VwGH 01.06.2022, Ro 2021/02/0002
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | B-VG Art133 Abs4 BWG 1993 FM-GwG 2017 FM-GwG 2017 §36 FM-GwG 2017 §41 Abs4 Z1 VStG §31 Abs2 VwGG §34 Abs1 VwGVG 2014 §38 VwRallg |
RS 1 | Für eine vor Inkrafttreten des FM-GwG 2017 begangene Übertretung des BWG 1993 gilt die allgemeine Frist für die Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren gemäß § 31 Abs. 2 VStG (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der Finanzmarktaufsichtsbehörde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W158 2197393-1/22E, betreffend Übertretung des BWG (mitbeteiligte Partei: B AG in W, vertreten durch die Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Finanzmarktaufsichtsbehörde vom wurde über die mitbeteiligte Partei, ein konzessioniertes Kreditinstitut, gemäß § 35 Abs. 3 erster Strafsatz iVm. § 34 Abs. 1 Z 8 FM-GwG eine Geldstrafe von € 56.000,-- verhängt, weil sie vom bis entgegen § 40b Abs. 1 Z 3 lit. a iVm. § 41 Abs. 4 Z 1 BWG über keine angemessenen, risikobasierten Verfahren verfügt habe, anhand derer habe bestimmt werden können, ob wirtschaftliche Eigentümer von Bestandskunden während aufrechter Geschäftsbeziehung zu politisch exponierten Personen geworden seien.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) im zweiten Rechtsgang der Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 iVm. § 31 Abs. 2 VStG ein.
3 Nach der Begründung sei hier die allgemeine dreijährige Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG anzuwenden, die am abgelaufen sei. Die Tat sei daher verjährt. Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob hier die dreijährige Strafbarkeitsverjährung nach § 31 Abs. 2 VStG oder die fünfjährige Strafbarkeitsverjährung gemäß § 36 FM-GwG gelte.
4 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte die Zurück- oder Abweisung der Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, muss im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt sein. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage in der Rechtsprechung nach Einbringen der Revision geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. ).
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem ebenfalls eine Übertretung auch des § 41 Abs. 4 Z 1 BWG betreffenden Erkenntnis vom , Ro 2021/02/0003, zu der auch hier wesentlichen Verjährungsfrage - die in der Revision zu ihrer Zulässigkeit zitierten Entscheidungen sind demgegenüber nicht einschlägig - erkannt, dass für eine vor Inkrafttreten des FM-GwG begangene Übertretung des BWG die allgemeine Frist für die Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren gemäß § 31 Abs. 2 VStG gilt.
10 Damit ist nach den unbekämpft gebliebenen Berechnungen des Verwaltungsgerichtes die Strafbarkeit der Tat erloschen, weshalb das Verwaltungsgericht das Verfahren zu Recht eingestellt hat.
11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | B-VG Art133 Abs4 BWG 1993 FM-GwG 2017 FM-GwG 2017 §36 FM-GwG 2017 §41 Abs4 Z1 VStG §31 Abs2 VwGG §34 Abs1 VwGVG 2014 §38 VwRallg |
Schlagworte | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021020002.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-46584