Suchen Hilfe
VwGH 28.11.2022, Ro 2022/09/0003

VwGH 28.11.2022, Ro 2022/09/0003

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
RS 1
Die Suspendierung stellt - ebenso wie die nach denselben inhaltlichen Vorschriften zu verfügende vorläufige Suspendierung - als sichernde, bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zu treffende Maßnahme keine endgültige Lösung dar; sie steht in engem Zusammenhang mit dem Verdacht gegen einen Beamten, eine gravierende Dienstpflichtverletzung begangen zu haben, und weist damit auch einen engen Nahebezug zum Disziplinarverfahren auf. Es braucht daher im Suspendierungsverfahren noch nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Im Suspendierungsverfahren genügt es vielmehr zur Rechtfertigung des Ausspruchs einer Suspendierung, wenn gegen den Beschuldigten ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die "ihrer Art nach" geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden. Ein "begründeter Verdacht" liegt vor, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der endgültigen Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der das Disziplinarverfahren abschließenden Entscheidung eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/09/0251 E RS 1
Norm
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
RS 2
Bloße Gerüchte und vage Vermutungen reichen für eine vorläufige Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie die subjektive Tatseite gegeben sein. Allerdings ist eine (vorläufige) Suspendierung unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig ist, das heißt auf der Hand liegt, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Dies wäre etwa bei inzwischen eingetretener Verjährung, bei bloßem Bagatellcharakter der zur Last gelegten Tat oder bereits diagnostizierter Schuldunfähigkeit des Beschuldigten der Fall. Ob diese Offenkundigkeit gegeben ist, kann jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden (vgl. ; , VwSlg. 18347 A/2012; , 2010/09/0231).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/09/0251 E RS 3
Norm
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
RS 3
Die (vorläufige) Suspendierung eines Beamten gehört in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Da die Verfügung der (vorläufigen) Suspendierung den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraussetzt, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, können nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die (vorläufige) Suspendierung rechtfertigen. So kann eine (vorläufige) Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwerwiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der (vorläufigen) Suspendierung begründet sein, z. B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas (vgl. ; , Ro 2015/09/0004; ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/09/0251 E RS 4
Normen
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §112 Abs2
VwGVG 2014 §17
RS 4
Die für die Suspendierung maßgebenden Gründe müssen in die Begründung aufgenommen werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, welche Dienstverletzungen dem Beamten aufgrund welcher Verhaltensweisen zur Last gelegt werden. Der Verdacht der Begehung einer Dienstpflichtverletzung ist bereits ausreichend, weshalb in der Begründung auch die entsprechenden Verdachtsmomente darzulegen sind. Der begründete Verdacht einer Dienstpflichtverletzung, die "ihrer Art nach" geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden, ist Tatbestandsmerkmal der Rechtsfolge Suspendierung (vgl. ). Im Spruch eines Bescheides im Suspendierungsverfahren ist somit lediglich die Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979 auszusprechen oder auszusprechen, dass der Beamte nicht suspendiert wird.
Normen
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
RS 5
Die Angelegenheit, die den Gegenstand des behördlichen Verfahrens und des abschließenden Bescheids gebildet hat ist die "Sache" im Beschwerdeverfahren (vgl. ).
Normen
AVG §56
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §109
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
BDG 1979 §112 Abs1 Z3 idF 2020/I/153
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
RS 6
Das VwG hat im Verfahren betreffend Suspendierung zu beurteilen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Voraussetzungen einer Suspendierung gegeben waren (vgl. ; ; ). Die Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 kann nur auf "zur Last gelegte Dienstpflichtverletzungen" gestützt werden. Diese müssen daher Gegenstand des Disziplinarverfahrens sein und in den Vorwürfen in der Disziplinaranzeige (oder Nachtragsanzeige) Deckung finden.
Normen
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
BDG 1979 §126
BDG 1979 §129
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
RS 7
Eine Einschränkung der Kognitionsbefugnis durch das Verbot der reformatio in peius ist im Disziplinarverfahren nur durch die Bestimmung des § 129 BDG 1979 gegeben und dahin begrenzt, dass keine höhere Strafe als in dem mit der Beschwerde durch den Beschuldigten angefochtenen Disziplinarerkenntnis verhängt werden darf und nur den Fall betrifft, dass ausschließlich der Beschuldigte Beschwerde erhoben hat. Im Suspendierungsverfahren findet diese Bestimmung daher keine Anwendung.
Normen
AVG §58 Abs2
AVG §60
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
VwGVG 2014 §17
RS 8
Wird eine Suspendierung nach ihrer Begründung auf mehrere

Dienstpflichtverletzungen (im Verdachtsbereich) gestützt, so

genügt schon, daß auf Grund einer schwerwiegenden

Dienstpflichtverletzung (im Verdachtsbereich) das Ansehen des

Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung

gefährdet wären, um sie im Instanzenzug zu bestätigen. Es muß

im allgemeinen nicht geprüft werden, ob auch alle anderen von

der Behörde erster Instanz herangezogenen

Dienstplichtverletzungen (für sich allein oder im Zusammenhalt)

die Suspendierung rechtfertigen würden.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 94/12/0208 E VwSlg 14359 A/1995 RS 3
Normen
B-VG Art133 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1
VwRallg
RS 9
Prozessvoraussetzung für die Erhebung einer Revision ist u.a. das objektive Rechtsschutzinteresse des Revisionswerbers an der Kontrolle der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den VwGH (Beschwer). Eine solche Beschwer liegt vor, wenn das angefochtene verwaltungsgerichtliche Handeln vom Antrag des Revisionswerbers zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrags das VwG den Revisionswerber durch seine Entscheidung belastet. Die Beschwer ist - ungeachtet des Vorliegens dieser genannten Voraussetzungen - aber nicht mehr gegeben, wenn es für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. etwa , mit weiteren Nachweisen).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/18/0284 B RS 1 (hier ohne den zweiten Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen Dr. Koprivnikar und Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revision des Mag. Dr. X Y, vertreten durch die B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, Top 4+4a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W170 2248193-1/24E, betreffend Suspendierung nach § 112 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesdisziplinarbehörde), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Beamter im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, wo er von Juni 2018 bis Anfang 2020 Generalsekretär war. Zuletzt war er österreichischer Botschafter in Indonesien.

2 Mit Bescheid der Dienstbehörde (Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten) vom wurde der Revisionswerber gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) mit sofortiger Wirkung vorläufig vom Dienst suspendiert. Die Dienstbehörde teilte die vorläufige Suspendierung gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 der Bundesdisziplinarbehörde mit.

3 Die vorläufige Suspendierung wurde zusammengefasst mit dem Vorliegen des Verdachts von fünf Dienstpflichtverletzungen begründet. Der Revisionswerber werde von der Staatsanwaltschaft Wien im Verfahren Z verdächtigt, in drei Fällen das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt als Beteiligter nach den §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs. 1 und 15 StGB und in zwei Fällen die Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 Abs. 1 StGB begangen zu haben.

4 Mit Schreiben vom erstattete die Dienstbehörde an die Bundesdisziplinarbehörde eine Disziplinaranzeige, wonach der Revisionswerber schuldhaft seine Dienstpflichten gemäß §§ 43, 44 und 46 BDG 1979 verletzt habe. Zusammengefasst stehe der Revisionswerber in begründeten Verdacht,

1. am ein Amtsgeheimnis und die Amtsverschwiegenheit verletzt zu haben, indem er als damaliger Generalsekretär dem AB ein als geheim klassifiziertes Dokument einer konkret genannten Organisation betreffend eines näher bezeichneten Giftanschlages vorgezeigt und habe filmen lassen (Tatvorwurf 1);

2. am ein Amtsgeheimnis und die Amtsverschwiegenheit verletzt zu haben, indem er als damaliger Generalsekretär dem AB unter anderem mitgeteilt habe, dass CD aus politischen Gründen in T verhaftet worden sei, die österreichische Botschaft darüber bereits informiert sei, als Haftgrund die Mitgliedschaft einer näher genannten terroristischen Organisation herangezogen worden sei, die österreichische Botschaft diesbezüglich bereits in direktem Kontakt zur Mutter des CD sowie seiner Mitbewohnerin in T stehe, CD seiner Mitbewohnerin zufolge für namentliche angeführte Publikationen schreibe, sein Aufenthaltstitel an einem konkret bezeichneten Zeitpunkt auslaufe und dieser derzeit Student einer näher genannten Universität sei (Tatvorwurf 2);

3. die allgemeine Dienstpflicht gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 dadurch verletzt zu haben, dass er

a) am einen für die Ausstellung eines Waffenpasses zuständigen Polizeibeamten zum Amtsmissbrauch angestiftet/bestimmt habe und so einen Waffenpass erhalten habe (Tatvorwurf 3);

b) am den Versuch unternommen zu haben, AB als im Polizeibereich tätigen und vom Aufgabenbereich zuständigen Beamten zu einem Amtsmissbrauch anzustiften/zu bestimmen, um von einem näher genannten Anbieter und Provider in rechtlich nicht vorgesehener Weise Auskunft über die hinter einer Rufnummer stehenden Person zu erlangen, dies bezüglich einer Rufnummer mit unterdrückter Namensangabe (Tatvorwurf 4);

c) am den Versuch unternommen zu haben, AB als im Polizeibereich tätigen und vom Aufgabenbereich zuständigen Beamten zu einem Amtsmissbrauch anzustiften/zu bestimmen, indem er diesen ersucht habe, eine allfällige Überwachung einer Rufnummer in rechtlich nicht vorgesehener Weise zu überprüfen (Tatvorwurf 5);

5 Mit Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde vom wurde der Revisionswerber gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst suspendiert, wobei der Spruch wie folgt lautete (Schreibweise im Original; Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Die Bundesdisziplinarbehörde, Disziplinarsenat 6, hat [...] beschlossen, [den Revisionswerber] wegen des Verdachts, er habe als Generalsekretär des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, sohin als Beamter, ihm ausschließlich kraft seines Amtes anvertraute oder zugänglich gewordene Geheimnisse AB offenbart, wobei deren Offenbarung geeignet ist, öffentliche oder berechtigte private Interessen zu verletzen, und zwar

1.) am , indem er AB unter anderem mitteilte, dass CD aus politischen Gründen in der T verhaftet wurde, die österreichische Botschaft darüber bereits informiert sei, als Haftgrund die Mitgliedschaft bei einer terroristischen Organisation namens [...] herangezogen wurde, die österreichische Botschaft diesbezüglich bereits in direktem Kontakt zur Mutter des CD sowie seiner Mitbewohnerin in der T stehe, CD seiner Mitbewohnerin zufolge für namentlich angeführte [...] Publikationen schreibe, sein Aufenthaltstitel am auslaufe und er derzeit Student der M University sei,

2.) am , indem er AB ein als geheim klassifiziertes Dokument der Organisation F betreffend den Giftanschlag auf [...] am (richtig ist: ) in S vorzeigte und filmen ließ,

und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 46 Abs. 1 BDG 1979 und § 43 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 91 BDG begangen,

gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst zu suspendieren.

Gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 endet die vorläufige Suspendierung spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde.

Gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 hat jede Suspendierung, auch eine vorläufige, die Kürzung des Monatsbezugs der Beamtin oder Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge.“

6 In der Begründung nahm die Bundesdisziplinarbehörde im Einzelnen Bezug auf die in der Disziplinaranzeige erhobenen Tatvorwürfe und kam mit näheren Erwägungen zur Beurteilung, dass die Tatvorwürfe 1 und 2 jeweils für sich alleine ein ausreichend gerechtfertigtes dienstliches Interesse im Sinne des § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 erkennen ließen. Hingegen würden die in der Disziplinaranzeige erhobenen Tatvorwürfe 3 bis 5 keine Suspendierung rechtfertigen. Die dem Revisionswerber vorgeworfenen Handlungen seien nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern, als sie in der Öffentlichkeit den Schluss zulassen könnten, dass der Revisionswerber auch bei Erfüllung seiner unmittelbaren Aufgaben andere Interessen über jene seines Dienstes stellen könnte und damit generell nicht treu und unparteilich agiere.

7 Mit dem angefochtenen - nach einer gemeinsam durchgeführten mündlichen Verhandlung über die gegen die genannten Bescheide jeweils erhobenen Beschwerden ergangenen - Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden des Revisionswerbers jeweils mit der Maßgabe in Bezug auf die Spruchformulierungen ab, sodass der Spruch betreffend

a) den Bescheid der Dienstbehörde über die vorläufige Suspendierung zu lauten habe: „[Der Revisionswerber] wird gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 vorläufig suspendiert“ (Spruchpunkt I.A.) und

b) den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde über die Suspendierung zu lauten habe: „Die Bundesdisziplinarbehörde [...] hat [...] beschlossen, [den Revisionswerber] gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst zu suspendieren (Spruchpunkt II.A.). Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für zulässig (Spruchpunkt I. B). Unter einem wies das Bundesverwaltungsgericht mit verfahrensleitenden Beschlüssen Beweisanträge des Revisionswerbers, einen Antrag auf Aktenbeischaffung sowie den Antrag auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens jeweils ab (Spruchpunkt III. 1. bis 4.).

8 Die Zulässigkeit der Revision hinsichtlich Spruchpunkt II.A. begründete das Verwaltungsgericht damit, dass die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, zumal in einigen Entscheidungen die Vorgangsweise der Bundesdisziplinarbehörde, die bestehenden Verdachtsmomente im Spruch des Suspendierungsbescheides anzuführen, zu beobachten gewesen sei.

9 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensverlaufs und Feststellungen zur Verdachtslage samt näheren beweiswürdigenden Erwägungen in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst aus, dass das Verwaltungsgericht auch Sachverhaltselemente, die bei der Prüfung aufgrund der Beschwerde im gerichtlichen Verfahren hervorgekommen seien, seiner Entscheidung zu Grunde legen dürfe. Selbst wenn die von der Behörde für die Suspendierung herangezogenen Gründe nicht tragen würden, aber andere Gründe, auch wenn diese erst im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hervorgekommen seien, den Verdacht einer entsprechend schweren Dienstpflichtverletzung begründeten, sei die Suspendierung auszusprechen. Dies gelte insbesondere, wenn das Verwaltungsgericht die Verdachtslage und die Gründe für eine Suspendierung anders beurteile als die jeweils zuständige Behörde. Im Spruch sei nur die Entscheidung über die Suspendierung oder Nichtsuspendierung auszusprechen. Die Voraussetzungen für die Suspendierung (die nicht nur im Vorliegen des Verdachts bestünden) habe das Bundesverwaltungsgericht in die Begründung aufzunehmen. Ausgehend davon sei dann die Entscheidung zu treffen, ob die Suspendierung zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt zulässig sei oder nicht. Sache des Verfahrens sei, ob der Revisionswerber (vorläufig) zu suspendieren sei oder nicht, weshalb der Spruch dementsprechend zu berichtigen sei.

10 Des Weiteren beurteilte das Bundesverwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt - nach Darstellung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - mit ausführlicher Begründung dahingehend, dass zu allen von der Dienstbehörde formulierten fünf Tatvorwürfen eine ausreichend begründete Verdachtslage für den Ausspruch einer Suspendierung vorliege.

11 Hinsichtlich Tatvorwurf 2 habe weder die Dienstbehörde noch die Bundesdisziplinarbehörde nachgewiesen, dass die direkte Ansprache eines passenden zuständigen Beamten gegen irgendwelche Weisungen verstoßen habe. Dem Revisionswerber sei in seiner Funktion zugestanden, Ermittlungen zur Person des Festgenommenen durchzuführen. Allerdings müsse sich ein österreichischer Beamter an die zuständige Stelle wenden, zumal nur diese in weiterer Folge von der Amtsverschwiegenheit umfasst sei. Da es nicht zu den dienstlichen Aufgaben des zu diesem Zeitpunkt der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zugewiesenen AB gehört habe, Ermittlungen mit Auslandsbezug durchzuführen, wäre dieser, weil ihm die vom Revisionswerber übermittelten Tatsachen nicht ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit, sondern auf Grund seiner Bekanntschaft mit dem Revisionswerber und dessen Fehlinformation über den damaligen dienstlichen Einsatz des AB, bekannt geworden seien, nicht an die Amtsverschwiegenheit gebunden gewesen. Die Einbindung von unzuständigen Organen verstoße auch gegen das dem Legalitätsprinzip der Bundesverfassung erwachsende Organisationsrecht. Zwar bestehe nach derzeitiger Aktenlage kein Hinweis darauf, dass der Revisionswerber AB zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) für einen Beamten des BVT gehalten habe und sei nachvollziehbar, dass sich der Revisionswerber im Lichte der Vermutung, AB sei noch beim BVT tätig, an diesen gewandt habe, der zuvor auch polizeilicher Verbindungsbeamter in T gewesen sei, um an Informationen zu kommen. Der Revisionswerber hätte aber vor Weitergabe so sensibler Daten abklären müssen, ob AB wirklich noch beim BVT tätig und für Ermittlungen zuständig sei. Da er dies versäumt habe, bestehe zumindest der Verdacht, dass der Revisionswerber fahrlässig über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der auswärtigen Beziehungen und zur Vorbereitung einer Entscheidung hinsichtlich des weiteren Vorgehens sowie im überwiegenden Interesse der Parteien geboten gewesen wäre, gegenüber AB, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen gehabt habe, die Verschwiegenheit gebrochen und somit eine Dienstpflichtverletzung nach § 46 BDG 1979 begangen habe.

12 Hinsichtlich Tatvorwurf 1 lasse sich zum aktuellen Zeitpunkt der von der Dienstbehörde und der Bundesdisziplinarbehörde formulierte Verdacht auf Basis der Beweisergebnisse nicht begründen. Allerdings könne der Verdacht, der Revisionswerber habe das Dokument angefordert, obwohl es für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben nicht erforderlich gewesen sei, nicht ausgeräumt werden. Daher bestehe der Verdacht, dass der Revisionswerber gegen die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Z 1 lit. a Informationssicherheitsgesetz (InfoSiG) und somit gegen seine Dienstpflicht gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 verstoßen habe.

13 Die im Verdachtsbereich festgestellten Dienstpflichtverletzungen hinsichtlich der Tatvorwürfe 3 bis 5 seien jeweils für sich, aber vor allem in ihrer Gesamtheit geeignet, das Ansehen des Amtes, nämlich des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, erheblich zu gefährden, weil der Revisionswerber als hoher bzw. höchster Beamter, dessen Arbeitsfeld sich auf Grund der Position und als Botschafter der räumlichen Entfernung einer engmaschigen Kontrolle entziehe, seine Position genutzt habe, um für sich und sein Umfeld persönliche Vorteile herauszuholen. Auf die im Verdachtsbereich festgestellten Dienstpflichtverletzungen betreffend die Tatvorwürfe 1 und 2 müsse daher nicht eingegangen werden. Auch sei diesbezüglich weder der vorläufigen noch der endgültigen Suspendierung entgegenzutreten. Es lägen keine offenkundigen Einstellungsgründe vor.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, welche sich im Rahmen ihrer Anfechtungserklärung ausschließlich gegen die (endgültige) Suspendierung wendet, hingegen bleibt der Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses (vorläufige Suspendierung) ausdrücklich unangefochten.

15 Im Verfahren wurde lediglich eine Revisionsbeantwortung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheit erstattet, die einmal von diesem und einmal vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport eingebracht wurde.

16 Zur Darlegung ihrer Zulässigkeit beruft sich die Revision auf die Zulassungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichtes und führt ergänzend dazu aus, dass die Frage, ob die für die Suspendierung herangezogenen Verdachtsmomente einer Rechtsverletzung im Spruch des Suspendierungsbescheids konkret anzuführen seien, auch deshalb relevant sei, weil sich Vorwürfe und Suspendierungsgrund der Dienstbehörde [gemeint wohl: Bundesdisziplinarbehörde] von den im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes herangezogenen Dienstpflichtverletzungen unterschieden und nicht in der Disziplinaranzeige vorkommende Vorwürfe aufgestellt wurden. Dies betreffe den Vorwurf der fahrlässig unterlassenen Rückfrage über die dienststellenmäßige Zugehörigkeit des AB und der unrechtmäßigen Anforderung eines als geheim klassifizierten Dokuments. Es fehle darüber hinaus Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht gegen das Verbot der reformatio in peius verstoße, wenn es durch seine Entscheidung im Verfahren über eine Beschwerde gegen die Suspendierung über die Anfechtungserklärung hinausgehe, weil das Bundesverwaltungsgericht die Suspendierung auf andere Gründe gestützt habe als die Bundesdisziplinarbehörde. Schließlich sieht der Revisionswerber die Zulässigkeit seiner Revision auch im Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine gesetzlich unzulässige Form der Zustellung als bloßer Zustellmangel anzusehen sei, der durch das tatsächliche Zukommen des Dokuments nach § 7 ZustellG geheilt werden könne. Das Bundesverwaltungsgericht habe bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Suspendierungsbescheid der Bundesdisziplinarbehörde den Beginn des Fristenlaufs zu Unrecht an die Zustellung mit E-Mail geknüpft.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Die Revision ist bereits aufgrund der vom Bundesverwaltungsgericht aufgeworfenen Frage zur Klarstellung der Rechtslage zulässig.

19 Sie ist aber nicht begründet.

20 § 112 des Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2020, lautet (auszugsweise):

„Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,

1. wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder

2. wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem bezieht oder

3. wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Im Falle eines Strafverfahrens gegen eine Beamtin oder einen Beamten hat das Strafgericht die zuständige Dienstbehörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Verhängung der Untersuchungshaft oder vom Vorliegen einer rechtskräftigen Anklage zu verständigen.

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(3) Der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt steht gegen die Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde, gemäß Abs. 2 keine Suspendierung zu verfügen, und gegen die Aufhebung einer Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde das Recht der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.

(4) Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Für die Dauer der vorläufigen Suspendierung erfolgt eine Auszahlung ohne Kürzung. Nach Verfügung der Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde nach Abs. 2 oder durch das Bundesverwaltungsgericht nach Abs. 3 ist der über die gekürzten Bezüge hinausgehend ausbezahlte Betrag unter sinngemäßer Anwendung des § 13a Abs. 2 bis 4 GehG hereinzubringen. Die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde diese, hat auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs. 5 PG 1965 nicht erreicht.

(5) ...

(6) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Bundesdisziplinarbehörde unverzüglich aufzuheben.

...“

21 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Suspendierung - ebenso wie die nach denselben inhaltlichen Vorschriften zu verfügende vorläufige Suspendierung - als sichernde, bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zu treffende Maßnahme keine endgültige Lösung darstellt; sie steht in engem Zusammenhang mit dem Verdacht gegen einen Beamten, eine gravierende Dienstpflichtverletzung begangen zu haben, und weist damit auch einen engen Nahebezug zum Disziplinarverfahren auf. Es braucht daher im Suspendierungsverfahren noch nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Im Suspendierungsverfahren genügt es vielmehr zur Rechtfertigung des Ausspruchs einer Suspendierung, wenn gegen den Beschuldigten ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die „ihrer Art nach“ geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden. Ein „begründeter Verdacht“ liegt vor, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der endgültigen Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der das Disziplinarverfahren abschließenden Entscheidung eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen.

22 In der Begründung der Suspendierung ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen reichen für eine Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie die subjektive Tatseite gegeben sein. Allerdings ist eine Suspendierung unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig ist, das heißt auf der Hand liegt, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Dies wäre etwa bei inzwischen eingetretener Verjährung, bei bloßem Bagatellcharakter der zur Last gelegten Tat oder bereits diagnostizierter Schuldunfähigkeit des Beschuldigten der Fall. Ob diese Offenkundigkeit gegeben ist, kann jeweils nur im Einzelfall beurteilt werden.

23 Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Da die Verfügung der Suspendierung den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraussetzt, die wegen „ihrer Art“ das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, können nur schwerwiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwerwiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z. B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas (vgl. zum Ganzen etwa , mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

24 Bereits aus diesen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien ergibt sich, dass die für die Suspendierung maßgebenden Gründe in die Begründung aufgenommen werden müssen. Aus der Begründung muss sich ergeben, welche Dienstverletzungen dem Beamten aufgrund welcher Verhaltensweisen zur Last gelegt werden. Der Verdacht der Begehung einer Dienstpflichtverletzung ist bereits ausreichend, weshalb in der Begründung auch die entsprechenden Verdachtsmomente darzulegen sind. Der begründete Verdacht einer Dienstpflichtverletzung, die „ihrer Art nach“ geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden, ist Tatbestandsmerkmal der Rechtsfolge Suspendierung (siehe dazu bereits ). Im Spruch eines Bescheides im Suspendierungsverfahren ist somit lediglich die Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979 auszusprechen oder auszusprechen, dass der Beamte nicht suspendiert wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher zutreffend den Spruch des Suspendierungsbescheids umformuliert.

25 Wenn der Revisionswerber eine Überschreitung der Entscheidungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die Anfechtungserklärung in seiner Beschwerde und den Umstand, dass die Bundesdisziplinarbehörde die Suspendierung spruchgemäß lediglich auf die Tatvorwürfe 1 und 2 gestützt habe, und einen Verstoß gegen das Gebot der reformatio in peius geltend macht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Beschwerdeverfahren der äußerste Rahmen für die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes die „Sache“ des bekämpften Bescheides ist (vgl. etwa , mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), also die Angelegenheit, die den Gegenstand des behördlichen Verfahrens und des abschließenden Bescheids gebildet hat (vgl. , mwN). Das ist vorliegend die Frage der Suspendierung. Sache des Suspendierungsverfahren vor der Bundesdisziplinarbehörde war die Klärung der Frage, ob gegen den Revisionswerber ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die „ihrer Art nach“ geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden.

26 Ferner entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat (vgl. ; zu § 28 VwGVG siehe auch ).

27 Das Verwaltungsgericht hat auch im Verfahren betreffend Suspendierung zu beurteilen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Voraussetzungen einer Suspendierung gegeben waren (vgl. im Zusammenhang mit einer Suspendierung nach dem Salzburger Landes-Beamtengesetz 1987 , mwN; zum Aktualisierungsgebot bei vorläufigen Suspendierungen siehe neuerlich , unter Verweis auf ). Zu betonen ist allerdings, dass die Suspendierung gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 nur auf „zur Last gelegte Dienstpflichtverletzungen“ gestützt werden kann. Diese müssen daher Gegenstand des Disziplinarverfahrens sein und in den Vorwürfen in der Disziplinaranzeige (oder Nachtragsanzeige) Deckung finden.

28 Sofern sich der Revisionswerber auf eine Überschreitung der Prüfungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund des Verbots der Verschlimmerung (reformatio in peius) beruft, ist erneut auf die umfassende Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte hinzuweisen. Eine Einschränkung der Kognitionsbefugnis durch das Verbot der reformatio in peius ist im Disziplinarverfahren nur durch die Bestimmung des § 129 BDG 1979 gegeben und dahin begrenzt, dass keine höhere Strafe als in dem mit der Beschwerde durch den Beschuldigten angefochtenen Disziplinarerkenntnis verhängt werden darf und nur den Fall betrifft, dass ausschließlich der Beschuldigte Beschwerde erhoben hat. Im Suspendierungsverfahren findet diese Bestimmung daher keine Anwendung.

29 Sofern der Revisionswerber ein Abweichen vom hg. Erkenntnis vom , 2000/09/0126, geltend macht, wonach das Verbot der Verschlimmerung (reformatio in peius) in allen Stadien des Disziplinarverfahrens gelte, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Entscheidung kein Suspendierungsverfahren zugrunde gelegen ist, sondern die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der genannten Entscheidung in Bezug auf die damalige Rechtslage klargestellt, dass das Verschlimmerungsverbot nach § 129 Abs. 1 BDG 1979 auch bei Erlassung eines neuen Bescheides nach Behebung des vorinstanzlichen Bescheides (der Disziplinarkommission) durch die Berufungsbehörde (Disziplinaroberkommission) Platz greift und für den Fall, dass die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Anschuldigungen (sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang) im Wesentlichen unverändert geblieben sind, mit Rücksicht auf § 129 BDG 1979 auch im zweiten Rechtsgang keine strengere (höhere) Disziplinarstrafe als im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis über den Beschwerdeführer verhängt werden darf.

30 Auf die vom Revisionswerber geltend gemachte Überschreitung der Entscheidungskompetenz durch das Bundesverwaltungsgericht und Verletzung tragender Grundsätze des Verfahrensrechts im Zusammenhang mit den Tatvorwürfen 1 und 2 braucht daher nicht eingegangen werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt nämlich schon, dass aufgrund einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung (im Verdachtsbereich) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung gefährdet wären, um die Suspendierung im Instanzenzug zu bestätigen, wenn eine Suspendierung nach ihrer Begründung auf mehrere Dienstpflichtverletzungen (im Verdachtsbereich) gestützt wird. Es muss im Allgemeinen nicht geprüft werden, ob auch alle anderen herangezogenen Dienstpflichtverletzungen (für sich alleine oder im Zusammenhalt) die Suspendierung rechtfertigen würden (vgl. wiederum ; , Ra 2021/09/0171; jeweils mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Suspendierung bereits tragend auf die Tatvorwürfe 3 bis 5 gestützt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die vom Bundesverwaltungsgericht darüber hinaus festgestellten Dienstpflichtverletzungen im Verdachtsbereich noch Deckung in dem von der Dienstbehörde vorgeworfenen Sachverhalt finden.

31 Eine weitere Prozessvoraussetzung für die Erhebung einer Revision ist unter anderem das objektive Rechtsschutzinteresse des Revisionswerbers an der Kontrolle der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof (Beschwer). Die Beschwer ist jedenfalls nicht gegeben, wenn es für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. etwa , mwN). Im Hinblick darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht ohnehin von einer rechtzeitigen Beschwerde ausgegangen ist, kommt es auf die vom Revisionswerber relevierte Zustellungsproblematik nicht an.

32 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

33 Die Dienstbehörde war in dem Verfahren über die endgültige Suspendierung nicht Verfahrenspartei (Partei nach § 21 Abs. 1 Z 3 und § 22 zweiter Satz VwGG ist in Verfahren der Bundesdisziplinarbehörde der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport), weshalb die von ihr erstattete Revisionsbeantwortung zurückzuweisen war.

34 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konnte im Hinblick auf die bereits vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführte Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §56
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §109
BDG 1979 §112 Abs1 idF 2020/I/153
BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §112 Abs1 Z3 idF 2020/I/153
BDG 1979 §112 Abs2
BDG 1979 §126
BDG 1979 §129
B-VG Art133 Abs1 Z1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
VwRallg
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Spruch und Begründung Umfang der Abänderungsbefugnis Reformatio in peius
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022090003.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-46690