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VwGH 26.09.2024, Ra 2023/15/0113

VwGH 26.09.2024, Ra 2023/15/0113

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §19 Abs1
EStG 1988 §2 Abs3 Z4
EStG 1988 §25
RS 1
Werden dem Dienstnehmer Aktienoptionen eingeräumt und steht die Einräumung in einem Veranlassungszusammenhang mit dem Dienstverhältnis, sind die aus den Optionen resultierenden Vorteile als Einkünfte aus dem Dienstverhältnis (Arbeitslohn) zu erfassen. Dabei erfolgt der Zufluss des Vorteils mit der Ausübung der Option (vgl. , unter Hinweis auf ).
Normen
AbgÄG 02te 2014
B-VG Art7
EStG 1988 §78 Abs1 idF 2014/I/105
EStG 1988 §82
RS 2
Der VfGH vertritt in seiner Rechtsprechung zur gleichheitsrechtlichen Beurteilung abgabenrechtlicher oder beitragsrechtlicher Haftungsbestimmungen die Auffassung, dass bei der Festlegung des für eine Abgabe haftenden Personenkreises dem Gesetzgeber durch Art. 7 B-VG insofern eine Grenze gezogen ist, als er nur solche Personen zur Haftung heranziehen darf, bei denen eine Haftung sachlich begründet ist. Der VfGH hat die sachliche Rechtfertigung für die Haftung - abgesehen vom öffentlichen Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit öffentlicher Abgaben - aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und dem Haftungspflichtigen hergeleitet. Nach dieser Rechtsprechung erscheint es unsachlich, wenn jemand verhalten wird, für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbindet, insbesondere für Umstände, die außerhalb seiner Interessen- und Einflusssphäre liegen. Der Gerichtshof hat dabei auch betont, dass selbst bei Unbedenklichkeit einer Haftung dem Grunde nach eine adäquate Begrenzung des Haftungsumfanges gegeben sein müsse (vgl. ua, VfSlg. 15773; , G 18/11, VfSlg. 19412).
Normen
AbgÄG 02te 2014
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 litb
EStG 1988 §78 Abs1 idF 2014/I/105
EStG 1988 §82
FamLAG 1967 §41
FamLAG 1967 §41 Abs1
FamLAG 1967 §41 Abs3
FamLAG 1967 §43 Abs2
RS 3
Aus § 41 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich, dass Dienstgeber in Bezug auf ihre Dienstnehmer den Dienstgeberbeitrag schulden. § 41 Abs. 3 FLAG 1967 legt als Beitragsgrundlage die Summe der "Arbeitslöhne" - dazu gehören jedenfalls die Bezüge nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 - fest. Der Umfang der Arbeitslöhne wird in § 41 FLAG 1967 - von bestimmten Befreiungen abgesehen - aber nicht näher präzisiert. Solcherart hat der VwGH aus § 43 Abs. 2 leg. cit. abgeleitet, dass die Beitragsschuld (nur) in Bezug auf jene Arbeitslöhne besteht, die dem Grunde nach für den Lohnsteuerabzug in Betracht kommen (vgl. ). Gemäß der durch das 2. AbgÄG 2014 geänderten Bestimmung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 erstreckt sich die Haftung des Arbeitgebers für Lohnsteuer nunmehr auch auf im Rahmen des Dienstverhältnisses von Dritten geleistete Arbeitslöhne, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen von dritter Seite geleistet werden. Dies hat sohin gemäß § 43 Abs. 2 FLAG 1967 auch eine entsprechende Beitragsschuld zur Folge.

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2023/15/0114 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts für Großbetriebe in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2101175/2020, betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag samt Säumniszuschlägen für die Jahre 2017 und 2018 (mitbeteiligte Partei: F GmbH in G, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Bei der Mitbeteiligten - einer GmbH, deren Anteile von einer deutschen AG (im Folgenden: Konzernmutter) gehalten werden, die im Alleineigentum einer ebenfalls in Deutschland ansässigen Kommanditgesellschaft auf Aktien (im Folgenden: Konzernobergesellschaft) steht - wurde eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, die Konzernmutter habe verschiedenen Arbeitnehmern der Mitbeteiligten Optionen auf den Erwerb von Anteilen („Stock Options“) eingeräumt. Er vertrat den Standpunkt, die Ausübung der „Stock Options“ stelle eine sonstige Vergütung der betroffenen Dienstnehmer dar, die der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag hinzuzurechnen sei.

2 Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und setzte mit Bescheiden vom den Dienstgeberbeitrag sowie den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2017 und 2018 samt Säumniszuschlägen fest.

3 Die Beschwerde der Mitbeteiligten gegen diese Bescheide wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Mitbeteiligte die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht beantragte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde Folge und führte zur Begründung aus, Arbeitnehmern der Mitbeteiligten seien von der deutschen Konzernmutter Optionen für den Erwerb von Anteilen („Stock-Options“) eingeräumt worden. In den Streitjahren habe es im Konzern ein positionsbezogenes und ein ermessensbezogenes Aktienoptionsprogramm gegeben. Die hier in Rede stehenden Optionen basierten auf dem positionsbezogenen Programm. Dieses stehe konzernweit in Geltung und betreffe Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Einflussmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten den Kurswert der Aktien positiv beeinflussen könnten.

5 Beim positionsbezogenen Programm lege der Vorstand der Konzernmutter fest, welchen Positionen, in welchem Ausmaß Aktienoptionen zugeteilt würden. Die abschließende Entscheidung über die Zuteilung treffe der Vorstand der Konzernobergesellschaft. Die Mitbeteiligte gebe der Konzernmutter bzw. der Konzernobergesellschaft bekannt, welche Arbeitnehmer in den festgelegten Positionen tätig seien. Die Gewährung von Aktienoptionen hänge von der Erfüllung von Erfolgs- bzw. Zielgrößen ab. Die das Ausmaß der Zuweisungen beeinflussenden Erfolgs- und Zielgrößen würden dem Konzernrechnungswesen entnommen. Zudem kommunizierten die Organe bzw. Arbeitnehmer der Mitbeteiligten das Erreichen bzw. Nichterreichen der vorgegebenen Ziele an die Konzernmutter bzw. an die Konzernobergesellschaft.

6 Der Vorstand der Konzernobergesellschaft informiere die ausgewählten Arbeitnehmer schriftlich über die Zuteilung. Sodann erhielten die Arbeitnehmer Zugang zu einer Internetplattform, über welche die jeweilige Zuteilung einsehbar und die Option ausübbar sei.

7 Bisher seien die Aktien bei Ausübung der Optionen sofort wieder veräußert worden. Die Mitbeteiligte werde über die Plattform davon in Kenntnis gesetzt, wenn Arbeitnehmer die Aktien bei Ausübung der Option sofort wieder veräußerten. Die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis der Aktien werde an die Mitbeteiligte überwiesen. Im gegenständlichen Fall habe die Mitbeteiligte die überwiesenen Beträge in die Lohnverrechnung aufgenommen und hinsichtlich der Lohnsteuer und Sozialversicherung berücksichtigt. Die Auszahlung der Geldbeträge an die Arbeitnehmer, die aus der Ausübung der „Stock Options“ resultierten, werde von der Mitbeteiligten durchgeführt.

8 Im Zuge der GPLA seien die aus der Ausübung der „Stock Options“ resultierenden Vorteile der Arbeitnehmer als sonstige Vergütung der Bemessungsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag hinzugerechnet worden.

9 Dass die aus „Stock Options“ resultierenden Vorteile Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellten, sei nicht strittig. Strittig sei, ob es sich um „Entgelte von dritter Seite ohne Veranlassung der [Mitbeteiligten] als Arbeitgeberin handelt oder ob die Bezüge aus Veranlassung der [Mitbeteiligten] ausbezahlt wurden und somit wirtschaftlich der [Mitbeteiligten] zuzurechnen sind“.

10 Seit der Änderung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 durch das 2. AbgÄG 2014 würden auch „im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen als Lohnzahlungen gelten, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden“. Die Anpassung diene nach den Gesetzesmaterialien dem Zweck, Arbeitslohn von dritter Seite vom Veranlagungs- in das Lohnsteuerabzugsverfahren zu verlagern und habe keine Auswirkung auf die Abfuhr des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag. Für die Abfuhr des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag sei § 78 Abs. 1 EStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2014 weiterhin anwendbar.

11 Der Verwaltungsgerichtshof habe zur vor dem 2. AbgÄG 2014 geltenden Rechtslage ausgesprochen, dass sich die Haftung nicht auf jene Lohnzahlungen erstrecke, die nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern ohne eine solche Veranlassung von dritter Seite geleistet würden. Daran ändere sich nichts, wenn der Dritte und der Arbeitgeber kapitalmäßig verflochten seien oder wenn der Arbeitgeber von den Zahlungen des Dritten Kenntnis erlange und sie befürworte. Dies gelte entsprechend für die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages. Die Beitragsschuld des Arbeitgebers könne z.B. dann gegeben sein, wenn sich die Leistung des Dritten als „Verkürzung des Zahlungsweges“ darstelle, wenn die Zahlung des Dritten etwa eine Schuld des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer tilge, wenn sie also ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis habe und wirtschaftlich dem Arbeitgeber zurechenbar sei (Hinweis auf ).

12 Im gegenständlichen Fall seien die Kriterien des Optionsprogramms, die teilnahmeberechtigte Personengruppe und die Höhe der Aktienoptionen von der Konzernmutter und der Konzernobergesellschaft festgelegt worden. Die Mitbeteiligte habe weder ein Mitsprache- noch ein Vorschlagsrecht gehabt, weshalb eine Veranlassung von Lohnzahlungen durch die Mitbeteiligte auszuschließen sei. Es lägen auch keine Hinweise dafür vor, dass es sich bei den Zahlungen durch die Konzernmutter (Anm: an die Mitbeteiligte) um eine „Verkürzung des Zahlungsweges“ oder um die Tilgung einer Schuld der Mitbeteiligten gegenüber den betroffenen Dienstnehmern handle, die der Mitbeteiligten wirtschaftlich zurechenbar sei.

13 Zur Verpflichtung, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag abzuführen, sei auf § 41 Abs. 3 FLAG 1967 zu verweisen, wonach der Dienstgeberbeitrag von der Summe der in einem Kalendermonat ausbezahlten Arbeitslöhne zu berechnen sei. Unter Arbeitslöhnen seien Zahlungen an die unter den Dienstnehmerbegriff fallenden Personen anzusehen. Unter den Begriff Bezüge aus nichtselbständiger Tätigkeit fielen alle Zahlungen und geldwerten Vorteile, die dem Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses zufließen würden. Ausgenommen seien Bezüge, die zwar in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stünden, jedoch von dritter Seite geleistet würden. Daran ändere sich nichts, wenn Zahlungen durch einen Dritten erfolgten, der mit dem Arbeitgeber kapitalmäßig verflochten sei oder wenn der Arbeitgeber von den Zahlungen des Dritten Kenntnis erlange und sie befürworte (Hinweis auf Kuprian in Csaszar/Lenneis/Wanke, Kommentar zum FLAG 1967, § 41 Rz 48).

14 Nachdem das BFG zum Ergebnis gelangt sei, dass es sich bei den strittigen Zahlungen um Arbeitslohn von dritter Seite ohne Veranlassung der Mitbeteiligten handle, bestehe für die Mitbeteiligte keine Verpflichtung, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag abzuführen.

15 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete Revision des Finanzamts trägt zu ihrer Zulässigkeit vor, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , 2006/13/0136, ausgesprochen, dass bei „Stock Options“, die einem Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses eingeräumt würden, regelmäßig von einer Veranlassung durch das Dienstverhältnis auszugehen sei, sodass der daraus erzielte geldwerte Vorteil beim Arbeitnehmer unter den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen sei. Der geldwerte Vorteil aus der Ausübung von „Stock Options“ führe bei den Arbeitnehmern der mitbeteiligten Partei daher unzweifelhaft zu Einkünften gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 und stelle auch Arbeitslohn iSd § 41 Abs. 3 FLAG 1967 dar.

16 Von der Zuordnung des geldwerten Vorteils, der sich aus der Ausübung von „Stock-Options“ ergebe, zu den Einkünften gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und lit. b EStG 1988 sei die Frage der Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers gemäß § 82 EStG 1988 und dessen Steuerschuld betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu unterscheiden.

17 Im Erkenntnis vom , 96/15/0215, das zur Rechtslage vor dem 2. AbgÄG 2014 ergangen sei, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, selbst für den Fall des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sei zu beachten, dass die durch § 82 EStG 1988 normierte Haftung des Arbeitgebers im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 nicht jene Lohnzahlungen betreffe, die nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern von dritter Seite geleistet würden. In diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof - unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 FLAG 1967 - auch hinsichtlich der Steuerschuld betreffend Dienstgeberbeitrag und des Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, die gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 bzw. § 57 Abs. 7 HKG von der Summe der Arbeitslöhne zu bemessen seien, die Auffassung vertreten, dass sie der Arbeitgeber nicht von Zahlungen Dritter zu leisten habe.

18 Der Verwaltungsgerichtshof habe den Ausschluss der Lohnnebenkostenpflicht für Entgelte von dritter Seite - anders als das BFG - nicht auf § 41 Abs. 3 FLAG 1967 gestützt, sondern im Hinblick auf die Bestimmung über § 43 Abs. 2 leg. cit. verneint. Folglich müsste die Änderung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 durch das 2. AbgÄG 2014 auch auf die Lohnnebenkostenpflicht durchschlagen. Die Revision sei auch deswegen zulässig, weil es zu dieser Frage keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gebe.

19 Die Mitbeteilige hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21 Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten.

22 Nach § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG.

23 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 lauten:

„(1) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind:

1. a) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht dies vor.

b) Bezüge und Vorteile von Personen, die an Kapitalgesellschaften nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt sind, auch dann, wenn bei einer sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisenden Beschäftigung die Verpflichtung, den Weisungen eines anderen zu folgen, auf Grund gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmung fehlt.“

24 § 43 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt, dass der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das für die Erhebung der Lohnsteuer zuständige Finanzamt zu entrichten ist.

25 Gemäß § 43 Abs. 2 FLAG 1967 finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) sinngemäß Anwendung.

26 Nach § 122 Abs. 7 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG 1988), idF BGBl. I Nr. 120/2013, gilt die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967, als Bemessungsgrundlage für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

27 Werden dem Dienstnehmer Aktienoptionen eingeräumt und steht die Einräumung in einem Veranlassungszusammenhang mit dem Dienstverhältnis, sind die aus den Optionen resultierenden Vorteile als Einkünfte aus dem Dienstverhältnis (Arbeitslohn) zu erfassen. Dabei erfolgt der Zufluss des Vorteils mit der Ausübung der Option (vgl. , unter Hinweis auf ; vgl. auch Kufner/Ruhdorfer-Grasl in RdW 2024/47, 49 (53) unter Verweis auf Rz 210a bis 213 der LStR).

28 Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Lohnsteuerhaftung nach der Rechtslage vor dem 2. AbgÄG 2014 zu Recht erkannt, dass sich die durch § 82 EStG 1988 normierte Haftung des Arbeitgebers im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 nicht auf jene Lohnzahlungen erstreckt, die nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern ohne eine solche Veranlassung von dritter Seite geleistet werden. Arbeitslohn von dritter Seite unterliegt nicht dem Lohnsteuerabzug, sondern ist im Wege der Veranlagung zu erfassen. Entsprechendes gilt auch für die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrags und des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag (vgl. , mwN).

29 Im Erkenntnis vom , Ro 2014/15/0029, das - worauf im Erkenntnis ausdrücklich hingewiesen wird - ebenfalls zur Rechtslage vor dem 2. AbgÄG 2014 ergangen ist, vertrat der Verwaltungsgerichtshof auch hinsichtlich der Kommunalsteuer die Auffassung, dass sie der Arbeitgeber nicht von Zahlungen Dritter zu leisten hat, sofern diese nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet werden, da die Definition der Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer weitgehend jener des Dienstgeberbeitrages nach dem FLAG 1967 entspricht und auch die Ausnahmebestimmungen im Wesentlichen gleich lautend sind. Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, auch wenn die Vorteile aus der Ausübung von „Stock Options“ ihre Wurzel im Dienstverhältnis der Mitarbeiter des Arbeitgebers haben und es sich demnach um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt, unterliegen diese Vorteile dem Lohnsteuerabzug nur dann, wenn sie auf Veranlassung des Arbeitgebers geleistet wurden. Ebenfalls nur unter dieser Voraussetzung gehören sie zur Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer.

30 § 78 Abs. 1 EStG 1988 regelt die Einbehaltung der Lohnsteuer. Dessen Abs. 1 idF des 2. Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 132/2002 (2. ÄG 2002) lautete:

„Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Als Lohnzahlungen gelten auch Vorschuß- oder Abschlagszahlungen, sonstige vorläufige Zahlungen auf erst später fällig werdenden Arbeitslohn sowie Bezüge aus einer gesetzlichen Krankenversorgung.“

31 Mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 105/2014 wurde § 78 Abs. 1 EStG 1988 wie folgt geändert:

„Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Als Lohnzahlungen gelten auch Vorschuss- oder Abschlagszahlungen, sonstige vorläufige Zahlungen auf erst später fällig werdenden Arbeitslohn, Bezüge aus einer gesetzlichen Krankenversorgung sowie im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistete Vergütungen, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden.“

32 In den Erläuterungen zum 2. AbgÄG 2014 wird zur Änderung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 ausgeführt (360 BlgNR 25. GP, 11):

„Die Ergänzung soll grundsätzlich einen Gleichklang mit der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung von im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährten Arbeitslöhnen herstellen (§ 49 Abs. 1 ASVG; ). Die Formulierung ist an die Regelung im deutschen EStG angelehnt und soll sicherstellen, dass die im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährten Vergütungen der Lohnsteuer unterliegen, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden. Die Anpassung dient vor allem einem verwaltungsökonomischen Zweck: Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Erk. vom , 2008/13/0106) ist es auf Basis der geltenden Rechtslage zur Einbeziehung der Vergütung in die Lohnverrechnung erforderlich, dass die Zahlung des Dritten ihren Ursprung im Arbeitsverhältnis hat, wirtschaftlich demnach dem Arbeitgeber zurechenbar ist und sich lediglich als ‚Verkürzung des Zahlungsweges‘ darstellt. Dies lässt sich aber ohne konkrete Ermittlungen im Einzelfall, ob der Arbeitgeber gegenüber einem Dritten zur Erbringung von Leistungen verpflichtet war und dieser Verpflichtung durch seine Dienstnehmer nachgekommen ist, nicht feststellen. Wenn allerdings der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass seinem Arbeitnehmer für eine Tätigkeit, die im Rahmen des Dienstverhältnisses (und demnach mit seinem Einverständnis) durchgeführt wird, von Seiten eines Dritten Vergütungen gewährt werden, erscheint es ausreichend gerechtfertigt, die Einbeziehung dieser Zahlungen in die Lohnverrechnung vorzusehen. Für den davon betroffenen Arbeitnehmer hat dies den Vorteil, dass eine gesonderte Erklärung dieser Bezüge im Rahmen einer Arbeitnehmerveranlagung nicht mehr erforderlich ist. Die Einbeziehung von Vergütungen von dritter Seite in die Lohnverrechnung wird bereits derzeit vielfach praktiziert (z.B. bei Provisionen an Bankmitarbeiter, die Bausparkassengeschäfte für eine Bausparkasse vermitteln) und ist schon bisher in den LStR 2002 Rz 965 ff vorgesehen. Im Rahmen von Vielfliegerprogrammen gewährte Bonusmeilen sollen - wie bisher - nicht von dieser Regelung umfasst sein, da der Arbeitgeber im Regelfall keine Kenntnis von der Einlösung der Bonusmeilen durch den Arbeitnehmer hat bzw. dies auch nicht wissen muss. Auch Trinkgelder iSd § 3 Abs. 1 Z 16b sind von dieser Regelung nicht umfasst.“

33 Der Verfassungsgerichtshof vertritt in seiner Rechtsprechung zur gleichheitsrechtlichen Beurteilung abgabenrechtlicher oder beitragsrechtlicher Haftungsbestimmungen die Auffassung, dass bei der Festlegung des für eine Abgabe haftenden Personenkreises dem Gesetzgeber durch Art. 7 B-VG insofern eine Grenze gezogen ist, als er nur solche Personen zur Haftung heranziehen darf, bei denen eine Haftung sachlich begründet ist. Der Verfassungsgerichtshof hat die sachliche Rechtfertigung für die Haftung - abgesehen vom öffentlichen Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit öffentlicher Abgaben - aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und dem Haftungspflichtigen hergeleitet. Nach dieser Rechtsprechung erscheint es unsachlich, wenn jemand verhalten wird, für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbindet, insbesondere für Umstände, die außerhalb seiner Interessen- und Einflusssphäre liegen. Der Gerichtshof hat dabei auch betont, dass selbst bei Unbedenklichkeit einer Haftung dem Grunde nach eine adäquate Begrenzung des Haftungsumfanges gegeben sein müsse (vgl.  ua, VfSlg. 15773; , G 18/11, VfSlg. 19412).

34 Mit dem 2. AbgÄG 2014 wurde § 78 Abs. 1 EStG 1988 dahingehend geändert, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer in Bezug auf Vergütungen Dritter einzubehalten hat, wenn diese Vergütungen in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen und der Arbeitgeber von ihnen weiß oder wissen muss. Zu einer Antragstellung nach Art. 140 B-VG führende Bedenken, dass mit dieser Ausweitung der Haftung für Lohnsteuer die vom VfGH aufgezeigten Grenzen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit überschritten wurden, kommen aus der Sicht des gegenständlichen Falles nicht auf, zumal die Haftung in Bezug auf Vergütungen von dritter Seite nur insoweit besteht, als der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass seinem Arbeitnehmer für dessen Tätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses solche Vergütungen gewährt werden.

35 Aus § 41 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich, dass Dienstgeber in Bezug auf ihre Dienstnehmer den Dienstgeberbeitrag schulden. § 41 Abs. 3 FLAG 1967 legt als Beitragsgrundlage die Summe der „Arbeitslöhne“ - dazu gehören jedenfalls die Bezüge nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 - fest. Der Umfang der Arbeitslöhne wird in § 41 FLAG 1967 - von bestimmten Befreiungen abgesehen - aber nicht näher präzisiert. Solcherart hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 96/15/0215, aus § 43 Abs. 2 leg. cit. abgeleitet, dass die Beitragsschuld (nur) in Bezug auf jene Arbeitslöhne besteht, die dem Grunde nach für den Lohnsteuerabzug in Betracht kommen.

36 Gemäß der durch das 2. AbgÄG 2014 geänderten Bestimmung des § 78 Abs. 1 EStG 1988 erstreckt sich die Haftung des Arbeitgebers für Lohnsteuer nunmehr auch auf im Rahmen des Dienstverhältnisses von Dritten geleistete Arbeitslöhne, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen von dritter Seite geleistet werden. Dies hat sohin gemäß § 43 Abs. 2 FLAG 1967 auch eine entsprechende Beitragsschuld zur Folge.

37 Im gegenständlichen Fall kann dahingestellt bleiben, ob die Vergütungen als von dritter Seite geleistet anzusehen sind oder nicht. Die Arbeitnehmer der Mitbeteiligten haben die ihnen gewährten Aktienoptionen unmittelbar dahingehend ausgeübt, dass ihnen die Differenz zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkaufspreis der Aktien ausbezahlt und die Option somit glattgestellt wurde. Es ist diese Auszahlung, die den Arbeitslohn darstellt. Diese Auszahlung erfolgt aber nach den Feststellungen des BFG direkt von der Mitbeteiligten als Arbeitgeberin an die Arbeitnehmer.

38 Das BFG ging in Verkennung der Rechtslage davon aus, dass keine Verpflichtung der Mitbeteiligten zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrags für die hier in Rede stehenden Vergütungen besteht. Dies gilt entsprechend für die Verpflichtung zur Entrichtung des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag, weil dessen Bemessungsgrundlage mit der Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 ident ist.

39 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am

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Normen
AbgÄG 02te 2014
B-VG Art7
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §19 Abs1
EStG 1988 §2 Abs3 Z4
EStG 1988 §25
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 lita
EStG 1988 §25 Abs1 Z1 litb
EStG 1988 §78 Abs1 idF 2014/I/105
EStG 1988 §82
FamLAG 1967 §41
FamLAG 1967 §41 Abs1
FamLAG 1967 §41 Abs3
FamLAG 1967 §43 Abs2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150113.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-46374