VwGH 21.09.2020, Ra 2020/07/0079
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | VwRallg WasserversorgungsG OÖ 1997 §3 Abs2 Z3 WasserversorgungsG OÖ 2015 §6 Abs2 Z4 |
RS 1 | § 3 Abs. 2 Z 3 OÖ WasserversorgungsG 1997 stellte auf die "Unverhältnismäßigkeit" der Anschlusskosten - gemessen an den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde - ab. Nach den Materialien des OÖ WasserversorgungsG 2015 ist eine solche Unverhältnismäßigkeit bereits nach der alten Rechtslage bei Erreichen bzw. Überschreiten der doppelten Höhe der Anschlusskosten angenommen worden und wird dies nun in § 6 Abs. 2 Z 4 OÖ WasserversorgungsG 2015 entsprechend gesetzlich festgelegt (vgl. AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13). Damit erfolgte eine Präzisierung des Begriffs der Unverhältnismäßigkeit. Nach § 6 Abs. 2 Z 4 OÖ WasserversorgungsG 2015 liegt eine solche nunmehr dann vor, wenn die Kosten der Herstellung einer Anschlussleitung für die antragstellende Partei auf Erteilung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht mindestens doppelt so hoch wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde wären. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/07/0119 B RS 2 |
Normen | VwGG §42 Abs2 Z1 VwRallg WasserversorgungsG OÖ 1997 §3 Abs2 Z3 WasserversorgungsG OÖ 2015 §6 Abs2 Z4 |
RS 2 | Der Gesetzgeber des OÖ WasserversorgungsG 2015 hält auch nach Außerkrafttreten des OÖ WasserversorgungsG 1997 an der hg. Entscheidung vom , 2009/07/0076, fest. Darin hat der VwGH zu § 3 Abs. 2 Z 3 OÖ WasserversorgungsG 1997 ausgesprochen, dass der Bf es verabsäumt hat, im Verfahren darzulegen, worauf er eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Anschlusskosten zurückführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist von der Behörde das allfällige Vorliegen der in § 6 Abs. 2 Z 4 OÖ WasserversorgungsG 2015 präzisierten Unverhältnismäßigkeit - also des Überschreitens der doppelten Höhe der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde - nach wie vor erst dann zu prüfen, wenn für diese Unverhältnismäßigkeit konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Derartige Anhaltspunkte hat die antragstellende Partei im Verfahren auf Erteilung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht begründet darzulegen (vgl. AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13). Daraus ergibt sich, dass - trotz Umformulierung dieser Voraussetzung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht - die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 4 OÖ WasserversorgungsG 2015 im Vergleich zu dessen Vorgängerbestimmung inhaltlich nicht relevant verändert worden ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/07/0119 B RS 3 |
Normen | VwGG §42 Abs2 Z1 VwRallg WasserversorgungsG OÖ 2015 §6 Abs2 Z4 |
RS 3 | § 6 Abs. 2 Z 4 WasserversorgungsG OÖ 2015 spricht ausdrücklich von "Kosten für die Wiederherstellung von Anlagen, die im Zug der Anschlusserrichtung beeinträchtigt werden würden." In diesem Zusammenhang halten die Materialien fest, dass mit der Formulierung des § 6 Abs. 2 Z 4 legcit. "die Kosten für die Herstellung der Anschlusseinrichtungen in einem weiten Sinn zu verstehen sind" (AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13). Damit hätte das VwG etwa das Vorbringen des Antragstellers betreffend die aus Stein gemauerten Kellerwände und die Notwendigkeit des Unterfangens aufgrund der statischen Gegebenheiten nicht mit einem bloßen Hinweis auf das Nichtvorliegen "außergewöhnlicher Verhältnisse" übergehen dürfen. Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsansicht hat das VwG die Höhe der für den Antragsteller zu erwartenden Herstellungskosten der Anschlussleitung (bis zur Übergabestelle) samt den dazugehörenden Einrichtungen nicht festgestellt, weshalb das angefochtene Erkenntnis mit einem sekundären Feststellungsmangel belastet ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des A, vertreten durch die K M R Rechtsanwaltssocietät Dr. Longin Josef Kempf, Dr. Josef Maier in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-152114/24/VG/MH, betreffend Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde H), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
2 Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwSlg. 10 381 A) erforderlich, dass eine revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt.
3 Mit der Behauptung, der vom Revisionswerber auf eigene Kosten durchzuführende Wasseranschluss werde „jedenfalls mehrere tausend Euro“ kosten, „selbst wenn man lediglich die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde H von € 4.000,00 - 5.000,00 der Beurteilung zugrunde legen würde, (die) gegenständlich beim Objekt des Revisionswerber allerdings erheblich höher sind“, wurden hinsichtlich der Kostenfolgen genauere Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse unterlassen, weshalb der Revisionswerber dem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen hat (vgl. etwa ; , Ra 2019/07/0093, jeweils mwN).
4 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des A A in H, vertreten durch die K M R Rechtsanwaltssocietät Dr. Longin Josef Kempf, Dr. Josef Maier in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-152114/24/VG/MH, betreffend Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde H), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Eigentümer der Grundstücke Nrn. 3322/1 und 3322/2, beide KG H., auf denen sich mehrere Gebäude befinden, die den Hofbereich eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens bilden. Diese Gebäude gelten gemäß § 3 Z 4 des Oö. Wasserversorgungsgesetzes (Oö. WVG 2015) als ein Objekt („D. Nr. 4“). Dieses wird durch einen Hausbrunnen mit Trink- und Nutzwasser versorgt.
2 Mit rechtskräftigem Bescheid vom trug die belangte Behörde dem Revisionswerber gemäß § 5 Abs. 5 Oö. WVG 2015 auf, seine „Liegenschaft Grundstück Nr. 3322/1 und 3322/2, EZ 27 KG [H.]“, welche im Anschlusspflichtbereich der öffentlichen Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. liege, an diese binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheids anzuschließen und die dazu erforderlichen Einrichtungen unter näher genannten Bedingungen herzustellen.
3 Mit Schreiben vom bzw. suchte der Revisionswerber um Ausnahme von der Anschlusspflicht an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. an. Dazu brachte er vor, nach einem Angebot der P. AG sei davon auszugehen, dass die Kosten der Herstellung der Anschlussleitung seines Objekts mindestens doppelt so hoch wären, wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde. Dem genannten Schreiben vom war ein als „Wasserleitungs-Aufschliessung Bauernhaus und Nebengebäude“ bezeichnetes Angebot der P. AG vom angeschlossen, welches als „Angebotspreis“ einen Betrag in der Höhe von € 28.468,80 brutto auswies.
4 Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde dem Ansuchen des Revisionswerbers um Ausnahme seines Objekts von der Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. nicht statt.
5 In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die zur Berechnung herangezogenen durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde H. seien vom Ziviltechnik Büro Dipl.-Ing. E. erstellt worden. Dieses sei seit vielen Jahren betreuender Projektant der Gemeinde H. für die Wasserversorgungsanlage. Die zur Durchschnittsberechnung herangezogenen Kosten seien aufgrund von tatsächlich durchgeführten Anschlüssen berechnet und auch begründet worden (unter Hinweis auf die Seiten 5 und 6 des Bescheids, wo die angesprochene Kostenzusammenstellung der Dipl.-Ing. E. Ziviltechniker GmbH vom , der zur Folge die mittleren Anschlusskosten in der Gemeinde H. mit rund € 5.000,-- bis € 6.000,-- angenommen werden könnten, zitiert ist).
6 Gemäß § 6 Abs. 2 Oö. WVG 2015 müssten zur Gewährung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht die Ziffern 1 bis 4 „korrelativ“ gegeben sein. Da die Kosten für die Herstellung der Anschlussleitung und sämtlicher dazugehörender Einrichtungen, wie im Sinn des Gesetzes unter Ziffer 4 angeführt, „laut [von der belangten Behörde eingeholter] Kostenschätzung der Fa. [H.] Bauges.m.b.H. [...] im Auftrag der Fa. [W.] DienstleistungsGmbH bzw. des Bürgermeisters der Gemeinde [H.]“ mit € 6.411,61 das Doppelte der durchschnittlichen Anschlusskosten für das Objekt des Revisionswerbers nicht überschritten, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
7 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
8 Es stellte fest, der Boden des „verfahrensgegenständlichen Grundstückes“ bestehe aus Schotter. Des Weiteren legte es den Feststellungen das Vorbringen des Revisionswerbers zu den „am verfahrensgegenständlichen Grundstück bzw. Objekt“ vorherrschenden Gegebenheiten zugrunde und verwies darauf, dass dieses Vorbringen „aus Gründen der Übersichtlichkeit“ in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Erkenntnisses behandelt werde.
9 Nach Wiedergabe des § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 und den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien führte das Verwaltungsgericht in der rechtlichen Beurteilung aus, mit dieser Bestimmung habe der Landesgesetzgeber nicht nur klarstellen wollen, was unter den Kosten für den Anschluss genau zu verstehen sei, sondern auch das für eine Ausnahme erforderliche Missverhältnis, d.h. die Unverhältnismäßigkeit der konkreten Anschlusskosten zu den ortsüblichen Kosten, klar definiert.
10 Wie in den „Parlamentarischen“ Materialien ausgeführt, handle es sich dabei um eine bloße gesetzliche Konkretisierung der ohnehin bereits gängigen Vollzugspraxis und solle - unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - weiterhin gelten, dass das allfällige Vorliegen eines Missverhältnisses dieser Kosten von der Behörde nur dann zu prüfen sei, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorlägen und (solche) vom Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht begründet dargelegt würden.
11 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 2009/07/0076, konstatiere, habe der Beschwerdeführer im Verfahren entsprechend dazulegen, worauf er eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Kosten zurückführe. Solche Gründe könnten nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung insbesondere in der Beschaffenheit des Grundstücks - also in tatsächlichen Verhältnissen - gelegen sein.
12 Zur Beurteilung einer solchen Unverhältnismäßigkeit sei die Beschaffenheit „des Grundstückes“ des Revisionswerbers unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere der Untergrund- und Bodenbeschaffenheit, von besonderer Relevanz. Im hier zu beurteilenden Einzelfall gebe es aber keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass hinsichtlich des Wasseranschlusses des Revisionswerbers untypische Boden- bzw. Untergrundverhältnisse vorlägen. Vielmehr bestehe der Untergrund am „verfahrensgegenständlichen Grundstück“ unstrittig aus Schotter. Auch die vom Revisionswerber vorgebrachten Gegebenheiten „am verfahrensgegenständlichen Grundstück bzw. Objekt“ stellten keine atypische Situation dar:
13 Die vom Revisionswerber dargelegten Aufgrabungs- und Asphaltierungsarbeiten, mögliche Leitungsquerungen oder die Entfernung eines Zauns bzw. einer Bepflanzung an der Grundstücksgrenze seien bei der Herstellung von Neuanschlüssen oder nachträglichen Anschlüssen nichts Außergewöhnliches und stellten daher keine besonderen Verhältnisse dar. Abgesehen davon seien - wie die durchgeführte mündliche Verhandlung ergeben habe - im hier zu beurteilenden Einzelfall die Leitungen im digitalen Leitungskataster eingetragen, was deren Auffindung jedenfalls erleichtere.
14 Der Revisionswerber habe weiter vorgebracht, dass die Kellerwände des verfahrensgegenständlichen Objekts nicht geschalt, sondern mit Steinen gemauert seien. Zudem sei die Außenmauer eineinhalb Meter nach hinten versetzt, weshalb das Gebäude auf einer Länge von ungefähr sechs Metern unterfangen werden müsse. Dazu werde festgehalten, dass insbesondere bei älteren Gebäuden, die der Anschlusspflicht unterlägen, mit Kellerwänden aus Steinen gerechnet werden müsse, sodass daraus keine besonderen Verhältnisse abgeleitet werden könnten. Einen Ausnahmetatbestand sehe das Oö. WVG 2015 für einen solchen Fall jedenfalls nicht vor und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber ältere Gebäude aufgrund der dort verwendeten Baumaterialien von der Anschlusspflicht habe ausnehmen wollen. Vielmehr sei zu beachten, dass gesetzliche Ausnahmebestimmungen restriktiv auszulegen seien.
15 Weiters wende der Revisionswerber ein, dass zum verfahrensgegenständlichen Objekt eine Maschinenhalle mit Saisonarbeiterzimmern gehöre, welche im Sinn der Begriffsbestimmung des § 3 „Abs. 4“ (richtig: Z 4) Oö. WVG 2015 gemeinsam mit dem Vierkanthof den Hofbereich eines land- und forstwirtschaftlichen Anwesens bilde. Es seien daher auch die Kosten für den Anschluss dieses Gebäudes bei den Anschlusskosten zu berücksichtigen. Zunächst werde festgehalten, dass ein Kostenvergleich im hier zu beurteilenden Einzelfall nicht anzustellen sei, weil der Revisionswerber mit seinem Vorbringen keine besonderen Verhältnisse betreffend „sein Grundstück“ aufgezeigt habe. Der Vollständigkeit halber werde angemerkt, dass gemäß § 3 Z 1 Oö. WVG 2015 die Anschlussleitung bei der Übergabestelle ende. § 6 Abs. 2 Z 4 leg. cit. sehe nur die Berücksichtigung der Kosten der Anschlussleitung bis zur Übergabestelle, nicht jedoch jener für die Verbrauchsleitungen vor.
16 Da der Revisionswerber somit im Ergebnis keine besonderen Verhältnisse auf dem „verfahrensgegenständlichen Grundstück bzw. Objekt“ aufgezeigt habe, sei das Vorliegen eines Missverhältnisses nicht zu prüfen gewesen.
17 Die ordentliche Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage zu beurteilen gewesen sei, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme. Insbesondere habe sich das Verwaltungsgericht bei der Lösung der hier maßgeblichen Rechtsfrage auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/07/0076, stützen können.
18 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , E 975/2020-5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
19 In der nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revision werden Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet.
20 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
22 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird unter anderem vorgebracht, der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom , 2009/07/0076, ausgedrückt, dass die antragstellende Partei auf Ausnahme von der Anschlusspflicht die zu erwartenden Kosten im konkreten Einzelfall nicht nur schlicht behaupten dürfe, sondern diese im Detail, etwa durch Vorlage eines Kostenvoranschlags und Angabe der Gründe, wie es zu diesen Kosten komme, darlegen müsse. Der zitierten Entscheidung sei jedoch an keiner Stelle zu entnehmen, dass sich zur Verwirklichung des Ausnahmetatbestands nach § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 die überdurchschnittlich hohen Anschlusskosten aus besonders „außergewöhnlichen“ bzw. „atypischen Umständen“ ergeben müssten. Worauf das Verwaltungsgericht diese Rechtsauffassung im gegenständlichen Fall stütze, bleibe völlig im Dunkeln.
23 So lasse das Verwaltungsgericht den Umstand völlig unberücksichtigt, dass die Kellerwände des verfahrensgegenständlichen Objektes nicht geschalt, sondern mit Steinen gemauert seien und hierdurch im Falle von Bohrarbeiten erhebliche Schäden auftreten könnten. Das gesamte Gebäude müsste aufgrund der statischen Gegebenheiten vor Ort auf einer Länge von 6 Metern unterfangen werden. Aus all diesen Gründen seien besonders hohe Anschlusskosten zu erwarten.
24 Aus diesem Grund erweist sich die Revision als zulässig und - im Ergebnis - als begründet.
25 § 6 Oö. WVG 2015 lautet auszugsweise:
„§ 6
Ausnahmen von der Anschlusspflicht
(...)
(2) Die Gemeinde hat für Objekte mit zum Zeitpunkt des Entstehens der Anschlusspflicht bestehender eigener Wasserversorgungsanlage auf Antrag eine Ausnahme von der Anschlusspflicht zu gewähren, wenn
1. dies die Anschlussverpflichtete bzw. der Anschlussverpflichtete spätestens binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheids nach § 5 Abs. 5 beantragt,
2. die Eignung des Trinkwassers aus der eigenen Wasserversorgungsanlage von der Antragstellerin bzw. vom Antragsteller durch einen den fachlichen Vorgaben der Trinkwasserverordnung (TWV), BGBl. II Nr. 304/2001, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 359/2012, entsprechenden Befund nachgewiesen wird - dieser Befund darf nicht älter als sechs Monate sein,
3. Trink- bzw. Nutzwasser in bedarfsdeckender Menge zur Verfügung steht und
4. die Kosten der Herstellung der Anschlussleitung und sämtlicher dazugehörender Einrichtungen, wie insbesondere Drucksteigerungseinrichtungen, Wasserzähler und Hauptabsperrventil, einschließlich der Kosten für die Wiederherstellung von Anlagen, die im Zug der Anschlusserrichtung beeinträchtigt werden würden, sowie einschließlich der Leistung von Entschädigungszahlungen im Sinn des § 8 Abs. 1 für die Anschlussverpflichtete bzw. den Anschlussverpflichteten mindestens doppelt so hoch wären wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde.
(...)“
26 Das Verwaltungsgericht hat zur Lösung des gegenständlichen Falls sowie zur Begründung des Nichtvorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG die hg. Entscheidung vom , 2009/07/0076, und damit die hg. Rechtsprechung zu § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997 herangezogen. Diese Bestimmung stellte auf eine „Unverhältnismäßigkeit“ der Anschlusskosten - gemessen an den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde - ab.
27 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Beschluss vom , Ra 2019/07/0119, mit der Nachfolgebestimmung des § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 auseinandergesetzt, wonach eine Ausnahme von der Anschlusspflicht (unter anderem) zu gewähren sei, wenn die Kosten der Herstellung einer Anschlussleitung für die antragstellende Partei auf Erteilung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht mindestens „doppelt so hoch“ wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde wären.
28 Dabei gelangte er zum Ergebnis, dass - trotz Umformulierung dieser Voraussetzung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht - die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 im Vergleich zu § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997 inhaltlich nicht relevant verändert worden sei. Es bedürfe daher keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung, um die neue Vorschrift auszulegen, weil die Ausführungen in der hg. Entscheidung vom , 2009/07/0076, im Sinn der Materialien zum Oö. WVG 2015 auf den dem genannten Beschluss zu Grunde liegenden Fall übertragbar seien.
29 Dazu führte er unter Hinweis auf die genannten Materialien aus, dass eine Unverhältnismäßigkeit bereits nach der alten Rechtslage bei Erreichen bzw. Überschreiten der doppelten Höhe der Anschlusskosten angenommen worden sei und dies nun in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 entsprechend gesetzlich festgelegt werde. Damit sei eine Präzisierung des Begriffs der Unverhältnismäßigkeit erfolgt.
30 Er sprach ferner aus, dass der Gesetzgeber des Oö. WVG 2015 aber auch nach Außerkrafttreten des Oö. WVG 1997 an der hg. Entscheidung vom , 2009/07/0076, festhalte. Darin habe der Verwaltungsgerichtshof zu § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997 die Ansicht vertreten, dass es der Beschwerdeführer verabsäumt habe, im Verfahren darzulegen, worauf er eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Anschlusskosten zurückführe. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei von der Behörde das allfällige Vorliegen der in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 präzisierten Unverhältnismäßigkeit - also des Überschreitens der doppelten Höhe der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde - nach wie vor erst dann zu prüfen, wenn für diese Unverhältnismäßigkeit konkrete Anhaltspunkte vorlägen. Derartige Anhaltspunkte habe die antragstellende Partei im Verfahren auf Erteilung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht begründet darzulegen.
31 Vor diesem Hintergrund geht der Revisionswerber - wie auch zunächst das Verwaltungsgericht - zutreffend davon aus, dass der Gesetzgeber des Oö. WVG 2015 von einer antragstellenden Partei die Darlegung von konkreten Anhaltspunkten, die auf die in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 determinierte Unverhältnismäßigkeit der Höhe der Anschlusskosten schließen ließen, verlangt. Dem entsprechend hat der Revisionswerber im Verfahren betreffend die Ausnahme seines Objekts von der Anschlusspflicht an die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde H. die Beschaffenheit seiner Grundstücke bzw. der darauf errichteten Gebäude - wie etwa konkrete Bodenverhältnisse, aus Stein gemauerte Kellerwände oder die Notwendigkeit des Unterfangens seines Vierkanthofs - ins Treffen geführt. Nach seiner Ansicht führten diese tatsächlichen Verhältnisse zu den im Angebot der P. AG ausgewiesenen hohen Anschlusskosten. Im gegenständlichen Fall sei daher in Zusammenschau mit den von der belangten Behörde ermittelten durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde H. davon auszugehen, dass die in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 postulierte Unverhältnismäßigkeit vorliege.
32 Das Verwaltungsgericht hat diese Anhaltspunkte zwar berücksichtigt, dazu jedoch weiter ausgeführt, dass es sich bei den Gegebenheiten „am verfahrensgegenständlichen Grundstück bzw. Objekt“ des Revisionswerbers (wobei nicht konkret hervorgeht, auf welches Grundstück bzw. Gebäude des Objekts des Revisionswerbers sich das Verwaltungsgericht bezieht) um keine „außergewöhnlichen“ bzw. „atypischen Umstände“ handle und daher keine „besonderen Verhältnisse“ vorlägen, die die Ausnahme von der Anschlusspflicht rechtfertigten.
33 Mit dieser Beurteilung entspricht es jedoch nicht der in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 enthaltenen Anordnung und der dazu ergangenen hg. Rechtsprechung, wonach das von einer antragstellenden Partei behauptete Vorliegen der doppelten Höhe der durchschnittlichen Anschlusskosten bereits dann einer näheren Prüfung zu unterziehen ist, wenn dafür von ihr - wie im vorliegenden Fall vom Revisionswerber - konkrete Anhaltspunkte vorgebracht wurden.
34 So spricht § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 ausdrücklich von „Kosten für die Wiederherstellung von Anlagen, die im Zug der Anschlusserrichtung beeinträchtigt werden würden.“ In diesem Zusammenhang halten die Materialien fest, dass mit der Formulierung des § 6 Abs. 2 Z 4 leg. cit. „die Kosten für die Herstellung der Anschlusseinrichtungen in einem weiten Sinn zu verstehen sind“ (AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13).
35 Damit hätte das Verwaltungsgericht etwa das Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die aus Stein gemauerten Kellerwände und die Notwendigkeit des Unterfangens aufgrund der statischen Gegebenheiten nicht mit einem bloßen Hinweis auf das Nichtvorliegen „außergewöhnlicher Verhältnisse“ übergehen dürfen.
36 Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsansicht hat das Verwaltungsgericht die Höhe der für den Revisionswerber zu erwartenden Herstellungskosten der Anschlussleitung (bis zur Übergabestelle) samt den dazugehörenden Einrichtungen nicht festgestellt, weshalb das angefochtene Erkenntnis mit einem sekundären Feststellungsmangel belastet ist.
37 Bereits aus diesem Grund war dieses - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Auf das übrige Revisionsvorbringen war somit nicht mehr einzugehen.
38 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
39 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal das Verwaltungsgericht - ein Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK und ein Gericht im Sinne des Art. 47 GRC - eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. , mwN).
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | VwGG §30 Abs2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070079.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-47883