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VwGH 26.01.2023, Ra 2022/16/0043

VwGH 26.01.2023, Ra 2022/16/0043

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
B-VG Art49 Abs1
KFG 1967 §135 Abs27
KFG 1967 §82 Abs8 idF 2014/I/026
VwRallg
RS 1
Da der VfGH mit Erkenntnis vom , G 72/2014, VfSlg. 19.920, die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG 1967, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG 1967 rückwirkend mit in Kraft gesetzt wurde, aufgehoben und ausgesprochen hat, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, gilt § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2014 gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung, somit mit Ablauf des (vgl. ; , Ra 2017/02/0113; , Ro 2015/16/0031). Damit ist die Verwendung eines Fahrzeugs mit ausländischem Kennzeichen länger als einen Monat ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet ab dem auch dann widerrechtlich, wenn das Fahrzeug vorübergehend aus dem Bundesgebiet verbracht wird. Eine Inkrafttretensbestimmung, die hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2014 auf die erstmalige Einbringung oder Verwendung des Kraftfahrzeugs nach dem abstellen würde, enthält das KFG 1967 nicht. Demzufolge schließt - nach der insoweit klaren Rechtslage - der Umstand, dass die erstmalige Einbringung des Kraftfahrzeugs in das Bundesgebiet oder dessen Verwendung im Bundesgebiet bereits vor dem erfolgt ist, die Anwendung des § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2014 auf Sachverhalte nach dem nicht aus. Damit liegt ab dem eine widerrechtliche Verwendung eines Kraftfahrzeugs vor, wenn seit dessen erstmaliger Einbringung in das Bundesgebiet mehr als ein Monat vergangen ist, unabhängig davon, ob in der Zwischenzeit eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet erfolgt ist.

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2021/15/0009 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der M S in V (Liechtenstein), vertreten durch Mag. Anne Kessler, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Kalchberggasse 6/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100532/2018, betreffend u.a. Kraftfahrzeugsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle Deutschlandsberg Leibnitz Voitsberg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Bundesfinanzgericht u.a. die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer samt Verspätungszuschlägen gegenüber der Revisionswerberin für die Zeiträume April bis Dezember 2014, Jänner bis Dezember 2016 und Jänner bis Juni 2017 und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

2 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht u.a. aus, nach der bis zum geltenden Rechtslage habe die Monatsfrist des § 82 Abs. 8 KFG nach jeder Aus- und Einbringung neu zu laufen begonnen. Das streitgegenständliche Kraftfahrzeug habe nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts im Erkenntnis vom , RV/2100160/2016, zwar seinen Standort im Inland gehabt, sei aber im Zeitraum von Oktober 2012 bis April 2014 regelmäßig in das Ausland verbracht worden, sodass nach der bis zum geltenden Rechtslage mangels erforderlicher inländischer Zulassung keine Kraftfahrzeugsteuerpflicht bestanden habe. Nach der ab dem geltenden Rechtslage unterbreche eine vorübergehende Verbringung des Kraftfahrzeugs aus dem Bundesgebiet die Frist des § 82 Abs. 8 KFG nicht mehr. Da ab dem eine widerrechtliche Verwendung des Kraftfahrzeugs vorgelegen habe, sei die Kraftfahrzeugsteuer grundsätzlich ab April 2014 festzusetzen gewesen.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der Revision wird zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur abgabenrechtlichen Behandlung von Kraftfahrzeugen ohne österreichische Zulassung, deren erstmalige Einbringung in das Inland bereits vor dem erfolgt sei. § 82 Abs. 8 KFG idF BGBl. I Nr. 26/2014 sei nur auf Fälle anzuwenden, in denen Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland erstmalig nach dem in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet würden. Sei die erstmalige Einbringung eines Kraftfahrzeugs vor dem erfolgt, sei § 82 Abs. 8 KFG idF vor BGBl. I Nr. 26/2014 (weiterhin) anzuwenden, sodass die Monatsfrist bis zur erforderlichen inländischen Zulassung mit jeder Verbringung des Kraftfahrzeugs in das Ausland oder in das übrige Gemeinschaftsgebiet neu zu laufen beginne.

8 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 (KfzStG) unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung verwendet werden (widerrechtliche Verwendung).

9 Bei widerrechtlicher Verwendung eines Kraftfahrzeugs gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG dauert die Steuerpflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 leg. cit. vom Beginn des Kalendermonats, in dem die Verwendung einsetzt, bis zum Ablauf des Kalendermonats, in dem die Verwendung endet.

10 § 82 Abs. 8 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG), BGBl. Nr. 267/1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014, lautet auszugsweise wie folgt:

„(8) Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. [...]“

11 Da der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 72/2014, VfSlg. 19.920, die Bestimmung des § 135 Abs. 27 KFG, womit der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2014 geänderte § 82 Abs. 8 KFG rückwirkend mit in Kraft gesetzt wurde, aufgehoben und ausgesprochen hat, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist, gilt § 82 Abs. 8 KFG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2014 gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung, somit mit Ablauf des (vgl. ; , Ra 2017/02/0113; , Ro 2015/16/0031).

12 Damit ist die Verwendung eines Fahrzeugs mit ausländischem Kennzeichen länger als einen Monat ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet ab dem auch dann widerrechtlich, wenn das Fahrzeug vorübergehend aus dem Bundesgebiet verbracht wird.

13 Eine Inkrafttretensbestimmung, die entsprechend dem Revisionsvorbringen hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 82 Abs. 8 KFG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2014 auf die erstmalige Einbringung oder Verwendung des Kraftfahrzeugs nach dem abstellen würde, enthält das KFG nicht.

14 Demzufolge schließt - nach der insoweit klaren Rechtslage - der Umstand, dass die erstmalige Einbringung des Kraftfahrzeugs in das Bundesgebiet oder dessen Verwendung im Bundesgebiet bereits vor dem erfolgt ist, die Anwendung des § 82 Abs. 8 KFG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 26/2014 auf Sachverhalte nach dem nicht aus. Damit liegt ab dem eine widerrechtliche Verwendung eines Kraftfahrzeugs vor, wenn seit dessen erstmaliger Einbringung in das Bundesgebiet mehr als ein Monat vergangen ist, unabhängig davon, ob in der Zwischenzeit eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet erfolgt ist.

15 Soweit zur Zulässigkeit der Revision weiters vorgebracht wird, das Bundesfinanzgericht habe tragende Grundsätze des Verfahrensrechts missachtet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein geltend gemachter Verfahrensfehler nur dann zur Zulässigkeit der Revision führen kann, wenn dessen Relevanz in der Revision konkret dargelegt wird (vgl. etwa ; , Ra 2020/13/0081).

16 Diesem Erfordernis wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen, der Revisionswerberin sei die Möglichkeit genommen worden aufzuzeigen, weshalb eine Abgabenschuld für das betreffende Fahrzeug in Österreich im relevanten Zeitraum nicht bestanden habe und sie nicht als Abgabenschuldnerin gelten könne, nicht Genüge getan. In der Revision wird nicht dargelegt, welches weitere (konkrete) Tatsachenvorbringen die Revisionswerberin bei Einräumung des vermissten Parteiengehörs hätte erstatten und inwiefern das Gericht dadurch zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. dazu nochmals ).

17 Soweit in der Revision zur Bekämpfung der Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts auf eine - erstmals mit der Revision vorgelegte - eidesstattliche Erklärung des D hingewiesen wird, steht dem das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) entgegen.

18 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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B-VG Art49 Abs1
KFG 1967 §135 Abs27
KFG 1967 §82 Abs8 idF 2014/I/026
VwRallg
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022160043.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-46138