Darlehensrückzahlungen für Wohnraumschaffung bzw Wohnraumsanierung als Sonderausgaben
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Einkommensteuer 2018 wird mit € -401,00 festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Am erging auf Basis der antragslosen Arbeitnehmerveranlagung (AANV) ein Einkommensteuerbescheid 2018. Am brachte die Beschwerdeführerin eine Einkommensteuererklärung (Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung) ein. Der Einkommensteuerbescheid 2018 wurde daraufhin gemäß § 41 Abs 2 EStG 1988 mit Bescheid vom aufgehoben und ein neuer Erstbescheid betreffend die Einkommensteuer 2018 wurde am antragsgemäß erlassen. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom erhob die Beschwerdeführerin innerhalb der erstreckten Beschwerdefrist am eine Beschwerde. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2018 abgeändert und dem Beschwerdebegehren teilweise gefolgt. Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht. Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert ihre beantragten Werbungskosten und Sonderausgaben detailliert darzustellen und mittels Belegen nachzuweisen. Dieser Vorhalt wurde von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom beantwortet. Das Schreiben der Beschwerdeführerin wurde am dem Finanzamt zur Stellungnahme weitergeleitet und das Finanzamt nahm mit Schreiben vom dazu Stellung.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war im Beschwerdejahr 2018 Betriebsprüferin der Großbetriebsprüfung. In ihrer Einkommensteuererklärung gab sie Sonderausgaben für Versicherungsprämien und -beiträge (freiwillige Kranken-, Unfall-, Lebensversicherung, Hinterbliebenenversorgung und Sterbekassen), Pensionskassenbeiträge, freiwillige Höherversicherung im Rahmen der gesetzlichen Pensionsversicherung in der Höhe von € 1.000,- und Kosten für Wohnraumschaffung, -sanierung in der Höhe von € 1.000,- an. Als Werbungskosten beantragte die Beschwerdeführerin in ihrer Einkommensteuererklärung € 100,- an Pendlerpauschale, € 100,- als Pendlereuro, € 100,- an Gewerkschaftsbeiträgen, € 100,- an beruflich veranlassten Reisekosten, € 100,- an Aus- und Fortbildungskosten und € 100,- als sonstige Werbungskosten zu berücksichtigen.
Auf Basis der Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Abgabenerklärung erging der im gegenständlichen Verfahren angefochtene Einkommensteuerbescheid 2018 vom , der jedoch im Verhältnis zu dem ursprünglich antragslos ergangenen Einkommensteuerbescheid vom zu einer Einkommensteuerfestsetzung von € 515,- und zu einer Abgabennachforderung in der Höhe von € 561,- führte.
Die Beschwerdeführerin erhob am innerhalb der durch das Finanzamt verlängerten Beschwerdefrist eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 und führte darin Folgendes aus:
"Werbungskosten:
1. Ich war im Außendienst tätige Betriebsprüferin; beim Ersatz von täglichen Heimfahrten, höheren Hotelkosten oder Verpflegungspauschalen u.a. weichen die Ersätze des Dienstgebers laut Reisegebührenvorschrift bekanntermaßen von den Ersätzen laut EStG ab, diese tatsächlich entstandenen Kosten wurden auch in den Vorjahren im Rahmen der ANveranlagung geltend gemacht. Um meinen aufgrund eines Schlaganfalles zu 100% schwer behinderten Gatten zu pflegen, bin ich im Laufe des Jahres 2023 aus dem Bundesdienst ausgeschieden, im Zuge, dessen wurden die auf dem Diensttelefon und dem Laptop gespeicherten Daten gelöscht und die Geräte an den Dienstgeber zurückgestellt. Die Aufzeichnungen betreffend die entstandenen und vom Dienstgeber nicht ersetzten Reisekosten sind nicht mehr abrufbar. Unter Berücksichtigung der durchschnittlich geltend gemachten Werbungskosten der eingesehenen ANveranlagungen der vorangegangenen 5-Jahre (2017 wurde auf die Durchführung einer ANveranlagung vergessen) ergibt sich ein Durchschnittsbetrag von €2.843,5.
Ich ersuche, diesen Betrag zu berücksichtigen.
2. Gewerkschaftsbeitrag:
Der Gewerkschaftsbeitrag beträgt laut Lohnzettel € 306,48,bitte um Korrektur.
3. Pendlerpauschale
Laut der mir erinnerlichen Pendlerrechnerabfrage im Jahre 2018 wäre die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar gewesen. Einer heutigen Abfrage werden die inzwischen geänderten Fahrpläne zu Grunde gelegt, daher ergibt eine solche nur die kleine Pendlerpauschale.
Laut Lohnzettel beträgt die zu berücksichtigende kleine Pendlerpauschale €2016. In der ANveranlagung wurde die Pp irrtümlich zu niedrig angegeben, bitte um Berücksichtigung der großen Pendlerpauschale, im Falle dass dies nicht möglich sein sollte, um die Berücksichtigung im Ausmaß des im Lohnzettel ausgewiesenen Betrages."
Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, die Werbungskosten und Sonderausgaben mit Rechnungen und Zahlungsbelegen nachzuweisen.
Dieser Vorhalt wurde mit Schreiben vom durch die Beschwerdeführerin wie folgt beantwortet:
"Mit einem Schreiben wurde ich zur Beantwortung eines Vorhaltes betreffend die Beschwerde gegen die AN-Veranlagung 2018 aufgefordert. Dazu möchte ich mitteilen:
Mein Mann hatte einen schweren Schlaganfall, ist zu 100% behindert, PSt 7 und wird von mir alleine zu Hause gepflegt. Deshalb habe ich meine Berufstätigkeit aufgegeben und bin nun arbeitslos. Ich leide an einer mittelschweren Depression, nehme Psychopharmaka und besuche eine ambulante psychologische Reha. Mir wächst alles über den Kopf, ich finde weder Unterlagen noch Dokumente, vergesse Termine und Fristen, finde den Vorhalt nicht mehr und habe meine FON-Zugangsdaten verlegt.
Ich habe die AN-Veranlagung 2018 am mit klar ersichtlichen Phantasiezahlen abgegeben, in der Absicht im Beschwerdeverfahren alles richtigzustellen. Dies deshalb, damit deutlich ersichtlich ist, dass die Zahlen (im Vergleich zu den Vorjahren) nicht realistisch sind. Dadurch ist auch eine Nachzahlung entstanden, die jedoch völlig falsch ist und jeder tatsächlichen Grundlage entbehrt. In meinem momentanen psychischen Zustand schaffe ich nicht, Versicherungen bzw. Banken u.a. um Belege zum Nachweis von Sonderausgaben Werbungskosten zu bitten.
Da sich im Jahr 2018 keine wesentlichen Änderungen zu den Jahren davor ergeben haben, ersuche ich die Belege aus den Vorjahren zur Grundlage der Veranlagung 2018 zu machen.
[…]"
Am erließ das Finanzamt eine Beschwerdevorentscheidung mit welcher der angefochtene Bescheid vom abgeändert wurde. Damit wurde inhaltlich der ursprüngliche Bescheid vom mit einer Abgabengutschrift von € 46,- wiederhergestellt. Begründend führte das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung an, dass trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen übermittelt worden seien und daher nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt werden konnten.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht, in welchem sie keine weiteren Ausführungen machte oder ergänzende Belege vorlegte.
Auf Grund des Vorhaltes vom , in welchem die Beschwerdeführerin aufgefordert wurde ergänzende Beleg zu den von ihr geltend gemachten Werbungskosten und Sonderausgaben vorzulegen, brachte die Beschwerdeführerin am ein ergänzendes Schreiben ein. Darin erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie zur Schaffung von Wohnraum im Jahr 2001 ein Landesdarlehen aufgenommen habe und dafür im Beschwerdejahr 2018 € 4.259,94 zurückbezahlt habe. Diesem Schreiben wurde als Beleg ein Kontoauszug 2018 der steirischen Landesbuchhaltung betreffend das Darlehenskonto 221130804001 beigelegt. Die weiteren Beschwerdepunkte wurden von der Beschwerdeführerin zurückgezogen.
Das Schreiben der Beschwerdeführerin vom wurde dem Finanzamt zur Kenntnisnahme übermittelt. In einem Schreiben des Finanzamtes vom führte das Finanzamt aus, dass gegen eine Berücksichtigung der Darlehenstilgungen an das Land Steiermark als Sonderausgabe für Wohnraumschaffung gem § 18 Abs 1 Z 3 EStG 1988 keine Bedenken bestünden.
Im Lohnzettel für das Jahr 2018 hat der Arbeitgeber der Beschwerdeführerin bereits ein Pendlerpauschale von € 2.016,- und Gewerkschaftsbeiträge nach § 16 Abs 1 Z 3b EStG 1988 in der Höhe von € 306,48 berücksichtigt und dabei steuerpflichtige Bezüge in der Höhe von € 27.948,16 ausgewiesen. Dieser Betrag wurde als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Berechnung der festgesetzten Einkommensteuer zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung
Die Darlehenstilgung im Beschwerdejahr 2018 erschließt sich aus dem Kontoauszug 2018 der steirischen Landesbuchhaltung (vgl BFG-Akt OZ 17). Aus diesem Kontoauszug ergibt sich (als Summe der Einzahlungen) eine Darlehenstilgung in der Höhe von € 4.301,91.
Der restliche Sachverhalt erschließt sich aus den vorgelegten Aktenteilen und den Parteivorbringen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Auf Grund der Einschränkung des Beschwerdebegehrens mit Eingabe vom ist im gegenständlichen Verfahren nur noch die Frage zu klären, in welcher Höhe die Beschwerdeführerin Darlehenstilgungen im Beschwerdejahr 2018 getätigt hat, und ob diese Rückzahlungen Sonderausgaben iSd § 18 EStG darstellen.
§ 18 Abs 1 Z 3 EStG 1988 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 62/2018 lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:
[…]
3. Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) oder der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist (lit. a und d):
a) Mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden. Bauträger sind
- gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen
- Unternehmen, deren Betriebsgegenstand nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum ist
- Gebietskörperschaften.
Dabei ist es gleichgültig, ob der Wohnraum dem Wohnungswerber in Nutzung (Bestand) gegeben oder ob ihm eine Kaufanwartschaft eingeräumt wird. Ebenso ist es nicht maßgeblich, ob der Wohnungswerber bis zum Ablauf der achtjährigen Bindungszeit im Falle seines Rücktrittes einen Anspruch auf volle Erstattung des Betrages hat oder nicht.
b) Beträge, die verausgabt werden zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, gelegen sind. Eigenheim ist ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim kann auch im Eigentum zweier oder mehrerer Personen stehen. Das Eigenheim kann auch ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden sein. Eine Eigentumswohnung muss mindestens zu zwei Dritteln der Gesamtnutzfläche Wohnzwecken dienen. Das Eigenheim oder die Eigentumswohnung muss unmittelbar nach Fertigstellung dem Steuerpflichtigen für einen Zeitraum von zumindest zwei Jahren als Hauptwohnsitz dienen. Auch die Aufwendungen für den Erwerb von Grundstücken zur Schaffung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen durch den Steuerpflichtigen oder durch einen von ihm Beauftragten sind abzugsfähig.
c) Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum, wenn die Sanierung über unmittelbaren Auftrag des Steuerpflichtigen durch einen befugten Unternehmer durchgeführt worden ist, und zwar
- Instandsetzungsaufwendungen einschließlich Aufwendungen für energiesparende Maßnahmen, wenn diese Aufwendungen den Nutzungswert des Wohnraumes wesentlich erhöhen oder den Zeitraum seiner Nutzung wesentlich verlängern oder
-Herstellungsaufwendungen.
d)Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum oder für die Sanierung von Wohnraum im Sinne der lit. a bis lit. c aufgenommen wurden, sowie Zinsen für derartige Darlehen. Diesen Darlehen sind Eigenmittel der in lit. a genannten Bauträger gleichzuhalten."
Werden Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder -sanierung mittels Aufnahme von Darlehen finanziert, liegen Sonderausgaben zwingend erst nach Maßgabe und im Zeitpunkt der Rückzahlung vor (). Im Jahr 2018 erfolgten lt Kontoauszug des Landes Steiermark Rückzahlungen in der Höhe von € 4.301,91. Diese Rückzahlungen sind dementsprechend als Sonderausgaben iSd § 18 Abs 1 Z 3 EStG 1988 im Beschwerdejahr zu berücksichtigen.
Der Arbeitgeber hat im Lohnzettel für das Jahr 2018 bei der Beschwerdeführerin an Pendlerpauschale € 2.016,- und an Gewerkschaftsbeiträgen € 306,48 bereits berücksichtigt. Diese Beträge sind bei der Berechnung der festgesetzten Einkommensteuer daher bereits berücksichtigt worden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Rechtsfrage war anhand der eindeutigen gesetzlichen Bestimmung des § 18 Abs 1 Z 3 EStG 1988 zu lösen, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Die ordentliche Revision war dementsprechend zu versagen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100709.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
IAAAF-48476