VwGH 27.07.2017, Ra 2017/15/0055
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | BAO §248; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Zurückweisung des nach § 30 Abs. 2 VwGG gestellten Antrages, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen - Nach § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige zwar unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Eine Legitimation zur Erhebung einer Revision gegen das (nur) an den Erstschuldner gerichtete Erkenntnis ergibt sich aus einer Haftungsinanspruchnahme aber nicht (vgl. , zum Verfahrensrecht vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 14/2013). Da sohin der Antragsteller nicht zur Erhebung einer Revision gegen das anzufechtende Erkenntnis legitimiert ist, war der Antrag, dieser (unzulässigen) Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zurückzuweisen. |
Normen | B-VG Art133 Abs6 Z1; VwGG §34 Abs1; |
RS 1 | Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (auf Beschlüsse ist diese Bestimmung nach Art. 133 Abs. 9 B-VG sinngemäß - mit Einschränkungen - anzuwenden). Entscheidend für die Beurteilung der Revisionslegitimation ist somit, ob der Revisionswerber nach Lage des Falles durch den bekämpften Beschluss - ohne Rücksicht auf dessen Rechtmäßigkeit - in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. |
Normen | |
RS 2 | Persönliche Haftungen, wie etwa jene des Geschäftsführers einer GmbH gemäß § 9 Abs. 1 BAO, können bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 224 BAO durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden. Erst durch Erlassung des Haftungsbescheides wird der persönlich Haftende zum Gesamtschuldner. Im Falle seiner Inanspruchnahme kann der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen (vgl. ). Das Beschwerderecht gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch steht dem Haftungspflichtigen auch dann zu, wenn der betreffende Bescheid bereits vom Erstschuldner angefochten wurde, und selbst dann, wenn dazu bereits eine Entscheidung vorliegt (vgl. , sowie Ritz, BAO5 § 248 Tz 7). Damit ist der Rechtsschutz des zur Haftung Herangezogenen gewahrt (vgl. auch - zum Fall, dass gegenüber dem Erstschuldner kein Abgabenbescheid erlassen wurde - ). Eine Revisionslegitimation hinsichtlich der an den Erstschuldner ergangenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ergibt sich aus der Haftungsinanspruchnahme hingegen nicht (vgl. - noch zur Rechtslage vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 - ; vgl. auch - für den Fall eines Beitritts zum Rechtsmittel des Erstschuldners gemäß § 257 BAO - ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des H, der gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100059/2013, betreffend Einstellung des Beschwerdeverfahrens (Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2001 bis 2006 sowie Körperschaftsteuer 2001 bis 2010, Verspätungszuschlag Körperschaftsteuer 2001, Körperschaftsteuervorauszahlung 2010, Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2001 bis 2006 sowie Umsatzsteuer 2001 bis 2007 und 2010, Festsetzung Umsatzsteuer 5/2008 und 1-6/2009, Verspätungszuschlag Umsatzsteuer 2001 und 2002, Haftung für Kapitalertragsteuer 2001 bis 2010), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit der vorliegenden Revision bekämpft der Antragsteller ein an die H GmbH gerichtetes Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts; der Antragsteller bringt vor, er sei als Haftungspflichtiger benannt worden, sein Vermögen sei beschlagnahmt worden.
2 Nach § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichte zwar unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Eine Legitimation zur Erhebung einer Revision gegen das (nur) an den Erstschuldner gerichtete Erkenntnis ergibt sich aus einer Haftungsinanspruchnahme aber nicht (vgl. , zum Verfahrensrecht vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 14/2013).
3 Da sohin der Antragsteller nicht zur Erhebung einer Revision gegen das anzufechtende Erkenntnis legitimiert ist, war der Antrag, dieser (unzulässigen) Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zurückzuweisen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des H F in S, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/6100059/2013, betreffend Einstellung des Beschwerdeverfahrens (Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2001 bis 2006, Körperschaftsteuer 2001 bis 2010, Verspätungszuschlag Körperschaftsteuer 2001, Körperschaftsteuervorauszahlung 2010, Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2001 bis 2006, Umsatzsteuer 2001 bis 2007 und 2010, Festsetzung Umsatzsteuer 5/2008 und 1-6/2009, Verspätungszuschlag Umsatzsteuer 2001 und 2002, Haftung für Kapitalertragsteuer 2001 bis 2010), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Bei der H GmbH fand über die Jahre 2000 bis 2007 eine Außenprüfung statt, der eine Anschlussprüfung über die Jahre 2008 und 2009 folgte. In der Folge erließ das Finanzamt für diese Jahre, teilweise nach Wiederaufnahme der entsprechenden Verfahren, Abgabenbescheide betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Haftung für Kapitalertragsteuer sowie diverse Nebengebührenbescheide.
2 Die H GmbH erhob gegen diese Bescheide Beschwerden. 3 Mit Beschluss des Landesgerichtes vom wurde
über die H GmbH ein Sanierungsverfahren eröffnet, das im September 2014 als Konkursverfahren fortgeführt wurde. Am hob das Gericht den Konkurs nach Schlussverteilung auf. Mit Beschluss vom teilte das Landesgericht dem Finanzamt die beabsichtigte Löschung der Gesellschaft mit und räumte eine Frist von vier Wochen zur Gegenäußerung ein. Eine Äußerung des Finanzamts erfolgte nicht. Am ordnete das Landesgericht die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit an.
4 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss stellte das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeverfahren ein. Es sprach aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, das gegenständliche Rechtsmittelverfahren könne zu keinem abwickelbaren Aktivvermögen der Gesellschaft führen. Die H GmbH habe die mit den bekämpften Bescheiden vorgeschriebenen Abgaben nicht entrichtet. Selbst dann, wenn dem Beschwerdevorbringen Berechtigung zukäme und den Beschwerden vollinhaltlich stattzugeben wäre, könnte ein rückzahlbares Abgabenguthaben nicht entstehen. Im Fall der Abweisung der Beschwerden könne das Finanzamt die dann rechtskräftige Forderung gegenüber der gelöschten GmbH mangels Vermögens nicht durchsetzen. Demnach sei von der Vollbeendigung der GmbH auszugehen. Die Rechtsfähigkeit einer gelöschten GmbH stehe in keinem Zusammenhang mit einem Haftungsverfahren gegen den Geschäftsführer; wenn der Erstschuldner nicht mehr existiere, könne der Haftende von vornherein und allein zur Leistung herangezogen werden. Wegen der fehlenden Möglichkeit, eine Rechtsmittelentscheidung der gelöschten GmbH zuzustellen, könne eine solche durch das Bundesfinanzgericht auch nicht wirksam erlassen werden. Das Beschwerdeverfahren sei daher einzustellen und der Beschluss nur an das Finanzamt zuzustellen.
6 Gegen diesen Beschluss wendet sich die vorliegende Revision. Revisionswerber ist der ehemalige Geschäftsführer der H GmbH. Zur Revisionslegitimation macht er geltend, sein gesamtes Vermögen sei - als Haftender - beschlagnahmt. Die Löschung der Gesellschaft habe in eventu direkte negative Auswirkung auf ihn als vom Finanzamt als haftend behandelte Person. Dies insbesondere, da die Finanzprokuratur wie auch das Finanzamt nunmehr die Rechtskraft der bekämpften Bescheide behaupteten und damit versuchten, vorhandene Gelder einzubringen. Dies habe auch benachteiligende Auswirkungen auf ihn, da ihm ein gesamter Verfahrensgang entzogen werde und im Haftungsverfahren lapidar auf die bestehende Rechtskraft der Abgaben verwiesen würde, obwohl die behauptete Rechtskraft der bekämpften Abgabenbescheide im nunmehr bekämpften Beschluss weder festgestellt worden sei noch aus der BAO ableitbar sei.
7 Zur Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, der bekämpfte Beschluss hänge von der Lösung der Rechtsfrage ab, ob bei vorhandenem Vermögen die Gesellschaft zu löschen sei oder nicht, weiters, ob die Rechtsfolgen des bekämpften Beschlusses die Rechtskraft der "finanzamtlichen Schätzungsorgien zum Nachteil der Gesellschaft und somit auch zum Nachteil potentiell Haftender" bewirkten, insbesondere, da das Finanzamt zum Löschungsvorhaben durch das Firmenbuch verständigt worden sei und somit die Möglichkeit gehabt habe, diese zu verhindern und damit das Abgabenverfahren aufrecht zu erhalten, um die "überbordenden Forderungen" durchzusetzen und "ob dieser Umstand im Beschluss taxativ abzusprechen" sei.
8 Im Rahmen der Ausführung der Revisionsgründe wird insbesondere geltend gemacht, die Einstellung der Beschwerdeverfahren habe nicht zur Rechtskraft der Bescheide des Finanzamts geführt. Weiters macht der Revisionswerber geltend, bei Gegenüberstellung der (allenfalls) berechtigten Abgaben mit den geleisteten Zahlungen ergebe sich eine Überzahlung und somit ein rückzahlbares Abgabenguthaben; zusätzlich sei ein Betrag beim Oberlandesgericht hinterlegt. Aus diesen Gründen sei die Einstellung des Beschwerdeverfahrens verfehlt.
9 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (auf Beschlüsse ist diese Bestimmung nach Art. 133 Abs. 9 B-VG sinngemäß - mit Einschränkungen - anzuwenden).
10 Entscheidend für die Beurteilung der Revisionslegitimation ist somit, ob der Revisionswerber nach Lage des Falles durch den bekämpften Beschluss - ohne Rücksicht auf dessen Rechtmäßigkeit - in einem subjektiven Recht verletzt sein kann.
11 Der angefochtene Beschluss behandelt Beschwerden der H GmbH; er ist nicht an den Revisionswerber gerichtet. Er greift damit nicht in die Rechtssphäre des Revisionswerbers ein.
12 Persönliche Haftungen, wie etwa jene des Geschäftsführers einer GmbH gemäß § 9 Abs. 1 BAO, können bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 224 BAO durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden. Erst durch Erlassung des Haftungsbescheides wird der persönlich Haftende zum Gesamtschuldner. Im Falle seiner Inanspruchnahme kann der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen (vgl. ). Das Beschwerderecht gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch steht dem Haftungspflichtigen auch dann zu, wenn der betreffende Bescheid bereits vom Erstschuldner angefochten wurde, und selbst dann, wenn dazu bereits eine Entscheidung vorliegt (vgl. , sowie Ritz, BAO5 § 248 Tz 7). Damit ist der Rechtsschutz des zur Haftung Herangezogenen gewahrt (vgl. auch - zum Fall, dass gegenüber dem Erstschuldner kein Abgabenbescheid erlassen wurde - ).
13 Eine Revisionslegitimation hinsichtlich der an den Erstschuldner ergangenen Entscheidung des Bundesfinanzgerichts ergibt sich aus der Haftungsinanspruchnahme hingegen nicht (vgl. - noch zur Rechtslage vor dem Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 -
; vgl. auch - für den Fall eines Beitritts zum Rechtsmittel des Erstschuldners gemäß § 257 BAO - ).
14 Die Revision war daher, ohne dass darauf einzugehen war, ob Vollbeendigung der H GmbH eingetreten ist (vgl. hiezu , mwN), mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | BAO §248; VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017150055.L00 |
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Fundstelle(n):
HAAAF-49311