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VwGH 25.01.2017, Ra 2016/10/0143

VwGH 25.01.2017, Ra 2016/10/0143

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
SHG NÖ 2000 §2 Z1;
RS 1
Nach § 2 Z 1 NÖ SHG 2000 ist maßgeblich, dass der Bedarf tatsächlich gedeckt wird. Darauf, ob Dritte diesen Aufwand freiwillig oder unfreiwillig aus jederzeit abänderbaren Gründen tragen, kommt es - unter dem allein maßgeblichen Gesichtspunkt des tatsächlich dem Hilfesuchenden erwachsenden Aufwandes - nicht an (vgl. E , 95/08/0117; E , 91/08/0144).
Normen
RS 2
Das VwG ist auf Grund der Beschwerde in seiner rechtlichen Beurteilung an das Beschwerdevorbringen nicht gebunden. Es darf auch Sachverhaltselemente, die bei der Prüfung auf Grund der Beschwerde im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen sind, seiner Entscheidung zu Grunde legen. Dabei überschreitet es seine Kognitionsbefugnis iSd § 27 VwGVG 2014 nicht (vgl. E , Ro 2014/03/0066).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des R S in K, vertreten durch Dr. Elisabeth Zimmert, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Triester Straße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-861/001-2016, betreffend Sozialhilfe, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Hilfe bei stationärer Pflege durch Übernahme der Kosten für die Betreuungs- und Pflegemaßnahmen ab gemäß § 2 Z 1 Niederösterreichisches Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) abgewiesen. Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Pflegekosten des Revisionswerbers zur Gänze durch eigene Mittel (Pension und Pflegegeld) und durch Leistungen Dritter, nämlich durch Zahlungen seiner Tochter und Enkelin, tatsächlich gedeckt würden. Aufgrund der Nachrangigkeit der Sozialhilfe gegenüber Leistungen Dritter sei keine Sozialhilfe zu gewähren.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Gemäß § 2 Z 1 NÖ SHG ist Sozialhilfe nur so weit zu leisten, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (Subsidiaritätsprinzip).

7 Die Revision bestreitet die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die in Rede stehenden Pflegkosten durch Eigenleistungen des Revisionswerbers sowie Leistungen Dritter (Tochter und Enkelin) zur Gänze getragen werden, nicht.

8 Soweit in den Zulässigkeitsgründen vorgebracht wird, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob Leistungen Dritter, die ausschließlich aufgrund abschlägiger Entscheidungen der Behörde vorgestreckt und ohne Zuwendungsabsicht an den Hilfsbedürftigen ("nur leihweise") erfolgten, von § 2 Z 1 NÖ SHG erfasst seien, ist dem entgegen zu halten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach § 2 Z 1 NÖ SHG bei der Leistung der Sozialhilfe der Grundsatz einzuhalten ist, dass Hilfe nur insoweit zu leisten ist, als der jeweilige Bedarf nicht durch Leistungen Dritter tatsächlich gedeckt wird (Subsidiaritätsprinzip; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/10/0220, und vom , Zl. 2006/10/0229; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2015/10/0030, zum NÖ MSG). Maßgeblich ist demnach, dass der Bedarf - wie im Revisionsfall - tatsächlich gedeckt wird. Darauf, ob Dritte diesen Aufwand freiwillig oder unfreiwillig aus jederzeit abänderbaren Gründen tragen, kommt es - unter dem allein maßgeblichen Gesichtspunkt des tatsächlich dem Hilfesuchenden erwachsenden Aufwandes - nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0117, mit Hinweis auf das zum NÖ SHG ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0144).

9 Soweit die Revision ein Abweichen von der letztegenannten hg. Rechtsprechung behauptet, weil das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt habe, dass die Beiträge der Tochter und der Enkelin zu den Pflegekosten des Revisionswerbers nicht ohne "Gegenleistung" des letztgenannten erfolgt seien, wird damit - konkret auf den vorliegenden Revisionsfall bezogen - eine vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht aufgezeigt, weil mit diesem Vorbringen die ausschließlich relevante erfolgte Bedarfsdeckung nicht in Abrede gestellt wird.

10 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht auch seine Kognitionsbefugnis im Sinne des § 27 VwGVG nicht überschritten. Sache des gegenständlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht war die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch des Revisionswerbers auf Hilfeleistung nach dem NÖ SHG zu Recht besteht. Das Verwaltungsgericht war bei der Prüfung dieser Sache auf Grund der Beschwerde in seiner rechtlichen Beurteilung an das Beschwerdevorbringen nicht gebunden, und es durfte auch Sachverhaltselemente, die bei der Prüfung auf Grund der Beschwerde im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen sind, seiner Entscheidung zu Grunde legen (vgl. grundlegend das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/03/0066).

11 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016100143.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-48946