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VwGH 31.01.2019, Ra 2018/15/0003

VwGH 31.01.2019, Ra 2018/15/0003

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Nach § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einem Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Die Aussetzung der Einhebung ist demnach antragsgebunden, es erfolgt keine amtswegige Verfügung der Aussetzung. Bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Bewilligung eines auf Aussetzung der Einhebung gerichteten Antrages. Grundsätzlich besteht Anspruch auf Aussetzung von berufungsverfangenen Abgaben, wobei nicht nur eine Berufung gegen den (abgeleiteten) Abgabenbescheid an sich, sondern auch eine Berufung gegen einen dem (abgeleiteten) Abgabenbescheid vorgeschalteten Feststellungsbescheid genügt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2007/15/0294 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Dr. M S in K, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/3100618/2017, betreffend Ablauf einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO und Festsetzung von Aussetzungszinsen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Dem Revisionswerber wurden aufgrund seiner Beteiligung an der X GmbH & Co KG zunächst (negative) Einkünfte zugewiesen, die vom Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfasst wurden.

2 Am ergingen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1995, 1999 und 2000, in denen die negativen Einkünfte des Revisionswerbers aus der Beteiligung an der X GmbH & Co KG - unter Hinweis auf die bescheidmäßigen Feststellungen des für die X GmbH & Co KG zuständigen Finanzamtes vom (Grundlagenbescheide) - außer Ansatz blieben.

3 Mit Schriftsatz vom stellte der Revisionswerber beim für ihn zuständigen Finanzamt folgenden Antrag:

"Da gegen den Feststellungsbescheid des Finanzamtes (...) der (X-GmbH & Co KG) durch die (D) Wirtschaftsprüfung und Steuerberatungs-GesmbH das Rechtsmittel der Berufung eingebracht wurde, stelle ich durch meinen bevollmächtigten Vertreter (...) den Antrag den Abgabenrückstand auf meinem Abgabenkonto in Höhe von EUR 22.645,04 bis zu Erledigung des Rechtsmittels gemäß § 212 a Bundesabgabenordnung von der Einhebung auszusetzen."

4 Vom Finanzamt wurde die Aussetzung der Einhebung bewilligt. 5 Mit Beschluss vom wies das Bundesfinanzgericht die Berufungen (nunmehr Beschwerden) gegen die als Feststellungsbescheide intendierten Erledigungen des für die X GmbH & Co KG zuständigen Finanzamtes mit der Begründung zurück, dass es sich bei diesen Erledigungen um "Nichtbescheide" handle.

6 Infolge Erledigung des gegen die "Feststellungsbescheide" des für die X GmbH & Co KG zuständigen Finanzamtes erhobenen Rechtsmittels verfügte das für den Revisionswerber zuständige Finanzamt mit Bescheiden vom den Ablauf der bewilligten Aussetzung der Einhebung und setzte die Aussetzungszinsen fest.

7 Der Revisionswerber erhob gegen die Bescheide vom Beschwerde und brachte u.a. vor, ihm sei keine Beschwerdeerledigung bekannt, weshalb die angefochtenen Bescheide jeglicher Rechtsgrundlage entbehrten.

8 Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung zurück, woraufhin der Revisionswerber deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragte.

9 In einem ergänzenden Schriftsatz zum Vorlageantrag führte der Revisionswerber u.a. aus, er habe beim Finanzamt Akteneinsicht beantragt, weil ihm der Akt und die dazugehörigen Unterlagen nicht mehr vorlägen. Vom Finanzamt habe er ein Konvolut an Unterlagen, nicht aber die Berufung des Revisionswerbers gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1995, 1999 und 2000 erhalten, die erhoben worden sein müsse, weil sonst der Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht zu genehmigen gewesen wäre. Alternativ sei der vorliegende Antrag auf Aussetzung der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide gleichzusetzen, auch wenn dieser nicht als Berufung tituliert worden sei.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde keine Folge. Die abweisende Erledigung begründete es damit, dass das Beschwerdeverfahren, aufgrund dessen das Finanzamt die Aussetzung der Einhebung verfügt habe, mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom beendet worden sei. Dieser Beschluss sei dem gerichtlich bestellten Abwesenheitskurator der X GmbH & Co KG zugestellt worden. Wie sich aus § 101 Abs. 3 BAO ergebe, gelte mit der Zustellung der Beschlussausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen werde. Da diese Voraussetzung vorliege, gelte die Zustellung auch an den Revisionswerber als vollzogen.

11 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil das Erkenntnis hinsichtlich der Anwendung der Bestimmungen des § 212a BAO der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung folge.

12 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche außerordentliche Revision, zu der das Finanzamt nach Einleitung des Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, Ausgangspunkt der seinerzeitigen Aussetzung der Einhebung sei die Neufestsetzung der Einkommensteuer 1995, 1999 und 2000 sowie die gegen diese Bescheide erhobene Berufung des Revisionswerbers gewesen. "Mit Hinblick auf diese, zu Beginn des Jahres 2003 anhängig gemachten (und nach wie vor nicht abgeschlossenen) Verfahren wurde seitens des Finanzamtes (...) nachfolgend über Antrag des Revisionswerbers hin die Aussetzung der Einhebung bescheidmäßig bewilligt." Das Bundesfinanzgericht nehme indessen - tatsachenwidrig und rechtsirrig - an, die Aussetzung der Einhebung sei im Hinblick auf das gegen die "Feststellungsbescheide" des für die X GmbH & Co KG zuständigen Finanzamtes erhobene Rechtsmittel erfolgt. Dies sei schon rechtlich nicht möglich, weil die Aussetzung der Einhebung die bescheidmäßige Vorschreibung von Abgaben voraussetze. Die Aussetzung der Einhebung setze weiters voraus, dass die Abgabenvorschreibung noch nicht rechtskräftig erfolgt sei, "das diesbezügliche Verfahren sohin noch nicht abgeschlossen ist". Dieses Verfahren könne denkmöglich nur ein solches sein, welches allein den Revisionswerber betreffe, im konkreten Fall daher das Verfahren betreffend Neufestsetzung von Einkommensteuer für die Jahre 1995, 1999 und 2000 sowie von Anspruchszinsen 2000.

17 Nach § 212a Abs. 1 BAO idF des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes, BGBl. I Nr. 97/2002, ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

18 Die Aussetzung der Einhebung ist demnach antragsgebunden, es erfolgt keine amtswegige Verfügung der Aussetzung. Bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Bewilligung eines auf Aussetzung der Einhebung gerichteten Antrages. Grundsätzlich besteht Anspruch auf Aussetzung von berufungsverfangenen Abgaben nicht nur im Falle einer Berufung gegen den (abgeleiteten) Abgabenbescheid, sondern es genügt auch eine Berufung gegen einen dem (abgeleiteten) Abgabenbescheid vorgeschalteten Feststellungsbescheid (vgl. z.B. ).

19 Im Revisionsfall wurde die bereits festgesetzte Einkommensteuer 1995, 1999 und 2000 auf Grund von nachfolgend ergangenen, als Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO intendierten Erledigungen abgeändert (§ 295 Abs. 1 BAO). Die sich aus den abgeleiteten Bescheiden ergebende nachzuzahlende Einkommensteuer 1995, 1999 und 2000 war Gegenstand der Aussetzung gemäß § 212a Abs. 1 BAO. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Auffassung kann die sich aus den abgeleiteten Bescheiden ergebende Einkommensteuerschuld auch dann Gegenstand des Aussetzungsverfahrens sein, wenn nur gegen die den (abgeleiteten) Abgabenbescheiden vorgeschalteten Feststellungsbescheide ein Rechtsmittel erhoben wird. Die Aussetzung stellt daher kein Indiz für das Vorliegen einer Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1995, 1999 und 2000 dar. Einen Nachweis für das Einbringen einer Berufung gegen die angeführten Einkommensteuerbescheide ist der Revisionswerber schuldig geblieben.

20 Im vorliegenden Fall hat sich der der Bewilligung der Aussetzung zugrunde liegende Aussetzungsantrag vom nach seinem eindeutigen Wortlaut auf die Berufung gegen die den Einkommensteuerbescheiden des Revisionswerbers vorgeschalteten, als Feststellungsbescheide intendierten Erledigungen bezogen. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist die Gewährung der Aussetzung daher in Bezug auf dieses - mittlerweile erledigte - Rechtsmittel erfolgt. Dass auch in einem allfälligen Rechtsmittel gegen die Einkommensteuerbescheide 1995, 1999 und 2000 die Aussetzung der Einhebung beantragt worden sei, wurde im Beschwerdeverfahren nicht behauptet und geht auch aus dem Vorbringen zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision nicht hervor.

21 Unverständlich ist das Vorbringen, wonach sich das Bundesfinanzgericht mit "dem mehrfach erhobenen Einwand der Verjährung jeder Abgabenschuld" nicht auseinandergesetzt habe, zumal mit der verfahrensgegenständlichen Verfügung des Ablaufs einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO keine Abgaben festgesetzt worden sind.

22 Da sich das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG aus dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht ableiten lässt, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

23 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht
Anfechtungsrecht VwRallg9/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150003.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAF-47331