Erhöhungsbetrag, wenn Grundbetrag infolge voraussichtlich dauernder Erwerbsunfähigkeit zusteht
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der Verlassenschaft nach ***1***-***2*** ***3***, vertreten durch Dipl.Ing. ***12*** ***3*** und Dipl.Ing. Dr. ***37***-***38*** ***3***, beide ***40***, ***13***, diese durch Rechtsanwalt Mag. Elisabeth Kempl-Mitter, ***63***, ***62***, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***6***, mit welchem der Antrag vom auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den im Februar 1971 geborenen ***1***-***2*** ***3*** ab September 2020 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid, mit welchem der Antrag vom auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den im Februar 1971 geborenen ***1***-***2*** ***3*** ab September 2020 abgewiesen wurde, wird ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Vorlage (Erhöhungsbetrag) vom
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Wien 4/5/9/10/18/19 Klosterneuburg (FA07), die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom betreffend Abweisung des Antrags auf Erhöhungsbetrag dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:
Sachverhalt:
Am langte der Antrag auf erhöhte Beihilfe ein, eingereicht vom Erwachsenenvertreter. Der Antragsteller hat eine dauernde Erwerbsunfähigkeit, bezieht Pflegegeld der Stufe 5 und bezieht Pensionsbezug wegen geminderter Arbeitsfähigkeit. Bereits noch als Antrag bei der Kindesmutter wurde auf Grund der vorgelegten Befunde eine schizoaffektive Psychose, erstmals im 26.LJ psychisch erkrankt, festgestellt. Auch in den zwischenzeitlich neuerlich getätigten Bescheinigungen auf Grund des Eigenantrags konnte der Beginn der Erwerbsunfähigkeit auf kein früheres Datum bestimmt werden: Eine Erwerbsunfähigkeit vor 01/1996 kann nicht bestätigt werden, da keine Befunde vorliegen, die dies dokumentieren würden. Im Rahmen der beiden VGAs wird der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit dem 26. Lebensjahr beschrieben (auch Bezug auf einen Befund des PSD genommen, der dies bestätigte.) Unbestritten steht fest, dass die anderen Leiden insgesamt einen Behindertengrad von 100 % ergeben, jedoch ist die zeitliche Zuordnung der Unmöglichkeit sich auf Grund der psychischen Funktionseinschränkung und Multimorbidität selbst den Unterhalt zu verschaffen erst ab 01/1996 möglich, da vorher keine Befunde existieren.
Beweismittel:
bereits vorgelegte Gutachten
Stellungnahme:
Das Finanzamt beantragt die Abweisung der Beschwerde, da gemäß den Gutachten des Sozialministeriumservices der Eintritt der Behinderung und Erwerbsunfähigkeit erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres festgestellt wurde.
Laut Gutachten: Nach den vorliegenden Befunden lagen behinderungsbedingte Funktionseinschränkungen nach der Krebserkrankung mit Beinoperation rechts und Chemotherapie (Erstdiagnose 1987) mit Gangbeeinträchtigung vor, die bescheidmäßig ab 7/1990 (Behindertenausweis) einen GdB von 70% ergeben haben. Eine dauernde Selbsterhaltungsunfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt lässt sich daraus nicht ableiten.
Lt. in einem im Vorgutachten dokumentierten Befund (PSD ): "erstmals im 26.LJ psychisch erkrankt".
Für das psychiatrische Leiden wurde rückwirkend ein GdB von 50% nach Befundvorlage ab 01/1996 mit daraus folgender Erwerbsunfähigkeit bewertet. Es liegen keine Befunde vor, die schwerwiegende behinderungsbedingte (psychiatrische) Funktionseinschränkungen in einem solchen Ausmaß dokumentieren würden, dass eine daraus resultierende anhaltende Selbsterhaltungsunfähigkeit vor dem 18./21. LJ nachvollziehbar wäre. Diese kann nach den vorliegenden Unterlagen ab 1/1996 bestätigt werden bzw. zumindest ab Bezug einer krankheitsbedingten Pension.
Da die dauernde Erwerbsunfähigkeit erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres festgestellt wurde, fehlen die Voraussetzungen für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe.
Akteninhalt
Zur Darstellung des Akteninhalts ist auf das Erkenntnis , zu verweisen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Erkenntnis
Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis , zu Recht erkannt, dass der hier Beschwerde führenden Verlassenschaft für ***1***-***2*** ***3*** gemäß § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 i.V.m. § 6 Abs. 5 FLAG 1967 Familienbeihilfe (Grundbetrag) infolge einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen voraussichtlich dauernden Erwerbsunfähigkeit zusteht.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich des Verfahrensgangs, der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, der Beweiswürdigung, der Rechtsgrundlagen und der rechtlichen Würdigung auf das den Parteien bekannte Erkenntnis , verwiesen. Hieraus folgt, dass der hier Beschwerde führenden Verlassenschaft gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 i.V.m. § 8 Abs. 5 FLAG 1967 auch der Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes (und hier: voraussichtlich dauernd erwerbsunfähiges) Kind zur Familienbeihilfe zusteht.
Der hier angefochtene Bescheid vom , mit welchem der Antrag vom auf den Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung für den im Februar 1971 geborenen ***1***-***2*** ***3*** ab September 2020 abgewiesen wurde, ist aus den im Erkenntnis betreffend Abweisung des Antrags auf Familienbeihilfe angeführten Gründen daher ebenfalls rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) und gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben. Hinsichtlich der rückwirkenden Gewährung des Erhöhungsbetrags ist auf die Ausführungen im Erkenntnis zur rückwirkenden Gewährung des Grundbetrags an Familienbeihilfe zu verweisen.
Revisionsnichtzulassung
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Würdigung eines Sachverständigengutachtens, und damit auch die Frage, ob ein Verwaltungsgericht einem Gutachten folgt oder nicht, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Teil der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. ; , m.w.N.).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100264.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
CAAAF-48491