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VwGH 17.10.2024, Ra 2022/13/0089

VwGH 17.10.2024, Ra 2022/13/0089

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BAO §115 Abs1
BAO §167 Abs2
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1
LiebhabereiV 1993 §1 Abs3
VwGG §41
RS 1
Die Frage, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang iSd § 1 Abs. 3 LVO zwischen einer verlustbringenden Tätigkeit iSd § 1 Abs. 1 letzter Satz LVO und einer anderen Tätigkeit, die als gesonderte Einheit (ebenfalls iSd § 1 Abs. 1 letzter Satz LVO) anzusehen ist, besteht, ist - ebenso wie die Fragen, ob eine Tätigkeit objektiv geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen (vgl. , mwN) bzw. wenn ja, wann diese Überschüsse erzielt werden (vgl. ; , Ra 2015/15/0073; , 2009/15/0075), sowie, ob die subjektive Einstellung des Abgabepflichtigen auf Gewinnerzielung gerichtet ist (vgl. , mwN) - eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage. Die Beantwortung dieser Frage durch das VwG unterliegt der Kontrolle durch den VwGH nur insoweit, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (vgl. etwa ; , Ra 2019/13/0123, jeweils mwN).
Normen
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1 Z6
RS 2
Die Frage, ob eine Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO, bei der Verluste anfallen, durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, ist insbesondere anhand der in § 2 Abs. 1 LVO aufgezählten Umstände zu beurteilen. Dabei kommt dem in § 2 Abs. 1 Z 6 LVO genannten Kriterium - Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen - besondere Bedeutung zu (vgl. , mwN). Wie lange die (vorübergehende) Fortsetzung einer an sich aussichtslosen Tätigkeit noch als wirtschaftlich vernünftige Reaktion angesehen werden kann, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. , mwN).
Norm
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1
RS 3
Die Beurteilung, ob Liebhaberei vorliegt, ist eine für jeden Bemessungszeitraum (Feststellungszeitraum) zu lösende Rechtsfrage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/14/0010). Im Rahmen der Kriterienprüfung ist das Schwergewicht auf die bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr eingetretene Entwicklung zu legen. Die Kriterien nach § 2 Abs. 1 LVO stellen Indizien dar, auf Grund derer auf das subjektive Gewinnstreben des Steuerpflichtigen im maßgeblichen Veranlagungsjahr geschlossen werden kann. Eine gewisse Indizwirkung auf das subjektive Streben des Steuerpflichtigen kann aber auch später in Erscheinung getretenen objektiven Umständen zukommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0299).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2010/15/0026 E RS 4 (hier nur die ersten beiden Sätze)
Normen
EStG 1988 §16
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1
RS 4
Aufwendungen können nur dann als Werbungskosten eingestuft werden, wenn sie durch eine auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte ausgerichtete Tätigkeit veranlasst sind (vgl. , mwN). Aufwendungen, die mit mehreren Tätigkeiten im Zusammenhang stehen, sind entsprechend aufzuteilen, wobei die Aufteilung im Verhältnis der aus der jeweiligen Tätigkeit bezogenen Einnahmen erfolgen kann (vgl. , mwN). Der - allenfalls anteilige - Veranlassungszusammenhang mit einer von mehreren Tätigkeiten wird dabei auch dann nicht durchbrochen, wenn sich die betreffenden Aufwendungen bei dieser Tätigkeit im Ergebnis - etwa, weil die Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft wird - steuerlich nicht auswirken können (vgl. etwa , zur Aufteilung von Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Tätigkeitsort, an welchem Tätigkeiten in Zusammenhang mit einer nichtselbständigen und einer selbständigen Arbeit erbracht werden).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic-Marinkovic, über die Revision der R in W, vertreten durch die Althuber Spornberger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Doblhoffgasse 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7101950/2020, betreffend u.a. Einkommensteuer 2012 bis 2018, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (Einkommensteuer 2012 bis 2018) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin - einer selbständigen bildenden Künstlerin und Professorin an einer Kunstuniversität - fand im Jahr 2018 eine Außenprüfung betreffend die Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2016 sowie eine Nachschau betreffend die Jahre 2017 und 2018 statt. Im Bericht über die Außenprüfung vom wurde u.a. festgestellt, die im Rahmen der selbständigen künstlerischen Tätigkeit der Revisionswerberin angefallenen Verluste würden die erzielten Einnahmen übersteigen. Bereits die Fixkosten würden die erzielten Einnahmen bei weitem übersteigen. Es hätten sich zudem eklatante Abweichungen zur vorgelegten Prognoserechnung ergeben, womit diese Tätigkeit als Liebhaberei iSd § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung (LVO) einzustufen sei.

2 Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ - teilweise nach Wiederaufnahme der jeweiligen Verfahren - entsprechende Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2018.

3 Den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden gab das Finanzamt - hinsichtlich der Einstufung der selbständigen künstlerischen Tätigkeit der Revisionswerberin als Liebhaberei - keine Folge, woraufhin die Revisionswerberin Vorlageanträge stellte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2018 Folge und änderte diese zu Gunsten der Revisionswerberin ab. Den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2018 gab das Bundesfinanzgericht teilweise - in einem für das vorliegende Revisionsverfahren nicht relevanten Punkt - Folge und änderte die Bescheide entsprechend ab. Es sprach weiters aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Das Bundesfinanzgericht führte zunächst aus, die Revisionswerberin sei - nach Abschluss mehrerer Hochschulstudien und Übernahme von Lehrverpflichtungen an verschiedenen Hochschulen im Ausland - seit dem Jahr 2002 Professorin für Fotografie an einer näher genannten (Kunst-)Universität. Daneben übe sie eine selbständige Tätigkeit als Künstlerin aus. Aus dieser Tätigkeit habe sie in den Jahren 2002 bis 2019 einen Gesamtverlust in Höhe von € 265.516,29 erzielt.

6 Die Revisionswerberin habe mehrere Stipendien und Preise erhalten und im Rahmen ihrer künstlerischen Tätigkeit an zahlreichen Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen teilgenommen. Sie sei mit ihren Werken in etlichen Sammlungen im In- und Ausland vertreten gewesen.

7 Die von der Revisionswerberin im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit angeschafften Arbeitsmittel (Bibliothek, Archiv, Fotoapparate) stünden im Rahmen der Lehrtätigkeit auch den Studierenden zur Verfügung, die sie bei der Produktion ihrer künstlerischen Projekte unterstützen würden. Die als Vorstufen für die großen fotografischen Projekte dienenden Konzeptionen und Zeichnungen entstünden im Atelier der Revisionswerberin und würden im Arbeitszimmer und in den Werkstätten (Dunkelkammer) an der Universität umgesetzt. Die Endfertigung, das Kaschieren und die Rahmung finde sowohl im Atelier als auch an der Universität statt.

8 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, es sei strittig, ob die künstlerische Tätigkeit der Revisionswerberin als Liebhaberei einzustufen sei.

9 Die nichtselbständige Tätigkeit als Universitätsprofessorin und die selbständige künstlerische Tätigkeit würden - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - keine einheitliche Tätigkeit darstellen und zwar schon wegen der unterschiedlichen Einkunftsarten. Es handle sich dabei um zwei verschiedene Tätigkeiten, die lediglich dadurch verbunden seien, dass sie von der Revisionswerberin ausgeübt würden. Es treffe zu, dass die künstlerische Tätigkeit der Revisionswerberin bei der Bewerbung um eine Planstelle einer Professorin an der Universität Teil des Anforderungsprofils gewesen sei. Es werde auch nicht in Abrede gestellt, dass die Lehrtätigkeit der Revisionswerberin durch ihre langjährige Erfahrung als Künstlerin bestimmt sei. Dies mache diese Tätigkeiten jedoch nicht zu einer einheitlichen Betätigung. Trotz der Verwendung derselben Arbeitsmittel und Einbindung der Studierenden in das künstlerische Schaffen der Revisionswerberin handle es sich nach der Verkehrsauffassung bei einer Lehrtätigkeit, deren Kernbereich die Abhaltung der Lehrveranstaltungen sowie die Betreuung der Studierenden und die Prüfungstätigkeit bilden würden, und einer Tätigkeit als Künstler, bei der die Schaffung von Kunstwerken im Vordergrund stehe, um Betätigungen, die nicht notwendig gemeinsam ausgeübt würden. Nach der Verkehrsauffassung würden zwei getrennte Tätigkeiten vorliegen, die nicht als Einheit angesehen werden könnten.

10 Entgegen der Rechtansicht des Finanzamtes sei die künstlerische Tätigkeit der Revisionswerberin nicht als Betätigung nach § 1 Abs. 2 LVO anzusehen, sondern als Tätigkeit nach § 1 Abs. 1 LVO, weil sie aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Intensität den Rahmen einer typischen Betätigung nach § 1 Abs. 2 Z 2 LVO sprenge. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Revisionswerberin ihre selbständige künstlerische Tätigkeit nur aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausüben würde. Vielmehr sei die Tätigkeit erwerbstypisch ausgeübt worden, womit dem Grunde nach vom Vorliegen einer Einkunftsquelle iSd § 1 Abs. 1 LVO auszugehen sei. Bei einer Betätigung nach § 1 Abs. 1 LVO könne gemäß § 6 LVO umsatzsteuerlich keine Liebhaberei vorliegen, womit der Beschwerde insoweit Folge zu geben sei.

11 Die bei dieser Tätigkeit zur Überprüfung des Vorliegens der Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen, durchzuführende Kriterienprüfung gemäß § 2 Abs. 1 LVO habe ergeben, dass über einen Zeitraum von 18 Jahren ein Verlust von € 265.516,29 erzielt worden sei. Unter Berücksichtigung des - außerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraums liegenden - Jahres 2020 ergebe sich sogar ein Gesamtverlust von € 281.673,29. Mit Ausnahme der Jahre 2009 und 2019, in denen geringe positive Einkünfte erzielt worden seien, seien trotz gelegentlicher Einnahmen aus Verkäufen jährlich hohe Verluste aus der künstlerischen Tätigkeit entstanden. Die Gegenüberstellung der Verluste mit den Gewinnen zeige, dass ein „Gesamtgewinn“ in Höhe von € 8.984,88 und ein „Gesamtverlust“ von € 256.531,41 (bzw. von € 272.688,41 bei Einbeziehung des Jahres 2020) erzielt worden seien.

12 Konkrete Ursachen für die Verluste im Verhältnis zu vergleichbaren Betätigungen seien nach der Aktenlage nicht feststellbar. Aussagen darüber seien aber aufgrund der Besonderheit der künstlerischen Tätigkeit faktisch nicht möglich. Tatsache sei, dass die Arbeiten der Revisionswerberin am Kunstmarkt nicht primär von Privatpersonen, sondern von Institutionen nachgefragt seien.

13 Ein marktgerechtes Verhalten sei im Hinblick auf die Besonderheit der künstlerischen Tätigkeit - aufgrund des besonderen Anspruchs künstlerischen Schaffens - nur eingeschränkt möglich. Festzuhalten sei, dass die Revisionswerberin ihre Exponate in Ausstellungen und Sammlungen sowie auf einer eigenen Homepage im Internet präsentiere. Die Revisionswerberin habe nicht versucht, ihr künstlerisches Angebot durch „kleinere und besser verkäufliche“ Werke einer breiteren Konsumentenschicht zugänglich zu machen, um kommerzielle Erfolge zu erzielen. Die jahre- bzw. jahrzehntelange Herstellung von Objekten ohne Rücksicht auf den Absatz stelle sich offensichtlich als ein Produzieren für Ausstellungen dar.

14 Strukturverbessernde Maßnahmen zur Optimierung der Ertragslage könnten nicht festgestellt werden. Inwieweit die Teilnahme an Ausstellungen als „Maßnahme“ zur Verbesserung der Einkünftesituation beitragen solle, sei nicht ersichtlich, weil die Revisionswerberin seit Beginn ihrer selbständigen Tätigkeit in Ausstellungen und Sammlungen vertreten sei, ohne dass sich diese berufstypische Vermarktung auf die Ertragslage ausgewirkt habe. Andere Maßnahmen, die darauf ausgerichtet seien, die Erträge zu erhöhen bzw. die Aufwendungen zu verringern, seien von der Revisionswerberin nicht genannt worden.

15 Bestimmende Triebfeder der Revisionswerberin sei zweifellos, ihre Exponate in Ausstellungen zu präsentieren. Eine Gewinnerzielungsabsicht trete dahinter zurück. Das Vorhandensein einer anderen, ihre Existenzgrundlage sichernden Einkunftsquelle - der Tätigkeit als Universitätsprofessorin - komme ihr dabei entgegen.

16 In Anbetracht dessen, dass die Revisionswerberin über einen Zeitraum von nunmehr bereits 18 Jahren - mit Ausnahme der Jahre 2009 und 2019 - nur Verluste erwirtschaftet habe, und angesichts des festgestellten Gesamtverlustes könne nicht davon ausgegangen werden, dass in einem absehbaren Zeitraum ein Gesamtgewinn erzielt werde. Gesamthaft betrachtet sei bei Würdigung aller Umstände nicht vom Vorliegen einer Einkunftsquelle auszugehen.

17 Im Hinblick auf die bereits seit den 80er Jahren ausgeübte künstlerische Tätigkeit sei ein Anlaufzeitraum nicht zu berücksichtigen.

18 Zu prüfen sei weiters, ob ein Anwendungsfall des § 1 Abs. 3 LVO vorliege.

19 Die künstlerische Tätigkeit sei nicht geeignet, die Gesamtrentabilität der nichtselbständigen Tätigkeit als Universitätsprofessorin zu steigern, weil sie keinerlei Auswirkung auf diese Tätigkeit habe. Die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eingetretene Steigerung der nichtselbständigen Einkünfte hänge mit dem zunehmenden Dienstalter der Revisionswerberin zusammen und nicht mit der behaupteten Fortentwicklung der künstlerischen Tätigkeit. Die Revisionswerberin habe auch nicht glaubhaft darlegen können, dass die verlustbringende Tätigkeit aus Gründen der Marktpräsenz aufrechterhalten werde. Eine wirtschaftliche Verflechtung im Sinne einer Abhängigkeit oder einer Wechselwirkung würden ebenfalls nicht vorliegen.

20 Es sei zutreffend, dass der Revisionswerberin bei der Bewerbung um die Planstelle einer Professorin auf Grund der Stellenbeschreibung ihre künstlerische Tätigkeit zugutegekommen sei. Es werde auch nicht in Abrede gestellt, dass seitens der Universität auch nach erfolgter Ernennung von der Revisionswerberin erwartet worden sei, sich weiterhin künstlerisch zu betätigen. Eine diesbezügliche Verpflichtung könne der Stellenbeschreibung aber nicht entnommen werden. Eine Verpflichtung, den Anforderungen des Universitätsgesetzes - wonach die Revisionswerberin als Universitätsprofessorin für die Forschung oder die Entwicklung und Erschließung der Künste verantwortlich sei - durch Ausübung einer selbständigen Tätigkeit gerecht zu werden, bestehe auch nicht.

21 Gegen dieses Erkenntnis, soweit es die Einkommensteuer betrifft, richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. In dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren hat die belangte Behörde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

22 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

23 Die Revision macht geltend, das Bundesfinanzgericht habe zu Unrecht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 LVO verneint.

24 Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 3 LVO nicht deshalb verneint hat, weil es die von der Revisionswerberin ausgeübte nichtselbständige Tätigkeit von vornherein nicht als (weitere) Einheit iSd § 1 Abs. 1 letzter Satz LVO, die gemäß § 1 Abs. 3 LVO mit der verlustbringenden selbständigen künstlerischen Tätigkeit der Revisionswerberin (als gesonderte Einheit) im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen könnte, angesehen hat. Vielmehr ist das Bundesfinanzgericht mit näherer Begründung davon ausgegangen, dass im konkreten Fall ein wirtschaftlicher Zusammenhang der beiden Tätigkeiten im Hinblick auf die in § 1 Abs. 3 LVO genannten Voraussetzungen - Aufrechterhaltung der verlustbringenden Tätigkeit aus Gründen der Gesamtrentabilität, der Marktpräsenz oder der wirtschaftlichen Verflechtung - nicht gegeben sei, zumal ein nur mittelbarer Zusammenhang nicht ausreiche (vgl. dazu ).

25 Die Frage, ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang iSd § 1 Abs. 3 LVO zwischen einer verlustbringenden Tätigkeit iSd § 1 Abs. 1 letzter Satz LVO und einer anderen Tätigkeit, die als gesonderte Einheit (ebenfalls iSd § 1 Abs. 1 letzter Satz LVO) anzusehen ist, besteht, ist - ebenso wie die Fragen, ob eine Tätigkeit objektiv geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen (vgl. , mwN) bzw. wenn ja, wann diese Überschüsse erzielt werden (vgl. ; , Ra 2015/15/0073; , 2009/15/0075), sowie, ob die subjektive Einstellung des Abgabepflichtigen auf Gewinnerzielung gerichtet ist (vgl. , mwN) - eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage. Die Beantwortung dieser Frage durch das Verwaltungsgericht unterliegt der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur insoweit, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (vgl. etwa ; , Ra 2019/13/0123, jeweils mwN). Der - an sich nur zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. , mwN).

26 Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht - nach Auseinandersetzung mit den in § 1 Abs. 3 LVO genannten Kriterien - unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Beurteilung getroffen, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der selbständigen künstlerischen Tätigkeit und der nichtselbständigen Tätigkeit der Revisionswerberin nicht gegeben sei. Gegen diese Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes wendet sich die Revisionswerberin nicht.

27 Was den Beurteilungszeitraum betrifft, ist zunächst anzumerken, dass die Frage, ob eine Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO, bei der Verluste anfallen, durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, insbesondere anhand der in § 2 Abs. 1 LVO aufgezählten Umstände zu beurteilen ist. Dabei kommt dem in § 2 Abs. 1 Z 6 LVO genannten Kriterium - Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen - besondere Bedeutung zu (vgl. , mwN). Wie lange die (vorübergehende) Fortsetzung einer an sich aussichtslosen Tätigkeit noch als wirtschaftlich vernünftige Reaktion angesehen werden kann, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. , mwN).

28 Das Bundesfinanzgericht hat im angefochtenen Erkenntnis den Zeitraum seit dem Jahr 2002 seiner Beurteilung zugrunde gelegt und sich dabei mit den unter die Kriterien nach § 2 Abs. 1 LVO fallenden Umständen auseinandergesetzt. Es ist sodann zum Ergebnis gekommen, dass die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht - nicht zuletzt deshalb, weil geeignete strukturverbessernde Maßnahmen zur Optimierung der Ertragslage weder festgestellt werden könnten, noch von der Revisionswerberin behauptet worden seien - nicht vorliegt, weshalb die Betätigung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (somit in den Jahren 2012 bis 2018) als Liebhaberei anzusehen ist. Dass die in diesem Zusammenhang vorgenommene Beweiswürdigung unschlüssig oder unvertretbar wäre, ist nicht erkennbar (vgl. dazu etwa , mwN).

29 Die Revisionswerberin macht zudem geltend das Bundesfinanzgericht gehe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer Nichtabzugsfähigkeit der Verluste ab Ablauf des Anlaufzeitraumes gemäß § 2 Abs. 2 LVO aus, anstatt erst ab dem festzustellenden Zeitpunkt des tatsächlichen Wegfalls einer Gesamtgewinnerzielungsabsicht.

30 Im vorliegenden Fall war - unter Berücksichtigung des Umfangs der Anfechtung - lediglich die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 2012 bis 2018 Sache des Beschwerdeverfahrens. Das Bundesfinanzgericht hat dabei die Beurteilung getroffen, dass die selbständige künstlerische Tätigkeit der Revisionswerberin in den verfahrensgegenständlichen Jahren jedenfalls als Liebhaberei anzusehen sei. Im Hinblick darauf, dass die Revisionswerberin diese Tätigkeit bereits seit den 80er Jahren ausgeübt habe, ist das Bundesfinanzgericht davon ausgegangen, dass sowohl der Ablauf des Anlaufzeitraumes als auch der Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht vor dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum erfolgt seien. Gegenteiliges - somit insbesondere, dass der Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht im verfahrensgegenständlichen Zeitraum erfolgt sei - behauptet die Revisionswerberin nicht. Vor diesem Hintergrund hat der genaue Zeitpunkt des Wegfalls der Gewinnerzielungsabsicht keine Relevanz für das gegenständliche Verfahren (vgl. dazu etwa bis 0052, wonach die Beurteilung, ob Liebhaberei vorliegt, eine für jeden Bemessungszeitraum zu lösende Rechtsfrage ist, wobei im Rahmen der Kriterienprüfung das Schwergewicht auf die bis zum jeweiligen Veranlagungsjahr eingetretene Entwicklung zu legen ist).

31 Die Revisionswerberin macht abschließend geltend, das Bundesfinanzgericht habe zu Unrecht nicht über den „Eventualantrag“ - der Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten - entschieden. Mit diesem Vorbringen ist sie im Recht.

32 Die Revisionswerberin hat in der Beschwerde vorgebracht, die Betriebsprüfung habe „die Werbungskosten den Betriebsausgaben zugeordnet“ und nicht untersucht, ob nicht - wenn schon eine Liebhabereitätigkeit unterstellt werde - aufgrund der „engen Verflechtung“ ihrer Tätigkeit als Professorin und ihrer selbständigen künstlerischen Tätigkeit die Ausgaben Werbungskosten darstellen würden. Sie hat zudem „in eventu“ die Berücksichtigung der angefallenen Verluste als Werbungskosten beantragt.

33 Das Bundesfinanzgericht hat im angefochtenen Erkenntnis in diesem Zusammenhang - dem Vorbringen der Revisionswerberin entsprechend - festgestellt, die von ihr angeschafften Arbeitsmittel (Bibliothek, Archiv, Fotoapparate) stünden im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit auch den Studierenden zur Verfügung, die sie bei der Produktion ihrer künstlerischen Projekte teilweise unterstützen würden. Trotz dieser Feststellungen, die einen Veranlassungszusammenhang zwischen bestimmten Aufwendungen und der nichtselbständigen Tätigkeit der Revisionswerberin indizieren, ist das Bundesfinanzgericht in seiner Beurteilung ohne nähere Begründung davon ausgegangen, sämtliche Aufwendungen seien ausschließlich der selbständigen künstlerischen Tätigkeit der Revisionswerberin zuzuordnen.

34 Da sich das Bundesfinanzgericht mit der möglichen Werbungskosteneigenschaft der geltend gemachten Aufwendungen nicht auseinandergesetzt hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

35 Das angefochtene Erkenntnis war daher - im angefochtenen Umfang - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

36 Für das fortgesetzte Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass Aufwendungen nur dann als Werbungskosten eingestuft werden können, wenn sie durch eine auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte ausgerichtete Tätigkeit veranlasst sind (vgl. , mwN). Aufwendungen, die mit mehreren Tätigkeiten im Zusammenhang stehen, sind entsprechend aufzuteilen, wobei die Aufteilung im Verhältnis der aus der jeweiligen Tätigkeit bezogenen Einnahmen erfolgen kann (vgl. , mwN). Der - allenfalls anteilige - Veranlassungszusammenhang mit einer von mehreren Tätigkeiten wird dabei auch dann nicht durchbrochen, wenn sich die betreffenden Aufwendungen bei dieser Tätigkeit im Ergebnis - etwa, weil die Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft wird - steuerlich nicht auswirken können (vgl. etwa , zur Aufteilung von Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Tätigkeitort, an welchem Tätigkeiten in Zusammenhang mit einer nichtselbständigen und einer selbständigen Arbeit erbracht werden; vgl. zu alldem ausführlich Zorn/Stanek in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20 § 16 Tz 11).

37 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
BAO §115 Abs1
BAO §167 Abs2
EStG 1988 §16
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1
LiebhabereiV 1993 §1 Abs3
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1 Z6
VwGG §41
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022130089.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-46029