TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH 14.08.2024, Ra 2023/13/0159

VwGH 14.08.2024, Ra 2023/13/0159

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BAO §303
BAO §303 Abs1
BAO §303 Abs1 litb
RS 1
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen ist, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren oder im Abgabenverfahren eines anderen Steuerpflichtigen von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (vgl. ; , 2008/15/0049, VwSlg 8482 F/2009; , 2011/15/0106; , Ro 2014/13/0034, je mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/13/0102 B RS 1 (hier: Die abgabenfestsetzende Stelle ist das zuständige Betriebsveranlagungsteam [vgl. ].)
Normen
BAO §303 Abs1
BAO §303 Abs1 litb
RS 2
Es kommt auf die Kenntnis der abgabenfestsetzenden Stelle im wiederaufzunehmenden Verfahren, also im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im wiederaufzunehmenden Umsatzsteuerverfahren an und nicht auf eine erst später erlangte Kenntnis.
Normen
BAO §148 Abs3
BAO §20
BAO §303 Abs1
VwRallg
RS 3
Die Verletzung des Verbotes der wiederholten Prüfung des

gleichen Zeitraumes ist an sich sanktionslos und lediglich bei

der Ermessenprüfung, ob tatsächlich eine Wiederaufnahme des

Verfahrens vorgenommen werden soll, berücksichtigbar

(Hinweis E , 86/13/0168).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 90/14/0148 E RS 3
Normen
BAO §115 Abs1
BAO §148 Abs3
BAO §166
BAO §167 Abs2
BAO §303 Abs1
RS 4
Wird eine Wiederaufnahme des Verfahrens für sich gesehen

rechtens verfügt, so können die unter allfälliger Verletzung

des Verbotes einer Wiederholungsprüfung getroffenen

Sachverhaltsfeststellungen berücksichtigt werden. Es besteht

insofern kein Beweisverwertungsverbot.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 92/14/0212 E RS 3
Normen
BAO §303 Abs1
BAO §303 Abs1 litb
RS 5
Für die Beurteilung des Wissensstandes der Behörde ist es nicht relevant, ob ein Verfahren zum frühest möglichen Zeitpunkt wiederaufgenommen wird (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukačić-Marinković, über die Revision des Vereins F in M, vertreten durch die Auditreu Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Gonzagagasse 17, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100570/2023, betreffend u.a Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2014 und 2015, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2021/13/0133, (im folgenden Vorerkenntnis) verwiesen, mit dem das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben wurde.

2 Im fortgesetzten Verfahren traf das Bundesfinanzgericht die Feststellung, dass der Revisionswerber sowie auch seine Organgesellschaft im Revisionszeitraum ein abweichendes Wirtschaftsjahr mit dem Bilanzstichtag jeweils zum 30. Juni eines Jahres gehabt hätten, welches auch für umsatzsteuerliche Zwecke als Veranlagungszeitraum gewählt worden sei. Der Revisionswerber habe als Organträger die Umsatzsteuererklärungen eingereicht, in denen auch die entsprechenden Eintrittskartenumsätze für die Profi-Fußballspielveranstaltungen Eingang gefunden hätten und unter den Kennzahlen für den ermäßigten Steuersatz von 10% aufgenommen worden seien. Beilagen, aus denen sich der Umstand, dass es sich bei den betreffenden Umsätzen um solche aus dem Verkauf von Eintrittskarten für Profi-Fußballspielveranstaltungen gehandelt habe, seien dem Finanzamt im Rahmen der Einreichung der Abgabenerklärungen nicht übermittelt worden. Die Erstbescheide für die Umsatzsteuer 2012 bis 2016 seien zu folgenden Daten ergangen: Umsatzsteuer 2012 am , Umsatzsteuer 2013 am , Umsatzsteuer 2014 am , Umsatzsteuer 2015 am  sowie Umsatzsteuer 2016 am .

3 Mit Prüfungsauftrag vom sei bei der Organgesellschaft beginnend mit eine Außenprüfung betreffend Kapitalertragsteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Werbeabgabe für das Veranlagungsjahr 2014 erfolgt. Dem Prüfer seien im Rahmen der Prüfung unter anderem das Buchungsjournal sowie Buchhaltungsbelege vorgelegt worden, aus denen sich der Umstand, dass auf die Eintrittskarten für die Profi-Fußballspielveranstaltungen der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 10% verrechnet worden sei, klar ergeben habe. Es seien im Rahmen dieser Außenprüfung (dennoch) keine Prüfungsfeststellungen getroffen worden. Die dem Prüfer diesbezüglich ausgehändigten Unterlagen hätten sich ausschließlich auf den Zeitraum von bis  bezogen.

4 Infolge eines Prüfungsauftrags vom sei beim Revisionswerber eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Veranlagungsjahre 2014 bis 2016 durchgeführt worden, die später auf die Jahre 2012 bis 2017 ausgeweitet worden sei. Die mit datierten Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren verwiesen begründend darauf, dass die Wiederaufnahme aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien. Als neu hervorgekommene Tatsache sei der Umstand, dass sich aus den Buchhaltungsunterlagen ergeben habe, dass die Fußballtickets mit 10% besteuert worden seien, herangezogen worden. Der relevante Umstand, dass auf den Verkauf von Eintrittskarten für Profi-Fußballspielveranstaltungen der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 10% angewandt worden sei, sei in den eingereichten Abgabenerklärungen bzw. in allfälligen Beilagen dazu nicht offengelegt worden bzw. habe sich dieser Umstand auch nicht augenscheinlich aus den Abgabenerklärungen ergeben. Auch für das Jahr 2014 sei der Umsatzsteuererstbescheid vor der Außenprüfung erlassen worden. Hinsichtlich der übrigen gegenständlichen Veranlagungsjahre 2012, 2013, 2015 und 2016 seien dem Prüfer sämtliche Unterlagen, aus denen sich der Umstand, dass bloß der 10%ige Umsatzsteuersatz verrechnet worden sei, ergeben habe, erst im Rahmen der nachfolgend erfolgten Außenprüfung, frühestens mit Prüfungsbeginn ab , übergeben worden. Sämtliche Umsatzsteuererstbescheide seien jedoch bereits zuvor ergangen.

5 Es sei festzustellen, dass das zuständige Betriebsveranlagungsteam im Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen Umsatzsteuerbescheide in den wiederaufzunehmenden Verfahren nicht über das Wissen verfügt habe, dass auf den Verkauf der Eintrittskarten für Profi-Fußballspielveranstaltungen im gegenständlichen Zeitraum der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 10% verrechnet worden sei. Es lägen auch keine Umstände vor, aus denen sich hätte ergeben können, dass das zuständige Betriebsveranlagungsteam durch den erfolgten Wissenserwerb betreffend das Veranlagungsjahr 2014 auch davon hätte ausgehen müssen, dass vom Revisionswerber auf die gegenständlichen Umsätze auch in den darauffolgenden Veranlagungsjahren der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 10% verrechnet worden sei. Die Verfahren seien noch nicht verjährt gewesen. Das Ermessen für die Wiederaufnahme sei zutreffend geübt worden.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht habe hinsichtlich der Beurteilung der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht umfassend gewürdigt. Tatsächlich gehe es im vorliegenden Sachverhalt nicht um die Frage der Kenntniserlangung der abgabenfestsetzenden Stelle zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erstveranlagungsverfahrens durch Abgabenbescheid, sondern um die Frage der abgabenrelevanten Kenntnisse der abgabenfestsetzenden Stelle im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens auf Ebene der Revisionswerberin als Organträgerin einer umsatzsteuerlichen Organschaft iSd § 2 Abs. 2 UStG 1994 aufgrund eines vorangegangenen Verfahrens zur Wiederaufnahme bei einem der Organträgerin zuzurechnenden Organmitglied, deren Verwertung und/oder Verwendung für die materielle und abgabenrechtlich richtige Abgabenfestsetzung auf Ebene der Organträgerin unabdingbar notwendig und daher als relevante Tatsachen und Beweismittel im Sinne des Neuerungstatbestandes gemäß § 303 BAO anzusehen seien. Im streitgegenständlichen Fall sei faktisch auf Ebene der Organträgerin im Hinblick auf die relevanten Kenntnisse der Abgabenbehörde eine Wiederholungsprüfung gegeben. Die Behörde als abgabenfestsetzende Stelle habe hier bereits in der „Erst-“Prüfung des Veranlagungsjahres 2014 sowie in der Nachschau für die Monate Jänner bis April 2015 die relevanten Kenntnisse für die Jahre 2014 bis 2015 erlangt. Es stehe außer Zweifel, dass in Fällen einer Wiederaufnahme im Zuge einer Zweitprüfung entgegengehalten werden könne, dass der in Rede stehende Wiederaufnahmegrund bereits den Organen der zeitlich vorangegangenen Prüfung bekannt gewesen sei. Der Begriff des abgeschlossenen Verfahrens in § 303 Abs. 1 lit. b BAO erfasse nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/15/0079, eindeutig nicht nur den Abschluss des Veranlagungsverfahrens durch Erstbescheid nach Abgabe der Abgabenerklärung, sondern vielmehr letztlich jeden Status, in dem sich ein Verfahren befinde, bevor dieses durch einen nachfolgenden Bescheid abgeschlossen werde. Im Vorerkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass die durch eine vorangegangene Außenprüfung der mitbeteiligten Organgesellschaft erlangten Kenntnisse unter das „Neuerungsverbot“ fielen und damit keinen Wiederaufnahmegrund auf Ebene des Revisionswerbers darstellen würden. Genau diese Kenntnisse lägen nachweisbar und unbestritten vor; jedoch habe das Bundesfinanzgericht diese unbestrittene Tatsache in rechtlich unrichtiger Beurteilung nicht gewürdigt.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revision ficht das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts nur hinsichtlich der Wiederaufnahme für die Jahre 2014 und 2015 an und begründet dies im Rahmen des § 28 Abs. 3 VwGG damit, dass aufgrund einer vorangegangen Betriebsprüfung für das Jahr 2014 und einer Nachschau für das Jahr 2015 keine Tatsachen vorlägen, die zu einer Wiederaufnahme berechtigen würden. Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, dass das Bundesfinanzgericht festgestellt hat, dass es für das Jahr 2015 zwar einen Nachschauauftrag gegeben hat, dem Prüfer aber keine das Wirtschaftsjahr 2015 betreffenden Unterlagen übergeben und solche auch nicht abverlangt wurden. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Die Revision ist betreffend das Wirtschaftsjahr 2015 daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.

11 Im Hinblick auf das Wirtschaftsjahr 2014 ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen ist, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (vgl. , mwN).

12 Die abgabenfestsetzende Stelle ist das zuständige Betriebsveranlagungsteam (vgl. ). Aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ergibt sich nicht, ob der Umstand, dass die Fußballtickets mit 10% besteuert worden waren - was sich aus den im Rahmen der Betriebsprüfung für das Jahr 2014 im Jahr 2015 übermittelten Unterlagen ergeben hatte - nur dem Prüfer oder auch der abgabenfestsetzenden Stelle zur Kenntnis gelangt ist. Im Revisionsfall kann dies allerdings dahinstehen, weil der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2014 bereits vor Durchführung der Prüfung ergangen ist. Im Gegensatz zum Revisionsvorbringen kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Kenntnis der abgabenfestsetzenden Stelle im wiederaufzunehmenden Verfahren, also im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides im wiederaufzunehmenden Umsatzsteuerverfahrens an und nicht auf eine erst später erlangte Kenntnis.

13 Wenn die Revision sich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, 87/15/0079, bezieht und vermeint, daraus sei abzuleiten, dass es auf „letztlich jeden Status, in dem sich ein Verfahren befinde, bevor dieses durch einen nachfolgenden Bescheid abgeschlossen werde“, ankomme, dann übersieht sie, dass in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt eine Prüfung einer Rechnung vor Erlassung des Umsatzsteuerbescheides vorgenommen worden und damit zu diesem Zeitpunkt bereits ein entsprechender Kenntnisstand vorgelegen war.

14 Soweit die Revision moniert, dass eine Wiederholungsprüfung vorliege und damit keine neuen Tatsachen vorliegen würden, weil diese bereits seit dem Jahr 2015 bekannt gewesen seien, ist dem entgegenzuhalten, dass das Verbot einer Wiederholungsprüfung an sich sanktionslos ist und lediglich bei der Ermessensprüfung, ob eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorgenommen werden soll, Berücksichtigung finden kann. Wird eine Wiederaufnahme des Verfahrens für sich gesehen rechtens verfügt, so können die unter allfälliger Verletzung des Wiederholungsverbotes getroffenen Sachverhaltsfeststellungen berücksichtigt werden. Es besteht insofern kein Beweisverwertungsverbot (vgl. ). Zur Frage des Ermessens enthält die Revision kein Vorbringen.

15 Für die Beurteilung des Wissensstandes der Behörde ist es zudem nicht relevant, ob ein Verfahren zum frühest möglichen Zeitpunkt wiederaufgenommen wird (vgl. ).

16 Wenn die Revision schließlich behauptet, dass der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis ausgesprochen habe, dass die durch eine vorangegangene Außenprüfung der mitbeteiligten Organgesellschaft erlangten Kenntnisse unter das „Neuerungsverbot“ fielen, ist dies unzutreffend. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine rechtliche Neubeurteilung eines unverändert gebliebenen Sachverhaltes, die keinen Wiederaufnahmegrund darstellt, vorliegen würde, wenn im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide in den wiederaufzunehmenden Verfahren die tatsächlich vorgenommene Besteuerung der Eintrittskartenumsätze mit 10 % (allenfalls) durch eine vorangegangene Außenprüfung bei der Organgesellschaft des Revisionswerbers bekannt gewesen wäre. Dazu fehlten (damals) Feststellungen des Bundesfinanzgerichts. Da die Erlassung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2014 vor Durchführung der Betriebsprüfung erfolgt ist, liegt dies im Revisionsfall nicht vor.

17 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
BAO §115 Abs1
BAO §148 Abs3
BAO §166
BAO §167 Abs2
BAO §20
BAO §303
BAO §303 Abs1
BAO §303 Abs1 litb
VwRallg
Schlagworte
Ermessen VwRallg8
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023130159.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAF-46309