VwGH 27.10.2020, Ra 2020/07/0105
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | VwGG §42 Abs2 Z1 VwRallg WasserversorgungsG OÖ 2015 §6 Abs2 Z4 |
RS 1 | § 6 Abs. 2 Z 4 WasserversorgungsG OÖ 2015 spricht ausdrücklich von "Kosten für die Wiederherstellung von Anlagen, die im Zug der Anschlusserrichtung beeinträchtigt werden würden." In diesem Zusammenhang halten die Materialien fest, dass mit der Formulierung des § 6 Abs. 2 Z 4 legcit. "die Kosten für die Herstellung der Anschlusseinrichtungen in einem weiten Sinn zu verstehen sind" (AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13). Damit hätte das VwG etwa das Vorbringen des Antragstellers betreffend die aus Stein gemauerten Kellerwände und die Notwendigkeit des Unterfangens aufgrund der statischen Gegebenheiten nicht mit einem bloßen Hinweis auf das Nichtvorliegen "außergewöhnlicher Verhältnisse" übergehen dürfen. Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsansicht hat das VwG die Höhe der für den Antragsteller zu erwartenden Herstellungskosten der Anschlussleitung (bis zur Übergabestelle) samt den dazugehörenden Einrichtungen nicht festgestellt, weshalb das angefochtene Erkenntnis mit einem sekundären Feststellungsmangel belastet ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2020/07/0079 E RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Anträge von 1. A, 2. Mag. G, 3. Dr. W, 4. Univ. Prof. Dr. C, 5. Dr. J, 6. G, 7. Dr. W, 8. S, 9. Dr. I und 10. Z, alle vertreten durch Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Museumstraße 4, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zlen. 1. VGW-211/026/9298/2019/VOR, 2. VGW-211/026/9299/2019/VOR, 3. VGW-211/026/9300/2019/VOR, 4. VGW-211/026/9302/2019/VOR, 5. VGW-211/026/9303/2019/VOR, 6. VGW-211/026/9304/2019/VOR, 7. VGW-211/026/9305/2019/VOR, 8. VGW-211/026/9306/2019/6, 9. VGW-211/026/9307/2019/VOR und 10. VGW-211/026/9308/2019/VOR, betreffend einen Bauauftrag gemäß § 129 Abs. 2 und 4 BO für Wien iVm § 5 Abs. 2 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), erhobenen Revisionen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird den Anträgen nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom erteilte die belangte Behörde gemäß § 129 Abs. 2 und 4 Bauordnung für Wien (BO) iVm § 5 Abs. 2 des Gesetzes über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren (KanalG) den Eigentümern der Baulichkeit, eines Privatkanals auf einer näher bezeichneten Liegenschaft, nämlich den Revisionswerbern sowie drei weiteren, näher bezeichneten Personen, die Aufträge, binnen eines Monats nach Rechtskraft dieses Bescheides zwei näher bezeichnete schadhafte Schächte eines privaten Regenwasserkanals ordnungsgemäß instand zu setzen, sodass diese mit der Oberkante des Fahrbahnbelages eben abschließen, sowie das Grädermaterial an einer näher bezeichneten Stelle zu entfernen.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerber wies das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und bestätigte den Bescheid mit der Maßgabe der Ergänzung der Grundstücksbezeichnung im Spruch.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.
4 Diesen begründen die Revisionswerber damit, dass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse nicht entgegenstehe. Der Bescheid sei von zwei näher bezeichneten Bescheidadressaten nicht angefochten worden, gegen diese sei er sohin in Rechtskraft erwachsen. Für den Fall, dass sofortige Baumaßnahmen einzuleiten wären, könnten diese gegen diese beiden Personen durchgesetzt werden. Ein allfälliger Regressanspruch gegen die Revisionswerber bliebe davon unberührt. Die sofortige Vollstreckbarkeit würde Nachteile für die Revisionswerber mit sich bringen, weil die belangte Behörde diese auch gegen die Revisionswerber vollstrecken könnte. Die belangte Behörde habe sich auch bereits bei der Hausverwaltung nach dem Stand der Dinge erkundigt. Eine Vollstreckung würde einen unverhältnismäßigen Nachteil für die Revisionswerber darstellen, nicht zuletzt auch, weil bei richtiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage ein Bescheid gegen sie nicht zu erlassen gewesen wäre.
5 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat ab Vorlage einer Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist somit nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass die revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen (vgl. ).
7 Worin bei sofortigem Vollzug des Erkenntnisses für die Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil läge, wird im vorliegenden Antrag nicht ausgeführt.
8 Zur alleinigen Begründung, der Bauauftrag hätte nicht erlassen werden dürfen, ist darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen hat; Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes auszugehen (vgl. ). Mit dem auf die Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses verweisenden Vorbringen wird daher kein unverhältnismäßiger Nachteil für die Revisionswerber aufgezeigt.
9 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der E H in H, vertreten durch die K M R Rechtsanwaltssocietät Dr. Longin Josef Kempf, Dr. Josef Maier in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-152565/6/VG/MH, betreffend Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde H), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 1478/1, KG H., auf dem sich ein Gebäude (Objekt „L. Nr. 3“) samt Hausbrunnen befinden.
2 Das Verwaltungsgericht trug der Revisionswerberin im Beschwerdeweg mit rechtskräftigem Erkenntnis vom gemäß § 5 Abs. 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz 2015 (Oö. WVG 2015) auf, ihr Objekt L. Nr. 3 auf Grundstück Nr. 1478/1, KG H., welches im Anschlusspflichtbereich der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. liege, an diese anzuschließen und die dazu erforderlichen Einrichtungen unter näher genannten Bedingungen und Auflagen herzustellen.
3 Mit Schreiben vom bzw. suchte die Revisionswerberin (unter anderem) um Ausnahme von der Anschlusspflicht an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. an. Dazu brachte sie vor, die Kosten der Herstellung der Anschlussleitung ihres Objekts an die öffentliche Wasserversorgungsanlage wären mindestens doppelt so hoch wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde H. Ersterem Schreiben schloss sie ein als „Kostenschätzung Ortswasseranschluss“ bezeichnetes Angebot eines Installationsunternehmens an, welches einen „Angebotsbetrag“ in der Höhe von € 13.683,70 brutto auswies. Letzterem Schreiben war ein als „Wasserleitungs-Aufschliessung Bauernhaus Parz.Nr.“ bezeichnetes Angebot der P. Bau GmbH vom angeschlossen, das als „Angebotspreis“ einen Betrag in der Höhe von € 19.806,60 brutto enthielt.
4 Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde dem Ansuchen der Revisionswerberin um Ausnahme ihres Objekts von der Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. nicht statt.
5 In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, als Ergänzung zur Feststellung der durchschnittlichen Anschlusskosten sei die E. & Partner Ziviltechniker GmbH um Bekanntgabe der durchschnittlichen Anschlusskosten auf Basis von fünf in den Jahren 2017/2018 bereits errichteten und abgerechneten Wasserleitungsanschlüssen des gerade in Bau befindlichen Bauloses 09 der Gemeinde H. ersucht worden. Die E. & Partner Ziviltechniker GmbH habe der Gemeinde daraufhin eine Kostenzusammenstellung, der zur Folge die mittleren Anschlusskosten in der Gemeinde mit rund € 5.000,-- bis € 6.000,-- angenommen werden könnten, vorgelegt.
6 Gemäß § 6 Abs. 2 Oö. WVG 2015 müssten zur Gewährung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht die Ziffern 1 bis 4 erfüllt werden. Die Revisionswerberin habe keine „technische Begründung“ vorgelegt, weshalb eine längere Anschlussleitung (wie in dem von ihr vorgelegten Angebot der P. Bau GmbH, Position 03059 [Herstellung einer Druckrohrleitung in einer Länge von 65 Metern], angegeben) notwendig sei. Da auch die Kosten für die Herstellung der Anschlussleitung und sämtlicher dazugehörender Einrichtungen wie im Sinn des Gesetzes unter Ziffer 4 angeführt laut (von der belangten Behörde eingeholtem) Angebot der Fa. H. & F. mit € 9.559,55 brutto das Doppelte der durchschnittlichen Anschlusskosten für das Objekt der Revisionswerberin nicht überschritten, werde hiermit mittels abschließendem Bescheid ihrem Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht stattgegeben.
7 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
8 Es stellte fest, für die Leitungsherstellung im Keller des östlichen Bereichs des verfahrensgegenständlichen Objekts lägen insgesamt drei Angebote von Fachfirmen vor. Für das verfahrensgegenständliche Grundstück lägen keine besonderen Boden- oder Untergrundverhältnisse vor.
9 Unter „III. Beweiswürdigung“ hielt es im Wesentlichen fest, der Vertreter der E. & Partner Ziviltechniker GmbH habe nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass bei der Herstellung des Anschlusses beim gegenständlichen Objekt keine besonderen Verhältnisse gegeben seien, weil der größte Teil der Grabung über einen Wiesenbereich geführt werde, wo keine besonderen Einbauten und damit Schwierigkeiten zu erwarten seien. Lediglich die Durchörterung des Mauerwerks mit einer Breite von 1,5 Metern stelle eine gewisse Schwierigkeit dar. Es sei aber für eine Baufirma mit entsprechenden Geräten auch kein Problem, dies herzustellen.
10 Den unsubstantiierten Angaben der Revisionswerberin hinsichtlich der besonderen Verhältnisse des alten Kellergewölbes und der Einsturzgefahr stünden insgesamt drei Angebote von Fachfirmen gegenüber, die die Arbeiten durchführen würden. Auch der Vertreter der E. & Partner Ziviltechniker GmbH habe aus fachlicher Sicht ausgeführt, dass für eine Baufirma mit entsprechenden Geräten die Durchbohrung der verfahrensgegenständlichen Mauer keine Schwierigkeit darstelle. Die Revisionswerberin habe nicht begründet darlegen können, weshalb für die gegenständliche Leitungsherstellung besondere Verhältnisse vorlägen.
11 Nach Wiedergabe des § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 und der diesbezüglichen Gesetzesmaterialien führte das Verwaltungsgericht in der rechtlichen Beurteilung aus, mit dieser Bestimmung habe der Landesgesetzgeber nicht nur klarstellen wollen, was unter den Kosten für den Anschluss genau zu verstehen sei, sondern auch das für eine Ausnahme erforderliche Missverhältnis, d.h. die Unverhältnismäßigkeit der konkreten Anschlusskosten zu den ortsüblichen Kosten, klar definiert.
12 Wie in den „Parlamentarischen“ Materialien ausgeführt, handle es sich dabei um eine bloße gesetzliche Konkretisierung der ohnehin bereits gängigen Vollzugspraxis und solle - unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - weiterhin gelten, dass das allfällige Vorliegen eines Missverhältnisses dieser Kosten von der Behörde nur dann zu prüfen sei, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorlägen und (solche) vom Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht begründet dargelegt würden.
13 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 2009/07/0076, konstatiere, habe der Beschwerdeführer im Verfahren entsprechend dazulegen, worauf er eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Kosten zurückführe. Solche Gründe könnten nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung insbesondere in der Beschaffenheit des Grundstücks - also in tatsächlichen Verhältnissen - gelegen sein.
14 Zur Beurteilung einer solchen Unverhältnismäßigkeit sei die Beschaffenheit des Grundstücks der Revisionswerberin unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere der Untergrund- und Bodenbeschaffenheit, von besonderer Relevanz. Im hier zu beurteilenden Einzelfall gebe es aber keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass hinsichtlich des Wasseranschlusses der Revisionswerberin untypische Boden- bzw. Untergrundverhältnisse vorlägen. Auch die von ihr vorgebrachten Gegebenheiten am verfahrensgegenständlichen Grundstück bzw. Objekt stellten keine atypische Situation dar. Insbesondere bei älteren Gebäuden, die der Anschlusspflicht unterlägen, müsse mit Kellerwänden aus Steinen gerechnet werden, sodass daraus keine besonderen Verhältnisse abgeleitet werden könnten.
15 Einen Ausnahmetatbestand sehe das Oö. WVG 2015 für einen solchen Fall jedenfalls nicht vor und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber ältere Gebäude aufgrund der dort verwendeten Baumaterialien von der Anschlusspflicht habe ausnehmen wollen. Vielmehr sei zu beachten, dass gesetzliche Ausnahmebestimmungen restriktiv auszulegen seien.
16 Da die Revisionswerberin somit im Ergebnis keine besonderen Verhältnisse betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück bzw. Objekt aufgezeigt habe, sei das Vorliegen eines Missverhältnisses nicht zu prüfen gewesen.
17 Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage zu beurteilen gewesen sei, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme. Insbesondere habe sich das Verwaltungsgericht bei der Lösung der hier maßgeblichen Rechtsfrage auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/07/0076, und vom , Ra 2019/07/0119, stützen können.
18 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
19 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
21 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird unter anderem vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom , 2009/07/0076, ausgedrückt, dass die antragstellende Partei auf Ausnahme von der Anschlusspflicht die zu erwartenden Kosten im konkreten Einzelfall nicht nur schlicht behaupten dürfe, sondern diese im Detail, etwa durch Vorlage eines Kostenvoranschlags und Angabe der Gründe, wie es zu diesen Kosten komme, darlegen müsse. Der zitierten Entscheidung sei jedoch an keiner Stelle zu entnehmen, dass sich zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestands nach § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 die überdurchschnittlich hohen Anschlusskosten aus besonders „außergewöhnlichen“ bzw. „atypischen Umständen“ ergeben müssten. Worauf das Verwaltungsgericht diese Rechtsauffassung im gegenständlichen Fall stütze, bleibe völlig im Dunkeln.
22 Abgesehen davon habe die Revisionswerberin ohnehin solche „außergewöhnlichen“ und „atypischen“ Umstände vorgebracht, die das Verwaltungsgericht jedoch völlig unberücksichtigt gelassen habe. Es begründe etwa nicht, aus welchem Grund die Bodenbeschaffenheit vor Ort keine „besonderen Verhältnisse“ darstelle. Zudem unterstelle es begründungslos, dass Kellerwände und Kellergewölbe aus geschichteten Steinen, die beim Durchbohren zur Herstellung eines Wasseranschlusses einsturzgefährdet seien, durchaus üblich und typisch seien. Dies sei jedoch keineswegs der Fall. Das Vorbringen, wonach das Kellergewölbe für einen Anschluss an die Wasserversorgungsanlage unterfangen werden müsste, ignoriere das Verwaltungsgericht gänzlich.
23 Aus diesem Grund erweist sich die Revision als zulässig und - im Ergebnis - als begründet.
24 Der vorliegende Revisionsfall gleicht in sachlicher und rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen jenem des hg. Erkenntnisses vom , Ra 2020/07/0079, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
25 Vor dem Hintergrund der darin dargestellten Rechtsansicht geht die Revisionswerberin - wie auch zunächst das Verwaltungsgericht - zutreffend davon aus, dass der Gesetzgeber des Oö. WVG 2015 von einer antragstellenden Partei die Darlegung von konkreten Anhaltspunkten, die auf die in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 determinierte Unverhältnismäßigkeit der Höhe der Anschlusskosten schließen ließen, verlangt. Dem entsprechend hat die Revisionswerberin im Verfahren betreffend die Ausnahme ihres Objekts von der Anschlusspflicht an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. die Beschaffenheit ihres Grundstücks bzw. des darauf errichteten Gebäudes - wie etwa das aus Granitsteinschichten bestehende Kellergewölbe, in dem der Anschluss herzustellen sei, und die Notwendigkeit des Unterfangens des gesamten Gebäudes - in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am ins Treffen geführt. Nach ihrer Ansicht führten diese tatsächlichen Verhältnisse zu den in den vorgelegten Angeboten ausgewiesenen hohen Anschlusskosten. Im gegenständlichen Fall sei daher in Zusammenschau mit den von der belangten Behörde ermittelten durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde H. davon auszugehen, dass die in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 postulierte Unverhältnismäßigkeit vorliege.
26 Das Verwaltungsgericht hat diese Anhaltspunkte zwar teilweise berücksichtigt, dazu jedoch weiter ausgeführt, dass es sich bei den Gegebenheiten am verfahrensgegenständlichen Grundstück bzw. Objekt der Revisionswerberin um keine „außergewöhnlichen“ bzw. „atypischen Umstände“ handle und daher keine „besonderen Verhältnisse“ vorlägen, die die Ausnahme von der Anschlusspflicht rechtfertigten.
27 Mit dieser Beurteilung entspricht es jedoch nicht der in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 enthaltenen Anordnung und der dazu ergangenen hg. Rechtsprechung, wonach das von einer antragstellenden Partei behauptete Vorliegen der doppelten Höhe der durchschnittlichen Anschlusskosten bereits dann einer näheren Prüfung zu unterziehen ist, wenn dafür von ihr - wie im vorliegenden Fall von der Revisionswerberin - konkrete Anhaltspunkte vorgebracht wurden.
28 So spricht § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 ausdrücklich von „Kosten für die Wiederherstellung von Anlagen, die im Zug der Anschlusserrichtung beeinträchtigt werden würden.“ In diesem Zusammenhang halten die Materialien fest, dass mit der Formulierung des § 6 Abs. 2 Z 4 leg. cit. „die Kosten für die Herstellung der Anschlusseinrichtungen in einem weiten Sinn zu verstehen sind“ (AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13).
29 Damit hätte das Verwaltungsgericht etwa das Vorbringen der Revisionswerberin betreffend die aus Stein gemauerten Kellerwände und die Notwendigkeit des Unterfangens aufgrund der statischen Gegebenheiten nicht mit einem bloßen Hinweis auf das Nichtvorliegen „außergewöhnlicher“ bzw. „besonderer Verhältnisse“ übergehen dürfen.
30 Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsansicht hat das Verwaltungsgericht die Höhe der für die Revisionswerberin zu erwartenden Herstellungskosten der Anschlussleitung (bis zur Übergabestelle) samt den dazugehörenden Einrichtungen - gegebenenfalls unter beweiswürdigender Auseinandersetzung mit den vorliegenden unterschiedlichen Kostenvoranschlägen - nicht festgestellt, weshalb das angefochtene Erkenntnis mit einem sekundären Feststellungsmangel belastet ist.
31 Bereits aus diesem Grund war dieses - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Auf das übrige Revisionsvorbringen war somit nicht mehr einzugehen.
32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
33 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal das Verwaltungsgericht - ein Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK und ein Gericht im Sinne des Art. 47 GRC - eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. , mwN).
Wien, am
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Norm | VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070105.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-47886