VwGH 28.05.2020, Ra 2019/07/0081
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung muss die Relevanz der Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa , mwN). Diese Ausführungen gelten in gleicher Weise für die Verletzung des rechtlichen Gehörs. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/06/0030 B RS 2 |
Normen | |
RS 2 | Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert die Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 5 UVPG 2000 im Hinblick auf die Beurteilung, ob schwerwiegende Umweltbelastungen "zu erwarten" sind, eine Prognoseentscheidung. Ganz allgemein sind Prognoseentscheidungen auf Grund von ausreichenden Sachverhaltsermittlungen - etwa schlüssigen Sachverständigengutachten - zu treffen (vgl. ). Es ist eine Frage des Einzelfalls, auf Grund welcher Beweisergebnisse das VwG letztlich vom Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes überzeugt sein kann, wobei im Falle von Prognoseentscheidungen entsprechend darauf Bedacht zu nehmen ist, dass Aussagen über Zukünftiges naturgemäß mit einer gewissen (unterschiedlich starken) Unsicherheit behaftet sein müssen. |
Normen | VwGG §34 Abs1 WRG 1959 §121 Abs1 WRG 1959 §138 Abs1 lita |
RS 3 | Maßnahmen, die als Abweichungen vom bewilligten Projekt anzusehen sind und bei denen versäumt wurde, ihre Beseitigung im Kollaudierungsbescheid zu veranlassen, gelten als nachträglich bewilligt. Die ausgeführte Anlage ist mit Ausnahme jener Mängel und Abweichungen, deren Beseitigung im Überprüfungsbescheid veranlasst wurde, ansonsten als rechtmäßig und den Bestimmungen des WRG 1959 entsprechend hergestellt anzusehen (; , 91/07/0087). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/07/0465 E RS 4 |
Normen | |
RS 4 | Die Wirkungen eines Überprüfungsbescheides nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 können erst mit Rechtskraft des Kollaudierungsbescheides eintreten. Solange ein solcher nicht ergangen ist, ist auch "das bereits genehmigte Vorhaben" iSd § 3a Abs. 7 UVPG 2000 auf Basis der bestehenden Bewilligung zu beurteilen. Die Nichteinbeziehung des Umstandes, dass allenfalls ein Kollaudierungsverfahren anhängig (nicht jedoch abgeschlossen) war, kann daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung begründen. |
Normen | UVPG 2000 §17 Abs4 VwGG §41 VwRallg |
RS 5 | Der VwGH hat bei der Prüfung von Auflagen davon auszugehen, dass diese eingehalten werden; Gegenstand der Prüfung ist die konsensgemäße Umsetzung der Bewilligung, nicht die befürchtete Nichteinhaltung von Auflagen oder anderen Nebenbestimmungen (vgl. E , 2008/05/0113). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/07/0215 E VwSlg 18893 A/2014 RS 6 |
Normen | |
RS 6 | Ob eine Auflage ausreichend bestimmt ist, betrifft - wie die Auslegung eines konkreten Bescheides ganz allgemein - grundsätzlich nur den Einzelfall. Es liegt daher nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn vom VwG diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt wurde (vgl. ). |
Normen | |
RS 7 | Liegen einer Verwaltungsbehörde oder einem VwG widersprechende Gutachten vor, so hat sie diese Gutachten nach ihrem inneren Wahrheitsgehalt gegeneinander abzuwägen und in der Begründung ihrer Entscheidung ihre Erwägungsgründe darzulegen (vgl. ). Dabei ist die Schlüssigkeit jedes Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/03/0130 E RS 4 |
Normen | B-VG Art133 Abs4 VwGG §34 Abs1 |
RS 8 | Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem VwGH keine Leitfunktion zu; er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange den VwG dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn die VwG eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung der OGH gelöst haben (vgl. B ; B ). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2015/07/0176 B VwSlg 19366 A/2016 RS 3 |
Normen | UVPG 2000 §19 Abs10 UVPG 2000 §19 Abs4 VwRallg |
RS 9 | Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem E vom , 2000/07/0229 - mit Hinweis auf AB 1179 BlgNR XVIII. GP, zu § 19 UVPG - ausgeführt hat, ist der Begriff der "Umweltschutzvorschrift" iSd § 19 Abs. 4 UVPG weit zu verstehen und nicht auf Normenbereiche eingeschränkt, die in unmittelbarem Bezug zum Schutz der Umwelt stehen. Der Begriff der "Umweltschutzvorschrift" umfasst vielmehr Rechtsvorschriften, die direkt oder indirekt dem Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Aus- oder Einwirkungen dienen. Nach der Literatur fallen aber nicht ganze Rechtsbereiche (z.B. das Wasserrecht) unter die "Umweltschutzvorschriften". Vielmehr ist die Qualifikation der einzelnen Rechtsnormen je für sich vorzunehmen. Eine Rechtsnorm wird man demnach als "Umweltschutzvorschrift" qualifizieren können, wenn ihre Zielrichtung (zumindest auch) in einem Schutz der Umwelt - im Sinne einer Hintanhaltung von Gefahren für die menschliche Gesundheit oder die Natur - besteht (vgl. Köhler/Schwarzer, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (1997), § 19 Rz. 73 und Rz. 74). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2008/04/0212 E VwSlg 18274 A/2011 RS 4 |
Normen | AVG §8 GVG Tir 1996 §6 Abs1 NatSchG Tir 2005 §43 Abs2 UVPG 2000 §19 Abs10 UVPG 2000 §19 Abs4 VwGG §34 Abs1 VwGVG 2014 §17 VwRallg WRG 1959 §12 |
RS 10 | Bei § 43 Abs. 2 Tir NatSchG 2005 handelt es sich lediglich um eine im Dienste der Verwaltungsökonomie stehende Vorschrift, die etwa auch nicht den Schutz von Eigentümerrechten bezweckt, sodass aus dieser Vorschrift nicht einmal eine Parteistellung des vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümers abgeleitet werden kann (vgl. ). Die Bestimmung stellt daher auch keine Umweltschutzvorschrift iSd § 19 Abs. 4 und 10 UVPG 2000 dar. Aus den gleichen Überlegungen stellt auch die Regelung des § 12 WRG 1959, wonach einer wasserrechtlichen Bewilligung fremde Rechte wie das Grundeigentum entgegenstehen, soweit sie nicht durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können, keine Umweltschutzvorschrift im genannten Sinn dar, die geeignet wäre, subjektive Rechte von Umweltorganisationen oder Bürgerinitiativen zu begründen. Entsprechendes gilt für die gesetzlichen Beschränkungen des Rechtserwerbs an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken in Tirol, die dem öffentlichen Interesse "der Erhaltung und Stärkung eines lebensfähigen Bauernstandes in Tirol" dienen (vgl. § 6 Abs. 1 Tir. GVG 1996). |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/07/0082
Ra 2019/07/0083
Ra 2019/07/0130
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen
1. der Gemeinde Neustift im Stubaital, vertreten durch Dr. Mag. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, und die Stix Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/14,
2. des Österreichischen Alpenvereins in Innsbruck, 3. des Deutschen Alpenvereins in München (Deutschland) und 4. des Umweltdachverbandes (UWD) in Wien, diese vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Barbara Lässer, Dr. Christian Klotz, Mag. Claudia Lantos, MMag. Mathias Demetz und Dr. Simon Gleirscher, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4/3. OG, sowie
5. der Bürgerinitiative W in N, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38,
gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W104 2134902-1/203E, betreffend die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Speicherkraftwerkes nach dem UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: T AG in I, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19) den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom erteilte die belangte Behörde als UVP-Behörde der mitbeteiligten Partei die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Vorhabens Speicherkraftwerk K (SKW K) nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) unter Mitanwendung weiterer materienrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) und des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (TNSchG 2005), und unter Vorschreibung zahlreicher Nebenbestimmungen. Dabei legte sie die wasserrechtliche Konsensdauer mit 90 Jahren ab Rechtskraft fest.
2 Gemäß der Vorhabensbeschreibung sollen in den nordwestlichen Stubaier Alpen, südlich des I-Tals zwischen dem Ö-Tal und dem S-Tal, in einer Seehöhe von durchwegs über 1.900 m zu den bestehenden Anlagen der Kraftwerksgruppe S der mitbeteiligten Partei - bestehend insbesondere aus dem unteren Speicher L-Tal und dem oberen Speicher F-Tal samt Beileitungen sowie dem Pumpspeicherkraftwerk K und dem Kraftwerk S - ein weiteres Pumpspeicherkraftwerk K 2 sowie ein weiterer Speichersee K samt Beileitungen aus dem hinteren S-Tal und dem hinteren Su-Tal (Ö-Tal) errichtet werden. Das Vorhaben erstreckt sich über das Gebiet mehrerer Gemeinden, Teile des Vorhabens befinden sich im Ruhegebiet S Alpen.
3 Über die dagegen - unter anderem - von den revisionswerbenden Parteien eingebrachten Beschwerden entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis vom . Dabei änderte es den angefochtenen Bescheid insofern ab, als näher bezeichnete Auflagen umformuliert und neue Auflagen eingefügt wurden. Im Übrigen wurden die Beschwerden abgewiesen.
4 Auf Grund von dagegen erhobenen Revisionen der nunmehr erst- bis viertrevisionswerbenden Parteien wurde dieses Erkenntnis durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2017/07/0033 bis 0036, (im Folgenden auch: Vorerkenntnis) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
5 Grund für die Aufhebung war zunächst der Umstand, dass die vom BVwG zusätzliche vorgeschriebene, zur weiteren Kompensation für den Verlust von Mooren und hochwertigen Feuchtlebensgebieten im L-Tal erforderliche Ersatzmaßnahme nicht ausreichend bestimmt festgelegt wurde, weil nicht eine konkrete Maßnahme vorgeschrieben, sondern lediglich der Auftrag erteilt wurde, ein (inhaltlich näher definiertes) Konzept für eine solche Maßnahme vorzulegen (Rn 166 bis 175 des Vorerkenntnisses). Darüber hinaus konnten mangels Festlegung der konkreten Flächen der notwendige sachliche (wenn auch gelockerte räumlich-inhaltliche) Konnex der Maßnahme zu den auszugleichenden Verlusten (Rn 177f des Vorerkenntnisses) sowie die Frage der Verfügbarkeit allfällig betroffener Grundflächen und die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit der Einräumung von Zwangsrechten (Rn 180 bis 182 des Vorerkenntnisses) nicht beurteilt werden. Für den Fall, dass die Einräumung von Zwangsrechten in Frage komme, hätte die gesamte Bewilligung nach § 17 Abs. 1 letzter Satz UVP-G 2000 unter den Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte gestellt, und nicht - wie vom BVwG angeordnet - lediglich der Baubeginn im L-Tal mit der „Freigabe des Maßnahmenkonzeptes“ verknüpft werden müssen (Rn 183 bis 186 des Vorerkenntnisses).
6 Das BVwG belastete sein Erkenntnis überdies durch Begründungsmängel mit Rechtswidrigkeit, weil es sich nicht im Hinblick auf § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 mit der Beantwortung der Frage auseinandersetzte, ob durch das beantragte Vorhaben das Ausmaß der von den bestehenden Anlagen ausgehenden und verursachten Emissionen verändert bzw. erhöht würde, und es eine abschließende Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 unterließ (Rn 187 bis 204 des Vorerkenntnisses).
7 Im fortgesetzten Verfahren erklärte das BVwG am unmittelbar nach Ergehen des hg. Vorerkenntnisses das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs. 3 AVG iVm § 16 Abs. 3 und § 40 Abs. 5 UVP-G 2000 für geschlossen, dies mit Ausnahme des Teilbereichs „mögliche Kompensationsmaßnahmen für Eingriffe im L-Tal infolge Errichtung des Speichers, die geeignet sind, den Boden, den Pflanzen- und Tierbestand oder die Gewässer bleibend zu schädigen“.
8 In der Folge legte die mitbeteiligte Partei als ergänzende Auskunft nach § 12 Abs. 6 UVP-G 2000 einen Vorschlag für eine derartige Kompensationsmaßnahme auf Liegenschaften in der Gemeinde Z vor. Nach Vorliegen der diesbezüglichen gutachterlichen Stellungnahmen des gerichtlich bestellten Sachverständigen vom und (zu den Einwendungen weiterer Parteien) vom führte das BVwG am eine mündliche Verhandlung zu dieser Kompensationsmaßnahme unter Beiziehung des gerichtlich bestellten Sachverständigen durch und erklärte an deren Ende das gesamte Ermittlungsverfahren für geschlossen.
9 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom entschied das BVwG im zweiten Rechtsgang erneut über die Beschwerden gegen den Bescheid der belangten Behörde.
10 Es änderte mehrere Nebenbestimmungen zu Maßnahmen im Kapitel „Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, Naturhaushalt“ ab (Spruchpunkte A.I.1. bis 3.) und fügte in diesem Kapitel unter Punkt A.XII.11.12 eine neue Auflage unter dem Titel „Ausgleich für den Verlust von Feuchtlebensräumen im L-Tal“ ein (Spruchpunkt A.I.4.). Demnach seien auf konkret bezeichneten Liegenschaften in der Gemeinde Z insgesamt 4,13 ha landwirtschaftlich überwiegend intensiv genutzte Flächen durch Wiedervernässung und Extensivierung inkl. Nährstoffentzug in hochwertige Feuchtlebensräume mit vegetationsökologisch naturnahem Zustand und biotoptypischen hydrologischen Verhältnissen überzuführen. Ziel sei die Entwicklung eines Mosaiks aus nährstoffarmer, artenreicher Feuchtwiese (Nasswiese bis Pfeifengraswiese) und Kleinseggenrieden, in Kombination mit Großseggen- und Hochstaudenbeständen in den Geländesenken bzw. entlang der wasserführenden Gräben. Dazu legte das BVwG im Einzelnen detailliert fest, welche Arbeiten auf welchen Flächen in welcher zeitlichen Abfolge konkret durchzuführen sind.
11 Weiters fügte das BVwG weitere Auflagen in den Kapiteln „Gewässerökologie“ (Spruchpunkt A.I.5.) sowie „Wasserwirtschaft, Wasserbau, Hochwasserschutz“ (Spruchpunkt A.I.6.) ein, womit zusätzliche Revitalisierungsmaßnahmen auf rund fünf Flusskilometern des I und damit zusammenhängende wasserbauliche Maßnahmen vorgeschrieben werden. Im Übrigen wies das BVwG die Beschwerden ab (Spruchpunkt A.II.) und erklärte die Revision gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt B).
12 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die Revision einer Gemeinde (erstrevisionswerbende Partei zu Ra 2019/07/0081) und die gemeinsam ausgeführten Revisionen dreier Umweltorganisationen (zweit- bis viertrevisionswerbende Parteien zu Ra 2019/07/0082 bis 0084).
13 Die nunmehr fünftrevisionswerbende Bürgerinitiative erhob gegen das Erkenntnis des BVwG zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , E 2962/2019-6, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur weiteren Behandlung ab. Die daraufhin erhobene Revision der fünftrevisionswerbenden Bürgerinitiative ist zu Ra 2019/07/0130 protokolliert.
14 Die mitbeteiligte Partei erstattete unaufgefordert Stellungnahmen zur Zulässigkeit der jeweiligen Revisionen und regte deren Zurückweisung an.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtssachen wegen ihres rechtlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über die Revisionen in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Allgemeines
16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen ( bis 0371, mwN).
19 Dem Verwaltungsgerichtshof kommt im Revisionsmodell eine Leitfunktion zu. Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es, im Rahmen der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (erstmals) die Grundsätze bzw. Leitlinien für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes festzulegen, welche von diesem zu beachten sind. Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall kommt hingegen grundsätzlich dem Verwaltungsgericht zu, dem dabei in der Regel ein gewisser Anwendungsspielraum überlassen ist. Ein Aufgreifen des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Einzelfalls durch den Verwaltungsgerichtshof ist nur dann unausweichlich, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (, mwN).
20 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in diesem Zusammenhang vielmehr nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (, mwN).
21 Soweit die Zulässigkeit der Revision mit einem Verfahrensmangel begründet wird, ist schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung dessen Relevanz, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, darzutun. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Diese gilt insbesondere auch für die Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. , mwN). Im Fall einer unterbliebenen (bzw. auch unzureichenden) Vernehmung hat der Revisionswerber konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer (hinreichenden) Vernehmung ausgesagt hätte bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (, mwN).
22 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt schließlich auch dann nicht vor, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (, mwN).
23 Auf Basis dieser Rechtsprechung gelingt es den revisionswerbenden Parteien nicht, Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen, von denen das Ergebnis der Revisionen abhinge. Wegen des teilweise überschneidenden Vorbringens wird das Zulassungsvorbringen in der Folge gemeinsam und thematisch gegliedert behandelt.
2. Zum teilweisen Schluss des Ermittlungsverfahrens im zweiten Rechtsgang
24 2.1. Im Zusammenhang mit dem Beschluss des BVwG vom , das Ermittlungsverfahren unmittelbar nach Ergehen des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes - mit Ausnahme eines Teilbereichs - gemäß § 39 Abs. 3 AVG iVm § 16 Abs. 3 und § 40 Abs. 5 UVP-G 2000 für geschlossen zu erklären, werden in allen Revisionen Rechtsfragen angesprochen, denen grundsätzliche Bedeutung zukommen soll.
25 Nach der Revision der Gemeinde (Punkt A.3.8.) stelle „die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Vorgehensweise“ eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar. Die vom BVwG nachzuholende Gesamtbeurteilung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 müsse in einem Verfahren gewonnen werden, in dem den Parteien die Gelegenheit gegeben werde, an der Gewinnung der tatsächlichen Grundlage auf Basis des Vorerkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes mitzuwirken, und in dem auch der Vortrag zu den rechtlichen Grundlagen nochmals zugelassen werde. Eine so breit als mögliche Diskussion zuzulassen, gehöre zu den Effektivitätsgrundlagen der diskursiven Offenheit, die einen modernen europäischen Rechtsstaat ausmache, und sei dem Vollzuge des Gemeinschaftsrechts als solchem geschuldet.
26 Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.5.3.) führt aus, die unmittelbare zeitliche Nähe des Beschlusses des BVwG (zum aufhebenden Vorerkenntnis) stelle für sich die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise massiv in Frage. Den Revisionswerbern sei keine Gelegenheit gegeben worden, in Anlehnung an die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes Beweisanträge zu stellen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege für sich gesehen auch darin, ob Ersatzmaßnahmen, die integrale Voraussetzung für die Bewilligungsfähigkeit eines Projektes seien, überhaupt ein „Teilbereich der Sache“ im Sinne des § 16 Abs. 3 UVP-G 2000 sein könnten, für den das Ermittlungsverfahren gesondert geschlossen werden könne. Das BVwG sei mit seinem Vorgehen weiters von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (nämlich konkret vom Vorerkenntnis) abgegangen, weil dessen Auftrag gelautet habe, „eine zusammenfassende Gesamtschau unter Berücksichtigung aller Synergien, Überlagerung, Kumulationseffekte etc. durchzuführen“, wofür die Beurteilungsgrundlage substantiell durch Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zu erweitern gewesen sei.
27 Die Bürgerinitiative bringt in ihrer Revision (Punkt 3.4.5.) dazu vor, dass sich das BVwG entsprechend dem Vorerkenntnis mit Wechselwirkungen, Kumulierungs- und Verlagerungseffekten zu „befassen“ gehabt habe, was jedoch die Möglichkeit der Verfahrensparteien einschließen müsse, an der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes, insbesondere in der mündlichen Verhandlung durch Befragung der Prüfgutachter mitzuwirken. Das Vorgehen der BVwG widerspreche (nicht näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es den Parteien möglich sein müsse, sich am Verfahren zu beteiligen. Schließlich liege auch ein Verstoß gegen die Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 44 Abs. 1 VwGVG vor. Die Durchführung der Verhandlung im ersten Rechtsgang könne davon nicht dispensieren, denn wären tatsächlich - wie vom BVwG argumentiert - keine weiteren Sachverhaltsannahmen erforderlich gewesen, hätte der Verwaltungsgerichtshof im ersten Rechtsgang in der Sache selbst entscheiden können.
28 2.2. Keine der Revisionen führt im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung - auch nur zusammengefasst - aus, welcher Sachverhalt im Falle eines nicht unmittelbar nach Ergehen des hg. Vorerkenntnisses erklärten Schlusses des Ermittlungsverfahrens (ergänzend) erhoben und festgestellt hätte werden können, welche Beweisanträge gestellt worden wären oder auch nur, welche ergänzenden rechtlichen Ausführungen erstattet worden wären. Es fehlt damit schon an der Darlegung der Relevanz (also der konkreten Auswirkung) des behaupteten Verfahrensmangels, weshalb damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird.
29 Soweit die Revision der Bürgerinitiative einen Verstoß gegen die Verhandlungspflicht nach § 44 Abs. 1 VwGVG rügt, zeigt sie schon deshalb keinen Verfahrensmangel auf, weil § 44 VwGVG nur für das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen gilt.
3. Zum Prognosezeitraum der zugrunde liegenden Gutachten
30 3.1. In der Revision der Gemeinde (Punkt A.3.3.) wird vorgebracht, es stelle sich die Frage, wie es möglich sein sollte, den energiewirtschaftlichen Nutzen der Anlage und damit die ökonomische Bedeutung derselben zu beurteilen, wenn über die mittelfristige und die langfristige Entwicklung im Bereich der maßgeblichen Parameter der Beurteilung der Zulässigkeit der Anlage keine validen Aussagen möglich seien. Dies betreffe einen Teilzeitraum von ca. zwei Dritteln der gesamten Bewilligungsdauer. Mit einer nur befristeten Betrachtung der Anlagenauswirkungen dürfe man sich bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zufrieden geben; die wesentlichen positiven und negativen Umweltauswirkungen seien aus Sicht der Standortgemeinde auf die gesamte Bewilligungsdauer zu bewerten - dies sowohl bei der Bewertung der energiewirtschaftlichen Bedeutung des Vorhabens als auch bei der Rechtsgutabwägung im Rahmen des § 17 UVP-G 2000. Da diese Frage bislang offengeblieben sei, werde der Verwaltungsgerichtshof gebeten, darzulegen, auf welcher methodischen Grundlage man Fragen beantworten könne, wenn über einen sehr langen Zeitraum der in Rede stehenden Prognoseentscheidungen keine validen Datengrundlagen gegeben seien.
31 3.2. Soweit erkennbar, beziehen sich diese Ausführungen auf Feststellungen des BVwG in den Abschnitten II.1.2. „Öffentliches Interesse am Vorhaben, effiziente Wassernutzung“ und II.1.5. „Gletscherschmelze, Klimawandel, Wasserdargebot“.
32 Im Abschnitt zum öffentlichen Interesse am Vorhaben und zur effizienten Wassernutzung stellt das BVwG u.a. die Ausführungen des energiewirtschaftlichen Sachverständigen zur künftigen Entwicklung der Energieversorgung, zum Anteil regenerativer Energiequellen und der Kostenstruktur sowohl von klassischen thermischen Kraftwerken als auch Pumpspeicherkraftwerken etc. sowie dessen näher begründete Schlussfolgerung dar, wonach das gegenständliche Vorhaben dem voraussichtlich stark erhöhten Bedarf an Pumpspeichern in Österreich und Europa entspreche. Weiters erfolgt eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit der von den Revisionswerbern am Gutachten geübten Kritik sowie von ihnen vorgelegten Studien. Das BVwG kommt abschließend zum Ergebnis, dass sich die vom Sachverständigen vorgenommene Beurteilung der energiewirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Vorhabens als schlüssig erweise, wenngleich offenbar nicht gesagt werden könne, mit welcher Wahrscheinlichkeit seine Annahmen zum zukünftigen energiewirtschaftlichen Umfeld eintreffen würden. Die im Verfahren diskutierten wissenschaftlichen Studien und die vom Sachverständigen daraus gezogenen Schlüsse ließen es aber als plausibel erscheinen, dass das Vorhaben einen bedeutenden Beitrag zur Integration erneuerbarer Energieträger wie Wind und Sonne in das Energieversorgungssystem leisten und die Versorgungssicherheit erhöhen werde und es auch wirtschaftlich betrieben werden könne. Es könne kein Zweifel darin obwalten, dass das Vorhaben zu einer Erhöhung des Anteils der Versorgung der Bevölkerung mit Energie aus erneuerbaren Quellen beitragen werde, wobei ein hoher Wirkungsgrad und eine hohe Energieausbeute erzielt würden. Ausdrücklich stellt das BVwG als Ergebnis fest, dass insgesamt ein hohes öffentliches Interesse an der Energieerzeugung durch das geplante Vorhaben bestehe und das verwendete Wasser effizient genutzt werde.
33 Hinsichtlich Gletscherschmelze, Klimawandel und Wasserdargebot trifft das BVwG zunächst Feststellungen zum Wasserhaushalt im Vorhabensgebiet unter Berücksichtigung der weiter fortschreitenden Gletscherschmelze auf Basis des als nachvollziehbar beurteilten Gutachtens des beigezogenen glaziologischen Sachverständigen. Dieser habe in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt, dass die Voraussage der Veränderungen des Niederschlags nach Abschmelzen der Gletscher sehr komplex sei und sich nur aus komplexen Klimamodellen ableiten lasse, deren Interpretation großen Spielraum lasse. Das BVwG stellte abschließend fest, „dass derzeit keine belastbare Prognose zur Entwicklung der Niederschlagsmengen im Vorhabensgebiet nach Ende der Gletscherschmelze möglich ist, nach derzeitigem Stand aufgrund eines ‚sophisticated guess‘ aber davon ausgegangen werden kann, dass im Jahresdurchschnitt, möglicherweise sogar im Sommer und im Winter mit mehr Niederschlag als bisher zu rechnen ist.“
34 3.3. Die von der Revision ganz allgemein aufgeworfene Frage, wie man zu tatsächlichen Annahmen über die Zukunft kommen könne, wenn dazu keine „validen Datengrundlagen“ existierten, ist eine der Beurteilung der Schlüssigkeit diesbezüglicher Gutachten sowie letztlich überhaupt Gegenstand der von der freien Beweiswürdigung iSd § 45 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG getragenen, einzelfallbezogenen Sachverhaltsfeststellung durch das Verwaltungsgericht. Schon deshalb entzieht sie sich einer allgemeingültigen Vorgabe „methodischer Grundlagen“ durch den Verwaltungsgerichtshof.
35 Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert beispielsweise die von der Revisionswerberin angesprochene Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 im Hinblick auf die Beurteilung, ob schwerwiegende Umweltbelastungen „zu erwarten“ sind, eine Prognoseentscheidung. Ganz allgemein sind Prognoseentscheidungen auf Grund von ausreichenden Sachverhaltsermittlungen - etwa schlüssigen Sachverständigengutachten - zu treffen (vgl. etwa ). Es ist eine Frage des Einzelfalls, auf Grund welcher Beweisergebnisse das Verwaltungsgericht letztlich vom Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes überzeugt sein kann, wobei im Falle von Prognoseentscheidungen entsprechend darauf Bedacht zu nehmen ist, dass Aussagen über Zukünftiges naturgemäß mit einer gewissen (unterschiedlich starken) Unsicherheit behaftet sein müssen.
36 Mit den konkreten Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG setzt sich die Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht auseinander. Sie legt damit auch nicht dar, dass diese im Einzelfall unvertretbar oder auch nur unzutreffend wären. Ebensowenig wird die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes kritisiert. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird somit im diesem Zusammenhang nicht aufgeworfen.
4. Zur Abweichung vom Verschlechterungsverbot nach § 104a WRG 1959
37 Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision der Gemeinde nimmt an mehreren Stellen zusätzlich Bezug auf die Regelung des § 104a WRG 1959 bzw. deren unionsrechtliche Grundlagen.
38 Zu der unter Punkt A.3.3. der Revision, der den „Prognosezeitraum der zugrunde liegenden Gutachten“ betrifft, aufgeworfenen Frage der Auslegung des § 104a WRG 1959 ist ein konkreter Bezug zum vorliegenden Sachverhalt nicht erkennbar dargestellt, sodass sich daraus keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, von der die vorliegende Revision abhängen würde, ergibt.
39 Zu Punkt A.3.4., welcher die Einbeziehung der Altanlage betrifft, bringt die Revisionswerberin außerdem vor, dass die Bestimmung des § 104a WRG 1959 gemeinschaftsrechtskonform derart ausgelegt werden müsse, dass Ausnahmen vom wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot nur verfügt werden dürften, wenn dies „das Ergebnis eines umfassend, unionsrechtlich überprägten Prüfvorganges“ sei, der im vorliegenden Fall fehle. Angesichts der umfassenden diesbezüglichen Erwägungen des BVwG in seinem Erkenntnis unter Abschnitt II.2.4.2. ist dem Zulässigkeitsvorbringen nicht zu entnehmen, welchen darüber hinausgehenden Prüfvorgang die Revisionswerberin vermisst. Somit wird auch diesbezüglich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.
5. Zur Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000
40 5.1. Die Revision der Bürgerinitiative (Punkt 3.4.1.) bringt vor, die vom BVwG vorgenommene Gesamtbeurteilung lasse weiterhin die Beurteilung von Wechselwirkungen, Kumulierungs- und Verlagerungseffekten vermissen und entspreche damit nicht der vom Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis geforderten Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen.
41 5.2. Das BVwG hat dazu im Abschnitt II.2.10. seines Erkenntnisses - anders als noch im ersten Rechtsgang - zunächst die Erwägungen der belangten Behörde zur Gesamtbewertung nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 dargestellt, in der Folge die Feststellungen zu den kritischen Umweltbereichen zusammengefasst, die im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG nochmal einer eingehenden Prüfung unterzogen worden sei. Dazu hat das BVwG darauf hingewiesen, dass die Frage von Wechselwirkungen und Kumulierungen nicht nur von den Prüfgutachtern im Verfahren vor der belangten Behörde geprüft worden, sondern auch ausdrücklich vom Gegenstand der Gutachtensaufträge an die vom BVwG herangezogenen Sachverständigen umfasst gewesen seien. Als Ergebnis seien Kumulationseffekte zwischen der bisherigen Wasserfassungen der Altanlage und der neuen Wasserfassungen in Bezug auf die Erholungsnutzung als geringfügig und in Bezug auf das Landschaftsbild und den Erholungswert als - wegen Lage in unterschiedlichen Geländekammern - nicht beurteilbar klassifiziert worden. Sonstige medienübergreifende Umweltauswirkungen seien nicht identifiziert worden. Demgegenüber sei jedoch ein insgesamt hohes öffentliches Interesse an der Energienutzung durch das geplante Vorhaben, eine effiziente Wassernutzung sowie das Fehlen einer anderen, wesentlich besseren Umweltoption festgestellt worden. Das BVwG schloss sich daher ausdrücklich der von der belangten Behörde vorgenommenen Gesamtbewertung an, wonach die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Interessen höher wögen als die Summe der damit verbundenen nachteiligen Umweltauswirkungen.
42 5.3. Dass die vom BVwG nunmehr ausdrücklich vorgenommene Abwägung im Einzelfall als unvertretbar (insbesondere unvollständig) zu beurteilen wäre, legt die Revision nicht dar, zumal sie auch nicht anführt, mit welchem Beschwerdevorbringen sich das BVwG nicht auseinandergesetzt haben soll. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt in diesem Zusammenhang daher nicht vor.
6. Zur Einbeziehung der Altanlage nach § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 bzw. § 21a WRG 1959
43 6.1. Die Revision der Bürgerinitiative (Punkt 3.4.2.) bringt vor, dass BVwG habe sich in Abweichung von den Vorgaben des Vorerkenntnisses mit der Frage, ob durch das beantragte Vorhaben das Ausmaß der von den bestehenden Anlagen ausgehenden und verursachten Emissionen verändert oder erhöht werde, „immer noch nicht auseinandergesetzt“. Auch die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.6.) steht auf dem Standpunkt, das BVwG habe es abermals unterlassen, sich mit der Beantwortung dieser Frage näher auseinanderzusetzen.
44 Das BVwG hat diesbezüglich auf Sachverhaltsebene in Abschnitt II.1.14. seines Erkenntnisses ausdrücklich festgestellt, dass durch das Vorhaben die Umweltbelastung, die von der Altanlage ausgeht, nicht vergrößert werde, und begründete dies mit dem Ergebnis der umfassenden Beurteilung der Sachverständigen zu den Fragebereichen „Wirkungen auf das Schutzgut Wasser“ und „Neue oder größere Auswirkungen, die durch Änderungen von bestehenden Anlagenteilen ausgehen“. Auf rechtlicher Ebene setzt es sich in Abschnitt II.2.8.7. seines Erkenntnisses mit der Bestimmung des § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 auseinander, verweist auf die diesbezügliche Feststellung und schließt sich ausdrücklich den entsprechenden, wörtlich wiedergegebenen Erwägungen der belangten Behörde an.
45 Die Revisionen zeigen in diesem Zusammenhang im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung weder eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung auf, noch kritisieren sie die vorgenommene rechtliche Würdigung.
46 6.2. Die Revision der Gemeinde geht in diesem Zusammenhang von der Prämisse aus, das BVwG habe sich mit der Frage, ob es sich vorliegend um ein neues Vorhaben oder um eine (der Beurteilung nach § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 unterliegende) Änderung der bestehenden Altanlage handle, nicht auseinandergesetzt (Punkt A.3.5.) bzw. unter Verstoß gegen das Unionsrecht keine Prüfung der kumulativen Projektauswirkungen zusammen mit der Altanlage vorgenommen (Punkt A.3.7.). Dies trifft schon im Hinblick auf die oben dargestellten Erwägungen, die das BVwG in Anwendung des § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 angestellt hat, nicht zu, sodass dem diesbezüglichen Revisionsvorbringen der Boden entzogen ist.
47 6.3. Soweit die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.4.) erneut vorbringt, das BVwG habe es rechtswidrig unterlassen, die Bestimmung des § 21a WRG 1959 anzuwenden (also die bestehende Bewilligung der Altanlage anzupassen), wird die Revisionswerberin gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die diesbezüglichen Erwägungen, die der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis angestellt hat, verwiesen: Für die von der revisionswerbenden Gemeinde geforderte Anwendung des § 21a WRG 1959 in einem UVP-G-Genehmigungsverfahren fehlt die Rechtsgrundlage. Angesichts der insoweit klaren Rechtslage zeigt die revisionswerbende Gemeinde auch mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf ( bis 0036, Rn 89 bis 101).
48 6.4. Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.6.) weist schließlich auf ihr Vorbringen vor dem BVwG hin, wonach „aktuell“ bei der zuständigen Bundesministerin ein wasserrechtliches Überprüfungsverfahren nach § 121 WRG 1959 (Kollaudierungsverfahren) betreffend die „Altanlage“ der betroffenen Kraftwerksgruppe behänge. Den diesbezüglichen Beweisanträgen der Revisionswerber (offenbar gemeint: jener auf Beischaffung des Aktes dieses Verfahrens) sei nicht nachgekommen worden. Dadurch sei die Einbeziehung dieses Aspektes in die Sachverhaltsgrundlage unterblieben. Nur durch eine dahingehende Ermittlung hätte das Untersuchungsobjekt bzw. der Vergleichsgegenstand der Altanlagenprüfung im Sinne des § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 überhaupt festgestellt werden können.
49 Das BVwG hat in Abschnitt II.2.2.6. seines Erkenntnisses die Beweisanträge auf Beischaffung des Aktes als auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis gerichtet beurteilt, weil die nunmehrigen Revisionswerber nicht dargetan hätten, aus welchen Umständen daraus neue Tatsachen abgeleitet werden könnten.
50 Weder aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Revisionswerber vor dem BVwG noch jenem in der Revision geht hervor, dass das betreffende Kollaudierungsverfahren zum relevanten Zeitpunkt (Schluss des Ermittlungsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht) bereits abgeschlossen gewesen wäre; vielmehr ist durchgängig von einem aktuell anhängigen Verfahren die Rede.
51 Es trifft zu, dass in einem Überprüfungsbescheid nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 bestimmte geringfügige Abweichungen der errichteten Anlage von der erteilten Bewilligung nachträglich bewilligt werden können. Überdies gelten Maßnahmen, die als Abweichungen vom bewilligten Projekt anzusehen sind und bei denen versäumt wurde, ihre Beseitigung im Kollaudierungsbescheid zu veranlassen, als nachträglich bewilligt. Die ausgeführte Anlage ist mit Ausnahme jener Mängel und Abweichungen, deren Beseitigung im Überprüfungsbescheid veranlasst wurde, ansonsten als rechtmäßig und den Bestimmungen des WRG 1959 entsprechend hergestellt anzusehen. Eine im Gesetz vorgesehene Funktion des Überprüfungsbescheides ist es, die Beseitigung wahrgenommener Abweichungen vom Konsens zu veranlassen ( bis 0472). Die dargestellten Wirkungen können jedoch erst mit Rechtskraft des Kollaudierungsbescheides eintreten. Solange ein solcher nicht ergangen ist, ist auch „das bereits genehmigte Vorhaben“ im Sinne des § 3a Abs. 7 UVP-G 2000 auf Basis der bestehenden Bewilligung zu beurteilen.
52 Die Nichteinbeziehung des Umstandes, dass allenfalls ein Kollaudierungsverfahren anhängig (nicht jedoch abgeschlossen) war, kann daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung begründen. Die Revisionswerber verabsäumen es überdies dazulegen, welche Feststellungen auf Basis des beizuschaffenden Kollaudierungsaktes zu treffen gewesen wären, sodass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ersichtlich ist.
7. Zur Erhaltung der Böden in Feuchtgebieten und Mooren nach dem Protokoll „Bodenschutz“ zur Durchführung der Alpenkonvention
53 7.1. Im Hinblick auf das bereits im ersten Rechtsgang von der revisionswerbenden Gemeinde erstattete Vorbringen, das BVwG habe den im (gemäß Art. 2 Abs. 3 der Alpenkonvention vereinbarten, vom Nationalrat ohne Erfüllungsvorbehalt genehmigten und damit unmittelbar anwendbaren) Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Bodenschutz (Protokoll „Bodenschutz“), BGBl. III Nr. 235/2002, dort Art. 9, vorgesehenen absoluten Schutz von Mooren nicht beachtet, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis ausgeführt: Schon aus der bestehenden Rechtsprechung ergibt sich, dass mit Art. 9 Abs. 1 erster Satz des Protokolls „Bodenschutz“ kein ausnahmsloses und unbedingtes Erhaltungsgebot für alle - auch noch so kleinen und unbedeutenden - Moore normiert werden sollte. Die hier zur Anwendung gelangende Ausnahmebestimmung des § 29 Abs. 2 Z 2 TNSchG 2005, derzufolge eine naturschutzrechtliche Genehmigung (u.a. für Vorhaben nach § 9 Abs. 1 und 2 leg. cit. - bestimmte Vorhaben in Feuchtgebieten) nur erteilt werden darf, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen, steht mit Art. 9 Abs. 1 erster Satz des Protokolls „Bodenschutz“ nicht in Widerspruch. Angesichts der in diesem Zusammenhang bereits bestehenden und auf die Rechtslage in Tirol übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelingt es der revisionswerbenden Gemeinde nicht, mit diesem Vorbringen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erfolgreich aufzuzeigen. Auf die diesbezüglichen Erwägungen in bis 0036, Rn 82 bis 88, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
54 7.2. Die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.2.) bringt dazu vor, im Vorerkenntnis sei die Frage, ob trotz des in Art. 9 des Protokolls „Bodenschutz“ normierten Verbotes der Zerstörung von Hoch- und Flachmooren und des Abbaus von Torf ein Vorhaben im Rahmen der Bestimmung des § 17 UVP-G 2000 bewilligt werden könne, nicht abschließend geprüft worden, weil auf die Fragen des Einzelfalls - insbesondere im Hinblick auf die konkrete Eingriffstiefe - nicht eingegangen worden sei. Sie wiederholt in der Folge das diesbezügliche Vorbringen aus dem ersten Rechtsgang.
55 Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.10.2.) führt diesbezüglich aus, dass auch angesichts der bestehenden Judikatur eine Rechtsprechung zur Frage, ob eine großflächige und irreversible Zerstörung von Hoch- und Flachmooren auf Grund der Verpflichtung aus Art. 9 des Protokolls „Bodenschutz“, Hoch- und Flachmoore zu erhalten, einen Versagungsgrund der Genehmigung im Sinne des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 darstellen könne, nicht bestehe.
56 7.3. Schon aus der zitierten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtshofes, wonach aus Art. 9 Abs. 1 erster Satz des Protokolls „Bodenschutz“ kein „ausnahmsloses und unbedingtes Erhaltungsgebot für alle - auch noch so kleinen und unbedeutenden - Moore“ abzuleiten ist, ergibt sich, dass in bestimmten Konstellationen für gewisse Moore sehr wohl ein Erhaltungsgebot anzunehmen sein kann. Von einer insofern fehlenden Rechtsprechung ist daher nicht auszugehen. Ob ein solches Ausmaß konkret erreicht wird, ist hingegen eine Frage des Einzelfalls, die lediglich bei einer unvertretbaren Beurteilung eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen könnte.
57 Das BVwG hat in Abschnitt II.2.6.1. seines Erkenntnisses dargelegt, dass unter Einbeziehung der Regelung des § 29 Abs. 2 Z 2 TNSchG 2005 und Berücksichtigung der teilweisen Transferierung und entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen und Ersatzmaßnahmen in Form einer Renaturierung degenerierter Moorflächen die im Verfahren eingebrachten öffentlichen Interessen den Eingriff rechtfertigen. Dass diese Erwägungen im konkreten Fall unvertretbar wären, zeigen die Revisionen im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung - auch mit der impliziten bloßen Behauptung, es komme zu einer großflächigen irreversiblen Zerstörung von Mooren - nicht auf.
58 Im Übrigen sind schon dem Vorerkenntnis die gleichen konkreten Eingriffe in die betroffenen Feuchtgebiete bzw. Moore zu Grunde gelegen, sodass insofern bereits eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum konkreten Einzelfall vorliegt, der das BVwG gefolgt ist.
8. Zum Verhältnis zwischen dem Protokoll „Naturschutz und Landschaftspflege“ zur Durchführung der Alpenkonvention und § 11 Abs. 2 lit. d und e TNSchG 2005
59 8.1. Nach der Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.10.1.) liege eine bislang nicht geklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darin, ob § 11 Abs. 2 lit. d TNSchG 2005 eine Ermächtigung zur erheblichen Lärmentwicklung für Vorhaben der Energiewende in einem Ruhegebiet darstelle, ohne dass das Verschlechterungsverbot des Art. 11 Abs. 1 des Protokolls „Naturschutz und Landschaftspflege“ zu beachten wäre.
60 8.2. Nach § 11 Abs. 1 TNSchG 2005 kann die Landesregierung bestimmte Gebiete zu Ruhegebieten erklären, wenn die Erhaltung dieser Gebiete für die Erholung von besonderer Bedeutung ist oder voraussichtlich sein wird. Nach Abs. 2 sind in Ruhegebieten unter anderem jede erhebliche Lärmentwicklung (lit. d) und - mit bestimmten Ausnahmen - die Durchführung von Außenlandungen und Außenabflügen mit motorbetriebenen Luftfahrzeugen (lit. e) verboten. Mit der Novelle LGBl. Nr. 14/2015 wurde in den Text dieser Bestimmung eingefügt, dass zu lit. d „jedenfalls nicht als erhebliche Lärmentwicklung im Sinn dieser Bestimmung ... der mit der Ausführung von Vorhaben der Energiewende, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt oder nicht erforderlich ist, verbundene Baulärm im hierfür notwendigen Ausmaß“ gilt, und zu lit. e der Ausnahmenkatalog um Außenlandungen und Außenabflüge „zur Ausführung von Vorhaben der Energiewende“ ergänzt.
61 Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben die Revisionswerber vorgebracht, diese neu eingefügten Ausnahmebestimmungen in § 11 Abs. 2 TNSchG 2005 stünden in Widerspruch zu Art. 11 Abs. 1 des Protokolls „Naturschutz und Landschaftspflege“ zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991, BGBl. III Nr. 236/2002, wonach Einschränkungen bestehender Schutzgebiete nicht zulässig seien.
62 Das BVwG hat dazu in Abschnitt II.2.6.2. seines Erkenntnisses ausgeführt, dass selbst unter der Annahme, dass dieser Widerspruch bestünde, dies nicht zur Verdrängung der genannten innerstaatlichen Bestimmungen durch Art. 11 Abs. 1 des Protokolls „Naturschutz und Landschaftspflege“ führe, weil die innerstaatlichen Bestimmungen die spezielleren und späteren Normen seien. Auf Grund der Gleichrangigkeit des Gesetzesrechtes mit dem unmittelbar anwendbaren Völkerrecht käme es daher im konkreten Fall zur Verdrängung letzteren.
63 8.3. Auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob das vom BVwG angenommene Verdrängungsverhältnis zwischen den betroffenen Bestimmungen des TNSchG 2005 und des Protokolls „Naturschutz und Landschaftspflege“ nach den Prinzipien der lex posterior bzw. lex specialis tatsächlich vorliegt, kommt es im konkreten Fall jedoch nicht an.
64 Die Bestimmungen des § 11 TNSchG 2005 wurden für das im vorliegenden Fall betroffene Ruhegebiet „S Alpen“ nämlich durch die Verordnung der (Tiroler) Landesregierung über die Erklärung eines Teiles der Stubaier Alpen in den Gemeinden Längenfeld, Neustift im Stubaital, St. Sigmund im Sellrain, Sölden und Umhausen zum Ruhegebiet (Ruhegebiet Stubaier Alpen), LGBl. Nr. 45/2006 idF. LGBl. Nr. 56/2015, konkretisiert. § 2 dieser Verordnung verbietet im betroffenen Ruhegebiet u.a. jegliche Lärmentwicklung - wobei jedenfalls nicht als erhebliche Lärmentwicklung im Sinn dieser Bestimmung der mit der Ausführung von Vorhaben der Energiewende, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt oder nicht erforderlich ist, verbundene Baulärm im hierfür notwendigen Ausmaß, gilt - und die Durchführung von Außenlandungen und Außenabflügen mit motorbetriebenen Luftfahrzeugen, wobei vom Verbot u.a. solche zur Ausführung von Vorhaben der Energiewende, sofern der angestrebte Zweck auf andere Weise nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand erreicht werden könnte, ausgenommen sind.
65 Vom BVwG war daher die auf das konkrete Gebiet bezogene konkretisierende Verordnung anzuwenden, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 11 TNSchG 2005 bedurft hätte.
66 8.4. Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Rechtmäßigkeit der betreffenden Verordnungsbestimmung am gesamten höherrangigen Recht und damit letztlich - unter Annahme einer unmittelbaren Anwendbarkeit - auch am Protokoll „Naturschutz und Landschaftspflege“ zu messen wäre. Jedoch hat der Verfassungsgerichtshof bereits die Behandlung einer Beschwerde, in der ein Widerspruch der Verordnung „Ruhegebiet Stubaier Alpen“ zu Art. 11 Abs. 1 des Protokolls „Naturschutz und Landschaftspflege“ behauptet wurde, mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt: Im diesbezüglichen Beschluss vom , E 3209/2017, führt der Verfassungsgerichtshof mit näherer Begründung ausdrücklich aus, dass die Verordnung „Ruhegebiet Stubaier Alpen“ nicht gegen Art. 11 Abs. 1 Protokoll „Naturschutz und Landschaftspflege“ verstößt.
9. Allgemeine Fragen zur Auferlegung und Bewertung von Kompensationsmaßnahmen (Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen)
67 9.1. Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.4.) stützt ihre Zulässigkeit darauf, dass es an Rechtsprechung zur Frage fehle, nach welchem konkreten Berechnungsschema und welcher Berechnungsmethodik der Ausgleichs- oder Ersatzwert einer Maßnahme nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 zu bestimmen sei, sowie dazu, dass eine Ersatzmaßnahme nur dann als die Umwelteinwirkungen des Eingriffs mindernd berücksichtigen dürfe, wenn diese in einem gewissen räumlichen, sachlichen und funktionalen Naheverhältnis zum Eingriff stehe (also sich direkt oder zumindest indirekt auf die durch das Vorhaben bewirkten Eingriffe auszuwirken hat). Ganz allgemein bedürfe es der Klarstellung, inwieweit das UVP-G 2000 neben den ausdrücklich genannten Ausgleichsmaßnahmen das Konzept der Ersatzmaßnahme überhaupt kenne.
68 Ausgehend davon, dass die schweren Umwelteingriffe im L-Tal nicht vor Ort ausgeglichen werden könnten, bedürfe es als ultima ratio eines Rückgriffs auf weitere Flächen für Ausgleichsmaßnahmen, wobei sich aus dem Vorerkenntnis ergebe, dass eine Genehmigungsfähigkeit nur bei Kompensierbarkeit durch geeignete Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gegeben sei. Bei räumlicher Entzerrung stelle sich die Frage der konkreten Berechnungsmethodik zur Eruierung des Kompensationsbedarfs nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 nicht nur im konkreten Fall, sondern sei insgesamt für das System des UVP-G 2000 von maßgeblicher Bedeutung. Der Gesetzgeber des UVP-G 2000 sehe das Konzept der Ausgleichsmaßnahme zwar grundsätzlich vor, die entscheidende Frage der konkreten Berechnung (und ihrer Methodik) sei aber nicht weiter determiniert und damit weitgehend der Vollziehung überlassen. Die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen mitentwickelte und eingesetzte Methode der verbal-argumentativen Herangehensweise, verknüpft mit einer Kalkulation im arithmetischen Sinn habe keine ersichtliche Grundlage im Gesetz. Nach den Ausführungen des Sachverständigen existiere noch ein weiteres Modell zur Bewertung des Kompensationsbedarfes, welches zu anderen Ergebnissen führe, insbesondere, weil es von einer anderen Zielsetzung ausgehe. Es stelle sich daher die Frage, ob die Auswahl der jeweiligen Berechnungsmethode in das Belieben eines Sachverständigen gestellt werden könne.
69 9.2. Nach § 17 Abs. 4 zweiter Satz UVP-G 2000 ist „durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen, insbesondere auch für Überwachungsmaßnahmen für erhebliche nachteilige Auswirkungen, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge, ... zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen“. Weiters sieht § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 vor, dass der Genehmigungsantrag abzuweisen ist, „wenn die Gesamtbewertung ergibt, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen ... schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können“. Darüber hinaus sind nach § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 bei der Entscheidung auch die Genehmigungsvoraussetzungen der Materiengesetze, die ähnliche Bestimmungen enthalten können, zu beachten.
70 Das BVwG führt dazu in Abschnitt II.2.8.3. seines Erkenntnisses unter Bezugnahme auf eine Literaturstelle allgemein aus, dass mit den genannten Arten von Nebenbestimmungen nur ihre rechtstechnische Umsetzung angesprochen sei. Inhaltlich würden folgende Maßnahmen unterschieden, um für Eingriffe in Natur und Landschaft die Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen: Vermeidungsmaßnahmen, Verminderungsmaßnahmen, Ausgleichsmaßnahmen und Ersatzmaßnahmen. Dabei sei die „Ersatzmaßnahme“ keine eigene Maßnahme, sondern eine besondere Form der Ausgleichsmaßnahme, wobei Ersatzmaßnahmen gegenüber Ausgleichsmaßnahmen im engeren Sinn einen gelockerten funktionalen Zusammenhang zum beeinträchtigten Schutzgut aufwiesen. Auch normiere das UVP-G 2000 keine Hierarchie zwischen den verschiedenen Arten von Maßnahmen etwa in dem Sinn, dass Ausgleichsmaßnahmen nur dann in Betracht kämen, wenn weder Vermeidungs- noch Minderungsmaßnahmen zum Ziel führten.
71 Darüber hinaus zitiert das BVwG folgende Ausführungen einer aktuellen Studie, die von einem der Beschwerdeführer vorgelegt worden sei: Maßnahmen, die dem System „mitigation“ zuzuordnen seien, nämlich Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen, seien geeignet, Schäden im Vorhinein durch üblicherweise projektseitige Maßnahmen zu vermeiden. Erst wenn trotz Einsatz aller zumutbaren Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen eine erhebliche Beeinträchtigung fortdauere, seien Maßnahmen aus dem Bereich „compensation“ vorzusehen. Dabei seien zuerst Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen. Diese seien inhaltlich und räumlich so nah wie möglich dem ursprünglichen Schaden zuzuordnen. Zu diesen Ausgleichsmaßnahmen zählten beispielsweise Umlagerungen von Lebensräumen, Wiederherstellung und Schaffung von Lebensräumen oder Entwicklungsmaßnahmen für einzelne Arten. Sollte aufgrund der fehlenden fachlichen und räumlichen Möglichkeiten die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sein, so sei die Umsetzung von Ersatzmaßnahmen als Ultima Ratio möglich. Bei diesen Ersatzmaßnahmen sei der funktionelle und räumliche Bezug deutlich gelockert, um die Umsetzbarkeit zu sichern. Bei der Umsetzung von Ersatzmaßnahmen sei jedoch darauf zu achten, dass die Prüfung des Stufenbaus umfassend erfolge und tatsächlich nachgewiesen worden sei, dass zur Vermeidung des Schadens keine Vermeidungs-, Verminderungs- oder Ausgleichsmaßnahmen geeignet und zumutbar wären. Für Ausgleichsmaßnahmen werde ein enger funktionaler Zusammenhang mit den vorhabensbedingten Beeinträchtigungen gefordert. Die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts müssten demnach in gleichartiger Weise wiederhergestellt sein. Ersatzmaßnahmen ließen sich durch das Kriterium der Gleichwertigkeit von den Ausgleichsmaßnahmen abgrenzen. Dies bedeute eine Lockerung, jedoch keine gänzliche Aufhebung des Funktionalzusammenhangs zwischen der Beeinträchtigung und der Ersatzmaßnahme. Auch in räumlicher Hinsicht müsse ein Bezug der Ausgleichsmaßnahmen zum Eingriffsort bestehen. Dies bedeute jedoch nicht zwingend, dass der Ausgleich unmittelbar am Ort des Eingriffes zu erfolgen habe. Jedenfalls erforderlich sei aber ein Wirkungszusammenhang, die Ausgleichsmaßnahmen müssten sich dort ausgleichend auswirken, wo auch die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen auftreten. Bei den Ersatzmaßnahmen genüge eine Bezugnahme auf den betroffenen Naturraum.
72 Im Bereich des L-Tals werde es zu schweren Eingriffen kommen, die nicht an Ort und Stelle vollständig ausgeglichen werden könnten. Um eine bleibende Schädigung des Bodens sowie des Pflanzen- und Tierbestandes zu vermeiden, habe daher das BVwG zusätzlich zu den bereits im Vorhaben enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen weitere Ersatzmaßnahmen in Form einer Nebenbestimmung eingefügt.
73 9.3. Dieses Verständnis des Konzeptes von Kompensationsmaßnahmen (insbesondere Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen) lag schon dem Erkenntnis des BVwG im ersten Rechtsgang und damit dem Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde (vgl. die diesbezügliche Wiedergabe der Erwägungen des BVwG in Rn 45 bis 48 des Vorerkenntnisses). Der Verwaltungsgerichtshof hat darauf aufbauend ausgeführt, dass „die Kompensierbarkeit eines Eingriffs (zB durch geeignete Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen) einer Versagung der Genehmigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 entgegen“ stehe (Rn 142). Er verwarf darüber hinaus - unter Bezugnahme auf die vom Sachverständigen angewendete und dem BVwG seinem Erkenntnis zugrunde gelegte Methodik - das Argument der Mitbeteiligten, die Vorschreibung einer Ersatzmaßnahme sei nicht erforderlich gewesen (Rn 148 bis 164). Die im ersten Rechtsgang vorgeschriebene Ersatzmaßnahme sei jedoch geographisch nicht konkret verortet gewesen. Die Beurteilung „eines notwendigen sachlichen (wenn auch gelockerten räumlich-inhaltlichen) Konnexes“ wäre allerdings vor der Vorschreibung einer solchen Maßnahme im Rahmen des Bewilligungsverfahrens durchzuführen gewesen (Rn 178).
74 9.4. Die von den Revisionswerbern aufgeworfenen Fragen, inwieweit „Ersatzmaßnahmen“ (nach dem in diesem Verfahren gebrauchten Verständnis also Ausgleichsmaßnahmen in einem gelockerten Konnex) nach dem UVP-G 2000 überhaupt vorgesehen und in die Beurteilung einbezogen werden können, sowie, dass diese in einem gewissen räumlichen, sachlichen und funktionalen Naheverhältnis zum Eingriff stehen müssen, ist damit durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt.
75 Die Revision zeigt im Rahmen der Zulassungsbegründung dazu auch keine weiteren Aspekte auf, insbesondere inwieweit das im Verfahren gebrauchte Konzept der „Ersatzmaßnahme“ per se dem UVP-G 2000 widersprechen sollte. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird daher diesbezüglich nicht dargestellt. Ob das erforderliche Naheverhältnis im Einzelfall vorliegt bzw. in vertretbarer Weise angenommen werden konnte, wird noch gesondert zu behandeln sein.
76 9.5. Soweit die Revisionswerber Rechtsprechung dazu vermissen, welche konkrete Berechnungsmethode heranzuziehen ist, sind sie ebenfalls auf das Vorerkenntnis zu verweisen. Demnach stellen die nach dem jeweiligen Stand der Technik zu erfolgende Ermittlung des Kompensationsbedarfs, die konkret schutzgutbezogen vorzunehmende Art der Kompensationsberechnung und die sich daraus ergebenden Kompensationsmaßnahmen jeweils von Sachverständigen zu beantwortende Fragen dar ( bis 0036, Rn 162).
77 Die konkrete Wahl der Methode des Sachverständigen steht dabei insofern unter der Kontrolle des Verwaltungsgerichtes, als es die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des diesbezüglichen Sachverständigengutachtens zu beurteilen hat. Damit hat sich das BVwG in Abschnitt II.2.3.7 seines Erkenntnisses (betreffend die Ablehnung des betreffenden Sachverständigen als befangen) ausdrücklich auseinandergesetzt und dabei die Methodik als Stand der Technik und als schlüssig und nachvollziehbar beurteilt. Eine Unvertretbarkeit dieser Beurteilung, die insofern der Beweiswürdigung zuzuordnen ist, wird mit dem bloßen Hinweis darauf, dass ein anderes Modell existiere, das aufgrund anderer Zielsetzungen zu anderen Ergebnissen komme, nicht dargetan. Damit liegt auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.
78 9.6. Die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.6.1.) führt im Zulassungsvorbringen unter der Überschrift „Kann man von Amts wegen Auflagen setzen, die das Projekt selbst betreffen?“ aus, das BVwG habe den Gegenstand des Verfahrens in einem sehr späten Verfahrensstadium erweitert und verändert, indem es weitere Auflagen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in das Verfahren eingebracht habe. Es sei weder gewiss, ob diese Auflagen je umgesetzt werden können, noch wisse man, ob und bis wann diese Maßnahmen umgesetzt werden würden. Es sei eine wesentliche Rechtsfrage, ob die Beurteilung einer Umweltverträglichkeit eines massiven Umwelteingriffs auf Grundlage solcher Maßnahmenvorschläge, die als Auflagen in einen Bescheid aufgenommen werden, zulässig und von den Bestimmungen des UVP-G 2000 gedeckt sei.
79 Das Zulassungsvorbringen setzt sich diesbezüglich weder mit der bestehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch mit den diesbezüglichen Erwägungen des BVwG auseinander, sodass unklar bleibt, aus welchen Gründen die Revisionswerberin darin eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung erblickt.
80 Bei der Auflagenerteilung ist der Spielraum der Behörde insofern begrenzt, als sie nur solche Auflagen vorschreiben darf, die den Gegenstand des Verfahrens nicht modifizieren. Ausgeschlossen sind daher so genannte projektändernde Auflagen, worunter man solche versteht, die den vom Bewilligungswerber in seinem Antrag festgelegten Verfahrensgegenstand derartig wesentlich verändern, dass man von einem „aliud“ sprechen muss. Beispielsweise kann (bei der Bewilligung einer Stromleitung) als Auflage die Einrichtung von Schaltanlagen oder Einrichtungen, die eine Verknüpfung von Netzen ermöglichen, vorgeschrieben werden, nicht hingegen kann mit einer Auflage eine andere Trassenführung oder eine gegenüber dem Antrag wesentlich verschiedene technische Ausführung vorgeschrieben werden (; , 2007/05/0101; , 2008/05/0115; , 2008/05/0119).
81 Das BVwG hat in Abschnitt II.2.8.6. seines Erkenntnisses unter Bezugnahme auf , ausgeführt, dass es durch die gerichtlich angeordneten Projektmodifikationen zu keiner unzulässigen Änderung des Wesens des Vorhabens komme, weil diese nicht die Anwendbarkeit einer anderen Norm zu Folge hätten, die Frage der Genehmigung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen gem. § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sei und die zur Genehmigung eingereichte Anlage eines neuen Pumpspeicherkraftwerkes mit zusätzlichem Speicher und Wasserfassungen weder in Bezug auf ihren Standort, ihre Größe, ihre Kapazität noch in Bezug auf die zu errichtenden baulichen Anlagen, die einzusetzenden Geräte udgl. verändert werde.
82 Eine Unvertretbarkeit dieser einzelfallbezogenen Beurteilung des BVwG zeigt die Revisionswerberin im Zulassungsvorbringen nicht auf. Warum es ungewiss sein soll, ob die zusätzlichen Maßnahmen umgesetzt werden können, ist anhand ihres Vorbringens nicht nachvollziehbar. Dass man angeblich nicht wisse, ob oder bis wann die Maßnahmen durch die Mitbeteiligte umgesetzt werden würden, kann schon deshalb nicht entscheidend sein, weil der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung von Auflagen davon auszugehen hat, dass diese eingehalten werden. Gegenstand der Prüfung ist die konsensgemäße Umsetzung der Bewilligung, nicht die befürchtete Nichteinhaltung von Auflagen oder anderen Nebenbestimmungen (, 0224, 0286, mwN). Die überdies behauptete Unbestimmtheit der vorgeschriebenen Ersatzmaßnahme wird gesondert zu behandeln sein.
83 Die Frage der Überschreitung des Verfahrensgegenstandes greift die Revision der Gemeinde an anderer Stelle (Punkt A.3.9.2.) erneut auf, indem sie den „räumlichen Bezugsraum“ des Vorhabens als zweifelsfrei kleiner als das Bundesland Tirol ansieht, keinesfalls aber jenen politischen Bezirk umfassend, in dem die zusätzlich angeordnete Ersatzmaßnahme gelegen sei. Dass eine Verwaltungssache in jedem Fall eine ihr Wesen bestimmende, scharfe räumliche bzw. geographische Grenze hätte, kann aus der dafür einschlägigen Bestimmung des § 13 Abs. 8 AVG jedoch entgegen der offenbaren Prämisse der Revisionswerberin nicht abgeleitet werden. Im Hinblick darauf, dass der ganz überwiegende Schwerpunkt der UVP-Genehmigung auf der Anlage selbst liegt, legen auch diese Ausführungen keine Unvertretbarkeit der oben bereits wiedergegebenen Erwägungen des BVwG zum - trotz Vorschreibung örtlich entfernter Ersatzmaßnahmen - unveränderten „Wesen des Vorhabens“ dar.
84 9.7. Soweit die Gemeinde in ihrer Revision (Punkt A.3.6.3.) vorbringt, trotz der vom Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis getroffenen Aussage, wonach die Feststellung der erforderlichen Kompensationsmaßnahmen auf Ebene des Sachverhalts als Sachverständigenfrage zu klären ist, gebe es dennoch eine rechtliche Grenze, zumal „eine schrankenlose Zulassung irgendeiner Maßnahme irgendwie als eine ins Gewicht fallende Ausgleichsmaßnahme“ einmal auch rechtlichen Bedenken begegnen müsse, so mag dies in dieser Allgemeinheit zutreffen. Die Zulässigkeitsbegründung führt jedoch an dieser Stelle nicht aus, ob oder warum im konkreten Fall diese Grenze überschritten wäre, also dem BVwG eine unvertretbare Beurteilung im Zusammenhang mit den Kompensationsmaßnahmen unterlaufen wäre.
85 9.8. Hinsichtlich der von der Gemeinde im Zulassungsvorbringen (Punkt A.3.8.) aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit der Genehmigung irreversibler und dauerhafter Schädigung gesetzlich geschützter Umweltinteressen im Wege der Rechtfertigung durch behauptete Ausgleichbarkeit ist erneut auf das Vorerkenntnis zu verweisen, das zusammenfassend (in Rn 142) zum Ergebnis kommt, dass die Kompensierbarkeit eines Eingriffs (zB durch geeignete Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen) einer Versagung der Genehmigung nach § 17 Abs. 2 Z 2 lit. b UVP-G 2000 (also wegen der gebotenen Vermeidung von Immissionen, die erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen) entgegen steht.
10. Zur Bestimmtheit der zusätzlich verfügten Ersatzmaßnahme
86 10.1. Sowohl die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.6.4.) als auch jene der Umweltorganisationen (Punkt II.3.9.) bringen zu ihrer Zulässigkeit jeweils vor, die vom BVwG als Auflage zusätzlich verfügte Ersatzmaßnahme sei (weiterhin) zu unbestimmt.
87 10.2. Ob eine einem Bescheid - oder einem verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis - beigefügte Auflage ausreichend bestimmt im Sinne des § 59 Abs. 1 AVG ist, bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die Anforderungen an die Umschreibung von Auflagen dürfen nicht überspannt werden. Eine Auflage ist nicht schon dann zu unbestimmt, wenn ihr Inhalt nicht für jedermann unmittelbar eindeutig erkennbar ist. Ausreichende Bestimmtheit einer Auflage ist dann anzunehmen, wenn ihr Inhalt für den Adressaten objektiv eindeutig erkennbar ist. Gleiches gilt, wenn die Umsetzung des Bescheides bzw. Erkenntnisses durch den Adressaten unter Heranziehung von Fachleuten zu erfolgen hat, und für diese Fachleute der Inhalt der Auflage objektiv eindeutig erkennbar ist (vgl. ; , 2002/07/0120, je mwN).
88 Ob eine Auflage ausreichend bestimmt ist, betrifft - wie die Auslegung eines konkreten Bescheides ganz allgemein - grundsätzlich nur den Einzelfall. Es liegt daher nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Ergebnis erzielt wurde (vgl. , mwN).
89 10.3. Die Revisionswerber zeigen mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen (der Begriff der „Almsaison“ stehe nicht fest; Vorgaben der „Richtlinie für standortgerechte Begrünungen“ seien nicht ausreichend zitiert und damit nicht einsehbar und nicht justiziabel; Verweise auf konkret genannte Richtlinien seien nicht ausreichend, weil diese außer Kraft treten könnten; eine „Firma“ könne nicht beauftragt werden, da sie nur Handelsname des Kaufmanns sei; „Experte“ sei kein Rechtsbegriff; die Auflage habe angeblich keinen örtlichen, sachlichen und zeitlichen Rahmen; es sei unklar, ob es Firmen gebe, die auf Pflanzensoden-Umsiedlungen im Gebirge spezialisiert seien und bereits eine „erfolgreiche Verpflanzung“ vorweisen könnten) eine Unvertretbarkeit der Formulierung der Auflage im Hinblick auf die notwendige Bestimmtheit nach den dargestellten Maßstäben der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes jedenfalls nicht auf.
11. Zubehaupteten Verfahrensmängeln betreffend die Beurteilung der Eignung der zusätzlichen Ersatzmaßnahme
90 11.1. Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.5.2.a) rügt ein behauptetes Übergehen von Beweismitteln und Beweisanboten der Revisionswerber und eine angeblich mangelnde Begründung entscheidungswesentlicher Feststellungen. So seien das vorgelegte Privatgutachten eines renommierten Experten für Moore und Moorflächen, der Antrag auf dessen Einvernahme, eine ergänzende Befundaufnahme an Ort und Stelle sowie die Einholung eines Obergutachtens vom BVwG ignoriert und nicht einmal im Erkenntnis erwähnt worden.
91 11.2. Zum „Privatgutachten“ führt die Revision an, dass dieses den Ausführungen des Gerichtssachverständigen in jedem Punkt diametral widerspreche und jede Wirkungseffizienz der Ersatzmaßnahme zu den Eingriffen im L-Tal verneine. Nichtsdestotrotz fehle dazu jede Begründung im Erkenntnis des BVwG. Die fehlende Auseinandersetzung mit wesentlichen Beweisergebnissen stelle einen eklatanten Begründungsmangel und eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar.
92 Bei dem angeführten „Privatgutachten“ handelt es sich um eine zweiseitige Stellungnahme eines Experten, die von den revisionswerbenden Umweltorganisationen als Beilage zu ihrer Stellungnahme betreffend „Fachliche Unrichtigkeit des Gutachtens ...; Untauglichkeit der vorgeschlagenen Maßnahme ...“ vorgelegt wurde. Der Experte führt darin aus, dass er die in Aussicht genommenen Flächen bei einer Begehung geprüft habe, und kommt mit mehreren thesenartig dargestellten Argumenten zur Schlussfolgerung, dass die vorgeschlagene Ersatzmaßnahme nicht den Vorgaben der im ersten Rechtsgang vom BVwG eingefügten Auflage (nämlich die Wiederherstellung eines Moorlebensraumes auf agrarisch genutzten Flächen über Moorböden im Umfang von 2,5 ha) entsprechen würde. Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dieser Schlussfolgerung ist schon deshalb nicht erforderlich, weil Bezugspunkt der Beurteilung der Wirkungseffizienz nicht die im aufgehobenen Erkenntnis des BVwG vom vorgesehene und nicht mehr dem Rechtsbestand angehörende Auflage sein kann. Vielmehr wäre die nunmehr konkretisierte Maßnahme eigenständig zunächst hinsichtlich ihrer Wirkungen und darauf aufbauend (unter Berücksichtigung etwa auch der im Vergleich zur Auflage im aufgehobenen Erkenntnis deutlich größeren Ausdehnung von 4,13 ha) hinsichtlich ihrer Eignung als Kompensationsmaßnahme zu beurteilen.
93 Das BVwG hat sich mit den einzelnen Argumenten der betroffenen Stellungnahme (die sich mit jenen anderer Beschwerdeführer teilweise gedeckt haben) im Erkenntnis aber auch eingehend befasst, bloß nicht unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Stellungnahme, sondern (jeweils gesammelt) als „Vorbringen der Beschwerdeführer“ (vgl. ab Seite 76 des Erkenntnisses): Dass eine Wiedervernässung auf den betroffenen Flächen aus topographischer Sicht gar nicht möglich sei, wurde im Hinblick auf ergänzende Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen verworfen, insbesondere sei eine Herstellung der Gesamtfläche als Niedermoor nicht erforderlich. Weiters könne nach den vom BVwG als nachvollziehbar beurteilten Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen auf den vorliegenden Gleyböden sehr wohl ein hochwertiger Moorlebensraum des Niedermoortypus entstehen (zumal der Verlust eines Moores im vegetationskundlichen und nicht im bodenkundlichen Sinne zu kompensieren sei). Dazu seien auch die Pflanzen am Standort geeignet. Im Hinblick auf die vergleichsweise größere Ausdehnung der Ersatzmaßnahme von 4,13 ha im Vergleich zum Kompensationsbedarf von 2,5 ha müsse nicht in allen Bereichen das Entwicklungsziel vollständig erreicht werden. Dass die damit vorgenommene Würdigung aller Beweise - einschließlich der von den Revisionswerbern eingebrachten Expertise - vom BVwG unvertretbar vorgenommen worden wäre, legt die Revision nicht dar.
94 11.3. Zum Unterbleiben der beantragten Vernehmung des Privatgutachters lässt das Zulässigkeitsvorbringen in der Revision die erforderliche Relevanzdarstellung vermissen, insbesondere dazu, welche Angaben der Privatgutachter - über seine ohnehin berücksichtigte Stellungnahme hinaus - hätte machen können und welche konkreten Feststellungen darauf gegründet hätten werden müssen.
95 11.4. Zum nicht behandelten Antrag auf Einholung eines Obergutachtens wird in der Zulässigkeitsbegründung ausgeführt, dieser Beweisantrag sei „keinesfalls irrelevant und von Vorneherein ungeeignet gewesen.“ Er sei aufgrund der substanziellen Kritik anderer Beschwerdeführer und der diametral widersprechenden Einschätzung des Privatgutachters gestellt worden.
96 Damit übergeht die Revision, dass sich das BVwG mit der angesprochenen Kritik (auch anderer Beschwerdeführer) und der Argumentation des Privatgutachters - wie dargestellt - nach Befassung des gerichtlich bestellten Sachverständigen im Einzelnen auseinandergesetzt hat. Liegen einer Verwaltungsbehörde oder einem Verwaltungsgericht widersprechende Gutachten vor, so sind diese Gutachten nach ihrem inneren Wahrheitsgehalt gegeneinander abzuwägen und in der Begründung der Entscheidung die Erwägungsgründe darzulegen. Dabei ist die Schlüssigkeit jedes Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (, mwN). Selbst wenn man die vorgelegte Stellungnahme im Sinne dieser Judikatur als „Gutachten“ qualifizieren würde, legt die Revision eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des BVwG in diesem Punkt - wie bereits ausgeführt - nicht dar.
97 11.5. Die Revisionswerber bringen in der Zulässigkeitsbegründung weiters vor, sie hätten den Antrag gestellt, gemeinsam mit dem Sachverständigen die tatsächliche Sachlage vor Ort (gemeint: der in Aussicht genommenen Ersatzmaßnahme) zu besichtigen, weil die vom Gerichtssachverständigen vorgenommene ca. einstündige Befundaufnahme vor Ort, an welcher die Revisionswerber nicht teilnehmen hätten können, nicht zur Erlangung einer seriösen Grundlage für eine Gutachtenserstellung zur umfassenden Beurteilung der Wirkungseffizienz der in Aussicht genommenen Ersatzmaßnahme ausreichen habe können. Bei Aufnahme des beantragten Beweises hätte sich gezeigt, dass die tatsächlichen Umstände und Situierung der Ausgleichsfläche vom Gerichtssachverständigen im Gutachten falsch wiedergegeben worden seien, sodass sich die Ansicht des Privatgutachters, wonach die Maßnahmenfläche schlicht ungeeignet sei, erhärtet hätte.
98 Dass „die tatsächlichen Umstände und Situierung der Ausgleichsfläche vom Gerichtssachverständigen im Gutachten falsch wiedergegeben“ worden seien, haben die Revisionswerber im Verfahren vor dem BVwG jedoch nicht vorgebracht. Sie haben vielmehr (im Schriftsatz vom ) einen Antrag „auf Durchführung einer Befundaufnahme an Ort und Stelle“ mit der Begründung gestellt, dass sich zeigen würde, dass die Maßnahmen nicht über Moorböden liegen würden sowie aufgrund der Geländetopographie (Höhenunterschied zwischen Wasserzubringer und dem umliegenden Gelände) die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Wiederherstellung eines Moorlebensraumes mit dafür typischem Wasserhaushalt nicht geeignet seien.
99 Dass die nunmehr vorgesehene Ersatzmaßnahme nicht über bestehenden Moorböden (im bodenkundlichen Sinn), sondern über Gleyböden umgesetzt werden soll, liegt dem angefochtenen Erkenntnis ohnehin zugrunde (vgl. deutlich S 75 des Erkenntnisses). Hinsichtlich der Geländetopographie hat sich das BVwG der als nachvollziehbar bewerteten Stellungahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen angeschlossen, dass dessen ungeachtet eine Wiedervernässung weiter Teile des Maßnahmengebietes technisch möglich sei und es aber auch - angesichts der Ausdehnung der herangezogenen Liegenschaften - nicht erforderlich sei, die Gesamtfläche vollständig als Niedermoor herzustellen (S 76 des Erkenntnisses).
100 Beweisanträgen ist grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (, mwN).
101 Eine grob fehlerhafte Beurteilung des BVwG dadurch, dass es einem Antrag, der allenfalls auf Durchführung eines Ortsaugenscheines durch das Gericht gerichtet gedeutet werden könnte, nicht entsprochen hat, zumal es die unter Beweis zu stellenden Tatsachen ohnehin als gegeben angenommen hat, zeigt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung somit nicht auf.
102 Wenn die Revisionswerber in diesem Zusammenhang die geringe Dauer der Befundaufnahme durch den Sachverständigen und ihre Nicht-Beiziehung zu derselben bemängeln, kritisieren sie letztlich die Beweiswürdigung des BVwG (welches das auf dieser Befundaufnahme aufbauende Gutachten seinen Feststellungen als schlüssig und nachvollziehbar zugrunde gelegt hat), ohne deren Unvertretbarkeit darzulegen. Soweit sie diesbezüglich eine Verletzung ihres Rechtes behaupten, zur inhaltlichen Gestaltung eines relevanten Teiles der Bewilligung gehört zu werden, fehlt es an einer Darstellung der Relevanz eines damit behaupteten Verfahrensmangels.
103 11.6. Weiters leitet die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.5.2.b.) aus einer Passage der Auflage betreffend die neu angeordnete Ersatzmaßnahme eine angeblich unvollständige Ermittlung des Sachverhaltes und damit einen Feststellungsmangel ab.
104 So ordnet das BVwG auf den Maßnahmenflächen Vorarbeiten an, darunter näher definierte Bodenuntersuchungen. Wörtlich heißt es in diesem Zusammenhang: „Zu untersuchen ist auch der Nährstoffhaushalt des Bodens, da neben dem Feuchtegehalt des Bodens der Nährstoffentzug eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung zu einem hochwertigen Moorlebensraum (artenreiche, nährstoffarme Nasswiese bzw. Pfeifengraswiese oder Kleinseggenried) ist.“
105 Die Revisionswerber leiten daraus ab, dass der Nährstoffhaushalt vom BVwG nicht festgestellt worden sei, womit eine Grundvoraussetzung für eine Prognose darüber, ob die Ersatzmaßnahme ihre erwartete Wirkung entfalten werde können und die Erreichung des Auflagenziels überhaupt möglich sei, fehle. Die Auflage mache damit in Form eines Zirkelschlusses eine Voraussetzung ihrer Zielerreichung (nämlich das Vorhandensein eines geeigneten Nährstoffhaushaltes nach dem status quo) zu ihrem eigenen Inhalt.
106 In der betreffenden Auflage werden allerdings im Rahmen des Monitoring (Mess- und Berichtspflichten im Sinne des § 17 Abs. 4 UVP-G 2000) auch weitere Bodenuntersuchungen einschließlich der Bestimmung des Nährstoffgehalts „innerhalb der ersten 5 Jahre jährlich, danach bis zur Erreichung des Soll-Zustandes in 5-Jahresrhythmus“ vorgeschrieben. Die im Rahmen der Vorarbeiten vorzunehmende Untersuchung des Nährstoffhaushaltes stellt somit den Ausgangspunkt dieses Monitoring dar. Der bloß deskriptive Hinweis im Text der Auflage, dass der Nährstoffentzug eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung zu einem hochwertigen Moorlebensraum ist, deutet nicht zwingend darauf hin, dass insofern die Eignung der Maßnahmenfläche fraglich sein könnte, sondern erklärt lediglich, warum bei Überangebot an Nährstoffen deren Reduktion (und insofern auch Beobachtung) erforderlich sein wird.
107 Das BVwG hat sich in Abschnitt II.1.13.1.2.B. seines Erkenntnisses im Rahmen der Feststellungen und Beweiswürdigung mit der Eignung der Maßnahmenflächen auch im Hinblick auf den Nährstoffhaushalt ausdrücklich auseinandergesetzt. Angesichts des Einwandes einer der Beschwerdeführer, Nährstoffeinträge aus der Umgebung könnten das Maßnahmenziel vereiteln, gibt es dabei die diesbezüglichen - als schlüssig und nachvollziehbar beurteilten - Ausführungen des Sachverständigen wieder, wonach in der gesamten österreichischen und europäischen Kulturlandschaft bei allen moortypischen Vegetationsgesellschaften das Problem des Überangebots von Nährstoffen bestehe und das Maßnahmenziel angesichts des grundsätzlichen Überangebotes von Nährstoffen, insbesondere aus der Luft bzw. aus dem Niederschlag, an diesem Standort ähnlich gut erreichbar sei wie an anderen Standorten.
108 Den Revisionswerbern gelingt es mit ihrem allein aus der Auflagenformulierung abgeleiteten Vorbringen nicht, eine Unvertretbarkeit dieser Beweiswürdigung aufzuzeigen. Nach diesen sachverständigen Ausführungen fehlt der diesbezüglichen Prämisse der Revisionswerber, die Maßnahmenflächen könnten wegen fehlender Kapazität zur Nährstoffreduktion (also wegen eines vornherein zu niedrigen Nährstoffgehalts) ungeeignet sein, die Grundlage.
12. Zur Beurteilung der Eignung der neuen Ersatzmaßnahme (insbesondere im Hinblick auf die geographische Entfernung)
109 12.1. Die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.9.) begründet ihre Zulässigkeit damit, dass die Eignung einer Kompensationsmaßnahme nach Unionsrecht (unter Hinweis auf „verallgemeinerungsfähige Gedanken“ des Gerichtshofes in Briels u.a., C-521/12) nur unter engen Voraussetzungen bestehen könne. Im vorliegenden Fall seien diese Voraussetzungen - abgesehen von der mangelnden Tauglichkeit der Maßnahme als solcher - nicht gegeben, weil es keinen „inneren rechtfertigenden Zusammenhang zwischen Ort und Umfang der Maßnahme in der Betrachtung des konkret in Frage kommenden Eingriffsraumes“ gebe. Es stelle sich die Frage, auf welchen Raum man derartige Ausgleichsmaßnahmen beziehen könne; ob also allenfalls auch Maßnahmen im Ausland, in anderen Bundesländern oder außerhalb des EU-Raumes geeignet wären. Eine taugliche Begründung für die gewählte Ausgleichsmaßnahme und zugleich ihre Vertretbarkeit bzw. Vereinbarkeit mit dem Projektbezugsrahmen sei nicht gegeben.
110 Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.4.) greift diesen Aspekt im Zusammenhang mit der Methode der Berechnung der Kompensationswerte insgesamt auf. Die vom BVwG zu Grunde gelegte Berechnungsmethodik führte nach ihrem Vorbringen zum Ergebnis, dass jedes beliebige Projekt genehmigungsfähig wäre, wenn nur entsprechend große Ausgleichsflächen (und sei es im Amazonas-Gebiet) gefunden würden. Zwischen den Natureingriffen im L-Tal und der diesbezüglichen Ausgleichsfläche sei keinerlei räumlicher Zusammenhang gegeben. Diese sei nicht nur „erheblich entfernt, sondern auch geographisch in einem völlig anderen Bereich“ gelegen. In der Entscheidung des BVwG werde auf diesen Aspekt und zur Auslegung des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 mit keinem Wort eingegangen. Es werde lediglich ausgeführt, dass es nicht möglich sei, einen Ausgleich mit engem funktionalem und räumlichem Zusammenhang zu finden, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob in einem solchen Fall nicht die Genehmigung zu versagen sei.
111 Diesbezüglich rügen die Umweltorganisationen in ihrer Revision (Punkt II.3.5.2.a) außerdem als Begründungsmangel, dass das BVwG zwar ausgeführt habe, dass der räumliche, funktionale und zeitliche Zusammenhang der Ersatzmaßnahme zu den beeinträchtigten Feuchtlebensräumen im L-Tal zwar gelockert, aber vorhanden sei. Es werde jedoch - über diese bloße Behauptung hinaus - nicht festgestellt, worin dieser Zusammenhang liege.
112 12.2. Das BVwG hat zur zusätzlich vorgeschriebenen Ersatzmaßnahme in Abschnitt II.1.13.1.2.C. seines Erkenntnisses festgestellt, dass deren räumlicher, zeitlicher und funktionaler Bezug zu den vom Eingriff beeinträchtigten Funktionen der Feuchtlebensräume im L-Tal zwar gelockert, aber vorhanden und bei der Berechnung des Kompensationswertes der Maßnahme berücksichtigt worden sei. Die dabei gewählten Korrekturfaktoren „Funktion“, „Raum“ und „Zeit“ bildeten den Umstand ab, dass es sich nicht um eine Ausgleichsmaßnahme handle, die sowohl zeitlich, räumlich als auch inhaltlich 1:1 dem Ausgleich des ursprünglichen Eingriffs entspreche. Die Ersatzmaßnahme sei nicht im gleichen geographischen Raum gelegen, weil sie im Bereich der (Nord-)Tiroler K-Alpen liege und nicht im kristallinen Bereich; sie liege jedoch immerhin noch im alpinen Bereich und weise eine ähnliche Typologie auf. Es sei daher der Abwertungsfaktor (Raum) mit 0,7 festgelegt worden. Es liege auch keine volle, aber doch weitgehende funktionelle Übereinstimmung (Niedermoortyp) vor, daher sei der Faktor 0,85 für die Funktion vergeben worden. Es liegt auch keine zeitliche Gleichzeitigkeit zwischen Eingriff und erwarteten Wirkungen der Ersatzmaßnahme vor, insbesondere werde zum Zeitpunkt des Eingriffs im L-Tal die Ersatzmaßnahme in Umsetzung, aber der Zielzustand noch nicht erreicht sein. Daher sei für die zeitliche Funktion der Abwertungsfaktor 0,8 verwendet worden, was widerspiegle, dass sehr früh mit den Ersatzmaßnahmen und deren Umsetzungen begonnen werde, aber trotzdem jedenfalls keine Gleichzeitigkeit vorliege.
113 Das BVwG begründete diese Feststellungen mit den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen, die auf Basis der von diesem mitentwickelten Methode schlüssig und nachvollziehbar erschienen seien. Für eine andere Bewertung des Kompensationswerts seien auch keine konkreten Gegenvorschläge gemacht worden.
114 Zur rechtlichen Beurteilung führte das BVwG in Abschnitt II.2.8.4. seines Erkenntnisses aus, dass es im Bereich des L-Tals zu schweren Eingriffen kommen werde, die nicht an Ort und Stelle vollständig ausgeglichen werden könnten. Um eine bleibende Schädigung des Bodens sowie des Pflanzen- und Tierbestandes zu vermeiden, seien zusätzlich zu den bereits im Vorhaben enthaltenen Ausgleichsmaßnahmen weitere Ersatzmaßnahmen in Form einer Nebenbestimmung eingefügt worden. Durch das geplante Speicherkraftwerk K seien insgesamt 3,54 ha Niedermoor-Kleinseggenbestände in Bau- und Betriebsphase betroffen. Zudem seien vegetationsarme Stillgewässer im Umfang von 0,13 ha und Bachquellfluren im Umfang von 0,2 ha betroffen (Bau- und Betriebsphase). Zum Ausgleich seien von der Projektwerberin mehrere Maßnahmen vorgesehen, doch habe - auch angesichts der bereits vorgesehenen und im Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen - für einen flächengleichen Ausgleich des Verlusts von Feuchtlebensräumen im L-Tal weiterhin eine Fläche von rd. 1 ha gefehlt. Mit Hilfe der von den Sachverständigen angewandten Methode zur Bestimmung des Kompensationswertes von Ersatzmaßnahmen sei aufgrund des gelockerten funktionalen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Beeinträchtigung und der Ersatzmaßnahme der zusätzliche Maßnahmenbedarf errechnet worden. Die vorgeschriebene Ersatzmaßnahme bewirke einen Ausgleich in der erforderlichen Größenordnung.
115 12.3. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere dem Vorerkenntnis, dort Rn 178) ergibt sich bereits, dass ein Konnex zwischen zu kompensierendem Eingriff und Kompensationsmaßnahme bestehen muss, dieser allenfalls aber auch gelockert sein kann. Inwiefern die von den Revisionswerbern genannten hypothetischen Ausgleichsflächen (in anderen Bundesländern, im Ausland, auf anderen Kontinenten) geeignet sein können, stellt dabei eine abstrakte Frage ohne Bezug zum vorliegenden Fall dar.
116 Das BVwG hat sich - wie oben dargestellt - mit dem Ausmaß des Zusammenhangs zwischen Verlust- und Ersatzfläche in den Dimensionen Raum, Zeit und Funktion ausführlich auseinandergesetzt und entsprechende Feststellungen getroffen. Dementsprechend hat es u.a. die vom Sachverständigen angesetzten Abwertungsfaktoren für den Kompensationswert dieser Maßnahme übernommen, sodass im Ergebnis eine Fläche von 4,13 ha für einen (vom BVwG angenommenen) restlichen Kompensationsbedarf von rd. 1 ha herangezogen wird.
117 Das Revisionsvorbringen, wonach das BVwG keine näheren Feststellungen zum behaupteten Zusammenhang getroffen habe, geht angesichts seiner oben dargestellten Erwägungen ins Leere. Soweit die Revisionen ohne nähere Begründung vorbringen, es gebe keinen „inneren rechtfertigenden Zusammenhang“ bzw. die Ausgleichsmaßnahme sei „geographisch in einem völlig anderen Bereich“ gelegen, bekämpfen sie letztlich die diesbezügliche Beweiswürdigung, wobei schon wegen der fehlenden Auseinandersetzung mit den Erwägungen des BVwG deren Unvertretbarkeit nicht aufgezeigt wird.
118 12.4. Das in der Revision der Gemeinde in diesem Zusammenhang angeführte Briels u.a., C-521/12, betrifft die Auslegung der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (im Folgenden: Habitat-Richtlinie) hinsichtlich der darin geregelten „besonderen Schutzgebiete“ („Natura 2000“). Es ist schon deshalb nicht einschlägig, weil im Vorhabensgebiet kein derartiges Schutzgebiet liegt (so die nicht bekämpfte Feststellung in Abschnitt II.2.6.4. des Erkenntnisses des BVwG). Es bleibt aber auch unklar, inwieweit aus diesem Urteil ein „verallgemeinerungsfähiger Gedanke“ entwickelt werden könnte, zumal es sich auf die Aussage beschränkt, dass schädliche Auswirkungen auf einen Lebensraumtyp eines besonderen Schutzgebietes auch dann das Gebiet im Sinne des Art. 6 Abs. 3 Habitat-Richtlinie „als solches beeinträchtigen“, wenn ein gleich großes oder größeres Areal dieses Lebensraumtyps in diesem Gebiet geschaffen wird. Derartige Maßnahmen könnten nur als „Ausgleichsmaßnahmen“ im Sinne des Art. 6 Abs. 4 Habitat-Richtlinie eingestuft werden, müssen dafür jedoch die in der Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen.
119 Woraus sich eine „mangelnde Tauglichkeit der Maßnahme(n) als einer solchen“ ergeben soll, legt die Revision der Gemeinde im Zulässigkeitsvorbringen nicht dar, sodass darauf nicht eingegangen werden kann.
120 12.5. Die konkret schutzgutbezogen vorzunehmende Art der Kompensationsberechnung und die sich daraus ergebenden Kompensationsmaßnahmen sind im Einzelfall unter Heranziehung eines Sachverständigengutachtens zu klärende Sachverhaltsfragen (vgl. Vorerkenntnis Rn 162). Im Hinblick darauf ist das Vorgehen des BVwG, gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen die konkrete Ersatzmaßnahme auf Grund des gegebenen - wenn auch gelockerten - räumlichen, funktionalen und zeitlichen Zusammenhangs mit dem zu kompensierenden Eingriff als geeignet anzusehen, sie dabei jedoch wegen der Lockerung des Zusammenhangs deutlich abzuwerten, auch im Lichte des Zulässigkeitsvorbringens in den Revisionen nicht als unvertretbar zu beanstanden. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht aufgeworfen.
121 12.6. Soweit die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.9.1.3.) in diesem Zusammenhang die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Gerichtshof der Europäischen Union zur „Frage der Tauglichkeit einer Maßnahme wie der hier vorliegenden ... weil die scheinbare Schrankenlosigkeit der Situierung solcher Maßnahmen ... nichts mehr mit der Effektivität der Umsetzung des Unionsrechts zu tun“ habe, anregt, bleibt völlig unklar, welche hier relevante Frage des Unionsrechts (vor allem bezogen auf welche konkreten unionsrechtlichen Bestimmungen) nicht ausreichend geklärt sein soll. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich somit zu einem Vorabentscheidungsersuchen nicht veranlasst.
13. Zur Beurteilung der Eignung der neuen Ersatzmaßnahme im Hinblick auf bestehende raumordnungsrechtliche Verpflichtungen
122 13.1. Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.3.) begründet ihre Zulässigkeit mit dem Fehlen von Rechtsprechung zur Frage, ob Maßnahmen einer Gemeinde nach § 33 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (TROG 2016), im Zuge derer (als Ausgleich für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes) naturfachlich begründete Ersatzmaßnahmen vertraglich vereinbart wurden, einer neuerlichen Verwertung des selben Grundstücks „als Ersatzfläche nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000“ entgegenstehen. Darüber hinaus fehle Rechtsprechung dazu, ob derartige vertragliche Maßnahmen einer Formpflicht unterliegen oder allenfalls auch mündlich vereinbart werden können und ob derartige Maßnahmen dingliche Wirkung entfalten oder durch Veräußerung (der betroffenen Liegenschaft) obsolet werden.
123 13.2. Nach § 33 Abs. 2 TROG 2016 kann die Gemeinde zum Zweck der Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung und gegebenenfalls auch der Festlegungen übergeordneter Planungsinstrumente Verträge mit Grundeigentümern abschließen. Nach Abs. 3 können solche Verträge die Verpflichtung des Grundeigentümers vorsehen, die jeweiligen Grundflächen innerhalb einer angemessenen Frist einer bestimmten Verwendung zuzuführen, insbesondere zu bebauen. § 33 Abs. 2 TROG 2016 verweist diesbezüglich demonstrativ auf das Ziel nach § 27 Abs. 2 lit. d TROG 2016 („die Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz ...“). Zu den Zielen der örtlichen Raumplanung gehört nach lit. j dieser Bestimmung aber auch „die Erhaltung ökologisch besonders wertvoller Flächen und die Bewahrung erhaltenswerter natürlicher oder naturnaher Landschaftselemente und Landschaftsteile“.
124 13.3. Im Zuge der Verhandlung über die vom BVwG im zweiten Rechtsgang konkret festzulegende Ersatzmaßnahme wurde vorgebracht, dass eines jener Grundstücke, die für die betreffende Ersatzmaßnahme vorgesehen seien, bereits als naturkundliche Ausgleichsfläche diene und daher nicht auch für das nunmehrige Vorhaben herangezogen werden könne.
125 Dazu wurden eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, nämlich zunächst ein Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , mit dem eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der betroffenen Gemeinde hinsichtlich der Umwidmung einer bestimmten Teilfläche von „Freiland“ in „Sonderfläche für sonstige land- und forstwirtschaftliche Gebäude ...“ aufsichtsbehördlich genehmigt worden war. In dessen Begründung wird ausgeführt, dass mit einem bestimmten Grundstück - das auch Teil der hier gegenständlichen Ersatzmaßnahme wäre - eine Fläche für den Ausgleich aus naturkundlicher Sicht für die (durch die Umwidmung) in Anspruch genommene Feuchtgebietsflächen gefunden worden sei. Diese Ausgleichsfläche sei auf 25 Jahre gepachtet worden und sei in diesem Zeitraum einmal jährlich ab September zu mähen, das Mähgut zu entfernen und ein Düngeverzicht einzuhalten. Der Pachtvertrag vom liege den Unterlagen bei und sei „von allen Beteiligten unterfertigt“. Vorgelegt wurde weiters ein Pachtvertrag vom über diese Ausgleichsfläche, beginnend mit diesem Tag auf die Dauer von 25 Jahren, der jedoch nicht ausdrücklich auf die Widmungsänderung oder eine bestimmte Nutzung der Pachtfläche Bezug nimmt. Dieser Vertrag ist von der Verpächterin (Eigentümerin der Liegenschaft mit der Ausgleichsfläche) und dem Pächter (Bauwerber auf der umzuwidmenden Liegenschaft) unterzeichnet. Zu den vorgelegten Unterlagen gehört weiters ein Protokoll vom , das vom Bürgermeister der betroffenen Gemeinde unterzeichnet ist, und festhält, dass Mitarbeiter des Amtes der Landesregierung und der Bezirkshauptmannschaft die Ausgleichsfläche besichtigt hätten und „ihre Zustimmung“ (offenbar gemeint: zur geplanten Umwidmung) unter bestimmten Auflagen hinsichtlich der Ausgleichsfläche erteilt hätten, mit denen sich auch der Bauwerber einverstanden erklärt habe (nämlich Abschluss eines Pachtvertrages über 25 Jahre, konkrete Vorgaben für die Mahd und Verzicht auf Düngung). Schließlich wurde ein Schreiben eines Mitarbeiters der Abteilung Umweltschutz/Naturkunde des Amtes der Tiroler Landesregierung an die betroffene Gemeinde vom vorgelegt, in der dieser bestätigt, dass mit der genannten Ausgleichsfläche unter den genannten Bedingungen für die geplante Flächenwidmung ein Ausgleich aus naturkundlicher Sicht für die (durch die Umwidmung) in Anspruch genommenen Feuchtgebietsflächen gefunden worden sei.
126 13.4. Das BVwG führt diesbezüglich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung in Abschnitt II.2.8.4. seines Erkenntnisses unter der Überschrift „Zur rechtlichen Eignung der für die Ersatzmaßnahme ausgewählten Flächen ...“ aus, dass ein Vertrag im Sinne des § 33 Abs. 2 TROG 2016 nicht vorgelegt worden sei. Aus dem vorgelegten Protokoll ergebe sich vielmehr eindeutig, dass die Ausgleichsfläche gerade nicht im Eigentum des Bauwerbers (Pächters) stehe, der sich mit den Bewirtschaftungsauflagen einverstanden erklärt habe. Der Pachtvertrag enthalte diese - auch in der aufsichtsbehördlichen Genehmigung erwähnten - „Auflagen“ nicht. Eine rechtliche Verpflichtung, die den (jeweiligen) Grundeigentümer treffe und somit am Grundstück „hafte“, existiere daher schon aus diesem Grund nicht. Mit Auflösung des Pachtvertrages und Grunderwerb durch die Mitbeteiligte erlösche daher jegliche Verpflichtung, derartige „Auflagen“ einzuhalten. Selbst wenn man von einer rechtlichen Verpflichtung zur Einhaltung dieser „Auflagen“ ausginge, so würden die im Rahmen der Ersatzmaßnahme vorgeschriebenen Auflagen sowohl in zeitlicher als auch inhaltlicher Hinsicht darüber hinausgehen, sodass keine Gleichwertigkeit vorliege.
127 13.5. Dass die rechtliche Beurteilung des BVwG basierend auf den vorgelegten unbestrittenen Urkunden, ein Vertrag im Sinne des § 33 Abs. 2 TROG 2016 - also zwischen der Gemeinde und der Eigentümerin der betroffenen Liegenschaft - bestehe nicht, unvertretbar wäre, legen die Revisionswerber mit dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung (auch die Grundeigentümerin der Maßnahmenfläche habe den betreffenden Verpflichtungen bindend zugestimmt, und es sei daher „unerfindlich“, aus welchen Umständen das BVwG ableite, es würden keine rechtlichen Verpflichtungen des Grundeigentümers bestehen) nicht dar.
128 13.6. Im Zusammenhang mit der Vertragsraumordnung bringt die Revision der Umweltorganisationen (Punkte II.3.3 und II.3.5.2.c) noch vor, dass das BVwG ungeachtet des Vorbringens dazu, warum die für die Kompensationsmaßnahme vorgesehenen Flächen bereits einer rechtlich verpflichtenden naturfachlichen Aufwertungsmaßnahme unterlägen, keine eigenen Ermittlungsschritte gesetzt habe. Es sei jede Ermittlungstätigkeit „etwa durch Befragung der entsprechenden Gemeindeorgane ... oder des Grundstückeigentümers und Pächters, ob ... eine rechtliche Verpflichtung im Sinne eines Vertrages, ob mündlich oder schriftlich, vorliegt“, unterlassen worden.
129 Die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes des Ermittlungsverfahrens ein „ausreichend ermittelter Sachverhalt“ vorliegt oder weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, stellt keine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt in einem solchen Zusammenhang jedenfalls dann nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht in vertretbarer Weise zum Ergebnis gelangt, dass weitere amtswegige Erhebungen nicht erforderlich seien ().
130 Angesichts der bereits oben dargestellten Beweisergebnisse, die keinerlei Hinweis auf eine weitere Vereinbarung (insbesondere zwischen Gemeinde und Liegenschaftseigentümerin) enthalten, kann eine Unvertretbarkeit der Abstandnahme von weiteren amtswegigen Nachforschungen zu solchen Vereinbarungen nicht erkannt werden.
131 13.7. Die Revisionswerber gehen bei den von ihnen aufgeworfenen Fragen, ob Maßnahmen einer Gemeinde nach § 33 TROG 2016, im Zuge derer (als Ausgleich für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes) naturfachlich begründete Ersatzmaßnahmen vereinbart wurden, einer neuerlichen Verwertung des selben Grundstücks „als Ersatzfläche nach § 17 Abs. 5 UVP-G 2000“ entgegenstehen, sowie ob Maßnahmen der Vertragsraumordnung nach § 33 TROG 2016 „eine bestimmte Form verlangen (z.B. Schriftlichkeit), um verbindliche Wirkung zu entfalten“, von der somit unzutreffenden Prämisse aus, es läge ein Fall der Vertragsraumordnung nach § 33 TROG 2016 vor. Das Schicksal der Revision hängt von diesen Fragen daher nicht ab.
132 13.8. Dies betrifft gleichermaßen die Frage nach der dinglichen Wirkung einer Vereinbarung im Sinne des § 33 TROG 2016. Näher einzugehen ist jedoch darauf, dass die Revisionswerber die Auffassung des BVwG bekämpfen, mit Auflösung des bestehenden Pachtvertrages und Grunderwerb durch die Mitbeteiligte erlösche jegliche Verpflichtung, die (vom Pächter gegenüber den Behörden akzeptierten) Auflagen einzuhalten. Mit der kritisierten Formulierung meint das BVwG ersichtlich, der Mitbeteiligten sei es nach dem Erwerb der Liegenschaft möglich, den Pachtvertrag aufzulösen, sodass weder sie noch sonst einen an der Liegenschaft Berechtigten (etwa Bestandnehmer) die Verpflichtung (weiterhin) treffe, auf dieser Liegenschaft bestimmte Maßnahmen zu setzen.
133 Diesbezüglich liegt jedoch schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, weil Fragen der Voraussetzungen und Wirkungen der Auflösung einer privatrechtlichen Vereinbarung solche des Zivilrechts sind. Bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der Verwaltung fallenden Rechtsmaterien kommt dem Verwaltungsgerichtshof keine Leitfunktion zu. Er ist zur Fällung grundlegender Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivilrechts nicht berufen, sodass die Auslegung zivilrechtlicher Normen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen kann, solange dem Verwaltungsgericht dabei keine krasse Fehlentscheidung unterlaufen ist. Eine derartige Unvertretbarkeit ist in der Regel dann auszuschließen, wenn das Verwaltungsgericht eine zivilrechtliche Vorfrage im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst hat ().
134 Nach § 1120 ABGB muss der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, nach der Veräußerung des Bestandobjektes durch den Eigentümer an einen Dritten nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Der Erwerber eines Pachtobjektes ist damit weder an einen Kündigungsverzicht noch an die von seinem Vorgänger im Pachtvertrag vereinbarte Vertragsdauer (vgl. , unter Bezugnahme auf die von der Lehre gebilligte ständige Rechtsprechung) und somit auch nicht an die konkreten Vertragsinhalte gebunden.
135 Eine unvertretbare Lösung dieser zivilrechtlichen Vorfrage durch das BVwG legen die Revisionswerber auch mit der Behauptung, die Mitbeteiligte würde mit der Kündigung des Pachtvertrages „vorsätzlich in fremde Forderungsrechte eingreifen (nämlich in das Recht der Gemeinde auf Einhaltung der Verpflichtung nach der Vertragsraumordnung) und daher in weiterer Folge einem Schadenersatzanspruch durch Naturalrestitution ... ausgesetzt sein“, nicht dar, zumal sie sich nicht näher mit den Voraussetzungen der Deliktshaftung für Eingriffe in fremde Forderungsrechte, insbesondere dem Verhältnis zur Ausübung eigener Rechte (hier des Liegenschaftserwerbers), auseinandersetzen (vgl. dazu etwa ; RIS-Justiz RS0025920 [T16]: § 1295 Abs. 2 ABGB ist auch dann erfüllt, wenn der schädigende Dritte im Bewusstsein des Bestehens des fremden Anspruchs und des Nichtbestehens seines eigenen Anspruchs durch sein vorsätzliches Handeln [oder Unterlassen] die Erfüllung des fremden Vertrags vereitelt und den Gläubiger dadurch vorsätzlich schädigt).
14. Zur Einbeziehung der Verschlechterung von einzelnen Qualitätskomponenten von Oberflächengewässern in die Berechnung des Kompensationsbedarfs
136 14.1. Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.7.) behauptet eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (konkret ), weil im Rahmen der Ermittlung des Kompensationsbedarfs Verschlechterungen der Hydromorphologie vom „sehr guten“ auf den „guten“ Zustand nur teilweise und nicht in vollem Ausmaß berücksichtigt worden seien.
137 Die Revision der Gemeinde (Punkt A.3.9.4.) bringt unter Bezugnahme auf das gleiche Erkenntnis vor, es komme auf nicht mehr an, als dass sich eine einzelne hydromorphologische Qualitätskomponente vom „sehr guten“ auf den „guten“ Zustand verschlechtere. Solche Maßnahmen seien, wenn überhaupt möglich, nicht nur ebenso auszugleichen, was hier ganz fehle, sondern auch im Zusammenhang mit der Altanlage zu sehen.
138 14.2. Die Bestimmung des § 104a WRG 1959 legt Sonderregelungen für die Bewilligungsfähigkeit bestimmter Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand fest. Dazu gehören nach § 104a Abs. 1 lit. b WRG 1959 u.a. Vorhaben, bei denen aus bestimmten Gründen „mit einer Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu rechnen ist“. Der „Zustand des Oberflächengewässers“ ist die allgemeine Bezeichnung für den Zustand eines Oberflächenwasserkörpers auf der Grundlage des jeweils schlechteren Wertes für den ökologischen und den chemischen Zustand (§ 30a Abs. 3 Z 3 WRG 1959). Für die Bestimmung des ökologischen und des chemischen Zustandes bestehen nähere Regelungen in der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer (QZV Ökologie OG) und der Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer (QZV Chemie OG). Dabei unterscheidet etwa § 4 QZV Ökologie OG einzelne Qualitätskomponenten für den ökologischen Zustand von Oberflächengewässern (nämlich biologische, hydromorphologische und physikalisch-chemische Qualitätskomponenten). Der (gesamte) ökologische Zustand eines Oberflächenwasserkörpers ergibt sich aus der Kombination des Zustandes der einzelnen Komponenten und orientiert sich im Wesentlichen am jeweils schlechtesten Wert einer Teilkomponente. Die jeweiligen Zustände werden dabei zum Teil in Klassen („sehr gut“, „gut“ etc.) ausgedrückt. Diese Regelungen ergingen in Umsetzung der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (im Folgenden: Wasserrahmen-RL), welche in Art. 4 Abs. 1 lit. a Ziff. i auf eine „Verschlechterung des Zustands von Oberflächenwasserkörpern“ Bezug nimmt und in Anhang V die einzelnen Qualitätskomponenten definiert.
139 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2018/07/0331, ausgesprochen, dass bei Verschlechterung (nur) der hydromorphologischen Qualitätskomponente um eine Klasse von „sehr gut“ auf „gut“ jedenfalls eine Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers iSd Art. 4 Abs. 1 lit. a Ziff. i der Wasserrahmen-RL bzw. § 30a Abs. 1 WRG 1959 vorliegt, ohne dass es noch auf den Zustand der weiteren in § 4 Abs. 6 QZV Ökologie OG genannten, für den „ökologischen Zustand“ eines Oberflächenwasserkörpers maßgeblichen Qualitätskomponenten oder auf den „chemischen Zustand“ ankomme. Er folgte damit der Rechtsprechung des EuGH, wonach der Begriff der Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächenwasserkörpers in Art. 4 Abs. 1 lit. a Ziff. i Wasserrahmen-RL dahin auszulegen ist, dass eine Verschlechterung vorliegt, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhanges V der genannten Richtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt ( Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., C-461/13).
140 14.3. Das BVwG hat in Abschnitt II.1.4.1. seines Erkenntnisses festgestellt, dass durch das Vorhaben einige Oberflächengewässer in ihrem ökologischen Zustand verschlechtert würden. Dabei komme es bei fünf Detailwasserkörpern verschiedener Hochgebirgsbäche zur Verschlechterung um mindestens eine (gesamte) Zustandsklasse und zusätzlich bei neun Detailwasserkörpern zu einer Verschlechterung der einzelnen Qualitätskomponenten Makrozoobenthos und/oder Wasserhaushalt innerhalb einer prognostizierten Zustandsklasse.
141 Zum Kompensationsbedarf für den Verlust und die Verschlechterung von Oberflächengewässern stellt das BVwG in Abschnitt II.1.13.2.1. fest, dass in den Gutachten, auf die sich der Bescheid der belangten Behörde stützte, bei der Berechnung des Kompensationswertes die Verschlechterung einzelner hydromorphologischer Einzelkomponenten (ohne gleichzeitige Verschlechterung des Gesamtzustands) nicht eingeflossen sei. Es referierte weiters die Ausführungen der Sachverständigen, die im Auftrag des Gerichtes einen ersten fachlichen Vorschlag zur Adaption des Berechnungsmodells insofern erstatten, als die Verschlechterung der biologischen Einzelkomponenten um eine ökologische Zustandsklasse mit dem Faktor 0,25, der hydromorphologischen Einzelkomponenten mit 0,08 und der chemischen Einzelkomponenten jeweils mit 0,05 bewertet werden könnte. Daraus ergebe sich ein Kompensationsbedarf von insgesamt 24,24 km und somit ein Mehrbedarf an Kompensationsstrecken (im Vergleich zu den Annahmen im Bescheid der belangten Behörde) von ca. 3,3 km. Demgegenüber habe die (nunmehr revisionswerbende) Gemeinde eine Bewertung des Kompensationsbedarfs sowohl bei Verschlechterung einer gesamten Zustandsklasse als auch nur einzelner Komponenten stets mit dem Faktor 1 gefordert, weil die oben zitierte Rechtsprechung keine Differenzierung mehr zulasse.
142 Letztlich legte sich das BVwG auf eine konkrete, zahlenmäßig fixierte Berücksichtigung der Verschlechterung von Einzelkomponenten nicht fest. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (Abschnitt II.2.8.5.) führte es dazu aus, dass in Fachkreisen diskutiert werde, inwiefern auch Verschlechterungen innerhalb einer Zustandsklasse verstärkt zu kompensieren wären. Dies habe - neben anderen Gründen - das Gericht dazu bewogen, in den Spruchpunkten A.I.5 und A.I.6. weitere Maßnahmen zu gewässerökologischen Zwecken als Auflagen vorzusehen, um eine bleibende Schädigung der Gewässer i.S. des § 17 Abs. 2 UVP-G 2000 hintanzuhalten und dabei gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Umwelt iSd § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 sicherzustellen. Diese Maßnahmen verbesserten den Gewässerzustand des I. Dabei werde ein weiterer Ausgleich im Sinne des Kriterienkataloges angestrebt, aber nicht an der Erreichung einer exakten Kompensationslänge, ausgedrückt in Kilometern, sondern an der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus insgesamt, gemessen.
143 14.4. Die Bemessung des Kompensationsbedarfs für Zustandsverschlechterungen von Gewässern ist nicht Regelungsgegenstand des § 104a WRG 1959 (bzw. deren unionsrechtliche Grundlage), sodass die dazu ergangene Rechtsprechung auch nicht unmittelbar umgelegt werden kann. Unabhängig davon ergibt sich aber auch aus dieser Rechtsprechung lediglich, dass bereits die Verschlechterung einer einzelnen Qualitätskomponente als „Verschlechterung des Zustandes“ des Oberflächenwasserkörpers insgesamt anzusehen ist, auch wenn die (zusammenfassende) Zustandsklasse (insgesamt) unverändert bleibt. Dies führt dann etwa dazu, dass in diesen Fällen zusätzlich die Genehmigungsvoraussetzungen des § 104a Abs. 2 WRG 1959 vorliegen müssen. Es ergibt sich daraus aber nicht, dass die Verschlechterung einer Teilkomponente mit der Verschlechterung um eine gesamte Zustandsklasse (auch quantitativ) gleichzusetzen ist.
144 Im Vorgehen des BVwG, die Verschlechterung (bloß) hydromorphologischer Einzelkomponenten in mehreren Detailwasserkörpern zum Anlass für zusätzliche - nicht konkret quantifizierte - Kompensationsmaßnahmen zu machen, ohne ausdrücklich von einer Verschlechterung um eine gesamte Zustandsklasse auszugehen, stellt damit keine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar. Die Revisionen legen mit der Forderung nach einer Berücksichtigung der Verschlechterung vom „sehr guten“ auf „guten“ Zustand „in vollem Ausmaß“ (bzw. der unzutreffenden Behauptung, ein Ausgleich dafür fehle völlig) auch keine Unvertretbarkeit der Beurteilung im Einzelfall dar, sodass diesbezüglich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
15. Zum Genehmigungsvorbehalt im Hinblick auf den erforderlichen Erwerb von Rechten
145 15.1. Die Umweltorganisationen begründen die Zulässigkeit ihrer Revision (Punkt II.3.2.) weiters damit, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis zur Bestimmung des § 17 Abs. 1 letzter Satz UVP-G 2000 (Vorbehalt des Erwerbs entsprechender Rechte) abgewichen sei bzw. Rechtsprechung dazu fehle, ob diese Bestimmung die Präzisierung der betroffenen Rechte erfordert.
146 Obwohl das BVwG weiterhin von der Notwendigkeit einer zwangsweisen Rechtseinräumung nach dem WRG 1959 ausgehe, habe es einen Genehmigungsvorbehalt im Sinne dieser Bestimmung gar nicht verfügt. Die entsprechende Bestimmung im Bescheid der belangten Behörde sei viel zu unbestimmt. Es müsste vielmehr festgestellt werden, welche Zustimmungen Dritter überhaupt erforderlich seien und ob diese vorlägen oder allenfalls durch Zwangsrechte substituiert werden könnten. In Abhängigkeit davon müsste ein konkreter Genehmigungsvorbehalt formuliert werden, der eine nachprüfende Kontrolle ermögliche, wann die Genehmigung rechtswirksam werde.
147 15.2. Das angefochtene Erkenntnis enthält im Rahmen des Spruchpunktes A.I.4. am Ende der neu eingefügten Auflage A.XII.11.12 (Ausgleich für den Verlust von Feuchtlebensräumen im L-Tal) folgende Bestimmung: „Die Flächen sind entweder in uneingeschränktem Eigentum zu erwerben oder im Wege eines Dienstbarkeitsvertrags auf Bestanddauer zu sichern. Der Rechtserwerb ist der Behörde vor dem Beginn der Vorhabensrealisierung nachzuweisen.“
148 Der - insoweit vom BVwG bestätigte - Spruch des Bescheides der belangten Behörde enthält im Einleitungsabsatz der „UVP-Genehmigung“ (Punkt A. des Bescheides) - und damit noch vor der Konkretisierung der Genehmigung nach materienrechtlichen Bestimmungen - folgende Regelung: „Soweit die Zustimmung Dritter für das Vorhaben notwendig ist, wird die Genehmigung unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte erteilt.“
149 15.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis (Rn 183 bis 186) die in dem damals angefochtenen Erkenntnis des BVwG aus dem ersten Rechtsgang vorgesehene Bestimmung „Ein Beginn der Bauarbeiten im L-Tal im für das Vorhaben ist erst nach Freigabe des Maßnahmenkonzepts durch die Behörde zulässig“ als rechtswidrig beurteilt. Diese Junktimierung stünde nämlich in Widerspruch zu § 17 Abs. 1 letzter Satz UVP-G 2000, „der sich auch im Spruch des insofern unverändert gebliebenen Bescheides der UVP-Behörde findet“, wonach die gesamte Genehmigung unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte stehe. Erst mit dem - gegebenenfalls durch eine nachgeschaltete Zwangsrechtseinräumung erworbenen - Recht zur Umsetzung der Ersatzmaßnahme könne die gesamte Genehmigung ihre Rechtswirksamkeit erlangen. Die durch die Art der Formulierung der damaligen Auflage (nämlich als Auftrag zur Vorlage eines Konzeptes für eine Ersatzmaßnahme) bewirkte Ungewissheit darüber, wo die Maßnahme gesetzt wird, führe aber auch zur Ungewissheit darüber, ob bzw. wann die Genehmigung für das gesamte Projekt ihre Rechtswirksamkeit erlangte, was wiederum die Rechtswidrigkeit der Vorschreibung einer so formulierten Ersatzmaßnahme zeige.
150 15.4. Schon nach dem Vorbringen der Revisionswerber enthält die vom BVwG nunmehr verfügte zusätzliche Auflage A.XII.11.12 keinen (eigenen) Vorbehalt im Hinblick auf den erforderlichen Erwerb fremder Rechte, sondern die Auflage, diese zu erwerben und den Erwerb der Behörde nachzuweisen. Dazu tritt auch für diesen Teil des Vorhabens die allgemeine Bestimmung aus dem Einleitungsabsatz des Bescheides der belangten Behörde, der - wie schon das Vorerkenntnis ausdrücklich anführt - mit der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 1 letzter Satz UVP-G 2000 übereinstimmt. Eine Abweichung der Entscheidung des BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis liegt damit nicht vor.
151 15.5. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits beispielsweise folgende Formulierung nicht als bedenklich angesehen: „Die Genehmigung wird gemäß § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 unter Vorbehalt des Erwerbs der Rechte - soweit hiefür eine zivilrechtliche Einigung oder deren Ersatz durch Zwangsrechte erforderlich ist - zur Inanspruchnahme der nicht im Eigentum der (MP) stehenden, für die Verwirklichung des Projekts einschließlich sämtlicher vorgesehener oder durch Auflagen vorgeschriebener Begleit- und Ausgleichsmaßnahmen erforderlichen Grundstücke und zum Eingriff in bestehende Wasserrechte und Wassernutzungen, einschließlich der dazugehörigen Anlagen (wie z.B. Umbau der Anlagen zur Abwasserentsorgung), erteilt“ (vgl. ). Auch in diesem Fall wurden die erforderlichen Rechte nicht konkret bezeichnet, sondern bloß abstrakt und konditional („soweit erforderlich“) beschrieben, sodass die Formulierung inhaltlich nicht über den Gesetzestext hinausgeht.
152 Die Entscheidung des BVwG bewegt sich damit im Rahmen der diesbezüglich bestehenden Rechtsprechung, sodass insoweit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird.
153 15.6. Soweit die Revision die Unbestimmtheit des konkreten Vorbehalts behauptet, so könnte diese nur im Fall der Unvertretbarkeit der Entscheidung des BVwG eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darstellen. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor: Die im Vorerkenntnis noch kritisierte, nicht hinzunehmende Ungewissheit darüber, ob bzw. wann die Genehmigung für das gesamte Projekt ihre Rechtswirksamkeit erlangte, war ausdrücklich darin begründet, dass nach der damaligen Auflage nicht konkretisiert war, wo - und damit auf welchen Grundstücken - die Ersatzmaßnahme durchzuführen gewesen wäre. Diesen Mangel hat das BVwG nunmehr durch konkrete Bezeichnung der Maßnahmenflächen mittels Katastralgemeinde und Grundstücksnummern behoben. Es ist auch in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Weise konkretisiert, welche Rechte erworben werden müssen, damit die Genehmigung insgesamt wirksam werden kann, nämlich entweder das uneingeschränkte Eigentum an den betroffenen Flächen oder deren Sicherung im Wege eines Dienstbarkeitsvertrags auf Bestanddauer.
16. Zur Einräumung von Zwangsrechten nach dem WRG 1959 zur Umsetzung von Ersatzmaßnahmen
154 16.1. Nach der Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.8) sei diese zulässig, weil es an Rechtsprechung zur Frage fehle, ob auf der Rechtsgrundlage der §§ 60 ff WRG 1959 auch Zwangsrechte für die Durchführung von Ersatzmaßnahmen eingeräumt werden können, die für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens erforderlich sind und nicht im Eigentum des Projektwerbers stehen.
155 Die Revision der Bürgerinitiative (Punkt 3.4.3) bringt diesbezüglich vor, das Erkenntnis des BVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (konkret ) ab, wonach zu einem Wasserbauvorhaben (für das iSd § 63 lit. b WRG 1959 Zwangsrechte eingeräumt werden können) alles zähle, was zur Verwendung des Wassers für den beabsichtigten Zweck erforderlich sei. Die Renaturierung einer landwirtschaftlich genutzten Fläche fernab vom genehmigten Wasserbauvorhaben zähle nicht dazu.
156 Weiters sei nach der Revision der Bürgerinitiative (Punkt 3.4.4.) für die neu hinzugenommene Ersatzmaßnahme landwirtschaftlich genutzter Grund heranzuziehen. Der Erwerb von Rechten an solchen Grundstücken unterliege den Beschränkungen der §§ 4 ff Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, sodass die Mitbeteiligte ein Eigentums- oder Nutzungsrecht nicht erwerben könne. Zur Rechtsfrage, „ob Rechte, welche aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften durch Rechtsgeschäft, Zwangsversteigerung oder Gesetz (z.B. Erbrecht) nicht erworben werden können, zwangsweise eingeräumt werden können“, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
157 16.2. Das BVwG hat die Einwendung, wonach materiengesetzlich vorgesehene Zustimmungserfordernisse von Grundeigentümern nicht beachtet worden seien, mit dem Hinweis erledigt, § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 sehe vor, dass die Zustimmung Dritter insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung sei, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung sei in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen. Für das gegenständliche Vorhaben stellten die §§ 62 ff WRG 1959 weitreichende Möglichkeiten der Zwangsrechtsbegründung zur Verfügung, die nach Erteilung der Genehmigung bei der Wasserrechtsbehörde zu beantragen seien.
158 16.3. Die Revisionswerber machen mit dem Vorbringen, die Bewilligung hätte nicht erteilt werden dürfen, weil ein zwangsweiser Zugriff auf im Eigentum Dritter stehender Grundflächen nach den bestehenden rechtlichen Grundlagen nicht verfügt werden könnte, allerdings keine Verletzung von Umweltschutzvorschriften geltend. Nach § 19 Abs. 10 UVP-G 2000 sind Umweltorganisationen im Rahmen ihrer Parteistellung nämlich nur berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen. Entsprechendes gilt für Personengruppen (Bürgerinitiativen), soweit ihnen Parteistellung zukommt, nach § 19 Abs. 4 UVP-G 2000.
159 Der Begriff der „Umweltschutzvorschrift“ iSd § 19 Abs. 4 (und 10) UVP-G 2000 ist weit zu verstehen und nicht auf Normenbereiche eingeschränkt, die in unmittelbarem Bezug zum Schutz der Umwelt stehen. Der Begriff der „Umweltschutzvorschrift“ umfasst vielmehr Rechtsvorschriften, die direkt oder indirekt dem Schutz des Menschen und der Umwelt vor schädlichen Aus- oder Einwirkungen dienen. Es fallen aber nicht ganze Rechtsbereiche (wie z.B. das Wasserrecht oder das Naturschutzrecht) unter die „Umweltschutzvorschriften“. Vielmehr ist die Qualifikation der einzelnen Rechtsnormen je für sich vorzunehmen. Eine Rechtsnorm wird man demnach als „Umweltschutzvorschrift“ qualifizieren können, wenn ihre Zielrichtung (zumindest auch) in einem Schutz der Umwelt - im Sinne einer Hintanhaltung von Gefahren für die menschliche Gesundheit oder die Natur - besteht ().
160 16.4. Nach § 5 Abs. 1 UVP-G 2000 hat der Genehmigungsantrag zur Einleitung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unter anderem die nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen zu enthalten. Nicht als erforderlich gelten jedoch Nachweise über Berechtigungen, soweit diesbezüglich in einer Verwaltungsvorschrift die Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 schreibt vor, dass die Behörde bei der Entscheidung über den Antrag unter anderem die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden hat. Die Zustimmung Dritter ist jedoch insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Diese Bestimmungen stellen damit keine eigenen Antrags- oder Genehmigungsvoraussetzungen auf, sondern verweisen diesbezüglich auf die anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
161 Als eine materienrechtliche Bestimmung, die im Zusammenhang mit der vom BVwG eingefügten Ersatzmaßnahme den Nachweis einer Berechtigung bzw. Zustimmung Dritter fordert, kommt § 43 Abs. 2 TNSchG 2005 in Betracht. Demnach ist dem Antrag auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung - soweit es sich nicht um die Verwendung von Kraftfahrzeugen auf Straßen in Schutzgebieten handelt - der Nachweis des Eigentums am betroffenen Grundstück oder, wenn der Antragsteller nicht Grundeigentümer ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers anzuschließen. Dies ist nicht erforderlich, sofern aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften eine Enteignung oder die Einräumung von Zwangsrechten zugunsten des Vorhabens möglich ist.
162 Zum Zweck dieser Bestimmung führen die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage in den Tiroler Landtagsmaterialien 504/2014 (zu Z 35) aus: „Die verpflichtende Vorlage des Eigentumsnachweises oder einer Zustimmungserklärung des Grundeigentümers dient insbesondere dem verwaltungsökonomischen Ziel, naturschutzrechtliche Bewilligungsverfahren nur in jenen Fällen durchzuführen, in denen sichergestellt scheint, dass das geplante Vorhaben nicht schon an der fehlenden privatrechtlichen Verfügungsmacht des Antragstellers über die vom Vorhaben betroffenen Grundstücke scheitert. Dadurch soll vermieden werden, dass über Vorhaben, die aufgrund dessen ohnehin nicht realisiert werden könnten, ein womöglich aufwendiges Verfahren durchgeführt wird.“ Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass es sich bei § 43 Abs. 2 TNSchG 2005 lediglich um eine im Dienste der Verwaltungsökonomie stehende Vorschrift handelt, die etwa auch nicht den Schutz von Eigentümerrechten bezweckt, sodass aus dieser Vorschrift nicht einmal eine Parteistellung des vom Antragsteller verschiedenen Grundeigentümers abgeleitet werden kann (vgl. , mwN). Die Bestimmung stellt daher auch keine Umweltschutzvorschrift im Sinne des § 19 Abs. 4 und 10 UVP-G 2000 dar.
163 Aus den gleichen Überlegungen stellt auch die Regelung des § 12 WRG 1959, wonach einer wasserrechtlichen Bewilligung fremde Rechte wie das Grundeigentum entgegenstehen, soweit sie nicht durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können, keine Umweltschutzvorschrift im genannten Sinn dar, die geeignet wäre, subjektive Rechte von Umweltorganisationen oder Bürgerinitiativen zu begründen. Entsprechendes gilt für die gesetzlichen Beschränkungen des Rechtserwerbs an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken in Tirol, die dem öffentlichen Interesse „der Erhaltung und Stärkung eines lebensfähigen Bauernstandes in Tirol“ dienen (vgl. § 6 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996).
164 16.5. Soweit die Revisionswerber also geltend machen, der Mitbeteiligten fehle es an den erforderlichen Eigentums- bzw. Nutzungsrechten an den Ersatzflächen, solche könnten auch nicht nach den §§ 60 ff WRG 1959 zwangsweise eingeräumt werden bzw. einer Zwangsrechtseinräumung stünden grundverkehrsrechtliche Bestimmungen entgegen, fehlt es ihnen (als Umweltorganisationen bzw. Bürgerinititative) mangels Verletzung ihrer subjektiven Rechte an der Berechtigung zur Erhebung der Revision. Auf die Frage, ob im konkreten Fall die Einräumung von Zwangsrechten nach den §§ 60 ff WRG 1959 zulässig wäre, ist daher hier nicht einzugehen. Auch würde eine diesbezügliche Fehlbeurteilung des BVwG lediglich dazu führen, dass die Mitbeteiligte die Rechte an den Ersatzflächen nicht erlangen und damit auf Grund des Genehmigungsvorbehaltes nach § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 die gesamte Bewilligung nicht ausüben könnte. Sie dürfte daher insbesondere die zu kompensierenden Umwelteingriffe nicht vornehmen, sodass damit keine Gefahren für die menschliche Gesundheit oder die Natur verbunden wären.
165 Von den in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Rechtsfragen hängt das Ergebnis der Revisionen daher nicht ab.
17. Sonstiges verweisendes Zulässigkeitsvorbringen
166 Die Revision der Gemeinde führt im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens (Punkt A.3.10.) aus, das BVwG habe zu fast allen Fragen, die der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis aufgegriffen und aufgeworfen habe, sich von dessen Rechtsprechung entfernt. Dies werde „in Punkt B der Beschwerde“ gezeigt werden. (Punkt B der Revision ist mit „Ausführung der ordentlichen Revision“ überschrieben und enthält die Revisionsgründe.) Bereits in Punkt A.3.6. wird zu den vom BVwG verfügten Auflagen pauschal ausgeführt, dass diese weder der Rechtsprechung, noch den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes entsprächen. Diese würden im Zuge der Ausführung der Revision mit entsprechender Stellungnahme genau beleuchtet werden. Am Ende des Zulässigkeitsvorbringens (Punkt A.3.11. „Ergebnis“) wird vorgebracht, die Revision sei auch deshalb zulässig, „weil eine Reihe weiterer wesentlicher Rechtsfragen gegeben sind, die im Folgenden entwickelt werden“.
167 Die Revision der Umweltorganisationen (Punkt II.3.9.) kündigt im Zusammenhang mit dem Zulässigkeitsvorbringen betreffend die behauptete Unbestimmtheit von Auflagen an, „zur fehlenden Sicherstellung der rechtlichen Verfügbarkeit der Auflagen“ im Rahmen der Revisionsgründe noch gesondert und ausführlich Stellung zu nehmen.
168 Dieses Vorbringen, das sich jeweils in einem Verweis auf die Revisionsgründe erschöpft, entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 28 Abs. 3 VwGG zur „gesonderten“ Anführung der Gründe, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, und kann schon deshalb die Zulässigkeit der Revision nicht begründen (vgl. etwa , mwN).
18. Ergebnis
169 Da in den Revisionen somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, waren sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
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Normen | AVG §37 AVG §45 Abs2 AVG §45 Abs3 AVG §52 AVG §56 AVG §58 Abs2 AVG §59 Abs1 AVG §60 AVG §8 B-VG Art133 Abs4 GVG Tir 1996 §6 Abs1 NatSchG Tir 2005 §43 Abs2 UVPG 2000 §17 Abs4 UVPG 2000 §17 Abs5 UVPG 2000 §19 Abs10 UVPG 2000 §19 Abs4 UVPG 2000 §3a Abs7 VwGG §28 Abs3 VwGG §34 Abs1 VwGG §41 VwGVG 2014 §17 VwGVG 2014 §29 Abs1 VwRallg WRG 1959 §12 WRG 1959 §121 Abs1 WRG 1959 §138 Abs1 lita |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Beweismittel Sachverständigenbeweis Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Gutachten Beweiswürdigung der Behörde Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070081.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-47549