VwGH 24.08.2023, Ra 2023/13/0066
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Es entspricht der Rechtsprechung (zur Wiedereinsetzung), dass etwa das ungeöffnete Liegenlassen eines zugestellten Poststückes den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. ). Das ungelesene Ablegen oder Weiterreichen eines Schriftstückes durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter ist als auffallend sorglos zu werten (vgl. RIS-Justiz RS0036811; RS0116536). Dass bei der Kenntnis der Verpflichtung zur Meldung nach § 5 WiEReG 2017 das (bloße) Nicht Lesen einer wirksam in der Databox zugestellten Aufforderung - ohne Vorliegen rechtfertigender oder entschuldigender Umstände - den minderen Grad des Versehens überschreitet, ist jedenfalls vertretbar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Dr. M in G, vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2300006/2022, betreffend Verletzung der Meldepflicht nach § 5 WiEReG, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit „Erinnerung“ vom forderte das Finanzamt die X Privatstiftung auf, die von ihr zu erstattende Meldung nach § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) bis zum nachzuholen. Falls der Aufforderung nicht Folge geleistet werde, werde gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 € festgesetzt werden.
2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe mit 1.000 € fest. Weiters forderte das Finanzamt die X Privatstiftung auf, die unterlassene Handlung bis zum nachzuholen. Falls dieser Aufforderung nicht Folge geleistet werde, werde eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € festgesetzt werden.
3 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gemäß § 111 BAO die Zwangsstrafe mit 4.000 € fest.
4 Mit Schreiben vom verständigte das Amt für Betrugsbekämpfung den Revisionswerber, dass gegen ihn ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden sei, weil der Verdacht bestehe, dass er als Vorstand der X Privatstiftung und somit für die Einhaltung der Meldepflicht gemäß § 5 WiEReG Verantwortlicher trotz zweimaliger Aufforderung eine Meldepflichtverletzung nach § 5 WiEReG verwirklicht habe und hiermit ein Finanzvergehen nach § 15 WiEReG iVm § 11 FinStrG begangen habe. Der Revisionswerber wurde aufgefordert, sich zu rechtfertigen.
5 Der Revisionswerber gab dazu im Wesentlichen an, die Erinnerung und die Bescheide über die Festsetzung von Zwangsstrafen seien im elektronischen Postbuch der Stiftung hinterlegt worden. Obwohl dieses Postfach derart eingerichtet sei, dass eine Weiterleitung an seine E-Mail-Adresse hätte erfolgen sollen, sei keines dieser Schriftstücke weitergeleitet worden. Er habe die nach dem WiEReG vorzunehmende Überprüfung ordnungsgemäß wahrgenommen. Da keine Änderungen erfolgt seien, habe er die Meldung unverändert belassen. Für ihn sei nicht ersichtlich gewesen, wie eine Bestätigung hätte vorgenommen werden sollen; daher habe er keine Schritte gesetzt. Unverzüglich nach Erhalt der Aufforderung zur Rechtfertigung habe er die Meldung nachgeholt. Sein Verschulden sei geringfügig; die unterlassene „Bestätigung“ habe keinerlei Folgen gehabt.
6 Mit Strafverfügung vom wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe vorsätzlich als Vorstand der X Privatstiftung und somit für die Einhaltung der Meldepflicht gemäß § 5 WiEReG Verantwortlicher trotz zweimaliger Aufforderung eine Meldepflichtverletzung nach § 5 WiEReG verwirklicht und hiermit ein Finanzvergehen nach § 15 WiEReG begangen. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 € (für den Fall der Uneinbringlichkeit: Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) festgesetzt. Weiters wurde der Revisionswerber zum Kostenersatz in Höhe von 500 € verpflichtet.
7 Der Revisionswerber erhob gegen die Strafverfügung Einspruch.
8 Mit Erkenntnis vom stellte der Spruchsenat das Finanzstrafverfahren gemäß § 136 FinStrG ein.
9 Die Amtsbeauftragte erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde.
10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und erkannte den Revisionswerber schuldig, er habe als Vorstand der X Privatstiftung steuerlich Verantwortlicher grob fahrlässig trotz zweimaliger Erinnerung vom sowie , von bis eine Meldepflichtverletzung nach § 5 Abs. 1 Z 1 WiEReG verwirklicht und damit ein Finanzvergehen nach § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG begangen. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe von 3.000 € (im Falle der Uneinbringlichkeit: Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) verhängt. Die Kosten wurden in Höhe von 300 € festgesetzt. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
11 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei als Rechtsanwalt tätig. Im Streitzeitraum sei er Vorstand der X Privatstiftung gewesen. Im März 2018 sei die schriftliche Anmeldung über das Unternehmerservice Portal erfolgt; damit habe der Revisionswerber die notwendigen Daten für den Zugang zur Databox der X Privatstiftung gehabt.
12 Der Beschuldigte habe zwar zu Beginn des Jahres 2021 Einsicht in die im Register der wirtschaftlichen Eigentümer hinterlegten Daten der X Privatstiftung genommen; eine Meldung nach § 5 Abs. 1 WiEReG, dass keine Änderung eingetreten sei, sei jedoch damals unterblieben.
13 Die Erinnerung sowie die Festsetzung von Zwangsstrafen und deren Buchungsmitteilungen seien an die Databox zugestellt worden, zu der der Revisionswerber den Zugangscode gehabt habe. Die Nachmeldung bei der Registerbehörde sei erst nach Zustellung der Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegen den Beschuldigten am durch Anklicken des Buttons „Absenden“ erfolgt.
14 Eine Benachrichtigung über Eingänge in der Databox per Mail an den Revisionswerber sei nicht eingerichtet gewesen.
15 Die Aufforderungen, der versäumten Meldepflicht nachzukommen, seien über FinanzOnline in die Databox der X Privatstiftung zugestellt worden. Die Zustellung der Erinnerung sei am erfolgt, die Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der ersten Zwangsstrafe mit einer zweiten Erinnerung, die versäumte Handlung nachzuholen, sei am erfolgt. Gelesen worden seien diese Schriftstücke am , am Tag der Zustellung der Einleitung des Finanzstrafverfahrens.
16 Dem Revisionswerber sei der Zugang zur Databox ungehindert zur Verfügung gestanden. Bei Einsicht hätte er demnach von der Zustellung der Erinnerung und der Zwangsstrafenfestsetzung jederzeit nach deren Zustellung Kenntnis erlangen können. Er habe aber über ein halbes Jahr hinweg keine Einsicht in die Databox genommen.
17 Die Rechtswirksamkeit der Zustellung sei unabhängig davon, dass es der Revisionswerber unterlassen habe, sich rechtzeitig über die Bescheidzustellung zu informieren. Die Unkenntnis vom Zustellvorgang könne allenfalls ein Grund für eine Wiedereinsetzung sein; Wiedereinsetzungsanträge seien auch eingebracht worden.
18 Es liege demnach eine einbekannte Verletzung einer Meldeverpflichtung nach § 5 WiEReG vor; es seien auch rechtswirksam zwei Aufforderungen ergangen, die versäumte Handlung nachzuholen. Der objektive Tatbestand des § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG sei somit erfüllt.
19 Der Revisionswerber habe im Tatzeitraum unbestritten als Vorstand der X Privatstiftung fungiert; er sei für die jährliche Meldungserstattung verantwortlich gewesen. Er habe auch einbekannt, dass ihm die Verpflichtung, eine Meldung vorzunehmen, auch wenn keine Änderung in den zu meldenden Daten eingetreten sei, im Zeitpunkt des Eintritts der Meldungsverpflichtung bekannt gewesen sei. Da er nicht gewusst habe, wie er der Verpflichtung (technisch) nachkommen solle, habe er nicht gehandelt und keine Erkundigungen bei der Registerbehörde eingeholt. Er habe auf eine weitere Handlung der Behörde gewartet. Er hätte entweder selbst sofort Erkundigungen einholen sollen oder jemanden im Rahmen des Kanzleibetriebes mit der Einholung derartiger Erkundigungen beauftragen sollen. Dies unterlassen zu haben und damit der Meldepflicht, die durch Drücken des Buttons „Absenden“ erfüllt gewesen wäre, nicht ordnungsgemäß nachgekommen zu sein, stelle ein schuldhaftes Verhalten des Revisionswerbers dar. Die grob fahrlässige Nichtmeldung beruhe somit auf dem Umstand, dass es der Revisionswerber unterlassen habe, seiner entsprechenden Erkundigungsverpflichtung zur technischen Umsetzung der Meldung nachzukommen.
20 Zur Erfüllung des Tatbestandes sei es jedoch weiters erforderlich, dass zwei Erinnerungen ergehen und noch immer nicht gehandelt werde. Strafbarkeit sei erst bei Nichthandeln nach zweimaliger Erinnerung gegeben.
21 Die Erinnerungen seien rechtswirksam ergangen, indem sie in die Databox der vom Revisionswerber vertretenen Stiftung zugestellt worden seien.
22 Dazu sei vorgebracht worden, dass der Revisionswerber wegen Einrichtung der Weiterleitung an seine Mailadresse davon ausgegangen sei, dass er von Zustellungen in die Databox auf diesem Weg Kenntnis erlangen würde. Wie die Erhebungen über FinanzOnline ergeben hätten, sei aber gar keine Mailbenachrichtigung eingerichtet worden.
23 Es liege ein Zeitraum von mehr als einem halben Jahr der Untätigkeit vor, wobei auch halbjährlich Stiftungsbesprechungen stattgefunden hätten. Damit habe er grob fahrlässig, also unter Verletzung von Sorgfaltspflichten im Umgang mit einer Meldeverpflichtung, nicht wahrgenommen, dass bereits rechtswirksam Erinnerungen ergangen seien und damit die Voraussetzungen für ein strafbares Verhalten vorlägen. Zur Erfüllung des Tatbestandes sei es nicht erforderlich, dass der Revisionswerber Kenntnis von den Erinnerungen erlangt habe; es genüge, dass er grob fahrlässig keine Kenntnis von rechtswirksamen Erinnerungen genommen habe.
24 Das Vorbringen, geglaubt zu haben, dass die technischen Möglichkeiten zur Meldung noch nicht gegeben seien, vermöge den Revisionswerber ebenfalls nicht zu exkulpieren. Wären technische Probleme gegeben gewesen, hätte es dazu sicherlich einen Hinweis auf der Homepage des BMF gegeben. Gerade wenn man der Ansicht sein mochte, dass technische Probleme der Erfüllung der Meldeverpflichtung bei deren Eintritt entgegengestanden sein könnten, wäre es umso unerklärlicher, dass der Weg gewählt worden sei, über einen Zeitraum von einem halben Jahr untätig zu bleiben. Dies sei ein weiterer Punkt, der die Annahme der groben Fahrlässigkeit untermauere.
25 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
26 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
27 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
28 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
29 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts, dem Revisionswerber sei die Aufforderung zur Vornahme der Meldung zweimal rechtswirksam zugestellt worden, werde nicht entgegengetreten. Es fehle aber höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu, ob die bloße Zustellung von Schriftstücken bereits geeignet sei, auf ein Verschulden des Betroffenen zu schließen, wenn die Schriftstücke faktisch (nachweislich) nicht gelesen worden seien. Der Tatbestand des § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG knüpfe daran an, dass der Beschuldigte trotz zweimaliger Aufforderung seiner Meldepflicht nach § 5 WiEReG vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig nicht nachkomme. Aus diesem Grund sei es von Bedeutung, ob die bloße Zustellung von Schriftstücken - unter Berücksichtigung dessen, dass diese unstrittig nicht gelesen worden seien - bereits geeignet sei, ein strafrechtlich relevantes Verschulden im Sinne des § 8 Abs. 3 FinStrG zu begründen. Nach Ansicht des Revisionswerbers werde damit gegen den Grundsatz „nulla poena sine culpa“ verstoßen, wonach für eine Bestrafung eine persönliche Vorwerfbarkeit im Sinne von „Schuld“ erforderlich sei, die im vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben sei.
30 Mit diesem Vorbringen kann die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt werden.
31 Gemäß § 5 Abs. 1 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG, in der hier anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 62/2019) haben Rechtsträger (dazu zählen u.a. Privatstiftungen, § 1 Abs. 2 Z 12 leg. cit.), die - wie hier unbestritten - nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.
32 Wird die Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht erstattet, kann gemäß § 16 Abs. 1 WiEReG das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen.
33 Gemäß § 15 Abs. 1 Z 2 WiEReG macht sich eines Finanzvergehens schuldig, wer seiner Meldepflicht (§ 5) trotz zweimaliger Aufforderung nicht nachkommt. Wer die Tat grob fahrlässig begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 € zu bestrafen.
34 Nach § 8 Abs. 3 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.
35 Diese zuletzt genannte Bestimmung wurde mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, angefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (684 BlgNR 25. GP 45) wurde dazu ausgeführt, in § 8 Abs. 3 FinStrG solle in Übereinstimmung mit dem geplanten § 6 Abs. 3 StGB eine Legaldefinition der groben Fahrlässigkeit erfolgen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum damit angesprochenen Strafrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 112/2015, wurde dazu u.a. ausgeführt (689 BlgNR 25. GP 6), nur jene Fälle seien als grob fahrlässig einzustufen, die das gewöhnliche Maß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich überstiegen (RIS-Justiz RS0030303). Bei der Auslegung des Begriffes könne sowohl die zivilrechtliche (RIS-Justiz RS0030644) als auch die strafrechtliche (RIS-Justiz RS0117930 sowie RS0129425) Judikatur herangezogen werden.
36 Die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens verneint hat, ist grundsätzlich keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Eine solche Rechtsfrage läge nur dann vor, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. , mwN; vgl. auch RIS-Justiz RS0087606; RS0044262).
37 Der Revisionswerber erklärt im Zulässigkeitsvorbringen ausdrücklich, der Rechtsansicht, es lägen wirksame Zustellungen der Aufforderung zur Meldung vor, werde nicht entgegengetreten. Es wird auch die - wenn auch dislozierte - Feststellung, es sei keine Mailbenachrichtigung eingerichtet worden, nicht bekämpft, sodass auch hier (vgl. bereits ) die Frage nicht zu beantworten ist, ob die Unterlassung der Information über die elektronische Zustellung per E-Mail nach § 5b Abs. 2 FOnV 2006 zu einer Unwirksamkeit der Zustellung führen würde.
38 Entscheidend ist im vorliegenden Fall insbesondere, ob die fehlende Kenntnis des Revisionswerbers, dass Aufforderungen an ihn ergangen sind, darauf beruht, dass die gebotene Sorgfalt in einer den minderen Grad des Versehens übersteigenden Weise außer Acht gelassen wurde (vgl. - zu § 7 RGG - ). Der Revisionswerber macht dazu lediglich geltend, er habe die zugestellten Sendungen nachweislich nicht gelesen. Nähere Umstände, aus welchen Gründen dieses Lesen (also die tatsächliche Kenntnisnahme vom Inhalt) unterblieben ist und woraus geschlossen werden könnte, dass der Revisionswerber von der Zustellung ohne grobes Verschulden keine Kenntnis erlangt hat, werden im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens nicht genannt. Es entspricht aber der Rechtsprechung (zur Wiedereinsetzung), dass etwa das ungeöffnete Liegenlassen eines zugestellten Poststückes den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. ). Das ungelesene Ablegen oder Weiterreichen eines Schriftstückes durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter ist als auffallend sorglos zu werten (vgl. RIS-Justiz RS0036811; RS0116536). Dass bei der hier unbestritten vorliegenden Kenntnis der Verpflichtung zur Meldung nach § 5 WiEReG das (bloße) Nicht Lesen einer wirksam in der Databox zugestellten Aufforderung - ohne Vorliegen rechtfertigender oder entschuldigender Umstände - den minderen Grad des Versehens überschreitet, ist jedenfalls vertretbar.
39 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130066.L00 |
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Fundstelle(n):
YAAAF-46291