VwGH 20.03.2024, Ro 2022/15/0043
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Da die PKW-AngemessenheitsV sowohl für vorsteuerabzugsberechtigende als auch für nicht berechtigende Fahrzeuge zur Anwendung kommt, ist die Wendung "Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe" in § 1 PKW-AngemessenheitsV im Lichte des § 6 Z 11 EStG 1988 so zu verstehen, dass die Grenze auf den Bruttopreis abstellt. Solcherart werden alle Fahrzeuge gleich behandelt, da mit dem Bruttopreis inklusive Umsatzsteuer und NoVA auf einen einheitlichen Marktreferenzwert abgestellt wird, um unangemessene "PKW-Ausstattungen" zu identifizieren und aus dem betrieblichen Veranlassungszusammenhang zu lösen. Für Steuerzwecke bleibt demnach nur ein PKW mit einem Erwerbspreis von 40.000 € inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe steuerlich voll berücksichtigbar. Ein höherer Aufwand ist der Privatsphäre zuzuordnen. Sollte für einen PKW ein Vorsteuerabzug zustehen, kann die (in der Grenze enthaltene) Vorsteuer gemäß § 6 Z 11 EStG 1988 nicht Teil der Anschaffungskosten sein, weshalb die Angemessenheitsgrenze bei der Bemessung der AfA eines solchen PKW nicht voll ausgeschöpft werden kann und insofern um den Umsatzsteueranteil reduziert werden muss. |
Norm | EStG 1988 §6 |
RS 2 | Nach § 6 EStG 1988 sind die "einzelnen Wirtschaftsgüter" zu bewerten, dh. jedes Wirtschaftsgut ist getrennt zu bewerten (Einzelbewertungsgrundsatz). Bewertungseinheiten sind nach wirtschaftlichen Überlegungen abzugrenzen; danach sind einzelne Gegenstände zusammenzufassen, wenn sie im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Wirkung nur zu gemeinsamem Einsatz gelangen. Die Abgrenzung von Bewertungseinheiten (bzw. von selbständigen Wirtschaftsgütern) richtet sich nach dem betrieblichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang. |
Normen | |
RS 3 | Treibstoffkosten sind insoweit in voller Höhe abzugsfähig, als der Treibstoffverbrauch bei einem luxuriös ausgestatteten Kraftfahrzeug nicht überproportional hoch ist (vgl. ). Auch Stromkosten bei Elektrofahrzeugen sind diesfalls sinngemäß voll abzugsfähig. Würde eine Vorauszahlung von Stromkosten den Anschaffungskosten eines PKW iSd § 1 PKW-AngemessenheitsV zugeordnet, so würde auf diese unterschiedlichen Repräsentationsanteile in der PKW-Anschaffung und der PKW-Nutzung nicht ausreichend Bedacht genommen. |
Norm | VwGG §48 Abs3 Z2 |
RS 4 | Nach § 48 Abs. 3 Z 2 VwGG hat ein Mitbeteiligter nur Anspruch auf Ersatz des Aufwandes, der für ihn mit der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) verbunden war. Für die von ihr selbst verfasste und nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachte Revisionsbeantwortung kommt der mitbeteiligten Partei daher entgegen ihrem Antrag auf Aufwandersatz kein Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu (vgl. etwa , Rn. 23, mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2022/04/0021 B RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Linz in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101481/2019, betreffend Einkommensteuer 2017 und 2018 (mitbeteiligte Partei: A F in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte erwarb - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - im Jahr 2017 für das Betriebsvermögen einen PKW Tesla Model S (CO2-Emissionswert von 0 Gramm pro Kilometer) um einen Kaufpreis von 79.960 € inkl. Umsatzsteuer. Im Zusammenhang mit der Anschaffung erhielt er von der Stadt Linz eine Förderung von 1.000 € (Förderzusage und Zufluss 2017) und vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus eine Förderung von 1.500 € (Förderzusage am und Zufluss am ). Darüber hinaus wurde dem Mitbeteiligten mit dem Kauf seines PKW von Tesla für die Lebensdauer des Fahrzeuges und die Zeit seines Erstbesitzes ein Gratisstrombezugsrecht an Tesla Superchargers eingeräumt.
1 Im Zuge der Veranlagung der Einkommensteuer 2017 und 2018 wurde seitens des Finanzamts den steuerlichen Anschaffungskosten des PKW - abweichend von der Berechnung des Mitbeteiligten - nicht ein Wert von 40.000 € zugrunde gelegt. Die in § l PKW-Angemessenheitsverordnung dazu festgelegte Angemessenheitsgrenze sei nämlich als „Brutto-Grenze“ zu verstehen. Das bedeute für Fälle, bei denen - wie hier - ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werde, dass die „Brutto-Grenze“ von 40.000 € auf eine „Netto-Grenze“ (exklusive Umsatzsteuer) von 33.333,33 € umzurechnen sei. Die steuerlich anzuerkennende jährliche AfA gemäß § 8 Abs. 6 Z 1 EStG 1988 (bei einer Nutzungsdauer von acht Jahren) betrage daher nach der Angemessenheitsprüfung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 iVm § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung 4.166,67 €.
2 Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde. Nach seiner Ansicht sei der Angemessenheitsprüfung auch bei einem Fahrzeug, das zum Vorsteuerabzug berechtige, der Betrag von 40.000 € zugrunde zu legen. Darüber hinaus verwies er darauf, dass er mit dem Kauf des neuen Tesla für die „Lebensdauer“ des Fahrzeuges und seinen Erstbesitz ein Gratisstrombezugsrecht für den PKW erworben habe, das nicht zu den Anschaffungskosten des Fahrzeuges zählen sollte. Es würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, wenn bei einem Elektrofahrzeug praktisch der gesamte Strom als Treibstoff die Bruttoanschaffungskosten und die Luxuskomponente erhöhe.
3 Nach Durchführung eines Vorhaltverfahrens und eines Auskunftsersuchens an Tesla zum Gratisstrombezugsrecht übermittelte das BFG dem Mitbeteiligten und dem Finanzamt seine nachstehende Einschätzung zur Kenntnis:
„Der beantragte Ansatz eines Wertes für das von Tesla eingeräumte, in den Anschaffungskosten enthaltene Gratisstrombezugsrecht während einer achtjährigen Nutzungsdauer wird unter Zugrundelegung nachstehender, zum Zeitpunkt des Kaufs des Tesla bestehender Parameter geschätzt:
Ausgehend von einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerleistung von 13.000 km (www.bmk.gv.at), einem durchschnittlichen realen Verbrauch des Tesla Model S 75 kWh von 20,1 kWh/100 km (https://ev-database.de/pkw/1071/Tesla-Model_S_75) und einem durchschnittlichen Preis für die Nutzung der Supercharger von 0,23 € je kWh (https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Supercharger) ergibt sich ein Preis von rund 4,60 € pro 100 km.
Bei einer durchschnittlichen jährlichen Kilometerleistung von 13.000 km würde daher der Kostenvorteil bei einer ausschließlichen Ladung an den Tesla Supercharger rund 600,00 €, hochgerechnet auf acht Jahre 4.800,00 € betragen.
In Oberösterreich befinden sich aktuell (Stand Juni 2022, die Anzahl der Tesla Supercharger in den beiden Beschwerdejahren konnte im Internet nicht mehr eruiert werden) drei Tesla Supercharger, nämlich in Asten, St. Georgen im Attergau und Eberstallzell (https://autorevue.at/ratgeber/tesla-supercharger-in-oesterreich). Die Supercharger befinden sich an Hauptverkehrsstraßen; sie sind ideal für Langstreckenfahrten und ermöglichen ein schnelles Aufladen des Tesla (www.tesla.com/support/supercharger).
Unter diesen Voraussetzungen ist nicht damit zu rechnen, dass Tesla bei der Preisfindung davon ausgegangen ist, dass ein Tesla ausschließlich an den sogenannten Supercharger-Ladestationen kostenlos geladen werden wird.
Dies bestätigen die von Ihnen in Ihrem Schreiben vom dargelegten persönlichen Verhältnisse. Demnach legten Sie in rund fünf Jahren 44.518 km zurück und bezogen von Tesla Gratisstrom im Umfang von 4.093,7 kWh.
Beim o.a. Verbrauch von 20,1 kWh/100 km benötigten Sie 4.093,7 kWh für 20.367 km. Da die tatsächliche Kilometerleistung 44.518 km betrug, nützten Sie für weniger als die Hälfte der zurückgelegten Kilometer die Tesla Supercharger.
Sachgerecht erscheint daher, den oben errechneten Kostenvorteil auf die Hälfte, somit auf 2.400,00 €, zu reduzieren.
Dieser Betrag scheint auch insoweit den tatsächlichen durchschnittlichen, für eine Preisfindung maßgeblichen Verhältnissen am nächsten zu kommen, weil auf https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Supercharger im Punkt ‚Ladeberechtigung und Kosten‘ u.a. Nachstehendes angeführt ist:
‚Beim Kauf eines Model S und Model X wurde bis das kostenlose Aufladen an den Tesla Supercharger für die Lebensdauer des Fahrzeuges mitverkauft, je nach Modell und Markt als kostenlose Standardausstattung oder kostenpflichtige Option.‘
In der Rz. 16 wird dort festgehalten, dass beim nicht mehr vertriebenen Model S 60 die Option für 2.400 Euro dazugekauft werden könne.
Im Ergebnis wird daher ein geschätzter Abschlag von 2.400,00 € vom Ankaufspreis als angemessen erachtet.“
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG der Beschwerde teilweise Folge und änderte die Einkommensteuerbescheide unter Verweis auf das Gratisstrombezugsrecht ab. Begründend führte es aus, seit der mit neu eingeführten Vorsteuerabzugsberechtigung für emissionsfreie Fahrzeuge (Elektrofahrzeuge) werde in der Literatur darüber diskutiert, ob die Angemessenheitsgrenze von 40.000 € für „Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe“ gemäß § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung als Brutto- oder Nettowert auszulegen sei. Zum einen werde die Ansicht vertreten, § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung sei so zu verstehen, dass die Anschaffungskosten durch den Vorsteuerabzug in Übereinstimmung mit § 6 Z 11 EStG 1988 entsprechend niedriger ausfielen, die Betragsgrenze von 40.000 € aber unverändert bleibe. Der Ausdruck „inklusive Umsatzsteuer“ sei lediglich ein Hinweis darauf, dass bei fehlendem Vorsteuerabzug die Umsatzsteuer zu den Anschaffungskosten zähle, bei einer fehlenden Umsatzsteuerbelastung aber keine Hinzurechnung der Umsatzsteuer zu erfolgen habe und daher ein Nettobetrag bis 40.000 € angemessen sei (Hinweis auf Wolf, Der Steuerfall Tesla, SWK 20/21/2017, 934).
5 Demgegenüber vertrete die näher zitierte überwiegende Auffassung im Schrifttum, dass schon eine Wortinterpretation des Begriffs „Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe“ in § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung so zu verstehen sei, dass der Betrag von 40.000 € als Bruttogrenze ausgestaltet sei und dieser Betrag daher bei Geltendmachung des Vorsteuerabzugs auf eine Nettogrenze umzurechnen sei. Zudem habe die betragliche Angemessenheitsgrenze die Funktion, den abzugsfähigen betrieblichen vom nicht abzugsfähigen repräsentativen Anteil der Aufwendungen abzugrenzen. Der repräsentative Kostenanteil sei allerdings ungeachtet des Bestehens oder Nichtbestehens eines Vorsteuerabzuges stets gleich, die „Luxustangente“ somit nicht davon abhängig, ob hinsichtlich des Fahrzeuges ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden sei oder nicht. Auch das BFG gehe daher von einer Bruttogrenze aus.
6 Zwischen den Verfahrensparteien bestehe Uneinigkeit darüber, ob das laut Mitbeteiligtem in den Anschaffungskosten enthaltene, in der Rechnung nicht explizit ausgewiesene Gratisstrombezugsrecht einen Wert repräsentiere, der - allenfalls mit einem im Schätzungsweg ermittelten Wert - die Anschaffungskosten reduziere. Umfangreiche Internetrecherchen des BFG hätten die Annahme des Finanzamtes in seiner Stellungnahme bestätigt, dass das Recht, die Tesla Supercharger gratis zu nutzen, eine Maßnahme gewesen sei, um in den ersten Jahren den Verkauf der damals wenig bekannten Tesla anzukurbeln. Tesla habe mehrmals die Bedingungen für die kostenlose Supercharger Nutzung geändert. Sei ein Model S oder ein Model X vor dem bestellt worden, sei das kostenlose Aufladen an den Tesla Superchargern für die Lebensdauer des Fahrzeuges mitverkauft worden, je nach Modell und Markt als kostenlose Standardausstattung oder kostenpflichtige Option (beim nicht mehr vertriebenen Model S 60 habe die Option für 2.400 € dazugekauft werden können). Maßgeblich für diese kostenlose Supercharger „Lifetime“ Nutzung sei das Bestelldatum gewesen. Laut Internetrecherchen sollten danach an Neukäufer nur noch 400 kWh (für etwa 1600 km Reichweite, Wert etwa 100 Euro) pro Jahr kostenlos abgegeben und die darüber hinausgehende Nutzung berechnet werden. Im Mai 2017 habe Tesla angekündigt, dass für seit dem bestellte Fahrzeuge das kostenlose Laden für Erstbesitzer der Fahrzeuge gelte. Ab Mai 2017 sei kostenloses Laden nur noch gewährt worden, wenn bei der Bestellung der Empfehlungslink eines Tesla-Eigners angegeben worden sei. Danach seien weitere Anpassungen gefolgt.
7 Der Mitbeteiligte habe zum Kauf seines Tesla eine Rechnung vom vorgelegt, ein Bestelldatum sei nicht aktenkundig. Er habe wiederholt auf das Gratisstrombezugsrecht hingewiesen, das ihm Tesla für die Lebensdauer dieses Fahrzeuges und die Zeit, solange er Erstbesitzer des Fahrzeuges sei, eingeräumt habe. Aus der Aktenlage ergebe sich kein Hinweis, dass dem Mitbeteiligten kostenloses Laden nach Nennung eines „Referral Links“ eines Tesla-Eigners bei der Bestellung gewährt worden wäre. Unabhängig davon, von welchem Modell der kostenlosen Supercharger-Nutzung der Mitbeteiligte Gebrauch machen könne, gehe das BFG davon aus, dass jede Werbe- oder Rabattaktion zur Ankurbelung des Absatzes mit einem bestimmten Wert in die Preiskalkulation einfließe und in den Anschaffungskosten daher ein bestimmter Betrag für die Nutzung von Gratisstrom enthalten sei. Der Umstand, dass das kostenlose Aufladen auch als kostenpflichtige Option verfügbar gewesen sei, deute ebenfalls darauf hin, dass dem Recht auf Gratisnutzung der Tesla Supercharger ein bestimmter Wert beizumessen sei.
8 Der Wert dieses Vorteils könne im vorliegenden Fall nur im Schätzungsweg ermittelt werden, wobei von einer vom individuellen Fahrverhalten unabhängigen Durchschnittsbetrachtung auszugehen sei und wozu auf den [oben zitierten] Vorhalt des BFG verwiesen werde. Da die im Vorhalt angeführten durchschnittlichen Strompreise als Bruttopreise zu verstehen seien (Hinweis auf https://stromliste.at/strompreis, wonach die Preise pro Kilowattstunde inkl. Steuern, Abgaben und Netzgebühren angeführt würden), handle es sich auch bei dem aufgrund von Bruttopreisen geschätzten Abschlag von 2.400 € um einen Bruttobetrag und nicht, wie im genannten Vorhalt ursprünglich irrtümlich angenommen, um einen Nettobetrag.
9 Daraus ergebe sich folgende Berechnung:
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Kaufpreis inkl. USt (79.960,00 - 2.400,00) | 77.560,00 |
abzüglich Vorsteuer | -12.926,67 |
zuzüglich USt aus Eigenverbrauch | +6.260,00 |
abzüglich Förderung Stadt Linz | -1.000,00 |
abzüglich Förderung BM f. Nachhaltigkeit und Tourismus | -1.500,00 |
Anschaffungskosten | 68.393,33 |
10 Die jährliche AfA von den adaptierten Anschaffungskosten von 68.393,33 € betrage 8.549,17 € (68.393,33 € : 8 Jahre ). Angemessen gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 iVm § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung sei eine jährliche AfA von 4.166,67 € (33.333,33 € : 8 Jahre = 4.166,67 €). Steuerlich nicht abzugsfähig sei daher ein Betrag von 4.382,50 €, das seien 51,26 %. Laut gesonderter Bescheidbegründung des Finanzamtes sei demgegenüber ein Betrag von 4.682,50 € als nicht abzugsfähig angenommen worden, weshalb die vom Finanzamt dabei vorgenommene Hinzurechnung (zur Erklärung des Mitbeteiligten) von 833,34 € um 300 € zu reduzieren sei.
11 Die Revision ließ das BFG zu, weil durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung noch nicht geklärt sei, ob zum Einen die Angemessenheitsgrenze von 40.000 € nach § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung bei Elektrofahrzeugen, bei welchen ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden könne, als Brutto- oder Nettowert auszulegen sei und ob zum Anderen ein in den Anschaffungskosten enthaltenes Gratisstrombezugsrecht (allenfalls mit einem geschätzten Wert) von den Anschaffungskosten abzuziehen sei.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Finanzamts. Darin führt es zur Zulässigkeit und in der Sache aus, das EStG 1988 enthalte zwar keine gesetzliche Umschreibung des Begriffes Anschaffungskosten. Da die allgemeinen und unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Bereich der Anschaffungskosten nicht voneinander abwichen, gelte der unternehmensrechtliche Anschaffungskostenbegriff (§ 203 Abs. 2 UGB) auch für das Steuerrecht, sofern keine abweichenden steuerlichen Begriffsbestimmungen vorgingen. Zu den Anschaffungskosten gehörten jene Kosten, die dem Anschaffungsvorgang dienten (Hinweis auf ). Anschaffungskosten seien demnach die Aufwendungen, die geleistet würden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden könnten. Anschaffungspreisminderungen seien gemäß § 203 Abs. 2 UGB abzusetzen. Im Revisionsfall sei der mitbeteiligten Partei keine Anschaffungspreisminderung gewährt worden, sondern sie habe zusätzlich zum erworbenen Wirtschaftsgut, einem PKW der Marke Tesla, ein Gratisstromrecht erhalten, welches in der Rechnung nicht explizit ausgewiesen sei. Das BFG habe sohin entgegen § 203 Abs. 2 UGB die Anschaffungskosten um einen Betrag vermindert, der nicht abgezogen werden dürfe.
13 Das BFG habe in seiner Begründung steuerlich nicht zwischen Werbe- und Rabattaktionen unterschieden. Würden Skonti oder Rabatte gewährt, habe der Erwerber insofern keine Aufwendungen und daher auch in Höhe dieser Preisnachlässe niedrigere Anschaffungskosten. Im Revisionsfall werde jedoch kein Preisnachlass für den erworbenen PKW im genannten Sinn gewährt. Dem Erwerber des Fahrzeuges werde zusätzlich zum erworbenen PKW ein Vorteil gewährt, der die zukünftig erwachsenden Betriebskosten des Fahrzeuges betreffe. Das Gratisstrombezugsrecht als Werbegeschenk decke die laufenden Betriebskosten des Fahrzeuges ab. Dem Aufwand der mitbeteiligten Partei durch die Nutzung der Supercharger-Ladestationen stehe ein ebenso hoher Ertrag aus der Gewährung dieses Werbegeschenks gegenüber. Im Ergebnis liege also lediglich ein Ersatz der laufenden Ladekosten vor. Daher sei nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes das Recht auf Gratisnutzung der Supercharger-Ladestationen als eine Art Merkposten (passiver Rechnungsabgrenzungsposten) anzusehen, der in den nachfolgenden Jahren bei Inanspruchnahme des Gratisstrombezugsrechtes gegenzuverrechnen sei.
14 Nach Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes handle es sich bei dem Recht, die Supercharger-Ladestationen von Tesla gratis zu nutzen, daher nicht um einen Preisnachlass (wie beispielsweise Skonto oder Rabatt), aus dem sich eine Verminderung der Anschaffungskosten für das Fahrzeug selbst ergebe. Es ergebe sich daher in weiterer Folge aus dem Recht auf Gratisnutzung der Supercharger-Ladestationen von Tesla auch keine Verminderung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des nicht angemessenen Teils der Anschaffungskosten des Fahrzeuges.
15 Der Mitbeteiligte erstattete hierzu eine Revisionsbeantwortung. Darin führte er aus, im Revisionsfall betreffe die Dreingabe keine Sonderausstattung des Fahrzeuges, sondern vielmehr eine über Jahre hinweg gewährte Rabattaktion, die im Zusammenhang mit dem Ankauf verbunden gewährt worden sei, aber nur mittelbar zum Fahrzeug gehöre und das Recht auf künftige Leistungen des Verkäufers an den Käufer zusichere. Dieser Vorteil habe daher nichts mit den Anschaffungskosten des Fahrzeugs zu tun und sei separat zu bewerten, aus dem Gesamtkaufpreis heraus zu rechnen, getrennt zu aktivieren und getrennt abzuschreiben. Völlig klar erschiene dies im Übrigen bei der Dreingabe eines Computers mit einer völlig anderen Nutzungsdauer.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
18 Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, insoweit nicht abgezogen werden, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind. Dies gilt für Aufwendungen im Zusammenhang mit Personen- und Kombinationskraftwagen, Personenluftfahrzeugen, Sport- und Luxusbooten, Jagden, geknüpften Teppichen, Tapisserien und Antiquitäten.
19 § 1 der zu § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 und § 12 Abs. 1 Z 2 KStG 1988 ergangenen PKW-Angemessenheitsverordnung, BGBl. II Nr. 466/2004, lautet:
„Aufwendungen oder Ausgaben im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Personen- oder Kombinationskraftwagens sind insoweit angemessen, als die Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe im Kalenderjahr 2004 34.000 Euro und ab dem Kalenderjahr 2005 40.000 Euro nicht übersteigen. Diese Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen. Selbständig bewertbare Sonderausstattungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten. Anschaffungskostenabhängige Nutzungsaufwendungen oder -ausgaben sind im entsprechenden Ausmaß zu kürzen.“
20 Demnach sind ab dem Kalenderjahr 2005 „Aufwendungen oder Ausgaben im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Personen- oder Kombinationskraftwagens insoweit angemessen, als die Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe 40.000 € nicht übersteigen“.
21 § 6 Z 11 EStG 1988 besagt zur Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Anschaffungskosten: „Soweit die Vorsteuer abgezogen werden kann (§ 12 Abs. 1 und Artikel 12 des Umsatzsteuergesetzes 1994), gehört sie nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsgutes, auf dessen Anschaffung oder Herstellung sie entfällt, und ist als Forderung auszuweisen. Soweit die Vorsteuer nicht abgezogen werden kann, gehört sie zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten.“
22 Da die PKW-Angemessenheitsverordnung sowohl für vorsteuerabzugsberechtigende als auch für nicht berechtigende Fahrzeuge zur Anwendung kommt, ist die Wendung „Anschaffungskosten inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe“ in § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung im Lichte des § 6 Z 11 EStG 1988 so zu verstehen, dass die Grenze auf den Bruttopreis abstellt.
23 Solcherart werden alle Fahrzeuge gleich behandelt, da mit dem Bruttopreis inklusive Umsatzsteuer und NoVA auf einen einheitlichen Marktreferenzwert abgestellt wird, um unangemessene „PKW-Ausstattungen“ zu identifizieren und aus dem betrieblichen Veranlassungszusammenhang zu lösen. Für Steuerzwecke bleibt demnach nur ein PKW mit einem Erwerbspreis von 40.000 € inklusive Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe steuerlich voll berücksichtigbar. Ein höherer Aufwand ist der Privatsphäre zuzuordnen.
24 Sollte für einen PKW ein Vorsteuerabzug zustehen, kann die (in der Grenze enthaltene) Vorsteuer gemäß § 6 Z 11 EStG 1988 nicht Teil der Anschaffungskosten sein, weshalb die Angemessenheitsgrenze bei der Bemessung der AfA eines solchen PKW nicht voll ausgeschöpft werden kann und insofern - wie vom BFG zutreffend angenommen - um den Umsatzsteueranteil reduziert werden muss.
25 Nach § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung umfassen die Anschaffungskosten „auch Kosten für Sonderausstattungen. Selbständig bewertbare Sonderausstattungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten“.
26 Das Gratisstrombezugsrecht, das Tesla - im Revisionsfall unstrittig - dem Mitbeteiligten für die Zeit seines Erstbesitzes am erworbenen PKW eingeräumt hat, hat das BFG aus dem Rechnungsbetrag des erworbenen PKW herausgerechnet und als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen, dessen Wert es im Schätzungswege bemessen hat.
27 Nach § 6 Abs. 1 EStG 1988 sind die „einzelnen Wirtschaftsgüter“ zu bewerten, dh. jedes Wirtschaftsgut ist getrennt zu bewerten (Einzelbewertungsgrundsatz).
28 Bewertungseinheiten sind nach wirtschaftlichen Überlegungen abzugrenzen; danach sind einzelne Gegenstände zusammenzufassen, wenn sie im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Wirkung nur zu gemeinsamem Einsatz gelangen. Die Abgrenzung von Bewertungseinheiten (bzw. von selbständigen Wirtschaftsgütern) richtet sich nach dem betrieblichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang (vgl. Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 6, mwN).
29 Das dem Mitbeteiligten eingeräumte Strombezugsrecht ist an sich ein getrennt bewertbares Wirtschaftsgut. Sein Erwerb ist für die Nutzung des Tesla nicht zwingend, kann dieser doch auch an anderen Stromtankstellen betankt werden. Es ist daher keineswegs so, dass der erworbene PKW nur gemeinsam mit der Nutzung der Supercharger zum Einsatz gelangen kann. Dies spricht gegen die Annahme einer Bewertungseinheit.
30 Gegen eine Einbeziehung des Strombezugsrechts in die Anschaffungskosten des PKW spricht außerdem, dass bei einem Weiterverkauf des PKW ein Erwerber für das gegenständliche Strombezugsrecht keinen Preis bezahlen würde, weil es - anders als die Nutzung des PKW selbst - auf den Mitbeteiligten beschränkt ist und die beiden Wirtschaftsgüter schon solcherart kein einheitliches rechtliches Schicksal teilen.
31 Zu Recht weisen das BFG und der Mitbeteiligte schließlich darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Treibstoffkosten insoweit in voller Höhe abzugsfähig sind, als der Treibstoffverbrauch bei einem luxuriös ausgestatteten Kraftfahrzeug nicht überproportional hoch ist (vgl. ), und auch Stromkosten bei Elektrofahrzeugen diesfalls sinngemäß voll abzugsfähig sind. Würde eine Vorauszahlung von Stromkosten den Anschaffungskosten eines PKW iSd § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung zugeordnet, so würde auf diese unterschiedlichen Repräsentationsanteile in der PKW-Anschaffung und der PKW-Nutzung nicht ausreichend Bedacht genommen.
32 Es kann daher nicht für rechtswidrig erkannt werden, wenn das BFG von einer selbstständigen Bewertung des gegenständlichen Strombezugsrechts ausgegangen ist und dieses nicht in die Anschaffungskosten des PKW nach § 1 PKW-Angemessenheitsverordnung einbezogen hat.
33 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
34 Die Entscheidungüber den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff insbesondere Abs. 3 Z 2 VwGG. Danach hat ein Mitbeteiligter nur Anspruch auf Ersatz des Aufwandes, der für ihn mit der Erbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) verbunden war. Für die von ihr selbst verfasste und nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachte Revisionsbeantwortung kommt der mitbeteiligten Partei daher entgegen ihrem Antrag kein Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu (vgl. etwa , mwN).
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022150043.J00 |
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EAAAF-46733