Suchen Hilfe
VwGH 05.06.2023, Ra 2023/13/0039

VwGH 05.06.2023, Ra 2023/13/0039

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
RS 1
Einer Gemeinde (als solcher) kommt, wenn sie nicht etwa als Abgabepflichtige (oder z.B. im Rahmen eines Zerlegungsverfahrens nach § 10 KommStG 1993) Partei des Verfahrens ist, gegen Entscheidungen des VwG im Zusammenhang mit einer Abgabenfestsetzung keine Revisionslegitimation zu (vgl. z.B. ; , Ra 2017/16/0151; , Ro 2020/16/0029). Legitimiert zur Erhebung einer Revision wäre im vorliegenden Fall lediglich die vor dem VwG belangte Behörde, also der Gemeinderat der Stadtgemeinde.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der Stadtgemeinde Kapfenberg, vertreten durch Mag. Christof Pusswald und Mag. Ulrich Berger, Rechtsanwälte in 8605 Kapfenberg, Wiener Straße 57, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 61.11-6895/2022-16, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Dipl.-Kfm. E W in K, vertreten durch Mag. Günther Billes, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Kapfenberg vom wurde dem Mitbeteiligten als Eigentümer eines näher genannten Objektes ab eine jährliche Kanalbenützungsgebühr für 3 WCs in der Höhe von 719,40 € (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben.

2 Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Das Haus sei derzeit nicht bewohnt; es sei auch niemand an der Adresse gemeldet. Damit könnten die WCs auch nicht benutzt werden.

3 Mit Bescheid des Gemeinderats der Stadtgemeinde Kapfenberg vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters dahin abgeändert, dass für 5 Spülklosetts eine Kanalbenützungsgebühr ab in der Höhe von 1.199 € (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben werde. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt, die Anzahl der WC-Anlagen werde im Abgabenakt und im Bauakt unterschiedlich angegeben; es habe daher unter Beiziehung des Mitbeteiligten eine örtliche Erhebung stattgefunden. Dabei sei festgestellt worden, dass insgesamt fünf WC-Anlagen vorhanden seien. Der Abgabentatbestand knüpfe ausschließlich an die Anzahl der Spülklosetts an; auf den Verbrauch von Wasser, der von der Anzahl der in einem Gebäude wohnenden Personen beeinflusst werde, komme es nicht an.

4 Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Er machte geltend, er habe am vier der fünf WCs samt Spülkästen demontieren lassen, sodass sich nur noch ein WC im Haus befinde. Es handle sich auch nicht um ein Mehrparteienhaus, sondern um ein Einfamilienhaus, das nur von den vormaligen Eigentümern und den ihnen nahestehenden Personen benützt worden sei. Mit Abgabenbescheid vom sei die Kanalbenützungsgebühr auf Basis von drei WCs vorgeschrieben worden; aufgrund entschiedener Sache habe der Gemeinderat nicht zum Nachteil des Mitbeteiligten auf Basis einer größeren Anzahl von WCs die Kanalbenützungsgebühr vorschreiben dürfen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde insoweit Folge, dass dem Mitbeteiligten als Eigentümer der genannten Liegenschaft für das Jahr 2022 eine Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von 752,25 € vorgeschrieben werde. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

6 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die näher bezeichnete Liegenschaft liege im Gemeindegebiet der Gemeinde Kapfenberg und sei an deren öffentlichen Kanal angeschlossen. Im Jahr 1952 sei eine Bewilligung für den Neubau eines Fünffamilienwohnhauses erfolgt. Die fünf Wohneinheiten (zwei im Erdgeschoß, zwei im Obergeschoß und eine im Dachgeschoß) hätten eine Größe von jeweils ca. 50 m² und verfügten jeweils über ein Bad/WC. Zuletzt habe nur mehr die Tante des Mitbeteiligten in diesem Haus gewohnt; seit ihrem Tod Anfang Dezember 2021 sei das gesamte Gebäude leerstehend und unbenutzt. Am seien bei einer örtlichen Erhebung insgesamt fünf WC-Anlagen vorgefunden worden. Am habe der Mitbeteiligte vier der fünf WCs samt Spülkasten demontieren lassen; es gebe nur mehr 1 WC im Erdgeschoß. An der angegebenen Anschrift sei niemand mit einem Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet.

7 Der Abgabenanspruch gegenüber dem Mitbeteiligten sei dem Grunde nach entstanden. Nach dem klaren Wortlaut der Kanalabgabenordnung der Stadtgemeinde sei für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühren die Anzahl der Spülklosetts und nicht die Anzahl der Anschlüsse maßgebend. Bis zum seien fünf WCs vorhanden gewesen, ab diesem Zeitpunkt sei aber nur mehr ein Spülklosett vorhanden. Es seien daher für den Zeitraum vom 1. Jänner bis Kanalbenützungsgebühren für fünf Spülklosetts und ab dem Kanalbenützungsgebühren nur mehr für ein Spülklosett anzusetzen. Für das gesamte Jahr 2022 betrage die Kanalbenützungsgebühr demnach - wie näher dargelegt wird - 752,25 € (inklusive Umsatzsteuer).

8 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die die vorliegende Revision. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob bei der Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr gemäß § 8 Abs. 3 Stmk. Kanalabgabengesetz 1955 die relevanten Bezugsgrößen aufgrund der im Bauwerk tatsächlich vorhandenen Bezugsgrößen zu ermitteln seien oder ob in sinngemäßer Anwendung des § 8 Abs. 1 Stmk. Kanalabgabengesetz 1955 auf die im Bauakt erliegenden und bewilligten Baupläne abzustellen sei. Das Verwaltungsgericht hätte in konsequenter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen seiner Entscheidung die Anzahl der Spülklosetts, die für das Bauwerk genehmigt worden sei und aus dem Bauakt hervorgehe, zugrunde legen müssen und nicht jene Anzahl, die durch eine eigenmächtige, baubehördlich nicht genehmigte Demontage der Spülklosetts tatsächlich vorhanden sei.

9 Die Revision ist nicht zulässig.

10 Als „Revisionswerberin“ wird auf der ersten Seite des Schriftsatzes die „Stadtgemeinde Kapfenberg“ angegeben. In der Revision wird u.a. ausgeführt, es werde die Verletzung in den sich aus den §§ 6 und 8 Stmk. Kanalabgabengesetz 1955 ergebenden Rechten geltend gemacht. Zum „Verfahrenshergang“ wird geschildert, der Bürgermeister der Stadtgemeinde habe den Bescheid vom erlassen. Die dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid des Gemeinderats der Stadtgemeinde mit Bescheid vom abgewiesen worden. Weiters wird darauf verwiesen, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht der Gemeinderat der Stadtgemeinde einen Schriftsatz eingebracht habe. An der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hätten zwei Vertreterinnen der „belangten Abgabebehörde“ teilgenommen. Beantragt wird, das angefochtene „Urteil“ des „belangten Landesverwaltungsgerichts“ aufzuheben und der „Republik Österreich“ Aufwandersatz aufzutragen. Unterfertigt ist die Revision mit „Stadtgemeinde Kapfenberg“.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Gemeinde (als solcher), wenn sie nicht etwa als Abgabepflichtige (oder z.B. im Rahmen eines Zerlegungsverfahrens nach § 10 KommStG) Partei des Verfahrens ist, gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes im Zusammenhang mit einer Abgabenfestsetzung keine Revisionslegitimation zu (vgl. z.B. ; , Ra 2017/16/0151; , Ro 2020/16/0029; vgl. auch Frank, RFG 2015/24, 118 ff). Legitimiert zur Erhebung einer Revision wäre im vorliegenden Fall lediglich die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde, also der Gemeinderat der Stadtgemeinde.

12 Im Hinblick auf die Darlegungen in der Revision ist hier eine Deutung dahin ausgeschlossen, dass als „Revisionswerberin“ der Gemeinderat der Stadtgemeinde gemeint wäre. Der Gemeinderat (als belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) wird - wie auch der Bürgermeister - bei der Schilderung des Verfahrenshergangs in der Revision ebenfalls (und insoweit zutreffend) genannt und damit auch deutlich vom Rechtsträger (Stadtgemeinde) unterschieden. Gegen die Annahme einer Revision durch den Gemeinderat spricht auch die Geltendmachung einer Verletzung in Rechten, was auf eine (beabsichtigte) Parteirevision (iSd Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) und nicht auf eine Amtsrevision (iSd Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG) durch die belangte Behörde schließen ließe. Schließlich ist auch das geltend gemachte Begehren auf Aufwandersatz nur vor dem Hintergrund einer Parteirevision verständlich, würde doch bei einer Amtsrevision auch bei Obsiegen dem Revisionswerber kein Aufwandersatz zustehen (§ 47 Abs. 4 VwGG; wobei freilich ein Aufwandersatz hier auch deswegen nicht in Frage käme, weil nach § 47 Abs. 5 VwGG der Aufwandersatz von jenem Rechtsträger zu tragen wäre, in dessen Namen die belangte Behörde gehandelt hat).

13 Die Revision war daher schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass darauf einzugehen war, ob die Revision eine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzeigen könnte.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023130039.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
KAAAF-46274