Umsatzsteuerliche Behandlung der sachwalterischen Tätigkeit einer Rechtsanwältin
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***1***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016, Steuernummer ***Bf1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist Rechtsanwältin. Die Tätigkeitsschwerpunkte ihrer Kanzlei liegen im Familienrecht, und zwar im Bereich Scheidungsrecht, Erbrecht sowie Sachwalterschaften. Die Bf. erhielt im Jahr 2015 aus ihrer Tätigkeit als gerichtlich bestellte Sachwalterin Entgelte in Höhe von 219.173,16 € und im Jahr 2016 in Höhe von 230.538,51 € (der Gesamtumsatz aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin betrug in 2015 226.566,85 € und in 2016 258.125,38 €); die Bf. hat sohin in den Streitjahren überwiegend Umsätze aus der Tätigkeit als Sachwalterin erzielt.
In den Bezug habenden Umsatzsteuerjahreserklärungen wurden diese Entgelte aus der Sachwaltertätigkeit als umsatzsteuerfrei erklärt und als steuerpflichtige Einnahmen in diesem Umfang zur Einkommensteuer veranlagt. Mit jeweils am ergangenen Umsatzsteuerbescheiden 2015 und 2016 wurden diese Entgelte jedoch entgegen den Erklärungen als umsatzsteuerpflichtig veranlagt, wobei das Finanzamt begründend dazu im Wesentlichen ausführte, der Europäische Gerichtshof habe mit Urteil vom , C-543/14, Ordre des barreaux francophones et germanophones, festgestellt, dass Dienstleistungen von Rechtsanwälten nicht steuerfrei seien; die Steuerbefreiung iZm Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit (Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL) sei gegenständlich nicht anwendbar.
Gegen diese Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 erhob die Bf. jeweils am Beschwerden, in der sie die Behandlung der von ihr als Sachwalterin erzielten Umsätze als unecht von der Umsatzsteuer befreit begehrte. Begründend wurde dazu zusammengefasst ausgeführt, dass Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL, wonach "anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter" steuerfrei zu stellen sind, im Beschwerdefall - wegen des Fehlens einer unechten Umsatzsteuerbefreiung für Sachwalter in § 6 Abs. 1 UStG 1994 - unmittelbar anzuwenden sei. Wie das Urteil des BFH , V R 7/11, zur deutschen Rechtslage zeige, gehöre auch die Tätigkeit eines Sachwalters zu solch "anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter". Die Tätigkeit eines Sachwaltervereins sei nach , und nach VereinsR 2001 Rz 631 gemäß § 8 Kommunalsteuergesetz iVm §§ 34 ff BAO von der Kommunalsteuerpflicht befreit ("Kranken- und Behindertenfürsorge" iSd § 8 Kommunalsteuergesetz). Dies zeige, dass die Tätigkeit eines Sachwalters nach steuerlichen Bestimmungen - konkret nach dem Kommunalsteuergesetz - sehr wohl als Leistung der "Fürsorge" verstanden werde, auch wenn eine Umsatzsteuerbefreiung vom Gesetzgeber nicht gewährt worden sei. Beantragt werde die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils vom wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab, wobei es ausführte, der Europäische Gerichtshof habe mit Urteil vom , C-543/14, Ordre des barreaux francophones et germanophones, festgestellt, dass Dienstleistungen von Rechtsanwälten nicht steuerfrei seien. Zur Nichtanwendbarkeit der Steuerbefreiung iZm Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit (Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL) habe der EuGH auf seine Rechtsprechung zum ermäßigten Steuersatz hingewiesen (, Kommission/Frankreich). Der Gerichtshof habe ausgesprochen, dass ein Mitgliedstaat auf Dienstleistungen, die von privaten Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht erbracht würden, nicht allein aufgrund der Beurteilung dieser Dienstleistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden dürfe, ohne insbesondere die Ziele, die diese Einheiten in ihrer Gesamtheit betrachtet verfolgten, und die Beständigkeit ihres sozialen Engagements zu berücksichtigen. Die Berufsgruppe der Rechtsanwälte und "avoues" könne als solche im Hinblick auf ihr Gesamtziel und die fehlende Dauerhaftigkeit eines etwaigen sozialen Engagements nicht als gemeinnützig angesehen werden. Diese Rechtsprechung gelte sinngemäß auch für Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL.
Am beantragte die Bf. die Vorlage ihrer Beschwerden an das Bundesfinanzgericht. Auf das Vorbringen in den Bescheidbeschwerden werde verwiesen, dieses werde vollinhaltlich aufrechterhalten.
Am wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Bezug habenden Vorlagebericht verwies das Finanzamt zunächst auf die österreichische Rechtslage (Erkenntnis , in dem eine Umsatzsteuerbefreiung von Umsätzen eines Rechtsanwaltes aus einer Tätigkeit als Sachwalter verneint werde) und nahm sodann zum europarechtlichen Aspekt der Beschwerde Stellung. Zu letzterem wiederholte die belangte Behörde im Wesentlichen ihre bereits in den Beschwerdevorentscheidungen vom getätigten Ausführungen. Aufgrund der Unvereinbarkeit einer Umsatzsteuerbefreiung der Sachwalterleistungen der Bf. mit dem UStG 1994 und der MwStSystRL beantrage die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016.
Mit Schreiben vom zog der nunmehrige rechtsfreundliche Vertreter den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zurück.
Mit Erkenntnis , wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 vom unter Verweis aus das Erkenntnis , mit dem das Gericht zur umsatzsteuerlichen Behandlung der sachwalterischen Tätigkeit einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwaltes bereits dahingehend abgesprochen habe, dass Sachwalterleistungen einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwaltes umsatzsteuerpflichtig seien, als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.
Gegen das Erkenntnis , erhob der nunmehrige rechtsfreundliche Vertreter am Revision, in der er ausführte, die Revisionswerberin erachte sich betreffend die Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 in dem Recht verletzt, dass die von ihr erzielten Umsätze aus ihrer Tätigkeit als Sachwalterin als umsatzsteuerfrei behandelt würden. Zur Zulässigkeit wurde geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis stehe mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch, konkret mit dem Erkenntnis , und zwar insbesondere deswegen, da - ausgehend vom Prüfungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes - das Bundesfinanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass es keine allgemeine Verwaltungspraxis gäbe, die anderen Steuerpflichtigen eine Befreiung gemäß Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL gewähren würde. Dazu seien aber auch keine konkreten Feststellungen getroffen worden; es liege ein Feststellungs- und Begründungsmangel vor, sodass die Revisionswerberin aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht ableiten könne, warum sie die vom Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung) aufgestellten Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Sachwalterleistungen erfülle bzw. allenfalls nicht erfülle.
Mit Erkenntnis , hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis , unter Verweis auf , wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
Das nunmehrige Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ergeht somit im fortgesetzten Verfahren.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
Fest steht im gegenständlichen Fall, dass die Bf. in den Streitjahren 2015 und 2016 als Rechtsanwältin - die Tätigkeitsschwerpunkte ihrer Kanzlei liegen im Familienrecht, und zwar im Bereich Scheidungsrecht, Erbrecht sowie Sachwalterschaften - überwiegend Umsätze aus der Tätigkeit als gerichtlich bestellte Sachwalterin gemäß § 268 Abs. 1 ABGB erzielt und dafür Entschädigungen und Entgelte gemäß § 276 Abs. 1 und 2 ABGB erhalten hat. In concreto hat die Bf. im Jahr 2015 aus ihrer Tätigkeit als gerichtlich bestellte Sachwalterin Entgelte in Höhe von 219.173,16 € und im Jahr 2016 in Höhe von 230.538,51 € erhalten (der Gesamtumsatz aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin betrug in 2015 226.566,85 € und in 2016 258.125,38 €).
In den Bezug habenden Umsatzsteuerjahreserklärungen wurden diese Entgelte aus der Sachwaltertätigkeit als umsatzsteuerfrei erklärt und als steuerpflichtige Einnahmen in diesem Umfang zur Einkommensteuer veranlagt. Mit jeweils am ergangenen Umsatzsteuerbescheiden 2015 und 2016 wurden diese Entgelte jedoch entgegen den Erklärungen als umsatzsteuerpflichtig veranlagt.
Gegen diese Umsatzsteuerbescheide 2015 und 2016 richten sich die gegenständlichen Beschwerden vom , in denen die Bf. die Behandlung der von ihr aus ihrer Tätigkeit als Sachwalterin erzielten Umsätze als unecht von der Umsatzsteuer befreit begehrte.
Fest steht weiters, dass neben Rechtsanwälten (Rechtsanwaltsanwärtern) und Notaren (Notariatskandidaten) in den Streitjahren auch folgende in § 279 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009 genannte Personen Sachwalterleistungen erbracht haben:
1. Geeignete, einer behinderten Person nahestehende (natürliche) Personen (§ 279 Abs. 2 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009) und
2. Sachwaltervereine (§ 279 Abs. 3 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009).
Bei den in § 279 Abs. 3 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009 genannten Sachwaltervereinen handelte es sich um jene Vereine iSd VSPBG (Vereinssachwalter-, Patientenanwalts- und Bewohnervertretergesetz, BGBl. Nr. 156/1990 in der zuletzt durch BGBl. I Nr. 92/2006 geänderten Fassung), deren Eignung zur Bestellung zum Sachwalter durch Verordnung des BMJ festgestellt wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die Feststellung der Eignung von Vereinen, zum Sachwalter bestellt zu werden sowie Patientenanwälte und Bewohnervertreter namhaft zu machen, BGBl. II Nr. 117/2007 in der zuletzt durch BGBl. II Nr. 375/2012 geänderten Fassung) bestand im Streitzeitraum eine derartige Eignung für folgende vier Vereine:
1. ***Verein1***,
2. ***Verein2***,
3. ***Verein3***,
4. ***Verein4***.
Diese vier Vereine wurden im Streitzeitraum von der Finanzverwaltung als gemeinnützig iSd §§ 34 ff BAO anerkannt.
In den Vereinsrichtlinien 2001 des Bundesministeriums für Finanzen (GZ. 06 5004/10-IV/6/01 in den im Beschwerdefall maßgebenden Fassungen 5 und 6 [GZ. BMF-010200/0012-VI/6/2013 vom und GZ. BMF-010219/0074-VI/4/2015 vom ]; im Folgenden nur "VereinsR 2001") wird betreffend die umsatzsteuerliche Behandlung gemeinnütziger Vereine unter den Rz 463 und 464 wie folgt ausgeführt:
"3.2.2 Liebhaberei
3.2.2.1 Liebhabereivermutung bei Betrieben gemäß § 45 Abs. 1 und 2 BAO
463
Bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 34 bis 38 BAO), kann davon ausgegangen werden, dass die im Rahmen von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 45 Abs. 1 und 2 BAO ausgeübten Tätigkeiten unter die Regelung des § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 fallen. Eine nichtunternehmerische Tätigkeit ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Umsätze des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes jährlich regelmäßig unter 2.900 Euro liegen.
3.2.2.2 Keine Anwendung der Liebhabereivermutung
464
Im Hinblick darauf, dass gemäß § 6 der Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 idgF, grundsätzlich auch bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, Liebhaberei im umsatzsteuer-lichen Sinn nur bei Betätigungen iSd § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung vorliegen könnte (), kann die Liebhabereivermutung nach Rz 463 erster Satz, soweit sie sich auf andere wirtschaftliche Tätigkeiten iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 bezieht, nicht gegen den Willen des Unternehmers angewendet werden. Die 2.900 Euro Bagatellgrenze (Rz 463 zweiter Satz) ist jedoch zu beachten. Will der Unternehmer die Liebhabereivermutung nach Rz 463 erster Satz nicht anwenden, bedarf es keiner gesonderten Erklärung gegenüber dem Finanzamt, sondern es genügt die Abgabe von Voranmeldungen und Jahreserklärungen oder auch die Abgabe der Verzichtserklärung auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung (vgl. Rz 520)."
In Übereinstimmung mit Rz 463 erster Satz VereinsR 2001 wurden drei der vier oa. Sachwaltervereine von der Finanzverwaltung im Streitzeitraum als Nichtunternehmer behandelt. Ein Verein wurde in Übereinstimmung mit Rz 464 der VereinsR 2001 als Unternehmer behandelt und es wurden die von diesem mit den erbrachten Sachwalterleistungen erzielten Umsätze im Streitzeitraum von der Finanzverwaltung als umsatzsteuerpflichtig behandelt.
Eine Anerkennung der oa. Sachwaltervereine als Einrichtungen mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL ist seitens der Finanzverwaltung in den Streitjahren nicht erfolgt und es existiert keine allgemeine Anweisung (zB ein Erlass), die eine Anerkennung der oa. Sachwaltervereine als Einrichtung mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL zum Gegenstand hat.
Die Entschädigungen für die Tätigkeiten von als gerichtlich bestellten Sachwaltern tätigen nahestehenden Personen iSd § 279 Abs. 2 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009 wurden - sofern diese Personen mit ihren Sachwaltertätigkeiten überhaupt unternehmerisch tätig waren - von der Finanzverwaltung in den Streitjahren als umsatzsteuerpflichtig behandelt, sofern nicht die Kleinunternehmerbefreiung zur Anwendung gelangte. Es existiert keine allgemeine Anweisung (zB ein Erlass), die eine Anerkennung der Personen iSd § 279 Abs. 2 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009 als Einrichtung mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL zum Gegenstand hat.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass nach der im Streitzeitraum geübten allgemeinen Verwaltungspraxis weder (gemeinnützige) Sachwaltervereine noch andere Personen, die Sachwalterleistungen erbracht haben, als Einrichtungen mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL anerkannt und deswegen von der Umsatzsteuer befreit wurden.
2. Beweiswürdigung:
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen betreffend die Tätigkeit der Bf. beruhen auf den glaubwürdigen, nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen der Bf. bzw. von deren rechts-freundlichem Vertreter und auf der Aktenlage.
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen betreffend die im Streitzeitraum geübte allgemeine Verwaltungspraxis beruhen auf einer vom erkennenden Verwaltungsgericht durchgeführten Abfrage in der Finanzdokumentation (Findok) mit dem Suchbegriff "Sachwalter*", bei der keine dem BMF zuzurechnenden Aussagen zur umsatzsteuerlichen Behandlung in concreto von geeigneten, einer behinderten Person nahestehenden Personen iSd § 279 Abs. 2 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009 und von Sachwaltervereinen iSd § 279 Abs. 3 ABGB idF BGBl. I Nr. 52/2009 aufgefunden wurden.
Demgegenüber wird in den Rechtsmittelschriftsätzen zusammengefasst ausgeführt, dass Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL, wonach "anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter" steuerfrei zu stellen seien, im Beschwerdefall - wegen des Fehlens einer unechten Umsatzsteuerbefreiung für Sachwalter in § 6 Abs. 1 UStG 1994 - unmittelbar anzuwenden sei. Wie das Urteil des BFH , GZ. V R 7/11, zeige, gehöre auch die Tätigkeit eines Sachwalters zu solch "anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter". Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () bestätige letztlich, dass Sachwalterleistungen zur "Rechtsfürsorge" zählten und unter den Begriff der "Kranken und Behindertenfürsorge" iSd § 8 Kommunalsteuergesetz fielen. Der soziale Charakter der Sachwaltertätigkeit sei somit unzweifelhaft. Typische Rechtsanwaltsleistungen unterlägen hingegen, wie auch der BFH in seinem Urteil GZ. V R 7/11 vom ausgeführt habe, nicht der Umsatzsteuerbefreiung.
Die hier grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage der Umsatzsteuerpflicht von Sachwalterschaftsleistungen sei formal bereits Gegenstand einer Beschwerde vor dem Bundesfinanzgericht () gewesen, dabei seien jedoch vom Beschwerdeführer keine Behauptung und keine Argumente hinsichtlich einer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der einschlägigen umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen - wegen des Fehlens einer unechten Umsatzsteuerbefreiung für Sachwalter in § 6 Abs. 1 UStG 1994 - erhoben, sondern ausschließlich eine planwidrige gesetzliche Lücke behauptet worden, die nach Ansicht des Beschwerdeführers durch eine Analogie zum echten Schadenersatz, zur Entschädigung für Aufsichtsräte bzw. zu den Befreiungsbestimmungen der § 6 Abs. 1 Z 18 und Z 19 UStG 1994 zu schließen wäre. Einen solchen Analogieschluss hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung habe das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis abgelehnt (). Feststellungen hinsichtlich einer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit seien keine getroffen worden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Rechtsgrundlagen:
3.1.1 Unionsrecht:
Folgende Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) sind im Beschwerdefall relevant:
"KAPITEL 2
Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten
Artikel 132
(1) Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
[...]
g) eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden;
[...]"
"Artikel 133
Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der Befreiungen nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l, m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig machen:
a) Die betreffenden Einrichtungen dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden.
[...]"
"Artikel 134
In folgenden Fällen sind Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuerbefreiung des Artikels 132 Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l, m und n ausgeschlossen:
a) sie sind für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich;
b) sie sind im Wesentlichen dazu bestimmt, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt werden."
3.1.2 Nationales Umsatzsteuerrecht:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen ua. Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt.
Gemäß § 6 Abs. 1 UStG 1994 sind von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 fallenden Umsätzen ua. steuerfrei:
"7. die Umsätze der Träger der Sozialversicherung und ihrer Verbände, der Krankenfürsorge-einrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs-gesetzes, BGBl. Nr. 200/1967, und der Träger des öffentlichen Fürsorgewesens untereinander und an die Versicherten, die mitversicherten Familienangehörigen, die Versorgungsberechtigten oder die Hilfeempfänger oder die zum Ersatz von Fürsorgekosten Verpflichteten;
[...]
18. die Umsätze der Kranken- und Pflegeanstalten, der Alters-, Blinden- und Siechenheime sowie jener Anstalten, die eine Bewilligung als Kuranstalt oder Kureinrichtung nach den jeweils geltenden Rechtsvorschriften über natürliche Heilvorkommen und Kurorte besitzen, soweit sie von Körperschaften des öffentlichen Rechts bewirkt werden und es sich um Leistungen handelt, die unmittelbar mit der Kranken- oder Kurbehandlung oder unmittelbar mit der Betreuung der Pfleglinge im Zusammenhang stehen;
[...]
25. die in den Ziffern 18, 23 und 24 genannten Leistungen, sofern sie von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung), bewirkt werden. Dies gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, eines Gewerbebetriebes oder eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes im Sinne des § 45 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung ausgeführt werden;
[...]"
Die Bestimmungen der zitierten Ziffern 7 und 18 des § 6 Abs. 1 UStG 1994 dienten, wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 (Stammfassung), hervorgeht (vgl. ErläutRV 1715 BlgNR 18. GP, S 52 und 54), der Umsetzung von Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom (im Folgenden nur "Sechste Richtlinie"), der Vorgängerbestimmung des Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL.
3.1.3 Zivilrechtliche Bestimmungen betreffend das Sachwalterrecht:
Die Bestimmungen zum Sachwalterrecht im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) lauteten in der im Beschwerdefall noch maßgebenden Fassung vor dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz (BGBl. I Nr. 59/2017) wie folgt:
"§ 268. (1) Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist (behinderte Person), alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen.
[...]
(3) Je nach Ausmaß der Behinderung sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegen-heiten ist der Sachwalter zu betrauen
1. mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten, etwa der Durchsetzung oder der Abwehr eines Anspruchs oder der Eingehung und der Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,
2. mit der Besorgung eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten, etwa der Verwaltung eines Teiles oder des gesamten Vermögens, oder,
3. soweit dies unvermeidlich ist, mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten Person.
[...]"
"§ 274. (1) [...]
(2) Ein Rechtsanwalt oder Notar kann die Übernahme einer Sachwalterschaft (Kuratel) nur ablehnen, wenn ihm diese unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann. Dies wird bei mehr als fünf Sachwalterschaften (Kuratelen) vermutet."
"§ 275. (1) Die Sachwalterschaft (Kuratel) umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die dem Sachwalter (Kurator) übertragenen Angelegenheiten zu besorgen. Der Sachwalter (Kurator) hat dabei das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern.
[...]"
"§ 276. (1) Dem Sachwalter (Kurator) gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich der Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen. Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen hält.
(2) Nützt der Sachwalter (Kurator) für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim Pflegebefohlenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.
(3) Die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft (Kuratel) notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung der Haftung nach § 277 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
(4) Ansprüche nach den vorstehenden Absätzen bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre."
"§ 278. (1) Das Gericht hat die Sachwalterschaft (Kuratel) auf Antrag oder von Amts wegen einer anderen Person zu übertragen, wenn der Sachwalter (Kurator) stirbt, nicht die erforderliche Eignung aufweist, ihm die Ausübung des Amtes nicht zugemutet werden kann, einer der Umstände des § 273 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder das Wohl des Pflege-befohlenen dies aus anderen Gründen erfordert.
[...]
(3) Das Gericht hat in angemessenen, fünf Jahre nicht überschreitenden Zeitabständen zu prüfen, ob das Wohl des Pflegebefohlenen die Beendigung oder Änderung der Sachwalterschaft (Kuratel) erfordert."
"§ 279. (1) Bei der Auswahl des Sachwalters ist besonders auf die Bedürfnisse der behinderten Person und darauf Bedacht zu nehmen, dass der Sachwalter nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung steht, in der sich die behinderte Person aufhält oder von der sie betreut wird. Wünsche der behinderten Person, insbesondere solche, die sie vor Verlust der Geschäftsfähigkeit und Einsichts- und Urteilsfähigkeit geäußert hat (Sachwalterverfügung), und Anregungen nahe stehender Personen sind zu berücksichtigen, sofern sie dem Wohl der behinderten Person entsprechen.
(2) Einer behinderten Person ist eine geeignete, ihr nahe stehende Person zum Sachwalter zu bestellen. Wird eine behinderte Person volljährig, so ist ein bisher mit der Obsorge betrauter Elternteil zum Sachwalter zu bestellen, sofern dies dem Wohl der behinderten Person nicht widerspricht.
(3) Ist eine geeignete, nahestehende Person nicht verfügbar, so ist ein geeigneter Verein mit dessen Zustimmung zum Sachwalter zu bestellen. Kommt auch ein Verein nicht in Betracht, so ist nach Maßgabe des § 274 Abs. 2 ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) oder eine andere geeignete Person mit deren Zustimmung zu bestellen.
(4) Ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) ist vor allem dann zum Sachwalter zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein geeigneter Verein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Sachwalterschaft verbunden sind.
(5) Eine Person darf nur so viele Sachwalterschaften übernehmen, wie sie unter Bedachtnahme auf die Pflichten eines Sachwalters, insbesondere jene zur persönlichen Kontaktnahme, ordnungsgemäß besorgen kann. Es wird vermutet, dass eine Person - ausgenommen ein geeigneter Verein - insgesamt nicht mehr als fünf, ein Rechtsanwalt oder Notar nicht mehr als 25 Sachwalterschaften übernehmen kann; Sachwalterschaften zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bleiben dabei außer Betracht."
"§ 282. Der Sachwalter hat mit der behinderten Person in dem nach den Umständen des Einzelfalls erforderlichen Ausmaß persönlichen Kontakt zu halten und sich darum zu bemühen, dass der behinderten Person die gebotene ärztliche und soziale Betreuung gewährt wird. Sofern der Sachwalter nicht bloß zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bestellt ist, soll der Kontakt mindestens einmal im Monat stattfinden."
§ 130 Außerstreitgesetz (AußStrG) idF BGBl. I Nr. 92/2006 lautet:
"Der Sachwalter hat dem Gericht in angemessenen Abständen, mindestens jedoch jährlich, über seine persönlichen Kontakte mit der betroffenen Person, deren Lebensverhältnisse sowie deren geistiges und körperliches Befinden zu berichten. Das Gericht kann dem Sachwalter auch einen Auftrag zu einem solchen Bericht erteilen."
§ 137 AußStrG idF BGBl. I Nr. 111/2003 lautet:
"(1) Ergeben sich keine Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnung, so hat sie das Gericht zu bestätigen. Sonst ist der gesetzliche Vertreter aufzufordern, die Rechnung entsprechend zu ergänzen oder zu berichtigen; misslingt dies, so ist die Bestätigung zu versagen. Soweit das Vermögen oder die Einkünfte nicht gesetzmäßig angelegt oder gesichert erscheinen, hat das Gericht die erforderlichen Maßnahmen nach § 133 Abs. 4 zu treffen.
(2) Zugleich mit der Entscheidung hat das Gericht über Anträge des gesetzlichen Vertreters auf Gewährung von Entgelt, Entschädigung für persönliche Bemühungen und Aufwandersatz zu entscheiden. Auf Antrag hat das Gericht die zur Befriedigung dieser Ansprüche aus den Einkünften oder dem Vermögen des Pflegebefohlenen notwendigen Verfügungen zu treffen, erforderlichenfalls den Pflegebefohlenen zu einer entsprechenden Leistung zu verpflichten. Beantragt der gesetzliche Vertreter Vorschüsse auf Entgelt, Entschädigung oder Aufwand-ersatz, so hat sie ihm das Gericht zu gewähren, soweit er bescheinigt, dass dies die ordnungsgemäße Vermögensverwaltung fördert.
(3) Die Entscheidung über die Rechnung beschränkt nicht das Recht des Pflegebefohlenen, Ansprüche, die sich aus der Vermögensverwaltung ergeben, auf dem streitigen Rechtsweg geltend zu machen."
3.2 Erwägungen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis , festgehalten, dass Leistungen eines Rechtsanwalts, die dieser als vom Gericht bestellter Sachwalter erbringt, nach dem UStG 1994 steuerpflichtig sind, da das nationale Recht keine Befreiungsbestimmung vorsieht (Rn 20). Davon gehen auch die Parteien des gegenständlichen Verfahrens übereinstimmend aus.
Strittig ist hingegen, ob ein Umsätze aus der Tätigkeit als gerichtlich bestellter Sachwalter erzielender Rechtsanwalt unter unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 lit. g der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL) eine unechte Steuerbefreiung geltend machen kann.
Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen in der MwStSystRL umschrieben sind, eng auszulegen, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (vgl. entsprechend zur Sechsten Richtlinie , United Utilities, Rn 21; , C-141/00, Kügler, Rn 28 und Rn 37).
Der Verwaltungsgerichtshof führte zu Sachwaltertätigkeiten von Rechtsanwälten mit umfangreichen Verweisen auf das , Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA, wie folgt aus ():
Dem Grunde nach liegen bei den Leistungen als vom Gericht bestellter Sachwalter gemäß § 268 Abs. 1 ABGB eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen iSd Art. 132 Abs. 1 MwStSystRL vor (Rn 29). Es ist aber zu beachten, dass Tätig-keiten der Beratung rechtlicher Art, die mit den speziellen Kenntnissen eines Anwalts ver-bunden sind, nicht in den Bereich der Steuerbefreiung fallen, selbst wenn sie im Kontext des einer nicht geschäftsfähigen Person geleisteten Beistands erbracht werden (siehe Rn 28).
Der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist zum Vorliegen einer "als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannten Einrichtung" als weitere Voraussetzung zur Anwendung des Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL Folgendes zu entnehmen:
Der nationale Gesetzgeber hat von der Möglichkeit der Beschränkung der Befreiung auf Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, für die Leistungen eines Sachwalters keinen Gebrauch gemacht (Rn 33). Damit ist ein (gewinnorientierter) Rechtsanwalt nicht per se von der Befreiung ausgeschlossen.
Die gerichtliche Bestellung eines Rechtsanwalts zum Sachwalter im Einzelfall begründet noch nicht die Anerkennung dieses (konkreten) Rechtsanwalts als "Einrichtung mit sozialem Charakter". Es ist nicht ausreichend, wenn dieser auch Leistungen mit sozialem Charakter erbringt. Entscheidend ist, ob ein Rechtsanwalt sein Unternehmen unter Bedingungen betreibt, die eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter rechtfertigen (Rn 34).
Für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ist nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt nur mehr Leistungen als Sachwalter erbringt. Anwaltliche Leistungen im Rahmen von Sachwalterschaften oder auch außerhalb sind aber steuerlich nicht begünstigt (Rn 35).
Ob eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter zu erfolgen hat, ist anhand sämtlicher maßgeblicher Umstände zu prüfen. Wenn eines dieser Kriterien, die sich in EuGH C 846/19, Rn 70 und Rn 83 bis 87, finden, nicht erfüllt ist, schließt dies eine Aner-kennung im Rahmen der Gesamtabwägung nicht jedenfalls aus (Rn 36 ff).
Zu den einzelnen vom EuGH genannten Kriterien hielt der Verwaltungsgerichtshof fest:
1. In Österreich liegen entsprechende spezifische Vorschriften vor, wonach ein Sachwalter vom Gericht zu bestellen ist, wenn eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist, alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen vermag (§ 268 Abs. 1 ABGB). Die Tätigkeit des Sachwalters wird vom Gericht regelmäßig überprüft; der Sachwalter hat hierzu in angemessenen Abständen (mindestens jährlich) dem Gericht zu berichten (§ 130 AußStrG). Das Entgelt (und die "Entschädigung") des Sachwalters werden gemäß § 137 Abs. 2 AußStrG vom Gericht festgesetzt (Rn 37).
2. Dass mit der Tätigkeit des Sachwalters Gemeinwohlinteresse verbunden ist, ist unbestritten und evident (Rn 38 mit Verweis auf ).
3. Die Kosten der Leistungen werden jedoch in Österreich nicht von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen. Das Entgelt (und die Ent-schädigung) des Sachwalters sind nach der österreichischen Rechtslage von der betroffenen Person selbst zu tragen. Diese Ansprüche des Sachwalters bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre (Rn 38 und 39).
4. Nicht beurteilen konnte der Verwaltungsgerichtshof aufgrund fehlender Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes die hinsichtlich der Wahrung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität wesentliche Frage, ob anderen Steuerpflichtigen (etwa gemeinnützigen Vereinen) unter entsprechenden Umständen bereits eine vergleichbare Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter gewährt wurde. Es kommt dazu insbesondere auch auf die Praxis der Verwaltung in ähnlichen Fällen an (Rn 40).
Im gegenständlichen fortgesetzten Verfahren war daher genannter Pkt. 4 zu untersuchen und im Anschluss eine Gesamtabwägung der angeführten Aspekte vorzunehmen.
Da das österreichische Umsatzsteuerrecht keine Regelungen vorsieht, nach denen ein (anderer als die in § 6 Abs. 1 Z 7, 18, 23 oder 24 UStG 1994 aufgezählten) Rechtsträger als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt würde (vgl. , Rn 34), ist insoweit betreffend die Umsetzung des Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL kein Widerspruch der Bestimmungen des UStG 1994 mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität erkennbar. Wie aus der Rechtsprechung des EuGH hervorgeht, ist die Prüfung, ob ein Mitgliedstaat das ihm von der Richtlinie eingeräumte Ermessen beachtet, allerdings nicht nur anhand der nationalen Gesetze vorzunehmen, sondern auch unter Berücksichtigung der Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen (vgl. , Kügler, Rn 56 f).
Es ist daher im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung im Beschwerdefall wesent-lich, ob andere Steuerpflichtige, die unter vergleichbaren Umständen wie die Bf. Sachwalter-leistungen erbringen, von der im Streitzeitraum geübten allgemeinen Verwaltungspraxis bereits als Einrichtungen mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL anerkannt und deswegen von der Umsatzsteuer befreit wurden (vgl. , Rn 41).
Wenn in der allgemeinen Verwaltungspraxis etwa gemeinnützige Vereine gestützt auf Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt und deswegen - also auf Basis dieser konkreten Richtlinienbestimmung - von der Umsatzsteuer befreit worden wären, müsste diese Begünstigung auch den anderen Sachwaltern, die unter denselben Bedingungen tätig werden, gewährt werden (Lachmayer, Umsatzsteuerpflicht eines Sachwalters, [79]).
Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt (siehe oben unter "1. Sachverhalt"), dass nach der im Streitzeitraum geübten allgemeinen Verwaltungspraxis weder (gemeinnützige) Sachwaltervereine noch andere Personen, die Sachwalterleistungen erbracht haben, als Einrichtungen mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL anerkannt und deswegen von der Umsatzsteuer befreit wurden.
Somit sprechen für eine Anerkennung der Bf. als Einrichtung mit sozialem Charakter aber lediglich das Bestehen spezifischer Vorschriften und das mit der Tätigkeit der Bf. verbundene Gemeinwohlinteresse. Demgegenüber sind das Entgelt und die Entschädigung des Sachwalters in Österreich nicht von öffentlichen Stellen, sondern grundsätzlich von der betroffenen Person selbst zu tragen und spricht dies gegen das Beschwerdevorbringen (vgl. dazu auch Lachmayer, Umsatzsteuerpflicht eines Sachwalters, [78]). Ebenso spricht der Vergleich mit der steuerlichen Behandlung anderer Steuerpflichtiger iSd Grundsatzes der steuerlichen Neutralität gegen eine Anerkennung der Bf. als Einrichtung mit sozialem Charakter.
Da der Verwaltungsgerichtshof für die Anerkennung von als Sachwalter tätigen Rechtsanwälten als Einrichtung mit sozialem Charakter der Wahrung der Steuerneutralität ausschlaggebende Bedeutung beimisst (, Rn 40 und 41), kommt das Verwaltungsgericht im Rahmen der Gesamtabwägung zu dem Ergebnis, dass auf die Sachwalterschaftsleistungen der Bf. keine Umsatzsteuerbefreiung unter unmittelbarer Heranziehung unionsrechtlicher Bestimmungen anzuwenden ist. Andernfalls würde man dem Gesetzgeber doch in einem ausgesprochen weiten Ausmaß seine Bestimmungshoheit über die Ausfüllung unionsrechtlicher Freiräume der MwStSystRL absprechen (vgl. dazu Sutter, Umsatzsteuerpflicht für nicht-anwaltstypische Dienstleistungen eines Rechtsanwalts als Sachwalter? AnwBl 2020, 456 [460]; ; ).
Ergebnis:
Nach der vom erkennenden Verwaltungsgericht vorgenommenen Gesamtabwägung der maßgebenden Umstände ist somit die Rechtsfrage, ob die (überwiegend) Umsätze aus der Tätigkeit als gerichtlich bestellte Sachwalterin erzielende Rechtsanwältin (= Bf.) unter unmittelbarer Anwendung des Art. 132 Abs. 1 lit. g der Richtlinie 2006/112/EG eine unechte Umsatzsteuerbefreiung geltend machen kann, zu verneinen.
Ausdrücklich festzuhalten ist, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis Ra 2024/13/0080 (mit dem die gegen das oa. Erkenntnis , erhobene außerordentliche Revision als unbegründet abgewiesen wurde), diese Rechtsfrageebenfalls verneint hat. Das Höchstgericht hat dazu erwogen (s Rn 12 ff jenes Erkenntnisses):
"Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
Zur anwendbaren Rechtslage kann eingangs auf den Beschluss vom , Ra 2019/13/0025 (EU 2019/0007), sowie auf das Erkenntnis vom , Ra 2019/13/0025, verwiesen werden.
Gemäß Artikel 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG sind (ua.) eng mit der Sozial-fürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden, von den Mitgliedstaaten von der Steuer zu befreien (vgl. Administration de l'Enregistrement, des Domaines et de la TVA, C-846/19, Rn. 58).
Art. 133 Abs. 1 der Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten, die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung von der Erfüllung einer oder mehrerer der ge-nannten Bedingungen abhängig zu machen (vgl. Momtrade Ruse, C-620/21, Rn. 47). Insbesondere können die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiung davon ab-hängig machen, dass die betreffenden Einrichtungen keine systematische Gewinnerzielung anstreben dürfen; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden (Art. 133 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie). Diese Beschränkung der Befreiungsregel hat nur Eventualcharakter ("können"). Ein Mitgliedstaat, der es unterlassen hat, die insoweit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, kann sich nicht auf sein eigenes Unterlassen berufen, um einem Steuerpflichtigen eine Steuerbefreiung zu verwehren, die dieser nach der Richtlinie in Anspruch nehmen kann (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 75). Unter der Voraussetzung, dass sich der Mitgliedstaat aber auf diese Beschränkung gestützt hat, steht der Grundsatz der steuerlichen Neutralität dem nicht entgegen, dass Einrichtungen, die eine systematische Gewinnerzielung anstreben, die Befreiung versagt wird (vgl. Zimmermann, C-174/11, Rn. 55).
Das Unionsrecht legt die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht fest. Es ist daher grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen diesen Einrichtungen eine solche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 69).
Die nationalen Behörden haben bei der Anerkennung des sozialen Charakters von Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einklang mit dem Unionsrecht und unter Kontrolle der nationalen Gerichte mehrere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu ihnen können das Bestehen spezifischer Vorschriften, das mit den Tätig-keiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähn-lichen Anerkennung kommen, und der Gesichtspunkt zählen, dass die Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden, insbesondere, wenn die privaten Wirtschaftsteilnehmer vertragliche Beziehungen zu diesen Einrichtungen unterhalten (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 70; C-620/21, Rn. 91).
Nur wenn der Mitgliedstaat die Grenzen seines Ermessens nicht eingehalten hat, kann sich ein Steuerpflichtiger auf die in Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG vorgesehene Steuerbefreiung berufen, um sich einer nationalen Regelung zu widersetzen, die mit dieser Bestimmung unvereinbar ist (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 71). Dabei ist insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung, der im Mehrwertsteuerbereich im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck kommt, zu berücksichtigen (vgl. EuGH C-620/21, Rn. 93 f).
Strittig ist im nunmehrigen Revisionsverfahren die Frage, ob der Revisionswerber von dem betreffenden Mitgliedstaat als eine mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtung zu beurteilen ist. Unbestritten ist dazu, dass (im Sinne der genannten Rechtsprechung) ent-sprechende spezifische Vorschriften für die Tätigkeit als Sachwalter bestehen und mit dieser Tätigkeit Gemeinwohlinteresse verbunden ist.
Der Sache nach unbestritten ist auch, dass die "Entschädigung" des Sachwalters (§ 276 Abs. 1 ABGB) nicht von öffentlichen Stellen, sondern von der betroffenen Person selbst zu tragen ist; diese Ansprüche des Sachwalters bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre.
Der Revisionswerber macht dazu geltend, dass im zuletzt genannten Fall der mit der Tätigkeit verbundene Aufwand letztlich vom Sachwalter selbst getragen werde, was - bei einer Anerkennung des Revisionswerbers als Einrichtung mit sozialem Charakter - einer Tragung der Kosten durch die genannten Einrichtungen gleichkomme. Zu diesem Vorbringen ist zu bemerken, dass es nach der Rechtsprechung des EuGH ein Gesichtspunkt sein kann, dass die Kosten der fraglichen Leistungen "zum großen Teil" von den genannten Einrichtungen übernommen werden (vgl. dazu etwa Zimmermann, C-174/11, Rn. 34 ff: Ermessen nicht überschritten, wenn verlangt wird, dass in zwei Drittel der Fälle die Kosten von den genannten Einrichtungen getragen werden). Dass im vorliegenden Fall diese Kosten zu einem vergleichbar großen Teil vom Revisionswerber selbst getragen werden, wird von ihm (auch in der Revision) nicht behauptet, sodass dieser Umstand im Rahmen der Gesamtabwägung nicht maßgeblich ins Gewicht fallen kann. Vor diesem Hintergrund ist auch der Anregung des Revisionswerbers, zu dieser Frage neuerlich ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten, nicht näherzutreten.
Dass aber die Tätigkeit des Revisionswerbers als Sachwalter insgesamt als unternehmerisch zu beurteilen ist, wird (auch in der Revision) nicht bestritten. Die Tätigkeit wird nachhaltig und (im Allgemeinen) gegen ein Entgelt ausgeübt, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt (vgl. EuGH C-846/19, Rn. 47). Der Umstand, dass nicht jede Dienstleistung in einer Höhe vergütet wird, die den durch sie verursachten Kosten entspricht, genügt nicht, um zu belegen, dass die Tätigkeit insgesamt nicht nach Kriterien vergütet wird, die sicherstellen, dass die Betriebskosten des Dienstleistungserbringers gedeckt sind (vgl. neuerlich EuGH C-846/19, Rn. 51).
Zur Frage, ob anderen Steuerpflichtigen (ua. Vereinen) bereits eine vergleichbare Anerkennung gewährt wurde, führen die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht aus, eine derartige Anerkennung sei nicht erfolgt. Die Sachwaltervereine, deren Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterworfen würden, seien nichtunternehmerisch tätig; verwiesen wird dazu auch auf die Liebhabereivermutung in VereinsR 2001 Rz 463. Der Revisionswerber macht hingegen geltend, bei VereinsR 2001 Rz 463 handle es sich um eine allgemeine Verwaltungsanweisung zur Umsatzsteuerbefreiung; diese Regelung könne nur auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG gestützt werden, da sonst keine Rechtsgrundlage für die fiktive Anwendung der Liebhabereivermutung in Betracht komme.
Zunächst ist festzuhalten, dass unbestritten eine Anerkennung von Einrichtungen als solche mit sozialem Charakter (in Bezug auf Leistungen eines Sachwalters) durch den nationalen Gesetzgeber nicht erfolgt ist. Es entspricht aber der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass insoweit auch die Praxis der zuständigen Verwaltung in ähnlichen Fällen zu berücksichtigen ist, welche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter anzuerkennen sind (vgl. z.B. Kügler, C-141/00, Rn. 57, zum Einwand der deutschen Regierung, die Anerkennung könne nur durch den Gesetzgeber erfolgen, vgl. aaO, Rn. 48).
Nach den unbestrittenen Sachverhaltsannahmen wurden drei (von vier) Sachwaltervereinen von der Finanzverwaltung als Nichtunternehmer behandelt (der vierte Sachwalterverein hingegen als Unternehmer); deren Leistungen unterlagen daher nicht der Umsatzsteuer.
Die Vereinsrichtlinien 2001 (in der Fassung vom ), auf welche das Bundesfinanz-gericht und insbesondere der Revisionswerber verweisen, lauten auszugsweise:
"3.2.2 Liebhaberei
3.2.2.1 Liebhabereivermutung bei Betrieben gemäß § 45 Abs. 1 und 2 BAO
463
Bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 34 bis 38 BAO), kann davon ausgegangen werden, dass die im Rahmen von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 45 Abs. 1 und 2 BAO ausgeübten Tätigkeiten unter die Regelung des § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 fallen.
Eine nichtunternehmerische Tätigkeit ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Umsätze des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes jährlich regelmäßig unter 2.900 Euro liegen.
3.2.2.2 Keine Anwendung der Liebhabereivermutung
464
Im Hinblick darauf, dass gemäß § 6 der Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 idgF, grundsätzlich auch bei Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, Liebhaberei im umsatzsteuer-lichen Sinn nur bei Betätigungen iSd § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung vorliegen könnte (), kann die Liebhabereivermutung nach Rz 463 erster Satz, soweit sie sich auf andere wirtschaftliche Tätigkeiten iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 bezieht, nicht gegen den Willen des Unternehmers angewendet werden. Die 2.900 Euro Bagatellgrenze (Rz 463 zweiter Satz) ist jedoch zu beachten. Will der Unternehmer die Liebhabereivermutung nach Rz 463 erster Satz nicht anwenden, bedarf es keiner gesonderten Erklärung gegenüber dem Finanzamt, sondern es genügt die Abgabe von Voranmeldungen und Jahreserklärungen oder auch die Abgabe der Verzichtserklärung auf die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung (vgl. Rz 520)."
Die zitierte Bestimmung beinhaltet lediglich eine allgemeine, für sämtliche gemeinnützige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen angenommene Abgrenzung von unternehmerischen zu nichtunternehmerischen Tätigkeiten. Sie ist aber nicht dahin zu verstehen, dass damit eine Anerkennung einer Einrichtung als solche mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g der Richtlinie 2006/112/EG und eine darauf gestützte Umsatzsteuer-befreiung erfolgen sollte. Selbst wenn man der Revision folgen würde und dieser Bestimmung im Ergebnis (auch) eine derartige Anerkennung (als soziale Einrichtung) unterstellen würde, ist aber zu bemerken, dass diese Anerkennung nur betreffend jene Einrichtungen erfolgte, die als "gemeinnützig" (iSd §§ 34 ff BAO) anzusehen sind. Voraussetzung ist hiefür somit ua., dass die Körperschaft keinen Gewinn erstreben darf; die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile erhalten (§ 39 Z 2 BAO). Demnach wurde aber im Rahmen dieser (allfälligen) Anerkennung gleichzeitig und in identer Rechtsqualität auch die fakultative Beschränkung des Art. 133 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG ausgeübt.
Im Hinblick auf die Ausübung dieser Beschränkung (wodurch - wie bereits dargelegt - die steuerliche Neutralität nicht verletzt ist) steht dem Revisionswerber, der unbestritten die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG nicht erfüllt, die geltend gemachte Steuerbefreiung nicht zu.
Der Inhalt der Revision lässt somit erkennen, dass die vom Revisionswerber behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen."
Aus den oben angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam, da der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis , die Rechtsfrage, ob ein (überwiegend) Umsätze aus der Tätigkeit als gerichtlich bestellter Sachwalter erzielender Rechtsanwalt als eine Einrichtung mit sozialem Charakter iSd Art. 132 Abs. 1 lit. g MwStSystRL zu beurteilen ist, sodass er sich unmittelbar auf die in der MwStSystRL vorgesehene Steuerbefreiung berufen kann, beantwortet (verneint) hat. Die (ordentliche) Revision war daher nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 132 Abs. 1 lit. g RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 § 6 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 6 Abs. 1 Z 7 und 18 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 268 Abs. 1 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100394.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
XAAAF-48484