VwGH 19.10.2023, Ro 2021/13/0002
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Grundvoraussetzung für die Festsetzung einer Abgabe auf Antrag gemäß § 202 Abs. 1 iVm § 201 BAO ist, dass dem Antragsteller die Selbstberechnung dieser Abgabe obliegt (vgl. , mwN) und ihn hinsichtlich dieser Abgabe eine Haftung - die unterschiedlich ausgestaltet sein kann - trifft (sofern nicht spezielle Bestimmungen eine Festsetzung auch in diesen Fällen ausschließen; vgl. ). Wird der Antrag von einer Person gestellt, auf die diese Voraussetzungen nicht zutreffen, ist er - mangels Antragslegitimation des Einschreiters - unzulässig und damit zurückzuweisen (vgl. ). |
Normen | |
RS 2 | Bei der Frage, ob eine Person ein abgabenrechtlich Haftungspflichtiger im Sinne des § 202 Abs. 1 BAO ist, ist ausschließlich das Vorhandensein einer gesetzlich angeordneten Haftung einer bestimmten Person gegenüber dem Abgabengläubiger für (zunächst) fremde Abgaben entscheidend. Werden in solchen Fällen die normierten Haftungsvoraussetzungen erfüllt, wird also der materiell-rechtliche Haftungstatbestand verwirklicht, so entsteht an sich bereits ein rechtliches Haftungsverhältnis (vgl. ). Mit Geltendmachung der Haftung - durch Erlassung eines Haftungsbescheides - wird der Haftungspflichtige zum Gesamtschuldner und damit in das Abgabenschuldverhältnis einbezogen. |
Normen | BAO §201 BAO §202 Abs1 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art27 Abs1 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art27 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art30 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Abs4 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Abs5 |
RS 3 | Die Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III Nr. 192/2012, sehen an keiner Stelle eine Haftung der schweizerischen Zahlstellen gegenüber dem österreichischen Abgabengläubiger für die Einmalzahlung gemäß Art. 7 des Steuerabkommens vor. Auch die Bestimmung des Art. 30 Abs. 3 Steuerabkommen - die gar nicht für die Einmalzahlung gilt - normiert keineswegs eine Haftung der schweizerischen Zahlstellen gegenüber dem österreichischen Abgabengläubiger, sondern nur eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde. Eine unmittelbare Haftung der schweizerischen Zahlstellen stünde zudem im Widerspruch zur Systematik des Steuerabkommens, wonach sämtliche durch die schweizerischen Zahlstellen nach den Bestimmungen des Steuerabkommens eingehobenen Beträge nur im Wege der zuständigen schweizerischen Behörde an den österreichischen Abgabengläubiger gelangen (vgl. Art. 7 Abs. 4 und 5, sowie Art. 27 Abs. 1 und 3 des Steuerabkommens). Abgesehen vom Fehlen einer ausdrücklichen Haftungsbestimmung ist für den VwGH auch nicht erkennbar, dass die beiden Vertragsstaaten eine derartige Haftung hätten vorsehen wollen. Hinweise darauf, dass die beiden Vertragsstaaten davon ausgegangen seien (oder dies gar beabsichtigt hätten), die Republik Österreich hätte unmittelbar Haftungsansprüche gegenüber den schweizerischen Zahlstellen geltend machen können bzw. dürfen, sind nicht erkennbar. Es besteht auch zwischen der Republik Österreich und der zuständigen schweizerischen Behörde kein Haftungsverhältnis. Ein durchgehendes Haftungsverhältnis liegt somit nicht vor. |
Normen | VwRallg Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art13 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Abs3 |
RS 4 | Die Vertragsparteien des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III Nr. 192/2012, haben für Fälle einer unrichtig einbehaltenen bzw. abgeführten Einmalzahlung eigene Bestimmungen vorgesehen, die eine Rückerstattung solcher Beträge ermöglichen. So sieht Art. 7 Abs. 3 Steuerabkommen vor, dass die betroffene Person gleichzeitig mit der Erhebung der Einmalzahlung von der schweizerischen Zahlstelle eine Bescheinigung mit bestimmten Angaben erhalten muss. Erhebt die betroffene Person gegen die Bescheinigung nicht innerhalb von 30 Tagen nach deren Zustellung Einspruch, gilt diese als genehmigt. Die Überweisung der Einmalzahlung durch die schweizerische Zahlstelle darf erst nach Genehmigung der Bescheinigung erfolgen. Die betroffene Person hat daher die Möglichkeit, bereits vor Überweisung der Einmalzahlung Widerspruch zu erheben und unrichtige Berechnungen richtig zu stellen. Nach der Schweizerischen Verwaltungsmeinung ("Wegleitung zu den Abkommen über die Zusammenarbeit mit anderen Staaten im Steuerbereich und dem Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG), Steuerliche Regularisierung/Nachversteuerung von Vermögenswerten") ist nach erfolgter Genehmigung der Bescheinigung eine (vollständige oder teilweise) Stornierung der ohne rechtlichen Grund erhobenen und abgelieferten Einmalzahlung durch die Zahlstelle nicht zulässig. Ist bereits eine Überweisung der Einmalzahlung erfolgt, dann sieht Art. 13 Abs. 3 des Steuerabkommens vor, dass in jenen Fällen, in denen die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt wurde, die betroffene Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung hat. Dieser Antrag steht nach dem eindeutigen Abkommenstext nur der betroffenen Person selbst, nicht hingegen der schweizerischen Zahlstelle zu. Das Steuerabkommen selbst enthält daher ein eigenes Verfahren für die Rückerstattung zu hoch abgeführter Einmalzahlungen. Dieses ist daher auch zu beschreiten, wenn eine Rückzahlung der zu viel bezahlten Beträge begehrt wird (siehe zur vorrangigen Inanspruchnahme der von einem Abkommen vorgesehenen Rechtschutzmöglichkeiten , zu einem Abkommen mit Liechtenstein). |
Normen | VwRallg Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art13 Abs3 |
RS 5 | Der VwGH teilt nicht die Ansicht, die durch die schweizerische Zahlstelle vorgenommene Rückzahlung der zu viel einbehaltenen Beträge an die betroffenen Personen nach Abfuhr der Einmalzahlung stehe einer Antragstellung gemäß Art. 13 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III Nr. 192/2012, entgegen. Diese Rückzahlung erfolgte außerhalb der im Steuerabkommen vorgesehenen Wege nach Einbehaltung und Überweisung der Einmalzahlung. Im Rahmen des Steuerabkommens sind die zu hoch abgeführten Beträge weiterhin als ohne rechtlichen Grund bezahlt im Sinne des Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen anzusehen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7102018/2017, betreffend Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO (mitbeteiligte Partei: L AG in Z (Schweiz), vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Am stellte die Mitbeteiligte, eine Schweizer Privatbank, einen Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO sowie einen Eventualantrag auf Rückerstattung des Abgeltungsbetrages gemäß Art. 13 Abs. 3 des Steuerabkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III Nr. 192/2012 (Steuerabkommen), in Verbindung mit §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB.
2 Als Begründung wurde angegeben, dass die Mitbeteiligte einer Revision durch die Eidgenössische Steuerverwaltung unterzogen und die Berechnung und Meldung der Ablieferung der Einmalzahlung im Sinn des Art. 7 Steuerabkommen geprüft worden sei. Dabei sei eine Differenz bei der Berechnung der Höhe der Einmalzahlung festgestellt worden; Einmalzahlungen für mehrere Kunden seien in überhöhtem Ausmaß entrichtet worden. Der Fehler wurzle in einer irrtümlichen fehlenden Berücksichtigung von Fremdwährungen. Dadurch seien von der Mitbeteiligten im Jahr 2013 überhöhte Einmalzahlungen im Ausmaß von 555.826 € im Sinne des Art. 7 Steuerabkommen an die österreichische Abgabenbehörde abgeführt worden. In der Folge habe die Mitbeteiligte die betroffenen Kunden über den Fehler informiert und die überhöhten Einmalzahlungen den betroffenen Kunden rückerstattet. Für den Fall, dass eine Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund von der schweizerischen Zahlstelle im Sinne des Art. 2 lit. e Steuerabkommen bezahlt worden sei, habe nach Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen die betroffene Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung. Für den Fall, dass die Einbehaltung einer Abfuhrabgabe in richtiger Höhe erfolgt sei, jedoch ein überhöhter Betrag an die Abgabenbehörde abgeführt worden sei, könne nach Ansicht der Mitbeteiligten auf Basis von § 202 BAO ein sogenannter Gutschriftsbescheid erlassen werden. Dieser Bescheid sei an den Abfuhrpflichtigen zu richten. Für den Fall, dass der Einbehalt richtig und nur der abgeführte Betrag zu hoch gewesen sei, würden keine weiteren Rückzahlungsmöglichkeiten gegenüber dem eigentlichen Steuerschuldner (= den Bankkunden) bestehen. Die bescheidmäßige Festsetzung nach § 202 iVm § 201 BAO würde grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde liegen. Die Anwendbarkeit von § 240 Abs. 3 BAO durch die betroffenen Abgabepflichtigen selbst sei ausgeschlossen, weil die Mitbeteiligte aufgrund der Rückzahlung keine Abzugsteuer zu Unrecht von ihren Kunden einbehalten habe. Dasselbe gelte im Zusammenhang mit Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen, wenn man davon ausgehe, dass dieser - ebenso wie § 240 Abs. 3 BAO - einen steuerlichen Nachteil der betroffenen Person verlange. Dennoch seien die an die österreichische Abgabenbehörde nach Art. 7 Abs. 3 Steuerabkommen abgeführten Beträge zu hoch gewesen. Daher bleibe als einzige verfahrensrechtliche Rückzahlungsmöglichkeit ein Antrag der Mitbeteiligten als abzugsverpflichteter Zahlstelle nach § 202 BAO, auf dessen Basis ein Gutschriftsbescheid auszustellen und eine Rückerstattung vorzunehmen sei.
3 Eine mehrfache Rückzahlung der überhöht abgeführten Beträge sei ausgeschlossen, weil die Abzugsteuer durch die Mitbeteiligte von den Abgabepflichtigen in richtiger Höhe einbehalten worden sei und die Abgabepflichtigen selbst daher keine Rückforderungsmöglichkeiten gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde hätten. Für den Fall, dass die Abgabenbehörde den Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides und Rückzahlung ab- oder zurückweise, werde in eventu gemäß Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB der Antrag auf Rückzahlung gestellt.
4 Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen sowohl den Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides nach § 202 BAO als auch den Eventualantrag auf Rückerstattung des Abgeltungsbetrages nach Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB als unzulässig zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass die Mitbeteiligte sowohl hinsichtlich der Ausstellung eines Gutschriftsbescheides nach § 202 BAO mangels abgabenrechtlicher Haftung im Sinne der BAO als auch hinsichtlich der Rückerstattung des Abgeltungsbetrages nach Art. 13 Steuerabkommen, da die Mitbeteiligte keine „betroffene Person“ gemäß Art. 2 lit. h Steuerabkommen darstelle, nicht antragslegitimiert sei.
5 Mit Vorlagebericht vom legte der Bundesminister für Finanzen die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte unter Hinweis auf die Ausführungen im Zurückweisungsbescheid die Abweisung der Beschwerde.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und hob den angefochtenen Bescheid ersatzlos auf. Es stellte fest, dass die Mitbeteiligte eine Privatbank mit Sitz in der Schweiz sei, die auch Kundenbeziehungen mit in Österreich ansässigen natürlichen Personen unterhalte. Nach Abschluss des Steuerabkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft habe sie im Jahr 2013 entsprechend den Vorgaben dieses Abkommens Einmalzahlungen betreffend die bei ihr verbuchten Vermögenswerte österreichischer Bankkunden eingehoben und abgeführt. Im Jahr 2014 habe sich nach einer Revision durch die Eidgenössische Steuerverwaltung herausgestellt, dass die Mitbeteiligte zu hohe Beträge in Gestalt der Einmalzahlungen einbehalten habe. Der überhöhte Betrag habe sich aus einer fälschlicherweise nicht erfolgten Währungsumrechnung ergeben. Die Mitbeteiligte habe daraufhin die überhöht einbehaltenen Beträge an ihre (österreichischen) Bankkunden zurückbezahlt und neue, berichtigte Bescheinigungen über die einbehaltenen Einmalzahlungen ausgestellt. Die ursprünglich ausgestellten, unrichtigen Bescheinigungen seien zurückverlangt worden. Im Ergebnis habe die Mitbeteiligte von den (österreichischen) Bankkunden Einmalzahlungen in der betraglich richtigen Höhe eingehoben, jedoch einen zu hohen Betrag an die Eidgenössische Steuerverwaltung und damit letztlich an die Österreichische Steuerverwaltung abgeführt.
7 Strittig sei allein, ob die Mitbeteiligte die (letztlich) in richtiger Höhe einbehaltenen, aber überhöht abgeführten Einmalzahlungen durch Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO oder in eventu gestützt auf Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen in Verbindung mit §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB rückerstattet bekommen könne. Aus Art. 13 Steuerabkommen ergebe sich, wie bei Fehlern im Zusammenhang mit der Erhebung der Einmalzahlung durch die schweizerische Zahlstelle zu verfahren sei. Unabhängig von der Möglichkeit der schweizerischen Zahlstelle, den unterlaufenen Fehler gegenüber der betroffenen Person richtigzustellen, bleibe die schweizerische Zahlstelle gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Steuerabkommen gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde jedenfalls zur entsprechenden Nachleistung verpflichtet. Im Abkommen werde demnach Vorsorge dafür getroffen, dass die schweizerischen Zahlstellen als Abfuhrverpflichtete die sie treffenden (abkommensrechtlichen) Pflichten ordnungsgemäß erfüllen und auch für allfällige unterlaufene Fehler einzustehen hätten. In Art. 34 Abs. 1 Steuerabkommen sei in diesem Zusammenhang überdies eine Kontrolle der schweizerischen Zahlstellen durch die zuständige schweizerische Behörde vorgesehen. Die in Art. 7 in Zusammenschau mit Art. 13 Steuerabkommen für die schweizerischen Zahlstellen vorgesehenen Verpflichtungen seien jenen in § 95 EStG 1988 für Abzugsverpflichtete der Kapitalertragsteuer vergleichbar. Die schweizerische Zahlstelle habe unabhängig von der Einhebungs- und Regressmöglichkeit den betroffenen Personen gegenüber in jedem Fall die Einmalzahlung in richtiger Höhe abzuführen und damit in letzter Konsequenz dafür mitunter auch einzustehen. Wenngleich im Steuerabkommen das Wort „Haftung“ nicht zu finden sei, werde durch den Abkommenswortlaut sehr wohl dasjenige zum Ausdruck gebracht, was gemeinhin unter Haftung zu verstehen sei. Unter Haftung verstehe man ein Einstehenmüssen für fremde Abgabenschulden. Von einer Haftung der schweizerischen Zahlstelle (zumindest) gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde gehe auch der Bundesminister für Finanzen aus. Die Schweizerische Eidgenossenschaft habe sich durch den Abschluss des Steuerabkommens gegenüber der Republik Österreich verpflichtet, an der Besteuerung von in der Schweiz befindlichen Vermögenswerten in Österreich ansässiger Personen entsprechend dem abgeschlossenen Abkommen mitzuwirken. Demnach bestehe eine staatsvertragliche Verpflichtung der schweizerischen Behörde gegenüber der österreichischen Behörde, die ordnungsgemäße Besteuerung zu gewährleisten. Um dieser staatsvertraglichen Verpflichtung nachzukommen, sei in einem weiteren Schritt die schweizerische Zahlstelle (gegenüber der schweizerischen Behörde) verpflichtet, die Einhebung und Abfuhr entsprechend dem Steuerabkommen sicherzustellen. Demnach bestehe auf Basis des Steuerabkommens eine durchgehende Verpflichtungs- und letztlich Haftungskette für die ordnungsgemäße Abfuhr der einzubehaltenden Beträge. Folglich sei die Mitbeteiligte als schweizerische Zahlstelle zur Mitwirkung bei der Steuereinhebung für die Republik Österreich verpflichtet und hafte für die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abfuhr. Die Einmalzahlung im Sinn des Abkommens sei ihrer Wirkung nach nichts anderes als eine kumuliert erhobene Kapitalertragsteuer für vergangene Zeiträume. Die nach dem Steuerabkommen zu erhebende Abgabe sei eine besondere Form einer Selbstbemessungsabgabe, die von einem abgabenrechtlich Haftenden zu berechnen und zu entrichten sei. Diese Selbstbemessungsabgaben seien von § 202 BAO erfasst. Da die Mitbeteiligte zur Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO legitimiert gewesen sei, sei der Zurückweisungsbescheid aufzuheben.
8 Das Bundesfinanzgericht erklärte die Revision für zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob die schweizerische Zahlstelle gemäß Art. 2 lit. e des Steuerabkommens betreffend die (letztlich) in richtiger Höhe einbehaltenen, aber überhöht abgeführten Einmalzahlungen gemäß Art. 7 des Steuerabkommens zur Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO legitimiert sei, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen, zu der die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattet hat. Zur Begründung der Revision wird ausgeführt, der Mitbeteiligten käme nicht die Eigenschaft einer Haftungspflichtigen im Sinne des § 202 BAO zu. Es sei zwar zutreffend, dass schweizerische Zahlstellen gegenüber der Eidgenössischen Finanzverwaltung haften würden, allerdings sei die Haftungskette danach durchtrennt, weil die Schweiz selbst gegenüber der Republik Österreich nicht hafte, sondern nur die Beträge weiterleite. Im Ergebnis würden weder die schweizerische Eidgenossenschaft noch die schweizerische Zahlstelle gegenüber der Republik Österreich bzw. der zuständigen Behörde haften. Aus diesem Grund mangle es bereits an einer Antragslegitimation für § 202 BAO. Wie in Bezug auf die unvollständige oder zu Unrecht erfolgte Einhebung der Einmalzahlung vorzugehen sei, regle ausschließlich Art. 13 Steuerabkommen. Gemäß Abs. 3 habe die betroffene Person einen Erstattungsanspruch gegenüber den österreichischen Behörden im Falle überhöhter Einmalzahlungen. Hätten die beiden Vertragsstaaten es gewünscht, dass überhöhte Einmalzahlungen alternativ auch über die Zahlstelle refundiert werden könnten, wäre dies auch entsprechend vereinbart worden.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
11 Die Revision erweist sich als zulässig und begründet.
12 Die für die Entscheidung wesentlichen Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III Nr. 192/2012, lauten wie folgt:
„Art. 7 Nachversteuerung durch Einmalzahlung
1. Unter Vorbehalt von Artikel 6 und 11 erheben schweizerische Zahlstellen per Stichtag 3 eine Einmalzahlung auf den bei ihnen verbuchten Vermögenswerten der betroffenen Person.
2. Die Einmalzahlung bemisst sich nach Anhang I dieses Abkommens. Der Steuersatz beträgt 30 Prozent.
3. Gleichzeitig mit der Erhebung der Einmalzahlung erstellt die schweizerische Zahlstelle zuhanden der betroffenen Person eine Bescheinigung nach festgelegtem Muster. Die Bescheinigung enthält die folgenden Angaben:
a)Identität (Name und Geburtsdatum) und Wohnsitz der betroffenen Person;
b)soweit bekannt, die österreichische Finanzamts- und Steuernummer und/oder die österreichische Sozialversicherungsnummer;
c)Name und Anschrift der schweizerischen Zahlstelle;
d)Kundennummer der betroffenen Person (Kunden-, Konto- oder Depot-Nummer, IBAN Code);
e)Betrag der Einmalzahlung und Berechnungsmodalitäten.
Erhebt die betroffene Person gegen die Bescheinigung nicht innerhalb von 30 Tagen nach deren Zustellung Einspruch, gilt diese als genehmigt.
4. Die schweizerische Zahlstelle überweist die erhobenen Einmalzahlungen nach Genehmigung der Bescheinigungen nach Absatz 3 jeweils monatlich an die zuständige schweizerische Behörde. Die erste Überweisung erfolgt einen Monat nach dem Stichtag 3. Die zuständige schweizerische Behörde leitet die Einmalzahlungen jeweils monatlich an die zuständige österreichische Behörde weiter. Die erste Weiterleitung erfolgt zwei Monate nach dem Stichtag 3.
5. Die Einmalzahlungen nach Absatz 2 werden von schweizerischen Zahlstellen in Euro berechnet, abgezogen und an die zuständige schweizerische Behörde überwiesen. Erfolgt die Konto- oder Depotführung nicht in dieser Währung, so nimmt die schweizerische Zahlstelle die Umrechnung zum Devisentagesfixkurs publiziert durch die SIX Telekurs AG an den für die Berechnung maßgebenden Stichtagen vor. Die Weiterleitung durch die zuständige schweizerische Behörde an die zuständige österreichische Behörde erfolgt ebenfalls in Euro.
6. Mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto gelten die österreichischen Erbschaftssteuer- und Schenkungssteueransprüche und die Ansprüche auf die gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß Paragraph 8 Absatz 1 erster Satz erster und dritter Fall des österreichischen Finanzausgleichsgesetzes 2008, die auf den - auf den entsprechenden Konten und Depots verbuchten - Vermögenswerten entstanden sind, als abgegolten. Der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens von der Abgeltungswirkung erfasste Betrag im Konto oder Depot entspricht dem relevanten Kapital Kr wie in Anhang I dieses Abkommens bestimmt. [...]
Art. 13 Unvollständige oder zu Unrecht erfolgte Erhebung der Einmalzahlung
1. Erhebt die schweizerische Zahlstelle die Einmalzahlung nach Artikel 7 aufgrund eines Berechnungs- oder Abwicklungsfehlers nicht in vollständiger Höhe, so kann die schweizerische Zahlstelle der betroffenen Person den fehlenden Betrag zuzüglich eines Verzugszinses entsprechend Artikel 12 Absatz 2 nachbelasten. Die schweizerische Zahlstelle bleibt gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde jedenfalls zur entsprechenden Nachleistung verpflichtet. Dasselbe gilt für erhobene Verzugszinsen. Die zuständige schweizerische Behörde leitet nachgeleistete Einmalzahlungen einschließlich erhobener Verzugszinsen unverzüglich an die zuständige österreichische Behörde weiter.
2. In Fällen von Absatz 1 tritt für die betroffene Person die Wirkung nach Artikel 7 Absatz 6 auch ein, wenn die betroffene Person den Berechnungs- oder Abwicklungsfehler ohne grobes Verschulden nicht erkannt hat. Wird der Berechnungs- oder Abwicklungsfehler nach Absatz 1 korrigiert, tritt die Wirkung nach Artikel 7 Absatz 6 in jedem Fall ein.
3. Ist die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt worden, so hat die betroffene Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung.“
13 § 201 und § 202 der Bundesabgabenordnung (BAO) lauten:
„§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1.von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2.wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3.wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
5.wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1.wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
3.wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.“
„§ 202. (1) Die §§ 201 und 201a gelten sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen.
(2) Abs. 1 gilt nicht, soweit ein zu Unrecht einbehaltener Betrag gemäß § 240 Abs. 3 zurückgezahlt wurde oder im Fall einer Antragstellung nach dieser Bestimmung zurückzuzahlen wäre.“
14 Das Bundesfinanzgericht stützt die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides auf die Einstufung der Mitbeteiligten als abgabenrechtlich Haftungspflichtige, der nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe - der Einmalzahlung nach Art. 7 des Steuerabkommens - obliege.
15 Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
16 Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gilt § 201 BAO sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hierbei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides geltend zu machen.
17 Grundvoraussetzung für die Festsetzung einer Abgabe auf Antrag gemäß § 202 Abs. 1 iVm § 201 BAO ist somit, dass dem Antragsteller die Selbstberechnung dieser Abgabe obliegt (vgl. , mwN) und ihn hinsichtlich dieser Abgabe eine Haftung - die unterschiedlich ausgestaltet sein kann - trifft (sofern nicht spezielle Bestimmungen eine Festsetzung auch in diesen Fällen ausschließen; vgl. ). Wird der Antrag von einer Person gestellt, auf die diese Voraussetzungen nicht zutreffen, ist er - mangels Antragslegitimation des Einschreiters - unzulässig und damit zurückzuweisen (vgl. ).
18 Anders als das Bundesfinanzgericht vermeint, kommt es bei der Frage, ob eine Person ein abgabenrechtlich Haftungspflichtiger im Sinne des § 202 Abs. 1 BAO ist, weder auf das Vorliegen einer durchgehenden „Verpflichtungs- und letztlich Haftungskette“, noch auf eine „Mitwirkung bei der Steuereinhebung für die Republik Österreich“ an. Entscheidend ist ausschließlich das Vorhandensein einer gesetzlich angeordneten Haftung einer bestimmten Person gegenüber dem Abgabengläubiger für (zunächst) fremde Abgaben.
19 Werden in solchen Fällen die normierten Haftungsvoraussetzungen erfüllt, wird also der materiell-rechtliche Haftungstatbestand verwirklicht, so entsteht an sich bereits ein rechtliches Haftungsverhältnis (vgl. , mit Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar 103). Mit Geltendmachung der Haftung - durch Erlassung eines Haftungsbescheides - wird der Haftungspflichtige zum Gesamtschuldner und damit in das Abgabenschuldverhältnis einbezogen (vgl. erneut Stoll, BAO-Kommentar 103).
20 Die Bestimmungen des Steuerabkommens sehen an keiner Stelle eine Haftung der schweizerischen Zahlstellen gegenüber dem österreichischen Abgabengläubiger für die Einmalzahlung gemäß Art. 7 des Steuerabkommens vor. Auch die vom Bundesfinanzgericht angeführte Bestimmung des Art. 30 Abs. 3 Steuerabkommen - die gar nicht für die Einmalzahlung gilt - normiert keineswegs eine Haftung der schweizerischen Zahlstellen gegenüber dem österreichischen Abgabengläubiger, sondern nur eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde. Eine unmittelbare Haftung der schweizerischen Zahlstellen stünde zudem im Widerspruch zur Systematik des Steuerabkommens, wonach sämtliche durch die schweizerischen Zahlstellen nach den Bestimmungen des Steuerabkommens eingehobenen Beträge nur im Wege der zuständigen schweizerischen Behörde an den österreichischen Abgabengläubiger gelangen (vgl. Art. 7 Abs. 4 und 5, sowie Art. 27 Abs. 1 und 3 des Steuerabkommens).
21 Abgesehen vom Fehlen einer ausdrücklichen Haftungsbestimmung ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar, dass die beiden Vertragsstaaten eine derartige Haftung hätten vorsehen wollen. Hinweise darauf, dass die beiden Vertragsstaaten davon ausgegangen seien (oder dies gar beabsichtigt hätten), die Republik Österreich hätte unmittelbar Haftungsansprüche gegenüber den schweizerischen Zahlstellen geltend machen können bzw. dürfen, sind nicht erkennbar. Wie die Revision zu Recht vorbringt, besteht auch zwischen der Republik Österreich und der zuständigen schweizerischen Behörde kein Haftungsverhältnis. Ein durchgehendes Haftungsverhältnis, wie es das Bundesfinanzgericht angenommen hat, liegt somit nicht vor.
22 Die Vertragsparteien des Abkommens haben für Fälle einer unrichtig einbehaltenen bzw. abgeführten Einmalzahlung eigene Bestimmungen vorgesehen, die eine Rückerstattung solcher Beträge ermöglichen. So sieht Art. 7 Abs. 3 Steuerabkommen vor, dass die betroffene Person gleichzeitig mit der Erhebung der Einmalzahlung von der schweizerischen Zahlstelle eine Bescheinigung mit bestimmten Angaben erhalten muss. Erhebt die betroffene Person gegen die Bescheinigung nicht innerhalb von 30 Tagen nach deren Zustellung Einspruch, gilt diese als genehmigt. Die Überweisung der Einmalzahlung durch die schweizerische Zahlstelle darf erst nach Genehmigung der Bescheinigung erfolgen. Die betroffene Person hat daher die Möglichkeit, bereits vor Überweisung der Einmalzahlung Widerspruch zu erheben und unrichtige Berechnungen richtig zu stellen. Nach der Schweizerischen Verwaltungsmeinung („Wegleitung zu den Abkommen über die Zusammenarbeit mit anderen Staaten im Steuerbereich und dem Bundesgesetz über die internationale Quellenbesteuerung (IQG), Steuerliche Regularisierung/Nachversteuerung von Vermögenswerten“) ist nach erfolgter Genehmigung der Bescheinigung eine (vollständige oder teilweise) Stornierung der ohne rechtlichen Grund erhobenen und abgelieferten Einmalzahlung durch die Zahlstelle nicht zulässig.
23 Ist bereits eine Überweisung der Einmalzahlung erfolgt, dann sieht Art. 13 Abs. 3 des Steuerabkommens vor, dass in jenen Fällen, in denen die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt wurde, die betroffene Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung hat. Dieser Antrag steht nach dem eindeutigen Abkommenstext nur der betroffenen Person selbst, nicht hingegen der schweizerischen Zahlstelle zu. Das Steuerabkommen selbst enthält daher ein eigenes Verfahren für die Rückerstattung zu hoch abgeführter Einmalzahlungen vor. Dieses ist daher auch zu beschreiten, wenn eine Rückzahlung der zu viel bezahlten Beträge begehrt wird (siehe zur vorrangigen Inanspruchnahme der von einem Abkommen vorgesehenen Rechtschutzmöglichkeiten , zu einem Abkommen mit Liechtenstein).
24 Im Übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht die vom Bundesfinanzgericht und der mitbeteiligten Partei vertretene Ansicht, die Rückzahlung der zu viel einbehaltenen Beträge an die betroffenen Personen nach Abfuhr der Einmalzahlung stehe einer Antragstellung gemäß Art. 13 Abs. 3 des Steuerabkommens entgegen. Diese Rückzahlung erfolgte außerhalb der im Steuerabkommen vorgesehenen Wege nach Einbehaltung und Überweisung der Einmalzahlung. Im Rahmen des Steuerabkommens sind die zu hoch abgeführten Beträge weiterhin als ohne rechtlichen Grund bezahlt im Sinne des Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen anzusehen.
25 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich aus den genannten Gründen als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am
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Normen | BAO §201 BAO §202 Abs1 BAO §224 Abs1 VwRallg Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art13 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art27 Abs1 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art27 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art30 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Abs3 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Abs4 Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (Schweiz) 2012 Art7 Abs5 |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RO2021130002.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-46617