VwGH 28.06.2023, Ro 2023/13/0011
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam (Hinweis B , 97/15/0131). Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2000/13/0135 E RS 1 |
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RS 2 | Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (Hinweis Ritz, BAO2, Tz 14 zu § 8a ZustellG). (Hier: Eine Kenntnisnahme der Behörde von der im Steuerfestsetzungsverfahren oder im seinerzeitigen Finanzstrafverfahren ausgewiesenen Bevollmächtigung kann den notwendigen ausdrücklichen Hinweis bzw die Berufung des Beschuldigten oder seiner steuerlichen Vertretung auf die Vollmacht im vorliegenden Finanzstrafverfahren nicht ersetzen.) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2000/13/0135 E RS 2 (hier ohne den fallspezifischen Zusatz) |
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RS 3 | Es kann zwischen mehreren Verfahren ein derart enger Zusammenhang bestehen, dass das Verhalten des Einschreiters anlässlich der Bekanntgabe der Bevollmächtigung auch als Bevollmächtigung für Zwecke eines bestimmten anderen Verfahrens zu verstehen ist (vgl. ; , 98/16/0310; , 2001/15/0026). So ist die Erhebung von Abgaben, deren Gebarung zusammengefasst verbucht wird, insofern als eine einheitliche Verwaltungssache zu verstehen, als sich zustellrechtliche Dispositionen nicht bloß isoliert auf ein einzelnes Verfahren zur Vorschreibung einer Abgabe für einen bestimmten Zeitraum oder zur Vorschreibung einer bestimmten Abgabe erstrecken (vgl. ). |
Normen | BAO §103 Abs2 litb BAO §111 BAO §213 Abs2 BAO §3 Abs2 litc BAO §83 Abs1 BAO §83 Abs2 WiEReG 2017 §16 Abs2 WiEReG 2017 §5 ZustG §9 |
RS 4 | Zwangsstrafen nach § 111 BAO sind - gemäß § 3 Abs. 2 lit. c BAO - Nebenansprüche. Betreffend die Meldung von Daten nach dem WiEReG 2017 besteht aber keine Abgabenpflicht als Hauptanspruch. Die durch die Zwangsstrafe zu erzwingende Hauptleistung ist die (bloße) Meldung, an die keine Festsetzung von Abgaben anschließt. Die Zwangsstrafe ist nach § 16 Abs. 2 WiEReG 2017 eine Abgabe iSd § 213 Abs. 2 BAO und demnach gesondert von den wiederkehrend zu erhebenden Abgaben zu verbuchen. Eine Zustellungsbevollmächtigung muss sich daher, um nach § 103 Abs. 2 lit. b BAO wirksam zu sein, nicht auch auf diese Zwangsstrafen erstrecken. |
Normen | BAO §111 BAO §213 Abs2 BAO §3 Abs2 litc BAO §83 Abs1 BAO §83 Abs2 WiEReG 2017 §16 WiEReG 2017 §5 Abs2 WiEReG 2017 §5 Abs6 ZustG §9 |
RS 5 | Die Zwangsstrafe nach § 16 WiEReG 2017 dient zur Erzwingung der Meldung. Die Meldung kann zwar durch den Rechtsträger selbst im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal erbracht werden; die Übermittlung der Daten kann aber auch durch berufsmäßige Parteienvertreter erfolgen. Erfolgte bereits eine Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, kann ein anderer berufsmäßiger Parteienvertreter eine Meldung nur dann abgeben, wenn unter Berufung auf die erteilte Vollmacht der Wechsel der Berechtigung zur Abgabe einer Meldung angezeigt wird. Die Registerbehörde hat dazu auch den Rechtsträger über den Wechsel der Berechtigung zu informieren. Erfolgte bereits eine Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, so ist darin auch ein Berufen auf eine Bevollmächtigung zu sehen, die - jedenfalls im Zweifel - auch eine Zustellungsbevollmächtigung umfasst. Da nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens ein Wechsel des Vertreters erfolgen kann, ist davon auszugehen, dass diese Vertretungsbefugnis auch für eine Folgemeldung besteht und damit auch für den Fall einer Unterlassung oder Verzögerung dieser Folgemeldung zu beachten ist. Dass die Registerbehörde (Bundesminister für Finanzen) nicht mit jener Behörde übereinstimmt, die für die Festsetzung von Zwangsstrafen zuständig ist (Finanzamt Österreich; vor dem Finanz-Organisationsreformgesetz, BGBl. I Nr. 104/2019: jenes Finanzamt, das zur Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Rechtsträgers örtlich zuständig ist oder gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 KStG 1988 zuständig wäre), kann daran nichts ändern, da die vom Finanzamt festzusetzende Zwangsstrafe eben gerade dazu dienen soll, die Meldung an die Registerbehörde vorzunehmen. Demnach besteht ein derart enger Zusammenhang zwischen den Verfahren der Meldung und der Festsetzung von Zwangsstrafen (im Sinne eines Nebenanspruches), dass die Vertretungsbefugnis einheitlich zu beurteilen ist. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Wien 2/20/21/22 in 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7103389/2022, betreffend Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO iVm § 16 WiEReG (mitbeteiligte Partei: S Gesellschaft m.b.H in W, vertreten durch die WD Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH als Kanzleikuratorin des Deszendentenfortbetriebes nach Mag. Wolfgang Dietrich, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1220 Wien, Wagramerstraße 4, Bürohaus Top 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit „Erinnerung“ vom forderte das Finanzamt die mitbeteiligte Partei (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung) auf, eine Meldung entsprechend § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) bis nachzuholen. Falls der Aufforderung nicht Folge geleistet werde, werde gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 € festgesetzt werden.
2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der mitbeteiligten Partei eine Zwangsstrafe von 1.000 € fest. Weiters forderte das Finanzamt die mitbeteiligte Partei auf, die bisher unterlassene Handlung bis nachzuholen. Falls dieser Aufforderung nicht Folge geleistet werde, werde eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € festgesetzt werden.
3 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt eine Zwangsstrafe von 4.000 € fest.
4 Mit Eingabe vom erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde gegen die Bescheide vom 18. Juli und vom . Sie machte darin geltend, die angefochtenen Bescheide seien dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter erst am zugestellt worden. Dadurch sei ein (bisher) bestehender Zustellmangel geheilt worden; die Rechtsmittelfrist beginne erst an diesem Tag zu laufen. Es wurde beantragt, die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung möge unterbleiben; das Finanzamt legte die Beschwerde innerhalb von drei Monaten dem Bundesfinanzgericht vor.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und hob die angefochtenen Bescheide ersatzlos auf. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
6 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei sei beim Finanzamt für Großbetriebe unter der Steuernummer x steuerlich erfasst. Sie nehme am FinanzOnline-System teil, wobei der steuerliche Vertreter für das unter der Steuernummer x geführte Abgabenkonto seit dem Jahr 2011 als Zustellbevollmächtigter der Behörde gegenüber namhaft gemacht worden sei. Ein Verzicht auf die Möglichkeit der elektronischen Zustellung habe im zu beurteilenden Zeitraum nicht bestanden.
7 Im Zuge des Zwangsstrafenverfahrens sei für die mitbeteiligte Partei beim Finanzamt Österreich die Steuernummer y neu angelegt worden. Für diese Steuernummer sei am vom steuerlichen Vertreter eine allgemeine Vollmacht sowie eine Zustellvollmacht hinterlegt worden.
8 Im Register der wirtschaftlichen Eigentümer sei die mitbeteiligte Partei unter der Stammzahl z erfasst. Der steuerliche Vertreter habe am als Parteienvertreter der mitbeteiligten Partei die Erstmeldung und am die Folgemeldung gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG über das online abrufbare Unternehmensserviceportal erstattet.
9 Das Erinnerungsschreiben vom (zur Steuernummer x) sowie die Bescheide vom und vom (diese zur Steuernummer y) seien direkt der mitbeteiligten Partei elektronisch zugestellt worden. Sowohl das Erinnerungsschreiben als auch die beiden Bescheide seien dem steuerlichen Vertreter am zugekommen.
10 Die versäumte Meldung nach § 5 Abs. 1 WiEReG sei am durch den steuerlichen Vertreter erfolgt.
11 Gemäß § 111 Abs. 2 BAO sei eine Zwangsstrafe vor der Festsetzung zwingend schriftlich anzudrohen, wobei gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG eine Frist von sechs Wochen zu setzen sei. Im vorliegenden Fall seien aber die Androhungen der Strafen und die Bescheide wirksam erst am zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei überdies die vorgesehene Meldung bereits erstattet gewesen.
12 Der steuerliche Vertreter habe als berufsmäßiger Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 2 WiEReG die sich aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer ergebenden Pflichten wahrgenommen. Bereits die Vollmacht vom habe explizit auch eine Zustellvollmacht betreffend Schriftstücke der Abgabenbehörde enthalten. Zustellungen im Zusammenhang mit der Verhängung von Zwangsstrafen nach dem WiEReG wären daher an den Zustellungsbevollmächtigten zu veranlassen gewesen.
13 Auch die Abgabenbehörde habe offenbar selbst früher diese Rechtsansicht vertreten, sei doch ein - nicht verfahrensgegenständliches - Erinnerungsschreiben vom an die Mitbeteiligte zu Handen des steuerlichen Vertreters adressiert worden.
14 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts.
15 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
18 Gemäß § 3 Abs. 1 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) haben die Rechtsträger (u.a. Gesellschaften mit beschränkter Haftung, § 1 Abs. 2 Z 4 WiEReG) die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen. Diese Feststellung ist nach § 3 Abs. 3 WiEReG zumindest jährlich durchzuführen, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind.
19 Gemäß § 5 Abs. 1 WiEReG haben die Rechtsträger näher genannte Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde (dies ist der Bundesminister für Finanzen, § 14 Abs. 1 WiEReG) zu melden. Diese Daten sind binnen vier Wochen nach der erstmaligen Eintragung in das jeweilige Stammregister (z.B. Firmenbuch, vgl. ) zu übermitteln. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, haben weiters binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung (§ 3 Abs. 3 WiEReG) die festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.
20 Nach § 5 Abs. 2 WiEReG hat die Meldung der Daten von den Rechtsträgern im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) zu erfolgen. Eine Übermittlung der Daten durch berufsmäßige Parteienvertreter gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 USPG ist zulässig.
21 Wenn für den Rechtsträger noch keine Meldung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter abgegeben wurde, so kann nach § 5 Abs. 6 WiEReG jeder berufsmäßige Parteienvertreter unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht eine Meldung gemäß diesem Paragraphen abgeben. Nach Abgabe einer Meldung von einem berufsmäßigen Parteienvertreter für einen Rechtsträger kann ein anderer berufsmäßiger Parteienvertreter für diesen Rechtsträger nur dann eine Meldung abgeben, wenn dieser im elektronischen Wege der Registerbehörde unter Berufung auf die erteilte Vollmacht den Wechsel der Berechtigung zur Abgabe einer Meldung anzeigt. Die Registerbehörde hat den Rechtsträger über den Wechsel der Berechtigung zu informieren und darauf hinzuweisen, dass der Wechsel binnen zwei Wochen ab deren Beantragung im Register eingetragen wird, sofern kein Widerspruch des Rechtsträgers innerhalb dieser Frist bei der Registerbehörde eingeht. Nach Ablauf der Frist endet die Möglichkeit zur Meldung für den ursprünglich vertretungsbefugten Parteienvertreter und Meldungen können nur von dem berufsmäßigen Parteienvertreter eingebracht werden, der zuletzt den Wechsel der Berechtigung angezeigt hat. Die Registerbehörde kann auf Antrag des Rechtsträgers den Wechsel der Berechtigung schon vor Ablauf der zweiwöchigen Frist eintragen, wenn dies zur Wahrung der Meldefrist erforderlich ist.
22 Wird eine Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht erstattet, so kann nach § 16 Abs. 1 WiEReG das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen. Zwangsstrafen nach § 16 Abs. 1 WiEReG gelten nach Abs. 2 leg. cit. als Abgaben im Sinne des § 213 Abs. 2 BAO.
23 Nach § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.
24 Bei den anderen als den in § 213 Abs. 1 BAO genannten Abgaben ist die Gebarung nach Abs. 2 leg. cit. für jeden Abgabepflichtigen nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefasst, jedoch abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen.
25 Gemäß § 103 Abs. 2 lit. b BAO ist eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichten gegenüber insbesondere dann unwirksam, wenn sie ausdrücklich auf nur einige jener Abgaben eingeschränkt ist, deren Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht wird.
26 Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde nach § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
27 Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der ausdrücklichen Berufung auf die erteilte Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam. Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. , mwN). Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (vgl. ). Es liegt nämlich grundsätzlich bei der Partei, ob sie gegenüber der Behörde selbst einschreiten oder sich vertreten lassen will. Der entsprechende Willensentschluss der Partei, sich vertreten zu lassen, erlangt erst durch die Erklärung der Partei gegenüber der Behörde Bedeutung. Diese Erklärung umgrenzt die Ausübung des Rechtes der Partei, sich vertreten zu lassen (vgl. ).
28 Es kann aber zwischen mehreren Verfahren ein derart enger Zusammenhang bestehen, dass das Verhalten des Einschreiters anlässlich der Bekanntgabe der Bevollmächtigung auch als Bevollmächtigung für Zwecke eines bestimmten anderen Verfahrens zu verstehen ist (vgl. neuerlich ; , 98/16/0310; , 2001/15/0026). So ist die Erhebung von Abgaben, deren Gebarung zusammengefasst verbucht wird, insofern als eine einheitliche Verwaltungssache zu verstehen, als sich zustellrechtliche Dispositionen nicht bloß isoliert auf ein einzelnes Verfahren zur Vorschreibung einer Abgabe für einen bestimmten Zeitraum oder zur Vorschreibung einer bestimmten Abgabe erstrecken (vgl. ).
29 Zwangsstrafen nach § 111 BAO sind - gemäß § 3 Abs. 2 lit. c BAO - Nebenansprüche. Betreffend die hier geforderte Meldung von Daten nach dem WiEReG besteht aber keine Abgabenpflicht als Hauptanspruch. Die durch die Zwangsstrafe zu erzwingende Hauptleistung ist die (bloße) Meldung, an die keine Festsetzung von Abgaben anschließt. Die Zwangsstrafe ist nach § 16 Abs. 2 WiEReG eine Abgabe iSd § 213 Abs. 2 BAO und demnach gesondert von den wiederkehrend zu erhebenden Abgaben zu verbuchen. Eine Zustellungsbevollmächtigung muss sich daher, um nach § 103 Abs. 2 lit. b BAO wirksam zu sein, nicht auch auf diese Zwangsstrafen erstrecken. Die vorliegende Vollmachtsurkunde enthält allerdings auch keine Einschränkung in diesem Sinne.
30 Die Zwangsstrafe nach § 16 WiEReG dient zur Erzwingung der Meldung. Die Meldung kann zwar durch den Rechtsträger selbst im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal erbracht werden; die Übermittlung der Daten kann aber auch durch berufsmäßige Parteienvertreter erfolgen. Erfolgte bereits eine Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, kann ein anderer berufsmäßiger Parteienvertreter eine Meldung nur dann abgeben, wenn unter Berufung auf die erteilte Vollmacht der Wechsel der Berechtigung zur Abgabe einer Meldung angezeigt wird. Die Registerbehörde hat dazu auch den Rechtsträger über den Wechsel der Berechtigung zu informieren.
31 Erfolgte bereits eine Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, so ist darin auch ein Berufen auf eine Bevollmächtigung zu sehen, die - jedenfalls im Zweifel - auch eine Zustellungsbevollmächtigung umfasst. Da nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens ein Wechsel des Vertreters erfolgen kann, ist davon auszugehen, dass diese Vertretungsbefugnis auch für eine Folgemeldung besteht und damit auch für den Fall einer Unterlassung oder Verzögerung dieser Folgemeldung zu beachten ist.
32 Dass die Registerbehörde (Bundesminister für Finanzen) nicht mit jener Behörde übereinstimmt, die für die Festsetzung von Zwangsstrafen zuständig ist (Finanzamt Österreich; vor dem Finanz-Organisationsreformgesetz, BGBl. I Nr. 104/2019: jenes Finanzamt, das zur Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Rechtsträgers örtlich zuständig ist oder gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 KStG 1988 zuständig wäre), kann daran nichts ändern, da die vom Finanzamt festzusetzende Zwangsstrafe eben gerade dazu dienen soll, die Meldung an die Registerbehörde vorzunehmen. Demnach besteht ein derart enger Zusammenhang zwischen den Verfahren der Meldung und der Festsetzung von Zwangsstrafen (im Sinne eines Nebenanspruches), dass die Vertretungsbefugnis einheitlich zu beurteilen ist.
33 Die Zustellung der Erledigungen an die mitbeteiligte Partei wurde damit erst mit Übermittlung dieser Erledigungen an ihren Vertreter wirksam. Die Festsetzung von Zwangsstrafen erfolgte somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die zu erzwingende Handlung bereits vorgenommen war. Diese Bescheide waren rechtswidrig und wurden vom Bundesfinanzgericht zu Recht aufgehoben.
34 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
35 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | BAO §103 Abs2 litb BAO §111 BAO §213 BAO §213 Abs2 BAO §3 Abs2 litc BAO §83 Abs1 BAO §83 Abs2 BAO §83 Abs3 RAO 1868 §8 Abs1 WiEReG 2017 §16 WiEReG 2017 §16 Abs2 WiEReG 2017 §5 WiEReG 2017 §5 Abs2 WiEReG 2017 §5 Abs6 WTBG 2017 §77 Abs11 ZustG §9 ZustG §9 Abs1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2023130011.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
UAAAF-46758