom Verwaltungsgericht unterlassene Anwendung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 84/2017 bei gleichzeitiger Anwendung einer nicht mehr geltenden älteren Gesetzesfassung geeignet ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu begründen.
Dies ist fallbezogen zu verneinen.
8.1. Der Revisionswerber sieht eine grundsätzliche Rechtsfrage darin, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fehle, welche Fassung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes im vorliegenden Fall anzuwenden sei. Dieser Frage kommt allerdings keine Relevanz zu.
Der Revisionswerber bringt nämlich nicht vor, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den beantragten Aufenthaltszweck schon dem Grunde nach nicht hätte erfolgen dürfen, sondern er führt selbst aus, dass das Verwaltungsgericht dem Mitbeteiligten eine „Niederlassungsbewilligung - Künstler“ gemäß § 43a NAG hätte erteilen müssen.
8.2. Nach § 81 Abs. 42 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 gilt eine vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ gemäß § 61 NAG als „Niederlassungsbewilligung - Künstler“ gemäß § 43a NAG weiter.
Vorliegend galt daher die dem Mitbeteiligten mit dem - am erlassenen - angefochtenen Erkenntnis erteilte Aufenthaltsbewilligung „Künstler“ ab dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2017 mit - und somit bereits im Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Amtsrevision - ohnehin als eine (dem Mitbeteiligten auch nach Ansicht des Revisionswerbers zustehende) „Niederlassungsbewilligung - Künstler“ weiter.
9. Ausgehend davon wird aber weder mit dem Hinweis auf den dem Verwaltungsgericht hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage unterlaufenen Rechtsirrtum noch mit dem Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur anzuwendenden Rechtslage eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.
Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | NAG 2005 §61 Abs1 Z2; VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017220225.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAF-49448