VwGH 29.03.2019, Ra 2019/08/0055
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Nach Punkt 3. lit. a des Kollektivvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe und § 6 ARG hat der Arbeitnehmer, der während der wöchentlichen Ruhezeit beschäftigt wird, Anspruch auf Ersatzruhe. Ein Wahlrecht zwischen der - entgeltlichen - Ersatzruhe und einer - unentgeltlichen - wöchentlichen Ruhezeit widerspräche dem Zweck dieser Bestimmungen, der darin liegt, Störungen der wöchentlichen Ruhezeit möglichst hintanzuhalten; der um seine Wochenruhe gebrachte Arbeitnehmer soll dafür innerhalb der folgenden Woche zwingend bezahlte Freizeit im gleichen Ausmaß erhalten (vgl. ). Eine Ermächtigung zur Abweichung von dieser Regelung des ARG lässt sich auch nicht aus § 9 Abs. 4 ARG ableiten, der sich nur auf die Art der Berechnung des für die Ersatzruhe zu leistenden Entgelts bezieht. Ein einerseits dem Gesetz widersprechender (und insoweit zur Nichtigkeit führender) sowie andererseits auch in sich widersprüchlicher Inhalt darf dem Kollektivvertrag im Zweifel nicht unterstellt werden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der H GmbH in O, vertreten durch Mag. Norbert Huber, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Leopoldstraße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. I401 2007649- 1/12E, betreffend Beiträge nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Gebietskrankenkasse), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht die Revisionswerberin zu einer Beitragsnachzahlung in der Höhe von EUR 151,30. Dafür war die Annahme eines Entgeltanspruchs der Dienstnehmerin - einer Reinigungskraft in einem Hotelbetrieb - an ihren Ersatzruhetagen maßgeblich.
5 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Die Revisionswerberin erblickt entgegen diesem (begründungslos gebliebenen) Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darin, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage fehle, inwieweit Punkt 3. lit. b des Kollektivvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe "im Sinne der kollektivvertraglichen Abweichungsbefugnis nach § 9 Abs. 4 ARG als Entgelt nach § 9 Abs. 2 ARG neben einer (entgeltlichen) Ersatzruhe auch eine Abgeltung in Form einer (unentgeltlichen) wöchentlichen Ruhezeit im laufenden Kalenderjahr oder bis zur früheren Beendigung des Dienstverhältnisses" zulasse.
7 Gemäß dem zweiten Satz von Punkt 3. lit. a des genannten Kollektivvertrages hat ein Arbeitnehmer, der während seiner wöchentlichen Ruhezeit beschäftigt wird, Anspruch auf Ersatzruhe. Gemäß Punkt 3. lit. b ist die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit ein unabdingbares Recht des Arbeitnehmers; sie kann nur dann verschoben werden, wenn dies durch ein betrieblich unabwendbares, nicht voraussehbares Ereignis notwendig wird; für "jede entfallende wöchentliche Ruhezeit, die nicht durch Ersatzruhe bzw. durch eine wöchentliche Ruhezeit im laufenden Kalenderjahr oder bis zur früher eintretenden Beendigung des Dienstverhältnisses abgegolten wurde", ist 1/22 des vereinbarten Monatslohnes für die Normalarbeitszeit des Monats, in dem die wöchentliche Ruhezeit nicht konsumiert werden konnte, als Entschädigung zu leisten.
8 Die Revisionswerberin möchte diese Regelung so verstanden wissen, dass sie die Möglichkeit einer Abgeltung entfallener wöchentlicher Ruhezeit nicht nur durch entgeltliche Ersatzruhe, sondern alternativ auch durch unentgeltliche wöchentliche Ruhetage einräumt. Einer derartigen Interpretation stehen - ungeachtet des für sich genommen missverständlichen Wortlauts von Punkt 3. lit. b Satz 3 - sowohl Punkt 3. lit. a des Kollektivvertrages als auch § 6 ARG entgegen, wonach der Arbeitnehmer, der während der wöchentlichen Ruhezeit beschäftigt wird, Anspruch auf Ersatzruhe hat. Ein Wahlrecht zwischen der - entgeltlichen - Ersatzruhe und einer - unentgeltlichen - wöchentlichen Ruhezeit widerspräche dem Zweck dieser Bestimmungen, der darin liegt, Störungen der wöchentlichen Ruhezeit möglichst hintanzuhalten; der um seine Wochenruhe gebrachte Arbeitnehmer soll dafür innerhalb der folgenden Woche zwingend bezahlte Freizeit im gleichen Ausmaß erhalten (vgl. ). Eine Ermächtigung zur Abweichung von dieser Regelung des ARG lässt sich entgegen dem Revisionsvorbingen auch nicht aus § 9 Abs. 4 ARG ableiten, der sich nur auf die Art der Berechnung des für die Ersatzruhe zu leistenden Entgelts bezieht. Ein einerseits dem Gesetz widersprechender (und insoweit zur Nichtigkeit führender) sowie andererseits auch in sich widersprüchlicher Inhalt darf dem Kollektivvertrag aber im Zweifel nicht unterstellt werden.
9 Da die Rechtslage insofern eindeutig ist, bedarf es diesbezüglich keiner Klarstellung durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes.
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080055.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-47562