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VwGH 01.09.2022, Ra 2022/03/0198

VwGH 01.09.2022, Ra 2022/03/0198

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
VStG §32 Abs1
VStG §44a
RS 1
Gemäß § 32 Abs. 1 VStG ist Beschuldigter eines Verwaltungsstrafverfahrens die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Wer Beschuldigter ist, ergibt sich aus dem Spruch (allenfalls in Verbindung mit der Begründung) eines Straferkenntnisses (vgl. etwa ).
Norm
VwGVG 2014 §52 Abs8
RS 2
§ 52 Abs. 8 VwGVG ist nur dann anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung des Straferkenntnisses "zugunsten" des Bestraften vornimmt, also entweder die Strafe herabsetzt (in eine mildere umwandelt) oder ganz nachsieht oder wenigstens der von der Strafbehörde angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt worden ist. Die genannte Bestimmung greift dann nicht, wenn das Verwaltungsgericht bloß eine rechtliche Qualifikation der Tat oder der Strafbestimmung ändert (vgl. ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/16/0015 B RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des R K in E, vertreten durch Mag. Johannes Polt, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Prager Straße 5/1/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-S-1482/001-2022, betreffend eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Horn), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit - nach Einspruch gegen eine Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Horn vom ergangenem - Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E GmbH zu verantworten, dass dieses Unternehmen als Beförderungsunternehmen nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) eingehalten worden seien. Ein nach dem Kennzeichen näher konkretisierter LKW sei „am um 09.00 Uhr“ im Gemeindegebiet Wiener Neustadt, auf der Wiener Straße, nächst Nr. 111, von T S gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendet worden sei, obwohl im Zulassungsschein die Verwendungsbestimmung „01 - zu keiner besonderen Verwendung bestimmt“ eingetragen gewesen sei.

Der Revisionswerber habe dadurch „§ 23 Abs. 1 Z 2 iVm § 6 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995“ verletzt, weshalb über ihn „gemäß § 23 Abs. 1 und 4 1. Satz Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG)“ eine Geldstrafe in Höhe von EUR 500,--bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ein Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG festgelegt wurde.

Dieses Straferkenntnis war an „RA Mag. JP [den anwaltlichen Vertreter des Revisionswerbers] i.V. von KR [Revisionswerber]“ adressiert.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen eingebrachte Beschwerde des Revisionswerbers - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Übertretungs- und die Strafnorm näher konkretisiert wurden (die Übertretungsnorm habe zu lauten „§ 23 Abs. 1 Z 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 (GütbefG), idF. BGBl. I Nr. 62/2017, iVm § 6 Abs. 1 GütbefG, idF. BGBl. I Nr. 32/2013“; die Strafnorm „§ 23 Abs. 1 und 4 1. Satz Güterbeförderungsgesetz 1995, idF BGBl. I Nr. 62/2017“). Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 100,-- zu leisten habe und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Begründend hielt das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - fest, der Revisionswerber sei gewerberechtlicher Geschäftsführer der E GmbH mit Sitz an näher bezeichneter Adresse. Das Unternehmen sei im Bereich der gewerbsmäßigen Güterbeförderung tätig. Am habe T S einen nach Modell und Kennzeichen näher konkretisierten LKW im Rahmen einer gewerbsmäßigen Güterbeförderung für die E GmbH gelenkt und sei von Wien nach Wiener Neustadt und Umgebung unterwegs gewesen. Um 09.00 Uhr sei er in Wiener Neustadt (Wiener Straße, nächst Nr. 111) von Beamten des Stadtpolizeikommandos Wiener Neustadt kontrolliert worden.Im Zulassungsschein dieses LKW, der am auf die E GmbH zugelassen worden sei, sei als Verwendungsbestimmung „01 - zu keiner besonderen Verwendung bestimmt“ eingetragen gewesen. Der Revisionswerber sei bei der E GmbH für die Zulassungen der LKW verantwortlich.

Rechtlich erwog das Verwaltungsgericht, es liege ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 GütbefG vor, weil die zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern verwendeten Kraftfahrzeuge im Zulassungsschein bzw. in der Zulassungsbescheinigung die Verwendungsbestimmung „zur Verwendung für die gewerbsmäßige Beförderung bestimmt“ eingetragen haben müssen. Durch diesen Verstoß sei die Verwaltungsübertretung des § 23 Abs. 1 Z 2 GütbefG erfüllt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen genüge das Straferkenntnis den Konkretisierungserfordernissen des § 44a VStG; die Gefahr einer Doppelbestrafung oder eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten sei nicht zu erkennen (was näher begründet wurde). Wenn der Revisionswerber geltend mache, der LKW könne um 9.00 Uhr nicht mehr gelenkt worden sein, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die Kontrolle stattgefunden habe, ändere dies nichts, weil unstrittig sei, dass TS vor der um 9.00 Uhr stattgefundenen Kontrolle den LKW gelenkt habe; dass etwa im zeitlichen Nahebereich dazu eine weitere Kontrolle erfolgt sei, habe der Revisionswerber nicht vorgebracht. Ausgehend davon seien die Beschwerde abzuweisen und gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG Kosten für das Beschwerdeverfahren vorzuschreiben gewesen.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revision gelingt es mit ihrem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:

9 Der Revisionswerber moniert zunächst einen Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot gemäß § 44a VStG und bringt in diesem Zusammenhang vor, die ihm vorgeworfene Tathandlung, nämlich das Lenken des Fahrzeuges am um 09.00 Uhr, könne nicht begangen worden sein, zumal zu diesem Zeitpunkt bereits die Kontrolle stattgefunden habe. Es stehe weiters in Widerspruch zur angelasteten Tat, dass der Tatort mit dem Sitz des Unternehmens bezeichnet worden sei. Auch die örtliche Bezeichnung „nächst 111“ erweise sich als nicht hinreichend konkretisiert. Zudem widerspreche die „Änderung der Tatumschreibung im Spruch“ dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG.

10 Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass zur Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG eine Ungenauigkeit bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung hat, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird (vgl. jüngst die Entscheidung eines verstärkten Senates , mwN).

11 Mit seinem Revisionsvorbringen, der LKW könne nicht um 09.00 Uhr gelenkt worden sein, weil zu diesem Zeitpunkt bereits die Kontrolle stattgefunden habe, verkennt der Revisionswerber, dass eine Kontrolle durch den Polizeibeamten um 09.00 Uhr nicht ausschließt, dass der LKW bis zu diesem Zeitpunkt gelenkt worden ist, was auch unstrittig geblieben ist. Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, das einen daraus resultierenden Verstoß gegen das Konkretisierungsgebot des § 44a VStG verneint hat, hält sich daher im Rahmen der Leitlinien der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.

12 Im Übrigen: Der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses nennt sowohl Ort und Zeitpunkt der Kontrolle, als auch das vom Revisionswerber vertretene Unternehmen und dessen Sitz und lässt damit keinen Zweifel offen, auf welchen konkreten Tatvorwurf abgestellt wird (vgl. in diesem Sinne etwa , mit Verweis auf , in Bezug auf die Angabe des Unternehmenssitzes als Tatort). Auch insofern, als der Revisionswerber in der Angabe des Ortes der Kontrolle „Wiener Straße nächst Nr. 111“ eine Ungenauigkeit zu erkennen glaubt, zeigt er nicht auf, inwiefern er dadurch in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt wäre oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt sein könnte; insbesondere legt er - worauf schon das Verwaltungsgericht zutreffend verwiesen hat - nicht dar, dass in zeitlichem Naheverhältnis eine weitere Kontrolle stattgefunden hätte, die gegebenenfalls ein (weiteres) Verwaltungsstrafverfahren veranlasst hätte.

13 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auch vorbringt, dass das Verwaltungsgericht durch Änderung der Tatumschreibung im Spruch dem Bestimmtheitsgebot gemäß § 44a VStG zuwidergehandelt habe, verkennt er, dass das Verwaltungsgericht zwar im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Übertretungs- sowie die Strafnorm konkretisiert, jedoch nicht die Tatumschreibung geändert hat. Das Revisionsvorbringen geht bereits aus diesem Grund ins Leere.

14 Die Revision bringt weiter vor, die Adressatenbezeichnung des Straferkenntnisses („RA Mag. [P] i.V. von [Revisionswerber]“) entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben.

15 Gemäß § 32 Abs. 1 VStG ist Beschuldigter eines Verwaltungsstrafverfahrens die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Wer Beschuldigter ist, ergibt sich aus dem Spruch (allenfalls in Verbindung mit der Begründung) eines Straferkenntnisses (vgl. etwa ).

16 Aus dem Spruch des Straferkenntnisses („als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E GmbH“) in Zusammenschau mit der Begründung, die im Rahmen der Strafbemessung unter anderem Ausführungen über vergangene Verwaltungsstrafen des Revisionswerbers enthält, ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass dem Revisionswerber - und nicht etwa seinem rechtsfreundlichen Vertreter - die Verwaltungsübertretung angelastet wurde. Davon, dass sich das Straferkenntnis gegen ihn richtet, ging im Übrigen auch der Revisionswerber im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht aus, trat er doch als Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren auf. Zudem geht bereits aus der Strafverfügung vom klar hervor, dass der Revisionswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E GmbH Beschuldigter des Verwaltungsstrafverfahrens ist. Gegen diese Strafverfügung hat der Revisionswerber (im eigenen Namen) Einspruch erhoben. Auch mit Blick auf den übrigen Akteninhalt konnte daher - auch für den Revisionswerber - kein Zweifel bestehen, dass sich das Straferkenntnis (und in weiterer Folge das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts) an den Revisionswerber als Beschuldigten gerichtet hat.

17 Die Revision wendet sich schließlich gegen die Festsetzung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und bringt in diesem Zusammenhang sinngemäß vor, indem das Verwaltungsgericht die Strafnorm korrigiert bzw. das angefochtene Straferkenntnis ergänzt habe, sei der Beschwerde im Sinne des § 52 Abs. 8 VwGVG - wenn auch nur teilweise - Folge gegeben worden. Ausgehend davon erweise sich der Kostenausspruch des Verwaltungsgerichts als rechtswidrig und verstoße damit gegen (näher dargelegte) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.

18 Nach § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

19 Diese Bestimmung ist indes nur dann anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung des Straferkenntnisses „zugunsten“ des Bestraften vornimmt, also etwa die Strafe herabsetzt (in eine mildere umwandelt) oder ganz nachsieht oder wenigstens der von der Strafbehörde angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt worden ist. Die Bestimmung des § 52 Abs. 8 VwGVG greift dann nicht, wenn das Verwaltungsgericht bloß eine rechtliche Qualifikation der Tat oder der Strafbestimmung ändert (vgl. etwa , mwN).

20 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen und lediglich die Übertretungs- bzw. Strafnorm konkretisiert. Vor diesem Hintergrund vermag der Revisionswerber nicht darzulegen, dass das Verwaltungsgericht eine Änderung „zugunsten“ des Revisionswerbers vorgenommen hätte, die den Kostenausspruch rechtswidrig erscheinen ließe.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
VStG §32 Abs1
VStG §44a
VwGVG 2014 §52 Abs8
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030198.L00
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Fundstelle(n):
MAAAF-45861