VwGH 24.04.2024, Ro 2022/15/0041
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des D A in B, vertreten durch die Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Operngasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5101479/2015, betreffend Einkommensteuer 2012, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber machte in seiner Einkommensteuererklärung 2012 - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - unter anderem inländische Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen aus dem Verkauf von Anteilen an der A GmbH iHv 30,071.192,16 € geltend, denen er Verluste aus zwei anderen Beteiligungen (an der B d.o.o. und der O d.d.) iHv insgesamt 3,401.629 € zum Ausgleich gegenüber stellte.
2 Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Verluste nicht. Begründend führte es aus, der Sachverhalt zum vorbringlich mündlich abgeschlossenen Treuhandschaftsverhältnis des Revisionswerbers zur B d.o.o. sei widersprüchlich und eine wirtschaftliche Zurechnung der Anteile an ihn vor dem Verkauf zum weder erwiesen noch glaubhaft dargestellt. Der geltend gemachte Verlust stehe daher nicht im Zusammenhang mit einer ihm zuzurechnenden Einkunftsquelle. Das Treuhandverhältnis betreffend den vorbringlich treuhändigen Erwerb von Anteilen an der O d.d. sei gleichfalls nicht nachgewiesen worden. Die vom vorbringlichen Treuhänder DT erworbenen Anteile seien mangels nachgewiesener Verfügungsmacht wirtschaftlich DT selbst und nicht dem Revisionswerber zuzurechnen. Es fehle jeder Nachweis und sogar die bloße Kenntnis darüber, welche Anteile (Zeitpunkt / Stück / Nominalwert / Anschaffungskosten) im Namen und auf Rechnung des Revisionswerbers erworben worden seien. Die behauptete Finanzierung bzw. Übernahme einer Bürgschaft im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb begründe für sich allein kein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen durch den Revisionswerber. Eine allenfalls gegebene Abwertung der Anteile im Privatvermögen durch deren Verwässerung stelle im Übrigen keine Werbungskosten dar, eine Realisierung erfolge erst bei Veräußerung der Anteile oder Liquidation der Beteiligungsgesellschaft und nicht schon durch die Abwertung der Anteile. Auch sei die Inanspruchnahme der Bürgschaft nicht schlüssig nachgewiesen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die dagegen erhobene Beschwerde ab. Begründend führte es aus, Gründer im Jahr 2009 und seitdem alleiniger Gesellschafter der kroatischen B d.o.o sei PL (und nicht der Revisionswerber) gewesen, der am einen 60%-Anteil der B d.o.o. an eine Beteiligungs GmbH übertragen habe. PL sei nur nach vorheriger Entlohnung seiner Leistungen bereit gewesen, einer Übertragung der Anteile an der B d.o.o. zuzustimmen. Dass der Revisionswerber vor der Veräußerung dieses Anteiles an die Beteiligungs GmbH Treugeber hinsichtlich des 60%-Anteiles an der B d.o.o. gewesen sei, habe er nicht nachgewiesen.
4 Der Revisionswerber scheine im Jahr 2012 auch nicht als Aktionär der O d.d. auf. Vielmehr scheine am DT als Anteilseigner von 2.601 Aktien an der O d.d. auf. Zum habe dieser gleich viele Aktien gehalten. Der gesamte Verlust der O d.d. habe am 193,667.143,11 HRK betragen. Dieser Verlust sei durch Beschluss in der Hauptversammlung unter anderem aus dem Eigenkapital der Gesellschaft im Ausmaß von 44,661.530,00 HRK bedeckt worden und sei im Zuge dessen das Aktienkapital der Gesellschaft durch Herabsetzung des Nennwerts der Aktien der Gesellschaft verringert worden. Der Nennwert der Aktien sei von 3.500 HRK auf 10 HRK je Aktie gesunken. Rückzahlungen des Eigenkapitals an die Anteilseigner seien nicht erfolgt.
5 Die Gesellschaft habe in der Folge ihr nunmehriges Eigenkapital von 127.970 HRK durch die Ausgabe von jungen eingetragenen Namensaktien auf maximal 158,627.970 HRK erhöht. Die Aktien seien zu ihrem Nennwert (Ausgabekurs) begeben worden, wobei die Aktionäre der Gesellschaft einen Mindestanspruch auf Zeichnung jener Anzahl von Aktien gehabt hätten, die ihrem Anteil am damaligen Aktienkapital entsprochen habe, was DT jedoch nicht genutzt habe. Aufgrund der Kapitalerhöhung durch die Ausgabe neuer Aktien habe sich der von DT gehaltene Anteil von 20,33 % auf gerundet 0,02 % verringert. Die mit dem Aktienkapital verbundenen Rechte (das Teilnahme-, Rede- und Stimmrecht in der Hauptversammlung, das Recht auf Dividende, das Recht auf Liquidationserlös und der Bezug junger Aktien bei Kapitalerhöhungen) hätten weiter bestanden, allerdings im nunmehr gehaltenen Ausmaß von 0,02 %. Klare vertragliche Abmachungen über Umfang und nähere Modalitäten eines Treuhandauftrages des Revisionswerbers an DT hinsichtlich der Aktien an der O d.d. seien nicht nachgewiesen worden.
6 Die Revision ließ das BFG zu, weil es im Zusammenhang mit der Rechtsfrage, ob eine effektive Kapitalerhöhung (in Zusammenhang mit einer vorangegangenen nominellen Kapitalherabsetzung) eine Realisierung iSd § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 darstelle, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebe.
7 Gegen dieses Erkenntnis des BFG wendet sich die vorliegende ordentliche Revision, in der zu deren Zulässigkeit Folgendes vorgebracht wird:
„Wie das BFG unter 3.2. (S 21, Mitte) zutreffend ausführt, fehlt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein Kapitalschnitt bei einer Kapitalgesellschaft eine Realisierung im Sinne des § 27 EStG 1988 darstellt. Selbst wenn man das Vorliegen eines Veräußerungs-, Einlösungs- oder Liquidationstatbestandes verneint, liegt es doch nahe, den Kapitalschnitt als Abschichtung im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten. Die Bedeutung der Frage geht weit über den Einzelfall hinaus, weil der Kapitalschnitt das vom Gesetzgeber sowohl für die GmbH als auch die AG vorgesehene klassische Sanierungsinstrument darstellt, mit welchen auch neue Investoren die Gesellschaft übernehmen können (Klement in Klement/Fritz, Unternehmenserwerb aus Krise und Insolvenz, Manz 2022, Rz 9.2, S 207).“
8 Das Finanzamt erstattete hierzu eine Revisionsbeantwortung, in der es darauf hinwies, dass das angefochtene Erkenntnis sich in erster Linie auf den fehlenden Nachweis des wirtschaftlichen Eigentums des Revisionswerbers an den verlustbringenden Beteiligungen gestützt habe. Da die Revisionsausführungen hierzu keine Rechtswidrigkeit aufzeigten, könne der Revision schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, stelle sich doch die aufgeworfene Frage nach dem Vorliegen eines Realisationstatbestands hinsichtlich der Beteiligung an der O d.d. im Revisionsfall nur im Falle der Bejahung des wirtschaftlichen Eigentums des Revisionswerbers an dieser.
9 Die vorliegende ordentliche Revision erweist sich vor diesem Hintergrund als nicht zulässig.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Der Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, wenn er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. , mwN).
14 Die Revision wendet sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen ausschließlich gegen die Annahme eines Realisationstatbestands iSd § 27 EStG 1988.
15 Damit verkennt die Revision allerdings - wie auch das Finanzamt in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend vorgebracht hat -, dass das BFG das angefochtene Erkenntnis primär und für sich tragend auf den fehlenden Nachweis des wirtschaftlichen Eigentums des Revisionswerbers an den Beteiligungen gestützt hat.
16 Gegen die diesbezüglichen Feststellungen des BFG wendet sich die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen jedoch nicht, womit der aufgeworfenen Rechtsfrage, die sich nur bei Bejahung des wirtschaftlichen Eigentums des Revisionswerbers an den Beteiligungen stellen würde, die Entscheidungserheblichkeit fehlt.
17 Dass das BFG - wie von der Revision in den Revisionsgründen behauptet - „die im Verfahren streitige Frage, ob der Revisionswerber wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien an [O d.d.] geworden war“, offen gelassen habe, trifft nicht zu (s Erk des BFG, Sachverhaltsfeststellungen Kap. 1. Pkt. 6, Beweiswürdigung Kap. 2. Pkt. 6 und rechtliche Beurteilung Kap. 3.1. Pkt. 6, Seite 18; zu Nachweispflichten und inhaltlichen Anforderungen bei behaupteten Treuhandverhältnissen vgl. im Übrigen bereits ; sowie ).
18 Für die Lösung abstrakter oder hypothetischer Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. , mwN).
19 Da das rechtliche Schicksal der Revision somit nicht von der Lösung der vorgebrachten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG „abhängt“ (vgl. ), war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RO2022150041.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAF-46731