VwGH 26.07.2017, Ra 2017/13/0037
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des V in W, vertreten durch Dr. Monika Krause, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Praterstraße 25A/19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7103736/2015, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Im vorliegenden Fall vertritt der Revisionswerber den Standpunkt, der Gesetzgeber habe mit Änderungen in den Voraussetzungen des Alleinverdienerabsetzbetrages durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, den ihm durch Unions- und Verfassungsrecht vorgegebenen Spielraum überschritten. Der Revisionswerber hat diesen Standpunkt in Auseinandersetzung mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 27/11, VfSlg 19.517, schon in Bezug auf die Einkommensteuer für das Jahr 2011 zunächst beim Verfassungsgerichtshof und nach Ablehnung der diesbezüglichen Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1064/12-3, beim Verwaltungsgerichtshof durchzusetzen versucht, wobei auch der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , 2013/13/0049-7, ablehnte. Im nunmehr angefochtenen, die Einkommensteuer für das Jahr 2012 betreffenden Erkenntnis ist auch das Bundesfinanzgericht der Argumentation des Revisionswerbers nicht gefolgt. Eine Revision erklärte es für gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5 Das Vorbringen in der Revision (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu deren Zulässigkeit gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG lautet:
"Das BFG hat die Revision für nicht zulässig erklärt, ohne darzulegen, wieso die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nicht gegeben seien. Es hat sich lediglich darauf bezogen, dass der VwGH die Behandlung der strittigen Rechtsfrage bereits im Verfahren für das Jahr 2011 abgelehnt habe. Eine am Gesetzestext orientierte Begründung, warum deswegen die Revision nicht zulässig sein sollte, hat das Gericht nicht gegeben. So kann nur vermutet werden, dass es der Meinung gewesen sei, mit diesem Ablehnungsbeschluss liege bereits eine Rechtsprechung des VwGH vor, sodass eine der im Gesetz alternativ genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Revision (nämlich das Fehlen einer Rechtsprechung des VwGH) nicht gegeben sei.
Damit wäre das BFG allerdings in zweifacher Hinsicht einem Irrtum unterlegen. Denn einerseits ist die Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde schon ihrer Intention und ihrem Wesen nach keine Sachentscheidung (diese zu treffen wird ja im Gegenteil abgelehnt), auch wenn sie das Verfahren ebenso wie eine Sachentscheidung beendet(,) und andererseits ist das Fehlen einer Rechtsprechung nur ein alternatives Beispiel in einer demonstrativen Aufzählung (arg. ‚insbesondere') von Beispielen, in denen die Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Revision (nämlich dass sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt) gegeben ist. Das BFG hätte also selbst unter der Annahme, dass mit dem Ablehnungsbeschluss des VwGH eine Rechtsprechung des VwGH im Sinne des Gesetzes vorliegt, noch prüfen müssen, ob nicht Rechtsfragen aufgeworfen wurden, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Der RW hat sein Vorbringen darauf gestützt, dass die maßgeblichen Vorschriften gegen das Verfassungsrecht und gegen das Unionsrecht verstoßen, daher deren Aufhebung beim VfGH beantragt werden müsse und/oder sie - allenfalls nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH - wegen des Anwendungsvorranges des Unionsrechts nicht anzuwenden seien. Die Fragen nach dem Weiterbestand oder der Anwendbarkeit von Rechtsvorschriften sind ihrer Art nach zweifellos Fragen, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt, ja man kann sagen, das(s) wohl keine grundsätzlichere Bedeutung vorstellbar ist. Festzuhalten ist dabei aber, dass den aufgeworfenen Fragen nach der Verfassungswidrigkeit die an sich zwar gegebene grundsätzliche Bedeutung nicht etwa deswegen nicht mehr zukommt, weil der VfGH über sie schon entschieden habe, das BFG bzw. jetzt der VwGH diese Bestimmungen nicht mehr (neuerlich) anfechten dürfte. Deren Immunisierung durch das Erkenntnis über den Antrag der Kärntner Landesregierung bezieht sich nur auf die damals dargelegten Bedenken. Der RW stützt sein Vorbringen jedoch auf andere Bedenken, das Prozesshindernis der entschiedenen Sache besteht also nicht, zumal auch durch die Zurückweisung des Individualantrages und die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des UFS eine weitergehende Immunisierung nicht bewirkt wurde.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision sind im gegenständlichen Falle also gegeben. Zwar hat der VwGH im Zuge der Prüfung der Prozessvoraussetzungen durchaus auch in Betracht zu ziehen, ob eine der Art der Fragestellung nach grundsätzliche Bedeutung vielleicht nicht mehr gegeben ist, weil über die Frage schon bindend entschieden wurde, was hier jedoch nicht der Fall ist. Darüber hinaus ist jedoch etwa eine Prüfung der Erfolgsaussichten der Revision nicht vorgesehen, eine Revision wäre somit auch dann zulässig, wenn sie nach Ansicht des VwGH wenig Aussicht auf Erfolg haben sollte. Tatsächlich liegt aber in Bezug auf die vom RW aufgeworfenen Fragen und in Abgrenzung zu den vom VfGH im Erkenntnis über den Antrag der Kärntner Landesregierung nur zu behandelnden Fragen noch keine inhaltliche Rechtsprechung vor. Ganz speziell mangelt es aber auch an einer Rechtsprechung über die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht sowie über die Vorlagepflicht des BFG sowohl an den VfGH als auch an den EuGH."
6 Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen wird keine konkrete Rechtsfrage und somit auch keine solche von grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht.
7 Die Revision war schon deshalb zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017130037.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-49269