Suchen Hilfe
VwGH 13.08.2024, Ra 2023/15/0008

VwGH 13.08.2024, Ra 2023/15/0008

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
RS 1
Einem Geschäftsführer einer GmbH gebührt - selbst ohne Vorliegen einer Vereinbarung - eine angemessene Entlohnung. Hinsichtlich der steuerlichen Folgen des Geschäftsführerbezuges stehen daher nicht formelle Vereinbarungen im Vordergrund, vielmehr ist auf die Angemessenheit abzustellen (, 0199, mwN). Bezüglich der Wertung eines Geschäftsführerbezuges (gegebenenfalls samt Sachbezügen, wie der Nutzung einer Dienstwohnung) als verdeckte Ausschüttung kommt es daher nicht auf formelle Vereinbarungen, sondern auf die Angemessenheit der "Gesamtausstattung" der Entlohnung an (vgl. , und nochmals , 0199).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/15/0126 E RS 1 (hier nur der letzte Satz)
Norm
RS 2
Überlässt eine GmbH die Nutzung ihr gehörender Räumlichkeiten dem Geschäftsführer für dessen private Wohnzwecke als weitere Entlohnung seiner Geschäftsführungstätigkeit und erbringt damit insgesamt ein angemessenes Entgelt für ihr gegenüber erbrachte Leistungen, ist dieses Entgelt auf Seiten der GmbH betrieblich veranlasst. Aus der Sicht der GmbH kann diesfalls nicht von einer "privaten" Nutzung ausgegangen werden. Soweit demgegenüber eine GmbH die Nutzung ihrer Räumlichkeiten dem Geschäftsführer nicht als weitere Entlohnung seiner Geschäftsführungstätigkeit, sondern causa societatis, also als eine aus der Gesellschafterstellung des Geschäftsführers resultierende Vermögenszuwendung überlässt, liegt eine (verdeckte) Ausschüttung iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 vor.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/15/0126 E RS 2 (hier ohne den letzten Satz)
Norm
RS 3
Um zu beurteilen, ob (und in welchem Ausmaß) die Überlassung der Nutzung an den Wohnräumen eine Entlohnung für die Geschäftsführertätigkeit oder eine (verdeckte) Ausschüttung darstellt, ist zunächst die Gesamtentlohnung des Geschäftsführers betragsmäßig festzustellen. Dazu ist dem Barlohn des Geschäftsführers der Wert der Überlassung der Wohnungsnutzung hinzuzurechnen, wobei die Wohnungsnutzung mit dem Marktpreis (und im Allgemeinen nicht mit dem aus der Sachbezugswerte-Verordnung für Dienstnehmer abzuleitenden Sachbezug) anzusetzen ist. Die Gesamtentlohnung ist im Wege eines Fremdvergleichs jenem Betrag gegenüber zu stellen, welcher einem der GmbH gegenüber fremden Geschäftsführer geleistet würde.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/15/0126 E RS 3

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der S GmbH in S, vertreten durch die Marsoner + Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6020 Innsbruck, Andreas Hofer Straße 43, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3100006/2021, betreffend Umsatzsteuer 2009 und 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende GmbH wurde - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom gegründet. Ihr Unternehmensgegenstand ist der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Bekleidung und Sportartikeln sowie deren Vermietung; die Personen- und Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen; die Errichtung, der Betrieb sowie die Bestandnahme und Bestandgabe von Sport- und Freizeiteinrichtungen aller Art; die Beteiligung sowie die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung bei anderen Unternehmen und die Vornahme aller dem Gesellschaftszweck dienlicher und der Gesellschaft erlaubter Maßnahmen. Ihr Geschäftsführer ist HG, der seinerseits Alleingesellschafter der 100%igen Gesellschafterin der Revisionswerberin (der HG GmbH) ist. Für seine Geschäftsführertätigkeit erhielt HG im Streitzeitraum keine Barentlohnung; ab Mai 2011 erhielt er einen Geschäftsführerbezug iHv 2.130 € brutto.

2 In den Streitjahren 2009 und 2010 errichtete die revisionswerbende Gesellschaft ein Geschäftsgebäude mit einer Nutzfläche von insgesamt 1.451,61 m2 einschließlich einer Privatwohnung für den Geschäftsführer und dessen Familie im zweiten Obergeschoss. Die Wohnung im Ausmaß von 296 m2 umfasst u.a. ein Elternschlafzimmer mit Schrankzimmer und Bad, drei Kinderzimmer (jeweils mit Bad/WC), einen rund 47 m2 großen Koch- und Essbereich, ein rund 50 m2 großes Wohnzimmer sowie eine Terrasse. In dieser im Betriebsgebäude befindlichen Wohnung waren der Geschäftsführer und seine Familie seit Jänner 2010 mit Hauptwohnsitz gemeldet.

3 Für die Errichtung des Geschäftsgebäudes machte die revisionswerbende Gesellschaft in den Streitjahren Vorsteuern geltend. Die Kosten für die Ausstattung und Einrichtung der Wohnung sowie der Dachterrasse wurde von HG bzw. der Familie G privat bezahlt. Die Betriebskosten für die Wohnung werden seit Beginn der Nutzung von der Revisionswerberin unter der Bezeichnung „Sachbezug BK bzw. HK Wohnung“ über ein Verrechnungskonto an die HG GmbH verrechnet. Von Beginn der Nutzung der Wohnung durch die Familie G im Jänner 2010 an wurde außerdem ein Eigenverbrauch in Höhe eines Sachbezugs nach § 2 der Sachbezugswerte-VO von der revisionswerbenden Gesellschaft über ein Verrechnungskonto an die HG GmbH verrechnet.

4 Im ersten Obergeschoss befindet sich - neben Personal- und Lagerräumen - zudem ein Fitnessraum mit 27,40 m2 samt Abstellraum mit rund 9 m2, der seit Mai 2010 von der Revisionswerberin an die Ehefrau des Geschäftsführers (EG) zum Zweck der Abhaltung von Aerobic-Kursen im Rahmen ihrer Tätigkeit als selbständige Fitnesstrainerin gegen ein Mietentgelt von 20 € pro Unterrichtseinheit vermietet wird. Ab 2011 wurde von EG aus ihrer Tätigkeit als selbständige Fitnesstrainerin jährlich idR ein Mietaufwand von 240 € geltend gemacht.

5 Nach einer bei der revisionswerbenden GmbH durchgeführten Außenprüfung kürzte das Finanzamt - nach Wiederaufnahme der Verfahren - den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Gebäude um den auf den privaten Gebäudeteil entfallenden Anteil im Ausmaß von 18,51 %, wogegen die Revisionswerberin Beschwerde erhob.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG - nach Aufhebung seiner Vorentscheidung durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2019/15/0126 - die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, es habe weder „feststellen“ können, dass HG die Wohnung im 2. Obergeschoss des Geschäftsgebäudes der revisionswerbenden Gesellschaft als Teil einer angemessenen Gesamtausstattung zur Abgeltung seiner Geschäftsführungstätigkeit zur Verfügung gestellt worden sei, noch dass HG die Wohnung im Rahmen eines (fremdüblichen) Mietverhältnisses zur Erzielung von Mieteinkünften überlassen worden sei. Zudem habe es nicht „feststellen“ können, dass die Errichtung bzw. Einrichtung des im Weiteren an EG vermieteten Fitnessraumes durch die Revisionswerberin mit dem Ziel der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfolgt sei.

7 Bei der Frage, ob die in Rede stehende Tätigkeit, nämlich die Überlassung einer Wohnung an den mittelbaren Alleingesellschafter-Geschäftsführer, auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen gerichtet sei, handle es sich um eine Tatsachenfrage, die unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Einzelfalls beurteilt werden müsse. Dem Ersuchen des BFG darzulegen, in welcher Höhe die Marktmiete bzw. eine fremdübliche Miete für die Wohnung anzusetzen gewesen wäre, einschließlich Vorlage der Berechnungsgrundlagen bzw. eines anfälligen Gutachtens, sei die revisionswerbende GmbH - auch nach Wiederholung der Aufforderung - nicht nachgekommen. Tatsächlich erachte die Revisionswerberin Sachverhaltsermittlungen über die Miethöhe nicht für notwendig. Eine Marktmiete als Teil einer angemessenen Gesamtausstattung entsprechend den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes habe somit vom BFG nicht festgestellt werden können. Dass die Revisionswerberin zu irgendeinem Zeitpunkt Ermittlungen zur Höhe einer Marktmiete für die betreffende Wohnung durchgeführt hätte, sei nicht einmal behauptet worden.

8 Unter Verweis auf Rz. 33 des genannten VwGH-Erkenntnisses sei die Revisionswerberin außerdem aufgefordert worden darzutun, weshalb es sich bei der fraglichen Wohnung um eine jederzeit im betrieblichen Geschehen, insbesondere durch Vermietung an Fremde, einsetzbare Wohnung handeln solle. Dazu sei lediglich allgemein behauptet worden, dass eine Vermietung der Wohnung an Fremde jederzeit möglich wäre, zumal der durchschnittliche örtliche Mietpreis für Wohnungen über 100 m2 im Streitzeitraum weniger als acht Euro pro m2 betragen habe und speziell in der Winterzeit im Ort Wohnungsknappheit bestehe. Auf Nachfrage des BFG sei weder angegeben worden, aus welcher konkreten Quelle die Information über die Miethöhe stamme, noch, ob die Revisionswerberin damit die Existenz eines funktionierenden Mietenmarktes für ein Objekt wie die Geschäftsführerwohnung dartun wolle. Der Nachweis eines funktionierenden Mietenmarktes, den nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Abgabepflichtige zu erbringen habe, sei - auch nach expliziter Aufforderung durch das BFG - nicht einmal versucht worden.

9 Nicht gefolgt werden könne weiters den Ausführungen, die Wohnung wäre auch einem fremden Geschäftsführer als Teil seiner Gesamtentlohnung zur Verfügung gestellt worden: Zwar sei vom Finanzamt im Zuge einer Begehung der Wohnung eine großzügige Raumeinteilung, aber eine „lediglich“ hochwertige, nicht jedoch luxuriöse Ausstattung der Wohnung festgestellt worden, woraus nach Ansicht der Revisionswerberin zu schließen sei, dass keine „Luxusimmobilie“ vorliege. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Wohnung im Zuge der Errichtung des neuen Geschäftsgebäudes der Revisionswerberin nach den Wünschen des Geschäftsführers bzw. seiner Familie als Familienwohnsitz der Familie G geplant und errichtet worden sei. Es handle sich nicht um eine durchschnittliche Wohnung, welche einem angestellten Fremdgeschäftsführer als Dienstwohnung zusätzlich zu einem angemessenen Barlohn zur Verfügung gestellt worden wäre. Dies erschließe sich neben der Größe der Wohnung mit nahezu 300 m2 und einer Dachterrasse von 90 m2 auch aus der großzügigen, auf die Befriedigung gehobener Ansprüche ausgerichteten und die Bedürfnisse der Familie G abgestimmten Raumeinteilung. Es handle sich somit bei der Wohnung im 2. Obergeschoss des Geschäftsgebäudes der Revisionswerberin nicht um eine jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbare Immobilie, sei es durch Überlassung dieser Wohnung an einen Geschäftsführer als Teil einer insgesamt angemessenen Gesamtentlohnung, sei es aber auch durch Überlassung der Wohnung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

10 Eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Revisionswerberin und HG über die Entlohnung seiner Geschäftsführertätigkeit bzw. ein Dienst- oder Anstellungsvertrag seien auf Anfrage durch das BFG nicht vorgelegt worden. Zur Barentlohnung des Geschäftsführers sei im Vorhalteverfahren vor dem BFG dargelegt worden, dieser habe in den Streitjahren, welche in die investitionsintensive Anlaufphase der Revisionswerberin gefallen seien, keine Entlohnung in Form eines Barbezuges erhalten. Der Arbeitsaufwand während der Saison sei enorm hoch gewesen (7-Tage-Woche mit je 10 Stunden). Dies schließe eine überhöhte Gesamtentlohnung jedenfalls aus. Zusätzlich sei Miete in Höhe des Sachbezugs entrichtet worden. Im Streitzeitraum habe die einzige Entlohnung der Geschäftsführung sohin in der Überlassung der Wohnung direkt im Betriebsgebäude bestanden. Erst ab Mai 2011 sei zusätzlich ein monatlicher Bruttobarbezug iHv 2.130 € bezahlt worden. In welcher Höhe eine angemessene Gesamtausstattung des Geschäftsführers HG betragsmäßig anzusetzen (gewesen) wäre, sei von der Revisionswerberin jedoch zu keinem Zeitpunkt dargetan worden. Die bloße Behauptung, die Gesamtentlohnung sei jedenfalls angemessen bzw. im Streitzeitraum infolge Fehlens eines Barbezuges sogar unangemessen niedrig gewesen, reiche keinesfalls aus.

11 Die Wohnungsüberlassung an HG würde auch keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer Vermietungstätigkeit darstellen. Dies erfordere, dass die Vermietungsumstände mit jenen vergleichbar wären, unter denen üblicherweise Wohnimmobilien vermietet würden. Schriftliche Vereinbarungen hierzu hätten nicht festgestellt werden können, was bereits gegen eine Fremdüblichkeit des behaupteten Mietverhältnisses spreche. Auch weitere (näher dargestellte) Umstände sprächen gegen eine gewöhnliche Wohnraumvermietung.

12 „Zur Bindung an Ra 2019/15/0126“ führte das BFG aus, der Verwaltungsgerichtshof sei in diesem Erkenntnis davon ausgegangen, dass HG für seine Geschäftsführungstätigkeit einen Barlohn und einen Sachbezug (Wohnung) erhalten habe, und habe Feststellungen zur Angemessenheit dieser Gesamtausstattung vermisst. Die Prüfung einer verdeckten Ausschüttung komme jedoch erst infrage, wenn jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbare Räumlichkeiten als Teil einer Gesamtentlohnung für die Geschäftsführungstätigkeit überlassen würden und eine bloße Gebrauchsüberlassung auszuschließen sei. Die vom Verwaltungsgerichtshof verlangte Feststellung der Angemessenheit der Gesamtentlohnung setze somit voraus, dass die Wohnung tatsächlich als Teil der Gesamtentlohnung des Geschäftsführers, also im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit der Revisionswerberin, errichtet und zur Verfügung gestellt worden sei. Die Zurverfügungstellung der Wohnung sei jedoch im Revisionsfall nicht als Teil einer angemessenen Gesamtausstattung erfolgt. Nachdem deren Höhe von der Revisionswerberin nicht dargetan worden sei, könne betragsmäßig lediglich die Barentlohnung ab Mai 2011 von 2.130 € brutto monatlich festgestellt werden. Es könne zudem nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Wohnung im 2. Obergeschoss des Geschäftsgebäudes der Revisionswerberin um „jederzeit im betrieblichen Geschehen einsetzbare Räumlichkeiten“ handle.

13 Die Überlassung der Wohnung im 2. Obergeschoss des Geschäftsgebäudes der Revisionswerberin an den Geschäftsführer und seine Familie stelle - ebenso wie die der Fitnessräumlichkeiten im 1. Obergeschoss an EG - nach dem Gesamtbild der im Streitfall vorliegenden Verhältnisse keine unternehmerische bzw. wirtschaftliche Betätigung der Revisionswerberin iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 dar. Deren Errichtung sei lediglich erfolgt, um dem mittelbaren Alleingesellschafter bzw. seiner Ehefrau einen Vorteil zuzuwenden, nicht jedoch um diese Räumlichkeiten unternehmerisch zu nutzen.

14 Bei der Ermittlung der Nutzfläche der Geschäftsführerwohnung sei im Vorverfahren ein Fehler unterlaufen, weshalb - nach Vorhalt an die Revisionswerberin - nunmehr von einer Nutzfläche von 296 m2 auszugehen sei. Der Anteil der genannten Räumlichkeiten an der Gesamtnutzfläche des Gebäudes betrage sohin 22,9 % und könne die iZm der Errichtung dieser Räumlichkeiten der Revisionswerberin in Rechnung gestellte Umsatzsteuer folglich nicht als Vorsteuer abgezogen werden.

15 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zu deren Zulässigkeit führt die revisionswerbende GmbH aus, das BFG missachte das in der Rechtssache ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/15/0126, und verstoße damit gegen die Bindungswirkung des § 63 VwGG. Im genannten Erkenntnis habe der VwGH ausgesprochen, dass im Revisionsfall der Vorsteuerabzug zu gewähren sei, wenn die Gesamtausstattung des Geschäftsführers aus Barlohn und Sachbezug (in Form einer Wohnraumüberlassung) insgesamt nicht überhöht sei.

16 Das Finanzamt erstattete nach Einleitung des Vorverfahrens keine Revisionsbeantwortung.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

18 Die Revision ist zulässig und begründet.

19 Die Feststellungen des BFG zur revisionsgegenständlichen Geschäftsführerwohnung, die sich - neben Personal- und Lagerräumen im 1. Obergeschoss - unmittelbar im 2. Obergeschoss des Betriebsgebäudes der Revisionswerberin befindet, sind gegenüber dem Vorerkenntnis im Wesentlichen unverändert.

20 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in diesem seinem Erkenntnis vom , Ra 2019/15/0126, zum Revisionsfall ausgeführt hat, kommt es bezüglich der Wertung eines Geschäftsführerbezuges (gegebenenfalls samt Sachbezügen, wie der Nutzung einer Dienstwohnung) als verdeckte Ausschüttung nicht auf formelle Vereinbarungen, sondern auf die Angemessenheit der „Gesamtausstattung“ der Entlohnung an.

21 Überlässt eine GmbH die Nutzung ihr gehörender Räumlichkeiten dem Geschäftsführer für dessen private Wohnzwecke als weitere Entlohnung seiner Geschäftsführungstätigkeit und erbringt damit insgesamt ein angemessenes Entgelt für ihr gegenüber erbrachte Leistungen, ist dieses Entgelt auf der Seite der GmbH betrieblich veranlasst. Entgegen der Ansicht des BFG kann aus der Sicht der GmbH diesfalls nicht von einer „privaten“ Nutzung ausgegangen werden.

22 Um zu beurteilen, ob (und in welchem Ausmaß) die Überlassung der Nutzung an den Wohnräumen eine Entlohnung für die Geschäftsführertätigkeit oder eine (verdeckte) Ausschüttung darstellt, ist zunächst die Gesamtentlohnung des Geschäftsführers betragsmäßig festzustellen. Dazu ist dem Barlohn des Geschäftsführers der Wert der Überlassung der Wohnungsnutzung hinzuzurechnen, wobei die Wohnungsnutzung mit dem Marktpreis (und nicht mit dem aus der Sachbezugswerte-Verordnung für Dienstnehmer abzuleitenden Sachbezug) anzusetzen ist. Die Gesamtentlohnung ist im Wege eines Fremdvergleichs jenem Betrag gegenüber zu stellen, welcher einem der GmbH gegenüber fremden Geschäftsführer geleistet würde.

23 Demnach waren im fortgesetzten Verfahren Feststellungen einerseits zur tatsächlichen Gesamtentlohnung des Geschäftsführers, dh zum erhaltenen Barlohn und zum Marktpreis der Wohnungsnutzung, sowie andererseits zum Fremdvergleichsmaßstab, also dem Betrag, welcher einem der GmbH gegenüber fremden Geschäftsführer geleistet worden wäre, zu treffen.

24 Das BFG hat zwar Feststellungen zum Barlohn getroffen (der in den Streitjahren null betrug). Feststellungen zum Marktpreis der konkreten Wohnungsnutzung sowie zur fremdüblichen Gesamtentlohnung eines vergleichbaren Fremdgeschäftsführers hat es jedoch keine getroffen, sondern sich dazu lediglich darauf berufen, dass die Revisionswerberin einen entsprechenden Vorhalt unbeantwortet gelassen habe. Damit hat das BFG gegen die Vorgaben des Erkenntnisses vom , Ra 2019/15/0126, verstoßen, das im Übrigen auch bereits nähere Ausführungen zu den umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen diesbezüglicher Feststellungen enthält (vgl. dazu auch AnwBl. 2021, 232 f sowie ÖStZ 2021, 74 f).

25 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023150008.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-46326

Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,

die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen. Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.

Hinweis ausblenden