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VwGH 17.06.2020, Ra 2020/16/0070

VwGH 17.06.2020, Ra 2020/16/0070

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
31992R2913 ZK 1992 Art220 Abs2 litb
32013R0952 ZK 2013 Art119
RS 1
Art. 119 UZK normiert für einen Erlass oder eine Erstattung Tatbestände, bei denen den Zollbehörden ein Irrtum der zuständigen Behörden unterlaufen ist, und enthält insoweit den Regelungsinhalt des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom , der dazu diente, das berechtigte Vertrauen des Zollschuldners in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte zu schützen, die bei der Entscheidung darüber, ob Abgaben nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung finden; diese Prüfung findet nun nicht mehr bei der Nacherhebung, sondern nur im Rahmen eines meist vom Zollschuldner geltend gemachten Erlass- oder Erstattungsanspruchs statt, wobei die Zollbehörden nicht gehindert sind, den Vertrauensschutz des Zollschuldners in die Richtigkeit der früheren Abgabenfestsetzung auch von Amts wegen zu berücksichtigen (Witte/Alexander, UZK7 Art. 119 Rz. 1, mwN).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der K Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Ing. Dr. Wolfgang Gappmayer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Margaretenstraße 22/12, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2200018/2019, betreffend Eingangsabgaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Das Zollamt Graz führte bei der revisionswerbenden Gesellschaft (Revisionswerberin) eine Betriebsprüfung über die Richtigkeit der erklärten Zollwerte und die Einhaltung von Antidumpingmaßnahmen anlässlich der Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr durch.

2 Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom wurden der Revisionswerberin u.a. nachträglich buchmäßig erfasste Beträge für Zollanmeldungen im Zeitraum vom 1. Mai bis gemäß Art. 102 Abs. 3 Zollkodex der Union (UZK) mitgeteilt.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, woraufhin die Revisionswerberin einen Vorlageantrag stellte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Das Bundesfinanzgericht begründete seine Entscheidung u.a. damit, dass die Revisionswerberin bei keiner einzigen Anmeldung alle geltenden Vorschriften über eine Zollanmeldung eingehalten habe und deshalb eine notwendige Voraussetzung für das von der Revisionswerberin angestrebte Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Antidumpingzöllen fehle. Der von der Revisionswerberin in eventu beantragte Erlass der buchmäßig erfassten, mitgeteilten oder festgesetzten Eingangsabgaben sei nicht Sache des Spruches des bekämpften Bescheides gewesen.

6 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der sich die Revisionswerberin durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem subjektiven Recht verletzt erachtet, dass von der buchmäßigen Erfassung und Festsetzung der Eingangsabgaben abgesehen werde, weil der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden sei, dieser Irrtum von der Revisionswerberin nicht erkannt worden sei, sie gutgläubig gehandelt habe und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten habe.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zur Zulässigkeit der Revision werden Rechtsfragen zum Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung, weil Einfuhrabgaben wegen eines Irrtums der zuständigen Behörden nicht erhoben worden seien, dass deren Irrtum von einem gutgläubigen Abgabenschuldner nicht erkannt werden könne und dass dieser alle für seine Zollerklärung geltenden Bestimmungen beachtet habe, geltend gemacht.

11 Das Bundesfinanzgericht stützte seine Entscheidungen jedoch auch darauf, dass der Erlass der buchmäßig erfassten, mitgeteilten oder festgesetzten Eingangsabgaben nicht Sache des Spruches des bekämpften Bescheides gewesen sei.

12 Art. 116 Abs. 1 der Verordnung Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom (UZK) lautet samt Überschrift:

„Abschnitt 3

Erstattung und Erlass

Artikel 116

Allgemeine Vorschriften

(1) Die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge werden unter den in diesem Abschnitt festgelegten Voraussetzungen aus jedem nachstehenden Grund erstattet oder erlassen:

a) zu hoch bemessener Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag,

b) schadhafte Waren oder Waren, die den Vertragsbedingungen nicht entsprechen,

c) Irrtum der zuständigen Behörden,

d) Billigkeit.

Die Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbeträge werden erstattet, wenn eine Zollanmeldung nach Artikel 174 für ungültig erklärt wird und die entsprechenden Abgaben bereits entrichtet worden sind.“

13 Art. 119 UZK normiert für einen Erlass oder eine Erstattung Tatbestände, bei denen den Zollbehörden ein Irrtum der zuständigen Behörden unterlaufen ist, und enthält insoweit den Regelungsinhalt des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom , der dazu diente, das berechtigte Vertrauen des Zollschuldners in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte zu schützen, die bei der Entscheidung darüber, ob Abgaben nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung finden; diese Prüfung findet nun nicht mehr bei der Nacherhebung, sondern nur im Rahmen eines meist vom Zollschuldner geltend gemachten Erlass- oder Erstattungsanspruchs statt, wobei die Zollbehörden nicht gehindert sind, den Vertrauensschutz des Zollschuldners in die Richtigkeit der früheren Abgabenfestsetzung auch von Amts wegen zu berücksichtigen (Witte/Alexander, UZK7 Art. 119 Rz. 1, mwN).

14 Die vom Bundesfinanzgericht herangezogene Alternativbegründung, der Erlass sei nicht Sache des Spruches des bekämpften Bescheides gewesen, ist weder vom Revisionspunkt erfasst noch wird dazu eine grundsätzliche Rechtsfrage zur Zulässigkeit der Revision geltend gemacht, sodass die Revision von den zum Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung formulierten Rechtsfragen nicht abhängt (vgl. , mwN).

15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
31992R2913 ZK 1992 Art220 Abs2 litb
32013R0952 ZK 2013 Art119
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020160070.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-48013