VwGH 21.06.2022, Ro 2021/15/0022
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Der Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, wenn er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa , mwN). Auf eine Rechtsfrage, die das VwG bei der Zulassung der Revision als grundsätzlich erachtet hat, die in der Revision aber nicht angesprochen wird oder der in der Revision gar die Eignung als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abgesprochen wird, ist vom VwGH nicht einzugehen (vgl. ; , Ro 2019/17/0002). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2020/13/0005 B RS 1 |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2021/15/0024
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, über die Revisionen des Finanzamtes für Großbetriebe in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen 1. das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100101/2018, betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2013 bis 2015 und 2. das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100783/2019, betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2008 bis 2012 (mitbeteiligte Partei: M GmbH in F, vertreten durch die Glatzhofer & Matschek Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 45), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei schloss im Jahr 2006 eine Managementvereinbarung mit der MR OEG ab. An der OEG waren die Gesellschafter der Mitbeteiligten im selben Ausmaß wie an der Mitbeteiligten beteiligt. Die Gesellschafter waren auch die im Firmenbuch eingetragenen handelsrechtlichen Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei.
2 Inhalt der Managementvereinbarung war die Unterstützung der laufenden Geschäftsführung der Revisionswerberin, insbesondere auch die strategische Beratung zum Aufbau von neuen Geschäftsfeldern, die Unterstützung der Auftragsakquisition, des laufenden Controllings sowie der laufenden Baustellenabwicklung und der Personalrekrutierung und Personalführung. Die Abwicklung dieser Aktivitäten habe durch die Gesellschafter der OEG selbst bzw. in deren Abwesenheit durch Personen zu erfolgen, die entsprechende Kenntnisse aufweisen, um die vertraglich zugesicherte Unterstützung der Geschäftsführer umsetzen zu können. Für die Leistungserbringung wurde ein pauschales Zeitkontingent von monatlich 60 Stunden festgesetzt und ein beiderseits angemessenes monatliches Entgelt von 6.000 € inklusive aller Nebenkosten vereinbart. Mit Wirksamkeit wurde der Managementvertrag am geändert, so dass die Leistung eines jährlichen Entgelts in Höhe von 36.000 € zzgl. 0,25 % vom erzielten Umsatz laut Bilanz, vereinbart wurde. Tatsächlich wurde im Revisionszeitraum ein über den vereinbarten Beträgen liegendes Entgelt zur Auszahlung gebracht.
3 Aufgrund einer abgabenbehördlichen Prüfung erkannte das Finanzamt die Zwischenschaltung der Personengesellschaft nicht an, weil die OEG die Marktchancen nicht selber nutzen konnte und über keinen eigenständigen, sich von den natürlichen Personen abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt habe. Es setzte für die gesamte Vergütung den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag fest. Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidungen zurück, woraufhin die Mitbeteiligte Vorlageanträge stellte.
4 Das Bundesfinanzgericht gab den Beschwerden teilweise Folge (mit einem die Jahre 2008 bis 2012 betreffenden Erkenntnis und einem die Jahre 2013 bis 2015 betreffenden Erkenntnis). Es führte auf das Wesentliche zusammengefasst jeweils aus, dass die Zwischenschaltung einer Gesellschaft nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zulässig sein könne, wenn sie ernsthaft gewollt sei und dementsprechend durchgeführt werde. Liege ein Scheingeschäft oder Missbrauch im Sinne des § 22 BAO vor, erfolge eine Zurechnung an die Geschäftsführer und nicht an die zwischengeschaltete Gesellschaft. Das Bundesfinanzgericht bejahte das Vorliegen von Missbrauch, weil kein außersteuerlicher Grund für die gewählte Gestaltung vorläge. Das Bundesfinanzgericht sah für die im Managementvertrag vereinbarten Entgelte eine Zurechnung an die Geschäftsführer vor, qualifizierte die Entgelte als sonstige Vergütungen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und unterzog diese dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Für die darüber hinausgehenden Entgelte, die vereinbarungslos gezahlt worden seien, hielt das Bundesfinanzgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung fest, dass das Finanzamt im Zuge einer weiteren Abgabenprüfung betreffend die Umsatzsteuer und die Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 und 2013 davon ausgegangen sei, dass es sich bei den ohne vertragliche Vereinbarung gezahlten Entgelten um verdeckte Ausschüttungen gehandelt habe. Diese Qualifikation müsse auch für die anderen Jahre gelten, sofern sich die Voraussetzungen für die rechtliche Einordnung nicht geändert hätten. Eine diesbezügliche Änderung sei nicht erfolgt. Im Hinblick auf diese Entgelte seien daher kein Dienstgeberbeitrag und kein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorzuschreiben.
5 Die Revision ließ das Bundesfinanzgericht jeweils mit der Begründung zu, dass höchstgerichtlich noch nicht entschieden sei, ob § 59 BAO in der geltenden Fassung auch auf Fälle der Modernisierung der Finanzverwaltung im Zuge des Finanz-Organisationsreformgesetzes anwendbar sei.
6 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden Amtsrevisionen, die zunächst jeweils vorbringen, von der vom Bundesfinanzgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage hänge das Schicksal der Revision nicht ab. Es liege aber eine andere Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Aus den Ausführungen in den angefochtenen Erkenntnissen gehe nicht eindeutig hervor, ob die Zurechnung der streitgegenständlichen Zahlungen an die Geschäftsführer nur bis zur im Managementvertrag vereinbarten Höhe vorgenommen worden sei und darüber hinaus weiterhin an die OG (ehemals OEG), wobei dieser Teil als verdeckte Ausschüttung gewertet worden sei, oder ob insgesamt eine Zurechnung an die Strategen erfolgt sei und die Überzahlung als verdeckte Ausschüttung beurteilt worden sei. Für den Fall der bloß teilweisen Zurechnung verstoße das Erkenntnis gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Zurechnung von Entgelten an zwischengeschaltete Gesellschaften das Vorliegen einer Vertragsbeziehung voraussetze. Die Überzahlung sei ohne Vertragsbeziehung erfolgt. Das Bundesfinanzgericht begründe die Nichteinbeziehung der Überzahlung in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag damit, dass das Finanzamt die Überzahlung im Zuge einer Außenprüfung für das Jahr 2013 als verdeckte Ausschüttung qualifiziert habe, und dies auch für die anderen Jahre zu gelten habe. Das Bundesfinanzgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob in den revisionsgegenständlichen Jahren tatsächlich eine verdeckte Ausschüttung vorgelegen habe. Das Erkenntnis leide daher an einem Begründungsmangel. Das Bundesfinanzgericht habe die Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung der verdeckten Ausschüttung im Jahr 2013 unkritisch übernommen, ohne sich damit zu befassen, ob die Beurteilung korrekt gewesen sei und auch für die anderen Jahre gelten könne. Es bestehe keine Bindung an unrichtige Beurteilungen der Vorjahre.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revisionen sind nicht zulässig.
11 Der Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen, wenn er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der Revision als grundsätzlich erachtet hat, die in der Revision aber nicht angesprochen wird oder der in der Revision gar die Eignung als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abgesprochen wird, ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen (vgl. , mwN).
12 Da der vom Bundesfinanzgericht als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage diese Eignung von der revisionswerbenden Partei abgesprochen wird, ist auf diese Rechtsfrage nicht einzugehen.
13 Zur Zulässigkeit bringt das Finanzamt vor, das Bundesfinanzgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob tatsächlich in den Revisionsjahren eine verdeckte Ausschüttung vorgelegen sei, weshalb es seine Erkenntnisse mit einem Begründungsmangel belastet habe.
14 Das Finanzamt macht damit einen Verfahrensfehler geltend. Verfahrensfehler führen dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn auch deren Relevanz aufgezeigt wird (vgl. ). Die Relevanz eines Verfahrensmangels, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die revisionswerbende Partei günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, muss bereits in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. , mwN). Dies wird von den Revisionen mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen - und im Übrigen auch nicht in den Revisionsgründen - nicht dargetan. Die Revisionen behaupten nicht einmal konkret, dass zu Unrecht eine verdeckte Ausschüttung angenommen wurde, sondern beschränken sich darauf hinzuweisen, dass das Bundesfinanzgericht bei eingehender Würdigung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, und auf die pauschale Aussage, dass keine Bindung an unrichtige Beurteilungen der Vorjahre bestehe. Aufgrund welcher Umstände die Annahme einer verdeckten Ausschüttung zu verneinen gewesen wäre, legt das Finanzamt nicht dar. Damit gelingt es ihm aber nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers aufzuzeigen.
15 In den Revisionen werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021150022.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-46653