VwGH 03.04.2017, Ra 2016/18/0371
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Teilnehmer-Direktzustellung (TLNDZ) ist die Möglichkeit der direkten Übermittlung von Schriftstücken mittels ERV zwischen Teilnehmern des ERV. Eine Rechtsgrundlage für eine Zustellung durch TLNDZ ist im Fall der Bestellung eines Verfahrenshelfers durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer allerdings nicht ersichtlich (vgl. etwa ). Insbesondere stellt § 75 Abs. 2 VwGG eine solche nicht dar, weil diese Bestimmung ausdrücklich auf die Übermittlung von Erledigungen des VwGH und Eingaben bei diesem abstellt. Es liegt daher ein Zustellmangel vor. Ein solcher Zustellmangel kann jedoch gemäß § 7 ZustG geheilt werden, wenn das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt. Es kommt im Fall der elektronischen Zustellung auf den Zeitpunkt des Zugriffs auf das am Bereithaltungsserver bereitgehaltene Dokument an. |
Normen | BVwGG 2014 §19; BVwGG 2014 §21; GO BVwG 2014 §20 Abs1; GO BVwG 2014 §20 Abs6; GO BVwG 2014 §20 Abs7; VwGG §25a; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
RS 2 | Wurde die Revision am letzten Tag der Frist nach Ablauf der in § 20 Abs. 1 GO BVwG 2014 festgesetzten Amtsstunden beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, sodass diese gemäß § 20 Abs. 6 GO BVwG 2014 erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages als eingebracht gilt, ist sie verspätet. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/01/0061 B RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wech, über die Revision des A M in W, vertreten durch Dr. Georg Zwolanek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Georg Coch Platz 3/6, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. L512 1427317- 3/2E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei.
3 Dieser Bescheid wurde dem Revisionswerber durch Hinterlegung am zugestellt. Am langte eine gegen den Bescheid gerichtete Beschwerde beim BFA ein. Daraufhin brachte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) dem Revisionswerber mit Schreiben vom zur Kenntnis, dass seine Beschwerde verspätet sei und gab ihm die Möglichkeit, zu diesem Umstand Stellung zu nehmen.
4 In der Folge stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, den das BVwG mit Beschluss vom abwies. Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Gemäß § 26 Abs. 1 und 5 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes sechs Wochen. Hat die Partei innerhalb der Revisionsfrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt (§ 61 VwGG), so beginnt für sie gemäß § 26 Abs. 3 erster Satz VwGG die Revisionsfrist mit der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes an diesen.
6 Der Bestellungsbescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom wurde dem einschreitenden Verfahrenshelfer im vorliegenden Fall durch die Rechtsanwaltskammer Wien mittels Teilnehmer-Direktzustellung (TLNDZ) am im Elektronischen Rechtsverkehr (ERV) übermittelt.
7 Die Teilnehmer-Direktzustellung ist die Möglichkeit der direkten Übermittlung von Schriftstücken mittels ERV zwischen Teilnehmern des ERV. Eine Rechtsgrundlage für eine Zustellung durch TLNDZ ist im vorliegenden Fall allerdings nicht ersichtlich (vgl. etwa ). Insbesondere stellt der vom Revisionswerber ins Treffen geführte § 75 Abs. 2 VwGG eine solche nicht dar, weil diese Bestimmung ausdrücklich auf die Übermittlung von Erledigungen des Verwaltungsgerichtshofes und Eingaben bei diesem abstellt. Es liegt daher ein Zustellmangel vor.
8 Ein solcher Zustellmangel kann jedoch gemäß § 7 Zustellgesetz geheilt werden, wenn das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt. Es kommt im Fall der elektronischen Zustellung auf den Zeitpunkt des Zugriffs auf das am Bereithaltungsserver bereitgehaltene Dokument an (vgl. den zitierten Beschluss vom ).
9 Im vorliegenden Fall wurde der Bestellungsbescheid dem Verfahrenshelfer nach seinen eigenen Angaben am (14:11 Uhr) "per ERV bereitgestellt". Dass er den ab dieser Zeit am Server bereitgehaltenen Bestellungsbescheid nicht sogleich an diesem Tag, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen hätte, wurde zu keiner Zeit behauptet. Ausgehend davon begann die sechswöchige Frist zur Einbringung der Revision am zu laufen und endete am .
10 Zwar wurde die Revision am dem BVwG im Weg des ERV übermittelt, jedoch erfolgte dies nach 15:00 Uhr und somit nach Ablauf der Amtsstunden des BVwG, die nach § 20 Abs. 1 der Geschäftsordnung des BVwG (GO-BVwG) für die Zeit von 8:00 bis 15:00 Uhr festgesetzt sind. Die Revision gilt sohin gemäß § 20 Abs. 6 GO-BVwG erst mit Beginn der Amtsstunden des nächsten Arbeitstages, also am , als eingebracht (vgl. ).
11 Die vorliegende Revision war somit wegen Versäumung der Revisionsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen. Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BVwGG 2014 §19; BVwGG 2014 §21; GO BVwG 2014 §20 Abs1; GO BVwG 2014 §20 Abs6; GO BVwG 2014 §20 Abs7; VwGG §25a; VwGG §26 Abs3; VwGG §34 Abs1; VwGG §75 Abs2; VwRallg; ZustG §7; |
Schlagworte | Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016180371.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-49014