VwGH 19.11.2024, Ra 2024/08/0034
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Das Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen ist eine notwendige, aber nicht in allen Fällen ausreichende Voraussetzung, um von wesentlichen eigenen Betriebsmitteln im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG ausgehen zu können: Sollte in einer Gesamtbetrachtung der für die konkrete Tätigkeit des Dienstnehmers insgesamt eingesetzten Betriebsmittel die Nutzung von Betriebsmitteln des Dienstgebers gegenüber dem Einsatz eigener Betriebsmittel so weit überwiegen, dass diese nur eine untergeordnete Bedeutung hätten und die mit ihnen geschaffene eigene unternehmerische Struktur des Dienstnehmers ganz in den Hintergrund träte, dann wären wesentliche eigene Betriebsmittel im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG zu verneinen. |
Norm | ASVG §4 Abs4 |
RS 2 | Bei den wesentlichen Betriebsmitteln muss es sich um Sachmittel handeln. Fertigkeiten (Know-how) bzw. die Arbeitskraft als solche fallen nicht darunter. Auf eingebrachte spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten kommt es auch dann nicht an, wenn sie das Ergebnis einer über längere Zeit erworbenen und mit erheblichen Kosten verbundenen Aus- und Weiterbildung sind (vgl. u.a., mwN). Eine Ausbildung wird auch durch ein Zeugnis oder einen darauf gegründeten Zulassungsbescheid nicht zum Sachmittel "materialisiert". |
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RS 3 | Der Begriff der geringwertigen Wirtschaftsgüter stammt aus § 13 EStG 1988. Gemäß dieser Bestimmung können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut € 800,-- (im revisionsgegenständlichen Zeitraum; aktuell € 1.000,--) nicht übersteigen. Es handelt sich um eine Sondervorschrift zu § 7 EStG 1988 betreffend die "Absetzung für Abnutzung", die verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu erfolgen hat. Von dieser Aufteilung auf mehrere Jahre wird bei Bagatellbeträgen aus Gründen der Vereinfachung abgesehen. |
Norm | EStG 1988 §13 |
RS 4 | Wirtschaftsgüter bilden nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder der Verkehrsauffassung dann eine Sachgesamtheit, wenn sie entweder technisch oder nach Art, Stil und sonstigem Verwendungszweck aufeinander abgestimmt sind. Der Sinn dieser Zusammenfassung für Zwecke der Anwendung des § 13 EStG liegt darin, dass über derartige Einheiten üblicherweise einheitlich disponiert wird, sodass die Anwendung der auf isolierte Einzelgegenstände abgestellten Vereinfachungsregel des § 13 nicht gerechtfertigt ist (Hinweis Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 13 Tz 5.2). Die Kino- und Theaterbestuhlung stellt eine derartige Sachgesamtheit aus selbständigen Wirtschaftsgütern dar (Hinweis Quantschnigg/Schuch, aaO). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 99/15/0036 E VwSlg 7820 F/2003 RS 1 (hier nur der zweite Satz) |
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RS 5 | Das Abstellen auf die Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter in der Rechtsprechung des VwGH zu § 4 Abs. 4 ASVG verfolgt andere Zwecke, als sie dem § 13 EStG 1988 zugrunde liegen. Es geht nicht wie im Einkommensteuerrecht um die Bestimmung einer Schwelle für administrative Erleichterungen, sondern darum, Betriebsmittel zu erfassen, die zum einen als Teil des Betriebsvermögens steuerlich geltend gemacht werden (worin sich die Entscheidung manifestiert, unternehmerisch tätig sein zu wollen) und die zum anderen eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben. Gemessen an diesem Zweck ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Betragsgrenze durch ein Wirtschaftsgut allein oder durch die Zusammenrechnung mehrerer (nicht unbedingt eine wirtschaftliche Einheit bildender) Güter erreicht wird. Notwendig ist allerdings im Hinblick auf nicht schon ihrer Art nach nur der betrieblichen Tätigkeit dienende Güter, dass eine steuerliche Veranlagung überhaupt stattfindet, weil sonst eine Widmung für die betriebliche Verwendung nicht feststellbar ist und im Übrigen der gänzliche Verzicht auf das Absetzen von Betriebsausgaben gegen eine unternehmerisch ausgeübte Erwerbstätigkeit spricht. Geht man (wie schon im Erkenntnis ) davon aus, dass es sich bei den wesentlichen eigenen Betriebsmitteln um solche Sachmittel handeln muss, die der konkreten Erwerbstätigkeit dienen, so ist überdies zu folgern, dass die zusammenzurechnenden Wirtschaftsgüter im Allgemeinen schon bei Aufnahme der Tätigkeit vorhanden sein und dann im Rahmen der ersten Steuererklärung (wenn auch allenfalls im Rahmen der Inanspruchnahme einer Pauschalierung) geltend gemacht werden müssen. Wird die Grenze der Geringwertigkeit dennoch (ausnahmsweise) erst durch Zusammenrechnung mit einem später hinzukommenden Betriebsmittel überschritten, so wäre die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG ab dem Zeitpunkt von dessen Aufnahme in das Betriebsvermögen zu verneinen. Wurde die Geringwertigkeitsgrenze einmal überschritten - sei es durch ein einziges Wirtschaftsgut, sei es durch die Zusammenrechnung mehrerer in das Betriebsvermögen aufgenommener Güter -, so ist das Vorhandensein wesentlicher eigener Betriebsmittel zu bejahen, solange die betreffenden Wirtschaftsgüter tatsächlich genutzt werden, auch wenn sie bereits vollständig abgeschrieben sind. |
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RS 6 | Wesentliche eigene Betriebsmittel im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG durften nicht schon deswegen verneint werden, weil die einzelnen Ausrüstungsgegenstände nicht die Grenze der Geringwertigkeit überschritten. Es wäre vielmehr zu prüfen gewesen, ob diese (nicht von vornherein "betriebsspezifischen") Gegenstände - als Grundvoraussetzung für die Aufnahme in das Betriebsvermögen - zumindest überwiegend betrieblich genutzt und dementsprechend (allenfalls nach Abzug eines Privatanteils) steuerlich abgeschrieben wurden. Für die Beurteilung der "Wesentlichkeit" wären dann zeitraumbezogen die Werte aller (sei es einzeln, sei es im Rahmen einer Pauschalierung) steuerlich geltend gemachten und noch genutzten Betriebsmittel zusammenzurechnen, und zwar mit dem einkommensteuerrechtlich anzusetzenden Betrag (idR die Anschaffungskosten, allenfalls aber etwa auch der Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage) ohne Abzug eines Privatanteils (ein allfälliger Privatanteil war auch nach der bisherigen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 4 ASVG nicht für die Beurteilung der Geringwertigkeit maßgeblich). Insofern trifft den Versicherten eine Mitwirkungspflicht insbesondere in Form der Vorlage von Buchhaltungs- und Steuerunterlagen, bei deren Missachtung das Vorliegen wesentlicher eigener Betriebsmittel im Zweifel verneint werden kann. Sollten die für die Tätigkeit eingesetzten Ausrüstungsgegenstände des Versicherten steuerlich geltend gemacht worden sein und insgesamt die Geringwertigkeitsgrenze überschreiten, so wäre in einem zweiten Schritt noch zu prüfen, ob er darüber hinaus auch Betriebsmittel des Dienstgebers nutzte, die gegenüber den eigenen Betriebsmitteln eine so überragende Bedeutung hatten, dass die durch diese konstituierte unternehmerische Struktur ganz in den Hintergrund trat. In die demnach vorzunehmende Gesamtbetrachtung hätten auch die für organisatorische Belange bereitgestellte Infrastruktur sowie etwa das Angewiesensein auf den Marktauftritt des Auftraggebers einzufließen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Stickler, Mag. Cede und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des V G in I, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, Dr. Christian Klotz, MMag. Mathias Demetz, Dr. Simon Gleirscher, Mag. Mine Cordic u.a., Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Erlerstraße 4/3. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , I413 2278277-1/17E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse; mitbeteiligte Parteien: 1. Verein K; 2. Pensionsversicherungsanstalt; 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Österreichische Gesundheitskasse hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom stellte die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) fest, dass der Revisionswerber auf Grund seiner Tätigkeit als Bergwanderführer für die Zeiträume bis sowie bis als Dienstnehmer für den Verein K. (die erstmitbeteiligte Partei) der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG unterlegen sei. Weiters wurde festgestellt, dass er auf Grund seiner Tätigkeit als Bergwanderführer für die Zeiträume bis , bis , am sowie am als Dienstnehmer für den genannten Verein der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG unterlegen sei.
2 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde teilweise statt. Es stellte fest, dass der Revisionswerber für die Zeiträume bis sowie bis als freier Dienstnehmer für den Verein K. gemäß § 4 Abs. 1 Z 14 iVm Abs. 4 ASVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie gemäß § 1 Abs. 8 AlVG der Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG unterlegen sei. Des weiteren wurde ausgesprochen, dass der Revisionswerber für die Zeiträume bis , bis , am sowie am als freier Dienstnehmer für den Verein K. gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 2 ASVG der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG unterlegen sei.
3 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber am gemäß § 19 des Tiroler Bergsportführergesetzes die vorgesehene Bergwanderführerprüfung abgelegt habe. Im Jahr 2019 habe er erfolgreich an der Ausbildung zum Tiroler Naturführer teilgenommen. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom sei ihm gemäß § 16 Abs. 1 iVm § 5 des Tiroler Bergsportführergesetzes die Befugnis als Bergwanderführer verliehen worden.
4 Im Juni 2020 habe er bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen eine „Versicherungserklärung für Freiberufler“ eingebracht und als selbständige Erwerbstätigkeiten „Bergwanderführer/Naturführer/Tagfalter-Erheber“ angeführt.
5 Er sei in den im Spruch genannten Zeiträumen für den Verein K. als Bergwanderführer und Naturführer tätig gewesen. Eine schriftliche Vereinbarung sei darüber nicht abgeschlossen worden.
6 Dem Revisionswerber - sowie den weiteren beim Verein im Pool befindlichen selbständigen Bergwanderführern - sei zu Jahresbeginn eine Excel-Tabelle mit bereits gelisteten Anfragen übermittelt worden; etwa im April seien noch Schulanfragen dazugekommen. Per E-Mail habe der Revisionswerber die für ihn in Frage kommenden Wanderführungen mit Datumsangabe mitgeteilt. Sofern er dafür ausgewählt worden sei, habe ihm der Verein eine Bestätigung ausgestellt, dass ihm die Tour zugeteilt worden sei.
7 Es sei grundsätzlich zwischen touristischen und schulischen Wanderführungen differenziert worden. Die vom Verein - teils mit den jeweiligen Tourismusverbänden - erstellten und angebotenen touristischen Wandertouren würden auf dessen Website veröffentlicht und beinhalteten neben der Tourenbeschreibung samt Angabe des Wanderziels auch Informationen zum Schwierigkeitsgrad, der Tourenkategorie, zur voraussichtlichen Gehzeit, der Anzahl an Höhenmetern, der Länge, den Einkehrmöglichkeiten sowie Angaben zum Ausgangspunkt. Die Naturführungen würden unter Angabe des Themas der Naturführung, der Dauer/Rückkehr, des Treffpunkts und der Kosten abgebildet. Daneben fänden auch Wanderungen speziell für Kinder bzw. Schulklassen statt, die unter einem Motto stünden, wie „Wald“, „Orientierung“, „Eulen“, „Leben im Gebirge“ udgl., wobei eine entsprechende Inhalts- und Ablaufbeschreibung (Zielgruppe, Dauer, Termine, Kosten, Besonderheiten) auf der Website des Vereins veröffentlicht werde. Das Thema der Wanderung sei jeweils vorgegeben, wobei die konkrete Themenaufbereitung dem Revisionswerber oblegen sei.
8 Der Revisionswerber habe sich bei der Durchführung der Wandertouren stets an den herrschenden Witterungsbedingungen sowie auch an den körperlichen Fähigkeiten seiner Teilnehmer:innen orientiert. Dabei sei er berechtigt gewesen, eigenständige Entscheidungen ohne Rücksprache mit dem Verein zu treffen, auch in Hinblick auf die Wahl des Weges zum Tourenziel, sofern dieses über mehrere Wege erreichbar gewesen sei. Ein Abgehen vom Tourenziel sei grundsätzlich möglich gewesen, hätte aber der Zustimmung sämtlicher Teilnehmer:innen unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrads bedurft. Insofern sei eine Bindung an das Tourenziel vorgelegen.
9 Seiner Tätigkeit sei der Revisionswerber stets persönlich nachgekommen. Eine explizite Vereinbarung hinsichtlich einer etwaigen Vertretung sei nicht getroffen worden. Der Verein habe nicht ernsthaft damit gerechnet, dass von einer generellen Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht würde. Bei einer Vertretung hätte sich der Revisionswerber einer Person mit Bergwanderführer-Qualifikation bedienen müssen.
10 Weisungen seien ihm nicht erteilt worden; ein Feedback- oder Kontrollsystem habe nicht bestanden. Auch hätten keine Besprechungen mit dem Verein stattgefunden. Der Revisionswerber habe keine Berichtspflichten zu erfüllen gehabt.
11 Für die Wandertouren wesentliche Betriebsmittel seien dem Revisionswerber nicht zur Verfügung gestellt worden. Über Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, Schneeschuhe, Schneeschaufel, Sonde, Bücher etc. habe er selbst verfügt. Der Revisionswerber habe keine eigene Homepage gehabt. Er habe Visitenkarten verteilt.
12 Die Abrechnung mit dem Verein sei mittels Honorarnotenlegung nach ganzen oder halben Tagen nach durchgeführter Wandertour anhand der ausgeschriebenen Tourgehzeit unter Zugrundelegung des vorab bekannten Stundensatzes erfolgt. Zudem sei ihm auch Kilometergeld ausgezahlt und Aufwandersatz (etwa für Parkgebühren) erstattet worden.
13 Der Revisionswerber sei keinem Konkurrenzverbot und keiner Verschwiegenheitspflicht unterlegen. Er sei bei drei weiteren Auftraggebern tätig gewesen.
14 In rechtlicher Hinsicht ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Revisionswerber eine Dienstleistung geschuldet habe, indem er sich verpflichtet habe, für eine bestimmte Zeit seine Arbeitskraft und sein Bemühen zur Verfügung zu stellen. Hingegen sei keine Verpflichtung zur Herstellung eines Werks vorgelegen. Eine vertragsmäßige Konkretisierung des Werks scheitere schon daran, dass es sich bei der Durchführung einer Wandertour nicht um ein Endprodukt handle. Es sei auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem für den Werkvertrag typische Gewährleistungsansprüche beurteilt werden sollten. Außerdem richte sich das Entgelt des Revisionswerbers nicht danach, ob bzw. wie viele Teilnehmer:innen die Wanderung tatsächlich geschafft hätten, sondern es sei mit einem fixen Honorar - je nach Dauer der Wandertour für einen Ganztag oder Halbtag, auch bei witterungsbedingtem früherem Abbruch - abgerechnet worden. Für einen Dienstvertrag spreche somit auch die leistungsbezogene Entlohnung nach Halb- oder Ganztagen, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung.
15 Im Anschluss bejahte das Bundesverwaltungsgericht, dass den Revisionswerber eine persönliche Arbeitspflicht getroffen habe. Es verneinte jedoch mit näherer Begründung die persönliche Abhängigkeit des Revisionswerbers. Da auch keine Lohnsteuerpflicht bestanden habe, sei der Revisionswerber nicht als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG beschäftigt gewesen.
16 Es bleibe zu prüfen, ob ein freier Dienstvertrag im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG vorgelegen sei. Die demnach maßgeblichen Voraussetzungen sah das Bundesverwaltungsgericht als gegeben an: Der Revisionswerber habe die Wandertouren stets persönlich durchgeführt und sei dafür entlohnt worden. Was die von ihm genutzte Ausrüstung betreffe, so handle es sich um geringwertige Wirtschaftsgüter, die auch der privaten Lebensführung dienten und auch privat bei Wandertouren zum Einsatz kämen. Vor diesem Hintergrund sei von einem Fehlen wesentlicher eigener Betriebsmittel auszugehen. Vielmehr sei die eigene Arbeitskraft des Revisionswerbers bedeutsam, die sich in der Einschätzung der Witterungslage und der körperlichen Leistungsfähigkeit der Teilnehmer:innen äußere, weiters im Wissen über die Flora und Fauna sowie auch, so möglich, in der Wahl der Wanderroute. Der Einsatz der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten stelle aber keine Verwendung eigener Betriebsmittel im Sinn der Rechtsprechung dar.
17 Der Aufbau einer unternehmerischen Struktur (etwa durch eine Homepage etc.) sei auch unter Berücksichtigung der überschaubaren Zahl von Auftraggebern des Revisionswerbers und der gesonderten Abgeltung von Aufwendungen nicht ersichtlich. Vielmehr profitiere der Revisionswerber von der Präsentation der Touren auf der Website des Vereins.
18 Die Benützung eines privaten PKW könne nur dann die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG ausschließen, wenn der freie Dienstnehmer den PKW ausdrücklich der eigenen unternehmerischen Struktur gewidmet habe, etwa durch Aufnahme in das Betriebsvermögen, wofür sich gegenständlich keine Hinweise ergeben hätten. Bei nicht nur geringwertigen technischen Geräten, die üblicherweise auch im privaten Bereich verwendet würden, wie zB einem PC, einem Smartphone, einem PKW, müsste die Behauptung einer überwiegenden betrieblichen Verwendung im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Erwerbstätigen konkret nachgewiesen werden.
19 Da der Revisionswerber somit seine Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich und gegen Entgelt erbracht und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt habe, liege ein freies Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 4 ASVG vor und sei der Beschwerde spruchgemäß stattzugeben gewesen.
20 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
21 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die ÖGK eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen hat:
22 Der Revisionswerber behauptet unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zunächst eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Dienstvertrag. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Abgrenzung aber im Einklang mit den in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa ) dazu entwickelten Grundsätzen vorgenommen. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts war Vertragsinhalt die wiederholte Durchführung von - durch den erstmitbeteiligten Verein angebotenen - Wanderungen. Damit war - anders als die Revision meint - nicht die „sichere Rückkehr an den Ausgangsort“ geschuldet, sondern die laufende Begleitung und Betreuung der Teilnehmenden, wobei es sich nicht um einmalige Aufträge handelte, sondern um eine in den festgestellten Zeiträumen der Pflichtversicherung regelmäßig für den erstmitbeteiligten Verein ausgeübte Tätigkeit. Dass der Revisionswerber nur im Fall der tatsächlichen Durchführung der jeweiligen Tour ein Entgelt erhielt, ist - wiederum entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - ebenso wenig Ausfluss eines Gewährleistungsanspruchs wie die übernommene Haftung für die körperliche Integrität der Gruppenmitglieder.
23 Im weiteren Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, dass der Revisionswerber entgegen der Annahme des Bundesverwaltungsgerichts über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügt habe. In diesem Zusammenhang werden einerseits Abweichungen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gerügt, andererseits wird vorgebracht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage fehle, ob und unter welchen Voraussetzungen die Anschaffungskosten mehrerer geringwertiger Wirtschaftsgüter für die Beurteilung der „Wesentlichkeit“ im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG zusammenzuzählen seien. Der Revisionswerber habe eine LVS-Lawinenausrüstung, Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Orientierungsmaterial, Handy-Apps, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, GPS-Geräte, Fachliteratur etc. anschaffen müssen. Keine dieser Anschaffungen habe einzeln den Wert von € 800,-- überstiegen, seine Tätigkeit als Bergwanderführer habe aber das Vorliegen aller Betriebsmittel in ihrer Gesamtheit erfordert. Die gesamten Anschaffungskosten hätten den Betrag von € 800,-- bei weitem überschritten. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Revision zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.
24 Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterliegen freie Dienstnehmer der Pflichtversicherung nach dem ASVG, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen.
25 Im vorliegenden Fall ist weder die Entgeltlichkeit der Tätigkeit noch die persönliche Erbringung der Dienstleistungen strittig (das gilt auch für die weiteren in § 4 Abs. 4 ASVG genannten positiven und negativen Voraussetzungen, insbesondere das Nichtbestehen einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG). Auffassungsunterschiede bestehen hinsichtlich der Frage, ob der Revisionswerber über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügte.
26 Dem Gesetz selbst ist nicht zu entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßstäben die „Wesentlichkeit“ der Betriebsmittel zu ermitteln ist. Die Gesetzesmaterialien zum ASRÄG 1997, auf das die geltende Fassung des § 4 Abs. 4 ASVG im Wesentlichen zurückgeht, sind insofern aufschlussreich, als es im Ausschussbericht 912 BlgNR 20. GP, 5, heißt:
„Gleichzeitig soll die [Anm.: in der Regierungsvorlage noch enthaltene] Voraussetzung des Nichtvorhandenseins einer unternehmerischen Struktur durch die gleichwertige, aus dem Begriff der wirtschaftlichen Abhängigkeit (vgl. § 4 Abs. 2 ASVG) ableitbare Voraussetzung, dass die freien Dienstnehmer über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, d.h. ihre Tätigkeit im Wesentlichen mit Betriebsmitteln des Dienstgebers ausüben, ersetzt werden. Die Tätigkeit mit fremden Betriebsmitteln (wirtschaftliche Abhängigkeit) ist eine Folge der persönlichen Abhängigkeit.“
27 Zunächst leitete der Verwaltungsgerichtshof aus den zitierten Gesetzesmaterialien ab, dass § 4 Abs. 4 ASVG nicht bloß dann zur Anwendung kommt, wenn keinerlei eigene Betriebsmittel eingesetzt werden, sondern nur dann nicht, wenn derjenige, der die Leistung erbringt, im Wesentlichen nicht auf ihm zur Verfügung gestellte Betriebsmittel angewiesen ist (vgl. insbesondere , betreffend eine Aerobic-Trainerin, der die Räumlichkeiten für die Abhaltung der Kurse von der Dienstgeberin zur Verfügung gestellt wurden).
28 Im Erkenntnis , entwickelte der Verwaltungsgerichtshof dann präzisere, vorrangig heranzuziehende Grundsätze für die Beurteilung des Vorhandenseins „wesentlicher eigener Betriebsmittel“ im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG. Er hob hervor, dass jedenfalls dann von einem arbeitnehmerähnlichen freien Dienstvertrag nach dem ASVG auszugehen sei, wenn der freie Dienstnehmer (wie die Aerobic-Trainerin im zu 2004/08/0101 entschiedenen Fall) „innerhalb und unter Verwendung der betrieblichen Struktur des Auftraggebers“ (also abgesehen von der persönlichen Abhängigkeit wie ein echter Arbeitnehmer) tätig sei. Umgekehrt sei jedenfalls von der „Unternehmerähnlichkeit“ und damit der Pflichtversicherung nach dem GSVG statt dem ASVG auszugehen, wenn eine „unternehmerische Organisation bestimmten Ausmaßes“ klar zutage trete. In anderen als diesen beiden Fallgruppen könne die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein.
29 Maßgeblich dafür sei die Beurteilung der „wesentlichen Betriebsmittel“, die nach den Verhältnissen beim freien Dienstnehmer - und nicht beim Auftraggeber - zu erfolgen habe. Dazu wurde der folgende, mittlerweile in ständiger Rechtsprechung vielfach wiederholte Rechtssatz gebildet: „Grundsätzlich wird ein Betriebsmittel dann für seine (dadurch als unternehmerisch zu beurteilende) Tätigkeit wesentlich sein, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und der damit einhergehenden steuerlichen Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist.“ Dabei sei stets vorausgesetzt, dass es sich um ein Sachmittel handle, welches für die konkret in Rede stehende Tätigkeit des freien Dienstnehmers wesentlich (im Sinn von „dienlich“ bzw. durch die Tätigkeit veranlasst) sei. Die „Dienlichkeit“ ist zwar, wie ebenfalls im Erkenntnis 2007/08/0223 klargestellt wurde, nicht mit der „Wesentlichkeit“ gleichzusetzen und daher nicht ausreichend, um diese zu bejahen; sie ist aber Grundbedingung dafür, dass ein Betriebsmittel wesentlich iSd § 4 Abs. 4 ASVG sein kann.
30 Im konkreten Fall, der dem damaligen Erkenntnis zugrunde lag, kam es daher darauf an, ob das vom freien Dienstnehmer, einem Botenfahrer, genutzte Fahrzeug in dessen Betriebsvermögen aufgenommen und so der unternehmerischen Verwendung gewidmet wurde (was im fortgesetzten Verfahren bejaht wurde - vgl. ). Dem Umstand, dass der Auftraggeber Rucksäcke und auch Mobiltelefone zur Verfügung gestellt hatte, kam demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu, weil es sich bloß um „Hilfsmittel untergeordneter Bedeutung“ handelte.
31 In späteren Entscheidungen forderte der Verwaltungsgerichtshof - über das Vorhandensein nicht geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen hinaus - immer wieder eine „Gesamtbetrachtung“, um wesentliche eigene Betriebsmittel bejahen zu können: So wurde im Erkenntnis 2012/08/0163 betreffend einen Vertreter die Verfügung über eine nicht nur geringwertige Laserwasserwaage als für sich allein noch nicht ausschlaggebend angesehen; in Zusammenhalt mit einer Büroausstattung samt PC und dem ebenfalls betrieblich genutzten, in das Anlagevermögen aufgenommenen PKW wurden jedoch wesentliche eigene Betriebsmittel bejaht. Im bis 0045, betreffend eine Organisatorin von VHS-Kursen, erklärte der Verwaltungsgerichtshof, dass es nicht ausreichend sei, wenn irgendein einzelnes nicht geringwertiges Betriebsmittel überwiegend beruflich genutzt werde, sondern eine Gesamtbetrachtung aller eingesetzten Betriebsmittel vorgenommen werden müsse, um zu beurteilen, ob sich die erwerbstätige Person damit eine eigene betriebliche Struktur geschaffen habe. Im Erkenntnis , wurde ausgeführt, dass bei Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen in einem zweiten Schritt zu untersuchen sei, ob den darüber hinaus vom Dienstgeber zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln - im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung - entscheidende Bedeutung für die ausgeübte Tätigkeit zukomme, oder ob es sich dabei um Hilfsmittel untergeordneter Bedeutung handle.
32 Das Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen ist also eine notwendige, aber nicht in allen Fällen ausreichende Voraussetzung, um von wesentlichen eigenen Betriebsmitteln im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG ausgehen zu können: Sollte in einer Gesamtbetrachtung der für die konkrete Tätigkeit des Dienstnehmers insgesamt eingesetzten Betriebsmittel die Nutzung von Betriebsmitteln des Dienstgebers gegenüber dem Einsatz eigener Betriebsmittel so weit überwiegen, dass diese nur eine untergeordnete Bedeutung hätten und die mit ihnen geschaffene eigene unternehmerische Struktur des Dienstnehmers ganz in den Hintergrund träte, dann wären wesentliche eigene Betriebsmittel im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG zu verneinen.
33 Im vorliegenden Fall verfügte der Revisionswerber (bei dem keine unternehmerische Struktur „klar zu Tage trat“, der unter Zugrundelegung der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts aber auch nicht umgekehrt „innerhalb und unter Verwendung der betrieblichen Struktur des Auftraggebers“ tätig war) über kein Betriebsmittel, das für sich genommen nicht nur geringwertig war.
34 Was die von ihm ins Treffen geführte Ausbildung betrifft, so entspricht es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass es sich bei den wesentlichen Betriebsmitteln um Sachmittel handeln muss und Fertigkeiten (Know-how) bzw. die Arbeitskraft als solche nicht darunterfallen. Auf eingebrachte spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten kommt es auch dann nicht an, wenn sie das Ergebnis einer über längere Zeit erworbenen und mit erheblichen Kosten verbundenen Aus- und Weiterbildung sind (vgl. u.a., mwN). Anders als die Revision meint, wird eine Ausbildung auch durch ein Zeugnis oder einen darauf gegründeten Zulassungsbescheid nicht zum Sachmittel „materialisiert“.
35 In Bezug auf den eigenen PKW des Revisionswerbers, den dieser im Rahmen der Durchführung der Touren nutzte und den er laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung - auf die in der Revision verwiesen wird - „genau für solche Zwecke angeschafft“ hatte, wurde eine überwiegende betriebliche Nutzung und damit einhergehende Aufnahme in das Betriebsvermögen nicht dargelegt (vgl. zu den Kriterien für die betriebliche Nutzung eines Kraftfahrzeugs ). Der Annahme einer Nutzung als eigenes Betriebsmittel bei der konkreten Tätigkeit steht auch entgegen, dass der Revisionswerber für die Verwendung des PKW unbestritten Kilometergeld vom Dienstgeber erhielt.
36 Der Revisionswerber bringt aber auch vor, dass die von ihm eingesetzten geringwertigen Wirtschaftsgüter (LVS-Lawinenausrüstung, Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Orientierungsmaterial, Handy-Apps, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, GPS-Geräte, Fachliteratur etc.) zusammen bei weitem die Grenze der Geringwertigkeit überschreiten würden. Zu der Frage, inwieweit eine Zusammenrechnung geringwertiger Wirtschaftsgüter für die Zwecke der Abgrenzung nach § 4 Abs. 4 ASVG in Betracht kommt, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht geäußert.
37 Der Begriff der geringwertigen Wirtschaftsgüter stammt aus § 13 EStG 1988. Gemäß dieser Bestimmung können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut € 800,-- (im revisionsgegenständlichen Zeitraum; aktuell € 1.000,--) nicht übersteigen. Es handelt sich um eine Sondervorschrift zu § 7 EStG 1988 betreffend die „Absetzung für Abnutzung“, die verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu erfolgen hat. Von dieser Aufteilung auf mehrere Jahre wird bei Bagatellbeträgen aus Gründen der Vereinfachung abgesehen (vgl. dazu etwa auch Kirchmayr/G. Brameshuber in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 13 Tz 1). § 13 EStG 1988 enthält auch eine Regelung für Wirtschaftsgüter, die aus Teilen bestehen: Sie sind als Einheit aufzufassen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden. Der Sinn dieser Zusammenfassung liegt darin, dass über derartige Einheiten üblicherweise einheitlich disponiert wird, sodass die Anwendung der auf isolierte Einzelgegenstände abstellenden Vereinfachungsregel des § 13 EStG 1988 nicht gerechtfertigt ist (vgl. , mwN).
38 Das Abstellen auf die Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 4 ASVG verfolgt aber andere Zwecke, als sie dem § 13 EStG 1988 zugrunde liegen. Es geht nicht wie im Einkommensteuerrecht um die Bestimmung einer Schwelle für administrative Erleichterungen, sondern darum, Betriebsmittel zu erfassen, die zum einen als Teil des Betriebsvermögens steuerlich geltend gemacht werden (worin sich die Entscheidung manifestiert, unternehmerisch tätig sein zu wollen) und die zum anderen eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben. Gemessen an diesem Zweck ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Betragsgrenze durch ein Wirtschaftsgut allein oder durch die Zusammenrechnung mehrerer (nicht unbedingt eine wirtschaftliche Einheit bildender) Güter erreicht wird. Notwendig ist allerdings im Hinblick auf nicht schon ihrer Art nach nur der betrieblichen Tätigkeit dienende Güter, dass eine steuerliche Veranlagung überhaupt stattfindet, weil sonst eine Widmung für die betriebliche Verwendung nicht feststellbar ist und im Übrigen der gänzliche Verzicht auf das Absetzen von Betriebsausgaben gegen eine unternehmerisch ausgeübte Erwerbstätigkeit spricht. Geht man (wie schon im Erkenntnis ) davon aus, dass es sich bei den wesentlichen eigenen Betriebsmitteln um solche Sachmittel handeln muss, die der konkreten Erwerbstätigkeit dienen, so ist überdies zu folgern, dass die zusammenzurechnenden Wirtschaftsgüter im Allgemeinen schon bei Aufnahme der Tätigkeit vorhanden sein und dann im Rahmen der ersten Steuererklärung (wenn auch allenfalls im Rahmen der Inanspruchnahme einer Pauschalierung) geltend gemacht werden müssen. Wird die Grenze der Geringwertigkeit dennoch (ausnahmsweise) erst durch Zusammenrechnung mit einem später hinzukommenden Betriebsmittel überschritten, so wäre die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG ab dem Zeitpunkt von dessen Aufnahme in das Betriebsvermögen zu verneinen. Wurde die Geringwertigkeitsgrenze einmal überschritten - sei es durch ein einziges Wirtschaftsgut, sei es durch die Zusammenrechnung mehrerer in das Betriebsvermögen aufgenommener Güter -, so ist das Vorhandensein wesentlicher eigener Betriebsmittel zu bejahen, solange die betreffenden Wirtschaftsgüter tatsächlich genutzt werden, auch wenn sie bereits vollständig abgeschrieben sind.
39 Diese Grundsätze bedeuten für den vorliegenden Fall, dass wesentliche eigene Betriebsmittel im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG nicht schon deswegen verneint werden durften, weil die einzelnen vom Revisionswerber ins Treffen geführten Ausrüstungsgegenstände nicht die Grenze der Geringwertigkeit überschritten. Es wäre vielmehr zu prüfen gewesen, ob diese (nicht von vornherein „betriebsspezifischen“) Gegenstände - als Grundvoraussetzung für die Aufnahme in das Betriebsvermögen - zumindest überwiegend betrieblich genutzt und dementsprechend (allenfalls nach Abzug eines Privatanteils) steuerlich abgeschrieben wurden. Für die Beurteilung der „Wesentlichkeit“ wären dann zeitraumbezogen die Werte aller (sei es einzeln, sei es im Rahmen einer Pauschalierung) steuerlich geltend gemachten und noch genutzten Betriebsmittel zusammenzurechnen, und zwar mit dem einkommensteuerrechtlich anzusetzenden Betrag (idR die Anschaffungskosten, allenfalls aber etwa auch der Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage) ohne Abzug eines Privatanteils (ein allfälliger Privatanteil war auch nach der bisherigen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 4 ASVG nicht für die Beurteilung der Geringwertigkeit maßgeblich). Insofern trifft den Versicherten (hier den Revisionswerber) eine Mitwirkungspflicht insbesondere in Form der Vorlage von Buchhaltungs- und Steuerunterlagen, bei deren Missachtung das Vorliegen wesentlicher eigener Betriebsmittel im Zweifel verneint werden kann.
40 Was im Übrigen das vom Revisionswerber hergestellte „Lehrmaterial“ (wie folierte Fotos und vergleichbares Anschauungsmaterial) betrifft, so war es von solcher Art, dass es sich schon begrifflich nicht um Betriebsmittel handelte, sondern um einen (vorbereitenden) Teil der zu erbringenden Dienstleistung.
41 Sollten die für die Tätigkeit eingesetzten Ausrüstungsgegenstände des Revisionswerbers steuerlich geltend gemacht worden sein und insgesamt die Geringwertigkeitsgrenze überschreiten, so wäre in einem zweiten Schritt noch zu prüfen, ob er darüber hinaus auch Betriebsmittel des Dienstgebers nutzte, die gegenüber den eigenen Betriebsmitteln eine so überragende Bedeutung hatten, dass die durch diese konstituierte unternehmerische Struktur ganz in den Hintergrund trat. In die demnach vorzunehmende Gesamtbetrachtung hätten auch die für organisatorische Belange bereitgestellte Infrastruktur sowie etwa das Angewiesensein auf den Marktauftritt des Auftraggebers einzufließen.
42 Da das angefochtene Erkenntnis nach allem Gesagten nicht der Rechtslage entsprach, war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
43 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG keine Eingabengebühr zu entrichten war.
Wien, am
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Normen | |
Schlagworte | Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024080034.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
MAAAF-46418