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VwGH 27.08.2024, Ra 2023/15/0064

VwGH 27.08.2024, Ra 2023/15/0064

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut bedarf der Ablauf der Aussetzung eines konstitutiven Aktes. Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich des Ergehens einer der im § 212a Abs. 5 BAO angeführten Beschwerdeerledigungen zwingend zu verfügen; die Verfügung hat mittels Bescheid durch die Abgabenbehörde zu erfolgen.
Normen
RS 2
Die Verbuchung von aus der Entscheidung des VwG sich ergebenden Gutschriften (an Stundungszinsen) obliegt der Abgabenbehörde. Ein allfälliger Streit über die Richtigkeit der Gebarung ist im Verfahren nach § 216 BAO auszutragen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Graz-Stadt in 8010 Graz, Conrad von Hötzendorfstraße 14-18, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100240/2023, betreffend Ablauf einer Aussetzung der Einhebung von Stundungszinsen (mitbeteiligte Partei: H G in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der mitbeteiligten Partei Stundungszinsen fest.

2 Die mitbeteiligte Partei brachte gegen den Bescheid vom Beschwerde ein und beantragte die Aussetzung der Einhebung der Stundungszinsen.

3 Vom Finanzamt wurde die Aussetzung der Einhebung mit Bescheid vom  bewilligt.

4 Das Bundesfinanzgericht (BFG) hob mit Erkenntnis vom den Stundungszinsenbescheid auf.

5 Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Stundungszinsen und ersuchte - trotz Aufhebung des Stundungszinsenbescheides durch das BFG - um deren Entrichtung.

6 Die mitbeteiligte Partei erhob gegen den Bescheid vom Beschwerde.

7 Das Finanzamt legte die Beschwerde dem BFG - ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung - vor und führte im Vorlagebericht u.a. aus, mit dem angefochtenen Bescheid sei der Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt worden. Nach Ablauf der Aussetzung der Einhebung seien die Stundungszinsen wieder storniert worden, weil das BFG der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung der Stundungszinsen stattgegeben habe.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, gab das BFG der Beschwerde gegen den Bescheid vom statt und führte zur Begründung aus, der Zwecke der Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung sei die Beendigung des Zahlungsaufschubs für die strittige Abgabe. Die Beendigung des Zahlungsaufschubs setze voraus, dass die mit dem Abgabenbescheid ausgesprochene Leistungsverpflichtung durch die Rechtsmittelentscheidung bestätigt worden sei. Werde hingegen der Abgabenschuldtitel durch die Rechtsmittelentscheidung aufgehoben, falle die Leistungsverpflichtung für die Abgabe weg. Die Einhebung der Abgabe sei damit hinfällig und ein Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Abgabe nicht zu verfügen.

9 Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete außerordentliche Revision des Finanzamts macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung eines durch das Finanzamt gesetzten Rechtsaktes bedarf.

10 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 Die Revision ist zulässig und begründet.

13 § 212a Abs. 5 BAO lautet auszugsweise:

„(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen.“

14 Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut bedarf der Ablauf der Aussetzung eines konstitutiven Aktes. Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich des Ergehens einer der im § 212a Abs. 5 BAO angeführten Beschwerdeerledigungen zwingend zu verfügen; die Verfügung hat mittels Bescheid durch die Abgabenbehörde zu erfolgen (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO; § 212a BAO Anm. 51; Ritz/Koran, BAO7, § 212a Tz 28; Stoll, BAO-Kommentar, 2280, jeweils mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

15 Die mitbeteiligte Partei hat gegen einen Stundungszinsenbescheid vom Beschwerde erhoben und die Aussetzung der Einhebung der Stundungszinsen beantragt. Mit Erkenntnis vom hob das BFG den Stundungszinsenbescheid auf. Das Erkenntnis vom stellt gemäß § 212a Abs. 5 lit. b BAO den Anlass dafür dar, den Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu verfügen. Die Verfügung selbst hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwingend mittels Bescheid durch das Finanzamt zu erfolgen (vgl. z.B. ; , 2000/17/0266; , 96/15/0173, mwN). Andererseits obliegt auch die Verbuchung von aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes sich ergebenden Gutschrift (an Stundungszinsen) der Abgabenbehörde (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 280 Tz 17). Ein allfälliger Streit über die Richtigkeit der Gebarung ist im Verfahren nach § 216 BAO auszutragen.

16 Dass ein Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Abgabe nicht zu verfügen ist, wenn deren Einhebung durch das die Beschwerde erledigende Erkenntnis hinfällig wird, trifft nach dem Gesagten nicht zu. Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150064.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-46352