VwGH 02.03.2022, Ra 2021/20/0393
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | VwGG §25a Abs4a VwGVG 2014 §29 Abs2a VwGVG 2014 §29 Abs2b VwGVG 2014 §29 Abs4 VwGVG 2014 §29 Abs5 VwRallg |
RS 1 | Nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 2a und Abs. 5 VwGVG 2014 ist für den Beginn der für den Antrag auf Ausfertigung einzuhaltenden Frist bereits hinreichend, dass die Niederschrift, mit der die mündliche Verkündung der Entscheidung beurkundet wurde, dem zur Antragstellung Berechtigten übersendet oder ausgefolgt wurde (vgl. ). Darauf bezieht sich § 29 Abs. 5 VwGVG 2014, wenn dort auf die "Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a" abgestellt wird, nicht aber auf die danach zu erteilende Belehrung. Unterbleibt die Zustellung dieser Niederschrift, beginnt die in § 29 Abs. 5 VwGVG 2014 vorgesehene Frist von zwei Wochen, innerhalb der die Ausfertigung zu beantragen ist, nicht zu laufen. Ein diesfalls dennoch gestellter Antrag auf Ausfertigung findet in § 29 Abs. 2b VwGVG 2014 Deckung und führt dazu, dass die darauffolgende Erhebung einer Revision nach § 25a Abs. 4a letzter Satz VwGG zulässig ist (vgl. auch dazu VwGH Ra 2019/21/0293). |
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RS 2 | Dass die Frist für den Antrag auf Ausfertigung selbst dann zu laufen beginnt, wenn der übersendeten Niederschrift die nach § 29 Abs. 2a VwGVG 2014 vorgesehene Belehrung nicht angeschlossen ist, ergibt sich auch aus § 33 Abs. 4a VwGVG 2014. Die Schaffung eines auf das Fehlen der Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG 2014 abstellenden Wiedereinsetzungsgrundes wäre von vornherein sinnentleert, wenn der Gesetzgeber mit der in § 29 Abs. 5 VwGVG 2014 getroffenen Anordnung vor Augen gehabt hätte, dass die Frist für den Antrag auf (volle) Ausfertigung im Fall des Fehlens dieser Belehrung gar nicht zu laufen begonnen hätte. Kommt es für den Beginn des Laufes der Frist für den Antrag auf Herstellung einer (vollen) Ausfertigung nicht darauf an, ob der die mündliche Verkündung beurkundenden Niederschrift überhaupt eine Belehrung im Sinn des § 29 Abs. 2a VwGVG 2014 angeschlossen war, kommt dann aber auch der Frage, ob eine solche Belehrung zwingend in einer von dieser Niederschrift separierten Urkunde, die dann der Niederschrift beizuschließen wäre, zu erfolgen hätte und ob die Belehrung immer dann, wenn eine Person nicht der deutschen Sprache mächtig ist, zusätzlich in eine für sie verständliche Sprache zu übersetzen wäre, für den Beginn des Laufes dieser Frist keine Bedeutung zu. |
Normen | BFA-VG 2014 §12 Abs1 VwGVG 2014 §30 |
RS 3 | § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 sieht nach seinem Wortlaut nur die Übersetzung - des Spruchs und - der "Rechtsmittelbelehrung" vor. Es besteht für den VwGH aber kein Zweifel, dass der Gesetzgeber mit dieser ausdrücklich auch an das BVwG gerichteten Anordnung auch die nunmehr nach § 30 VwGVG 2014 vorgesehene Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und einer Revision beim VwGH verstanden wissen wollte. |
Normen | BFA-VG 2014 §12 Abs1 EURallg VwGVG 2014 §29 Abs2a 32013L0032 IntSchutz-RL Art11 Abs2 32013L0032 IntSchutz-RL Art12 Abs1 litf |
RS 4 | § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 ist sowohl auf Entscheidungen des BFA als auch des BVwG anzuwenden, ohne dass dafür unterschiedliche Voraussetzungen festgelegt wären. Ist aber nun - im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben nach Art. 12 Abs. 1 lit. f Verfahrensrichtlinie - davon auszugehen, dass das BFA in jene Mitteilung, wie eine ablehnende Entscheidung gemäß Art. 11 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie angefochten werden kann und die auch in einer für den Antragsteller verständlichen Sprache zu erfolgen hat, auch eine solche Information aufzunehmen hat, die dem Antragsteller Kenntnis davon verschafft, dass er bei Unterlassung einer bestimmten Verfahrenshandlung eines Rechtsmittels verlustig geht, so hat dies auch für das BVwG zu gelten. Wenngleich das Unionsrecht eine solche Verpflichtung in Bezug auf gerichtliche Entscheidungen, die der Anfechtung in einem weiteren Rechtszug unterliegen, nicht ausdrücklich vorgibt, ist in der auch Entscheidungen des BVwG umfassenden Bestimmung des § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 eine im Sinn des Art. 5 Verfahrensrichtlinie günstigere Bestimmung zu erblicken. Dass diese - der Wahrung der Inanspruchnahme von gesetzlich eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten dienende - Anordnung mit den Bestimmungen dieser Richtlinie nicht vereinbar wäre, ist nicht zu sehen. Eine solche Sichtweise entspricht zudem dem vom Gesetzgeber ausweislich der Materialien mit der Anordnung des § 12 BFA-VG 2014 verfolgten Ziel, wonach damit die Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme von gesetzlich zustehendem Rechtschutz gewahrt werden soll. Somit ist davon auszugehen, dass der in § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 enthaltene Begriff "Rechtsmittelbelehrung" auch die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG 2014 umfasst. |
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RS 5 | § 12 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG 2014 ist so zu verstehen, dass auch in den dort angesprochenen Fällen nicht allein stets auf § 71 AVG abzustellen ist, sondern § 33 VwGVG 2014 in den davon erfassten Fällen zur Anwendung gelangt. Daran ändert auch nichts, dass der VwGH in seiner Rechtsprechung festgehalten hat, dass die zu § 71 AVG ergangene Judikatur im Hinblick darauf, dass diese Gesetzesbestimmung im Wesentlichen inhaltlich dem § 33 VwGVG 2014 entspricht, auf diesen übertragen werden kann (vgl. ; , Ra 2020/14/0023, jeweils mwN; dort aber jeweils auch mit dem Hinweis, dass bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG 2014 die maßgebliche Bestimmung ist und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG 2014 geregelte Beschwerde handelt). § 33 VwGVG 2014 und § 71 AVG stellen sich nämlich nicht als völlig deckungsgleich dar, wie allein schon der Blick auf den in § 33 Abs. 4a VwGVG 2014 enthaltenen Wiedereinsetzungsgrund, dessen Eigenart im Zusammenhang mit der Anfechtbarkeit von im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mündlich verkündeten Entscheidungen zu sehen ist, ergibt (mag auch dessen Ausgestaltung an andere bereits bestehende Wiedereinsetzungsgründe angelehnt sein). |
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RS 6 | Nicht nur eine unrichtige Übersetzung, sondern auch das Fehlen der Übersetzung der "Rechtsmittelbelehrung" im Sinn des § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 kann nach Versäumung einer Frist zur Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen, wenn die sonst dafür gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung erfüllt sind. |
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RS 7 | Die in § 33 Abs. 1 und Abs. 4a VwGVG 2014 genannten Gründe schließen sich nicht gegenseitig aus. In § 33 Abs. 4a VwGVG 2014 ist nämlich ausdrücklich angeordnet, dass die Wiedereinsetzung "auch dann" zu bewilligen ist, wenn die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Somit ist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung nicht auf die in § 33 Abs. 4a VwGVG 2014 genannten Fälle beschränkt (vgl. zum gleichgelagerten Verhältnis der ähnlichen Wiedereinsetzungsgründe der Z 1 und Z 2 des § 71 Abs. 1 AVG, wobei dort diese Ziffern mit dem Wort "oder" verbunden sind, und mit dem Hinweis, dass sich die Z 2 im Verhältnis zur Z 1 des § 71 Abs. 1 AVG als lex specialis darstellt, ). |
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RS 8 | Anders als gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG 2014 ist nach dem Abs. 4a nicht zu prüfen, ob dem Wiedereinsetzungswerber ein Verschulden an der Versäumung der Frist zur Last liegt. Es ist aber erforderlich, dass zwischen dem Fehlen des Hinweises auf die Erforderlichkeit eines Antrages auf Ausfertigung oder auf die Frist ein kausaler Zusammenhang mit der nicht rechtzeitigen Antragstellung besteht (arg.: "wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrages ... oder dabei die ... Frist nicht angeführt war"). Insoweit sind diese Wiedereinsetzungsgründe jenen des § 33 Abs. 2 zweiter und dritter Fall VwGVG 2014 ("wenn die Frist versäumt wurde, weil ... die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder ... enthält") nachgebildet, deren Vorbild wiederum in § 71 Abs. 1 Z 2 erster und zweiter Fall AVG ("wenn: 2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist ... enthält") erblickt werden kann. Auch in § 46 Abs. 2 VwGG findet sich eine gleichartige Regelung ("wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung ... keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages ... enthält"). Vor diesem Hintergrund kann zum Verständnis des Wiedereinsetzungsgrundes des § 33 Abs. 4a VwGVG 2014 auf die zu den genannten Bestimmungen ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. |
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RS 9 | Jene Wiedereinsetzungsgründe, die auf das Fehlen oder die Unrichtigkeit bestimmter (gesetzlich gebotener) Belehrungen abstellen, wollen hintanhalten, dass eine zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimierte Person deshalb dieses Rechtsmittels endgültig verlustig geht, weil sie entgegen der der Behörde oder dem Gericht auferlegten Pflicht nicht oder nur unzureichend über dieses Rechtsmittel informiert wird. Rechtsnachteile, die in kausaler Weise aufgrund dieses der Behörde oder dem Gericht zuzurechnenden Verhaltens dazu führen, dass ein Rechtsmittel vom Berechtigten nicht innerhalb der gesetzlich eingeräumten Frist erhoben wird, sollen so vermieden werden. Dann ist allerdings davon auszugehen, dass, wenn das Gesetz das Fehlen einer bestimmten Belehrung als einen Wiedereinsetzungsgrund kennt, auch das Fehlen einer Übersetzung immer dann erfasst wird, wenn - wie in § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 - die Übersetzung dieser Belehrung gesetzlich angeordnet und zudem gesetzlich festgelegt ist, dass dem Fehlen der Übersetzung oder einer unrichtigen Übersetzung, wenn damit auch das Fehlen der Übersetzung zu verstehen ist, die Eignung zukommen soll, eine Wiedereinsetzung begründen zu können. Dies bedeutet, dass das Fehlen der Übersetzung der nach § 29 Abs. 2a VwGVG 2014 vorzunehmenden Belehrung einen Grund für die Wiedereinsetzung nach § 33 Abs. 4a VwGVG 2014 darstellen kann. Damit der darauf gestützte Antrag erfolgreich ist, müsste allerdings zwischen dem Fehlen der Übersetzung dieser Belehrung und der Versäumung der Frist für die Antragstellung auf Herstellung einer (vollen) Ausfertigung ein kausaler Zusammenhang bestehen; der Revisionswerber also insoweit dadurch in die Irre geführt worden sein. |
Normen | VwGG §46 Abs1 VwGVG 2014 §33 Abs1 |
RS 10 | Die eine "ordentliche Prozesspartei" treffende Sorgfaltspflicht schließt eine Informationspflicht über die Einbringungsfristen generell mit ein; dies gilt auch für unvertretene, rechtsunkundige Parteien (vgl. , mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2019/05/0102 E RS 1 |
Normen | BFA-VG 2014 §12 Abs1 VwGG §42 Abs2 Z1 VwGVG 2014 §29 Abs2a VwGVG 2014 §29 Abs4 VwGVG 2014 §30 VwGVG 2014 §33 Abs1 VwGVG 2014 §33 Abs4a |
RS 11 | Im vorliegenden Fall wurde - insoweit dem § 12 Abs. 1 BFA-VG 2014 entsprechend - die Belehrung gemäß § 30 VwGVG 2014 in eine dem Revisionswerber verständliche Sprache übersetzt. Wenn ein Fremder infolge dieser - ihm verständlichen - Belehrung nun nicht davon ausgeht, dass im nicht übersetzten Teil des ihm zugestellten Schriftstückes noch ein zusätzlicher - ihm nicht verständlicher und an sich zu übersetzender - Hinweis auf die Notwendigkeit einer weiteren, für die Wahrung des Rechts auf Erhebung des Rechtsmittels essentiellen Prozesshandlung enthalten sei, vermag dies nicht ohne Weiteres die Annahme begründen, es sei von einer Person, die sich innerhalb der ihr aufgrund der diesbezüglichen Übersetzung zur Kenntnis gelangten Frist um zweckentsprechende Unterstützung für die Erhebung des Rechtsmittels bemüht, die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen worden. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Rossmeisel, den Hofrat Dr. Eisner und die Hofrätin Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, über die Revision des S U in S, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom , L525 2178116-2/8E, betreffend einen Antrag auf Ausfertigung einer mündlich verkündeten Entscheidung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird in seinem Spruchpunkt A) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Beschwerde, in der er auch die Durchführung einer Verhandlung beantragte.
4 Mit Schreiben vom teilte der Verein Menschenrechte Österreich dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass - infolge der künftigen Durchführung der Rechtsberatung durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH - sämtliche Vertretungsvollmachten (sohin auch jene im Verfahren des Revisionswerbers) mit Wirkung vom niedergelegt würden.
5 In der Folge wurde vom Bundesverwaltungsgericht für den eine Verhandlung anberaumt, zu der der - ab unvertretene - Revisionswerber persönlich geladen wurde. Die Zustellung der Ladung an den Revisionswerber ist in den vorgelegten Akten mit ausgewiesen.
6 Das Bundesverwaltungsgericht führte am eine Verhandlung durch, zu der lediglich ein Mitarbeiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl als Vertreter der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde kam. Der Revisionswerber blieb der Verhandlung fern. Er hatte tags zuvor dem Bundesverwaltungsgericht die Kopie einer von einem Arzt für Allgemeinmedizin am ausgestellten, für den „Versicherungsträger: SVS-GW“ bestimmten „Arbeitsfähigkeitsmeldung“ übersendet, der zu entnehmen war, dass der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit des Revisionswerbers der sein werde. Das wurde allerdings vom Bundesverwaltungsgericht als nicht ausreichende Entschuldigung für die Nichtteilnahme an der Verhandlung gewertet, weil der Revisionswerber trotz eines entsprechenden vorherigen Hinweises nicht konkret dargelegt habe, welche „gesundheitlichen Probleme“ vorgelegen seien und weshalb ihn diese daran gehindert hätten, „nach Linz zu fahren“.
7 Im Anschluss an die Verhandlung wurde vom Richter des Bundesverwaltungsgerichts die die Beschwerde abweisende Entscheidung mündlich verkündet. Unter einem wurde - gleichfalls durch mündliche Verkündung - ausgesprochen, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Vom Richter wurden sodann die Entscheidungsgründe mündlich dargelegt sowie eine Belehrung (unter anderem) dahingehend erteilt, dass „innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden könne“. Für die Abfassung und Einbringung (u.a.) einer Revision gelte Anwaltspflicht. Weiters enthält die Belehrung - soweit im Revisionsverfahren von Interesse - den Hinweis, dass eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr zulässig sei, wenn nach Verkündung oder Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses ausdrücklich darauf verzichtet werde. Ein Verzicht auf die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sei bis zur Zustellung der Ausfertigung des Erkenntnisses oder des Beschlusses dem Bundesverwaltungsgericht, nach Zustellung der Ausfertigung des Erkenntnisses oder Beschlusses dem Verfassungsgerichtshof schriftlich bekanntzugeben oder zu Protokoll zu erklären. Der Verzicht auf die Revision sei dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich bekanntzugeben oder zu Protokoll zu erklären. Sei der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben worden, so könne er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden.
9 Der über die mündliche Verkündung angefertigten Niederschrift ist zu entnehmen, dass der Verhandlung ein Dolmetscher für die Sprache Urdu beigezogen war, von dem aber „die verkündete Entscheidung nicht übersetzt“ - gemeint: den bei der Verkündung anwesenden Personen nicht mündlich in der Sprache Urdu dargebracht - wurde. Allerdings enthält die Niederschrift die Wiedergabe einer Übersetzung - erkennbar - des Spruches sowie der Belehrung über die Möglichkeit zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in eine fremde Sprache, die nicht in lateinischen Buchstaben gehalten ist. Um welche Sprache es sich dabei handelt, wurde in der Niederschrift nicht ausdrücklich festgehalten (aus dem Zusammenhang und auch aus den späteren Ausführungen des Revisionswerbers ergibt sich, dass es sich dabei um die Sprache Urdu gehandelt hat).
10 Im Anschluss an die Übersetzung der soeben genannten Belehrung findet sich in der die Verkündung beurkundenden Niederschrift eine ausschließlich in deutscher Sprache gehaltene „Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG“. In dieser wurde (u.a.) festgehalten, dass die Parteien „über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung des Erkenntnisses oder des Beschlusses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG zu verlangen“, sowie „darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses oder Beschlusses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG eine Voraussetzung für die Revision beim Verwaltungsgerichtshof“ darstelle, belehrt würden.
11 Da der Revisionswerber bei der mündlichen Verkündung der Entscheidung nicht anwesend war, wurde ihm in der Folge eine Abschrift der am angefertigten Niederschrift übersendet. Die Zustellung an ihn erfolgte am .
12 Es wurde innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Niederschrift kein Antrag auf Herstellung einer schriftlichen Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung gestellt. Daher stellte das Bundesverwaltungsgericht eine mit datierte „Gekürzte Ausfertigung des am mündlich verkündeten Erkenntnisses“ her. Eine solche wurde dem Revisionswerber am zugestellt.
13 Mit Schriftsatz vom stellte der nunmehr rechtsanwaltlich vertretene Revisionswerber einen Antrag auf Herstellung der schriftlichen Ausfertigung des am mündlich verkündeten Erkenntnisses. Weiters stellte er eventualiter (unter Nachholung des versäumten Antrages) den Antrag, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Herstellung einer solchen Ausfertigung zu bewilligen.
14 Der Revisionswerber brachte vor, die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG sei zwar in der ihm übermittelten Niederschrift vom enthalten. Die Belehrung entspreche aber nicht gesetzlichen Anforderungen, weil eine solche der Niederschrift in einer separaten Urkunde hätte angeschlossen werden müssen. Da dies nicht geschehen sei, habe die zweiwöchige Frist für den Antrag auf Ausfertigung noch gar nicht zu laufen begonnen.
15 Zum Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte der Revisionswerber aus, er sei der deutschen Sprache nur „auf Niveau B1“ mächtig. Es sei ihm daher nicht möglich, komplexere in deutscher Sprache abgefasste Sprachinhalte, wie sie die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG darstelle, zu verstehen. Anhand der in der Niederschrift enthaltenen Übersetzung in die Sprache Urdu habe er dieser Niederschrift nur entnehmen können, dass er innerhalb von sechs Wochen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben könne. Die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG sei ihm nicht zur Kenntnis gelangt, weil sie nicht in diese Sprache übersetzt gewesen sei. Er habe daher nicht gewusst, dass ihm das Recht auf Erhebung eines Rechtsmittels an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof nur dann erhalten bleibe, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Niederschrift einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung stelle. Am habe der Revisionswerber in den Büroräumlichkeiten des ihn nunmehr vertretenden Rechtsanwalts vorgesprochen. Dieser habe den Revisionswerber erstmals über die Notwendigkeit des Antrags auf Ausfertigung informiert.
16 Das Bundesverwaltungsgericht wäre nach § 12 Abs. 1 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) verpflichtet gewesen, die Belehrung in die Sprache Urdu zu übersetzen sowie - was sich aus der Verwendung des Wortes „anzuschließen“ in § 29 Abs. 2a zweiter Satz VwGVG ergebe - der Niederschrift eine separate Urkunde mit der Belehrung samt Übersetzung beizulegen und nicht in die Niederschrift über die mündliche Verkündung der Entscheidung aufzunehmen.
17 Da die Übersetzung gefehlt habe, folge aus § 12 Abs. 1 BFA-VG ein Recht auf Wiedereinsetzung, weil nach dieser Bestimmung für die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages sogar eine unrichtige Übersetzung hinreiche.
18 Das Bundesverwaltungsgericht habe mit seiner Vorgangsweise „für Verwirrung dadurch gestiftet“, dass es zwar die Rechtsmittelbelehrung in die Sprache Urdu übersetzt habe, nicht aber die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG. Schon deshalb könne dem Revisionswerber kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden angelastet werden. Der „Irrtum über die zur Wahrung der Rechte des Antragstellers notwendigen weiteren ‚Prozesshandlungen‘“ sei vom Revisionswerber nicht verschuldet worden und erst durch die am vom Rechtsanwalt „vorgenommenen rechtlichen Aufklärungen weggefallen“.
19 Nachdem das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag auf Wiedereinsetzung zuvor mit Beschluss vom die aufschiebende Wirkung zuerkannt gehabt hatte, wies es mit Beschluss vom den Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am mündlich verkündeten Erkenntnisses als verspätet zurück [Spruchpunkt A2)] sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ab [Spruchpunkt A)]. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
20 Das Bundesverwaltungsgericht ging in seiner Begründung davon aus, dass § 29 Abs. 2a VwGVG weder nach dem Wortlaut noch nach dessen Sinn und Zweck vorsehe, dass die danach vorzunehmende Belehrung in einer separaten Urkunde enthalten sein müsse und auf diese Weise der Niederschrift anzuschließen sei. Somit habe die zweiwöchige Frist des § 29 Abs. 2a Z 1 VwGVG mit Zustellung der Abschrift der Niederschrift am zu laufen begonnen, weshalb der Antrag auf Ausfertigung spätestens am hätte eingebracht werden müssen.
21 Soweit es den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betrifft, führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass in § 12 Abs. 1 BFA-VG eine Pflicht zur Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung (auch) von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vorgesehen sei. Dieser Pflicht sei das Bundesverwaltungsgericht nachgekommen. Eine Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG sei davon nicht umfasst. Außerdem finde eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann statt, wenn die Fristversäumnis unverschuldet oder lediglich aus einem minderen Grad des Verschuldens erfolgt sei. Der Revisionswerber habe an der Verhandlung nicht teilgenommen. Ausreichende Entschuldigungsgründe seien nicht vorhanden gewesen. Bereits dieses Verhalten verdeutliche, dass er im Verkehr mit dem Bundesverwaltungsgericht nicht die für die Einhaltung von Terminen erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt habe. Es könne „bereits zu diesem Zeitpunkt von keinem Versehen minderen Grades mehr gesprochen werden“. Weiters sei der Revisionswerber der deutschen Sprache „auf Niveau B1“ mächtig und als solcher in der Lage, einfache Behördenmitteilungen zu verstehen. „In Zusammenschau mit der ihm in seiner Muttersprache erteilten Rechtsbelehrung [...] wäre es ihm daher durchaus möglich und zumutbar gewesen, sich nach Durchsicht der am zugestellten Niederschrift zeitnahe eines Dolmetschers und/oder eines Rechtsanwaltes zu bedienen[,] um den erforderlichen Antrag auf schriftliche Erkenntnisausfertigung“ rechtzeitig stellen zu können. Stattdessen habe er „wohlwissend, dass ihm ein Rechtsmittel gegen das mündlich verkündete Erkenntnis [...] zugestanden wäre“, bis zur Zustellung der gekürzten Ausfertigung zugewartet, „ohne in dem knapp einmonatigen Zeitraum weitere Handlungsschritte zu setzen“. Das Bundesverwaltungsgericht gehe auch davon aus, dass der Revisionswerber, der nach seinen Ausführungen der deutschen Sprache auf „Niveau B1“ mächtig sei, soweit den Inhalt der Belehrung verstanden habe, dass nach Zustellung der Niederschrift die Ausfertigung „beantragt werden“ müsse „bzw. es ihm soweit verständlich war, dass er weitere Schritte setzen“ hätte müssen.
22 Den Revisionswerber treffe somit an der verspätet erfolgten Antragstellung auf schriftliche Ausfertigung ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden, was der Bewilligung des Antrags auf Wiedersetzung in den vorigen Stand entgegenstehe.
23 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die vom Bundesverwaltungsgericht samt den Verfahrensakten dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren eingeleitet. Es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
25 Zur Zulässigkeit der Revision werden vom Revisionswerber seine bereits gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht vorgetragenen - oben wiedergegebenen - Argumente dargelegt, weshalb der von ihm gestellte Antrag auf Ausfertigung zulässig gewesen sei, und dass selbst im Fall der Verspätung dieses Antrages der Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen gewesen wäre. Ergänzend wird ins Treffen geführt, zum einen fehle dazu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und zum anderen sei das Bundesverwaltungsgericht - soweit es dessen Ausführungen zum Ausmaß des Verschuldens des Revisionswerbers betreffe - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
26 Die Revision ist aus den in ihr angeführten Gründen zulässig. Sie ist zum Teil auch begründet.
27 § 29, § 30 und § 33 VwGVG lauten (auszugsweise und samt Überschrift):
„Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse
§ 29. (1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.
(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.
(2a) Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:
1. über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;
2. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.
(2b) Ist das Erkenntnis bereits einer Partei verkündet worden, kann ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 bereits ab dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem der Antragsteller von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat. Ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 ist den übrigen Antragsberechtigten zuzustellen.
(3) ...
...
(4) Den Parteien ist eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.
(5) Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.
Belehrung über die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und die Revision beim Verwaltungsgerichtshof
§ 30. Jedes Erkenntnis hat eine Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer ordentlichen oder außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu enthalten. Das Verwaltungsgericht hat ferner hinzuweisen:
1. auf die bei der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision einzuhaltenden Fristen;
2. auf die gesetzlichen Erfordernisse der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt;
3. auf die für eine solche Beschwerde bzw. Revision zu entrichtenden Eingabengebühren;
4. auf die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten, und die Folgen des Verzichts.
...
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) ...
(3) In den Fällen des Abs. 1 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht; ein ab Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) ...
(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) ...“
28 § 25a VwGG sieht vor (auszugsweise und samt Überschrift):
„Revision
§ 25a. (1) ...
(4a) Die Revision ist nicht mehr zulässig, wenn nach Verkündung oder Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses ausdrücklich auf die Revision verzichtet wurde. Der Verzicht ist dem Verwaltungsgericht schriftlich bekanntzugeben oder zu Protokoll zu erklären. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden. Ein Verzicht ist nur zulässig, wenn die Partei zuvor über die Folgen des Verzichts belehrt wurde. Wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts mündlich verkündet (§ 29 Abs. 2 VwGVG), ist eine Revision nur nach einem Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch mindestens einen der hiezu Berechtigten zulässig.
(5) ...“
29 § 12 BFA-VG hat folgenden Wortlaut (samt Überschrift):
„Bescheide
§ 12. (1) Die Entscheidungen des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichtes haben den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache oder in einer Sprache zu enthalten, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.
(2) Wird der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 4 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen, so sind dem Bescheid des Bundesamtes eine in dieser Sprache gehaltene Übersetzung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen und eine auch in der Amtssprache des sicheren Drittstaates abgefasste Bestätigung beizufügen, dass der Antrag auf internationalen Schutz wegen des im sicheren Drittstaat bestehenden Schutzes nicht inhaltlich geprüft worden ist und dass der gegen den Bescheid des Bundesamtes eingebrachten Beschwerde eine aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde.“
30 Erwägungsgrund 22 und 25 sowie Art. 11, Art. 12 und Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - Neufassung (im Weiteren: Verfahrensrichtlinie) lauten (auszugsweise und samt Überschrift):
„22 Es liegt ferner im Interesse der Mitgliedstaaten wie der Antragsteller, dass das Bedürfnis nach internationalem Schutz bereits in der ersten Instanz ordnungsgemäß festgestellt wird. Hierzu sollten die Antragsteller in der ersten Instanz unter Berücksichtigung der besonderen Umstände ihres Falls unentgeltlich über die Rechtslage und das Verfahren informiert werden. Diese Informationen sollten den Antragstellern unter anderem dazu verhelfen, das Verfahren besser zu verstehen, und sie somit dabei unterstützen, den ihnen obliegenden Pflichten nachzukommen. Es wäre unverhältnismäßig, von den Mitgliedstaaten zu verlangen, diese Informationen nur durch fachkundige[n] Rechtsanwälte bereitzustellen. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, die geeignetsten Mittel und Wege zu nutzen, um solche Informationen bereitzustellen, zum Beispiel über Nichtregierungsorganisationen oder Fachkräfte von Behörden oder spezialisierte staatliche Stellen.
...
25 Im Interesse einer ordnungsgemäßen Feststellung der Personen, die Schutz als Flüchtlinge im Sinne des Artikels 1 der Genfer Flüchtlingskonvention oder als Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz benötigen, sollte jeder Antragsteller effektiven Zugang zu den Verfahren und die Gelegenheit erhalten, mit den zuständigen Behörden zu kooperieren und effektiv mit ihnen zu kommunizieren, um ihnen den ihn betreffenden Sachverhalt darlegen zu können; ferner sollten ausreichende Verfahrensgarantien bestehen, damit er sein Verfahren über sämtliche Instanzen betreiben kann. Außerdem sollte das Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz dem Antragsteller in der Regel zumindest das Recht auf Verbleib bis zur Entscheidung der Asylbehörde einräumen sowie das Recht auf Beiziehung eines Dolmetschers zur Darlegung des Falls bei Anhörung durch die Behörden, die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit einem Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und mit Organisationen, die Antragstellern Rechtsberatung oder sonstige Beratungsleistungen anbieten, das Recht auf eine in geeigneter Weise mitgeteilte sowie sachlich und rechtlich begründete Entscheidung, die Möglichkeit zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters, das Recht, in entscheidenden Verfahrensabschnitten in einer Sprache, die der Antragsteller versteht oder von der vernünftigerweise angenommen werden kann, dass er sie versteht, über seine Rechtsstellung informiert zu werden, sowie im Fall einer ablehnenden Entscheidung das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht.
...
Artikel 11
Anforderungen an die Entscheidung der Asylbehörde
(1) ...
(2) Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass bei der Ablehnung eines Antrags auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft und/oder des subsidiären Schutzstatus die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung in der Entscheidung dargelegt werden und eine schriftliche Belehrung beigefügt wird, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann.
Die Mitgliedstaaten brauchen der ablehnenden Entscheidung keine schriftliche Belehrung darüber beizufügen, wie eine solche Entscheidung angefochten werden kann, wenn diese Information dem Antragsteller zuvor entweder schriftlich oder auf ihm zugänglichem elektronischem Wege mitgeteilt worden ist.
(3) ...
...
Artikel 12
Garantien für Antragsteller
(1) Bezüglich der Verfahren des Kapitels III stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Antragsteller über folgende Garantien verfügen:
a) Sie werden in einer Sprache, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, über den Verlauf des Verfahrens und über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens sowie darüber informiert, welche Folgen es haben kann, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen und nicht mit den Behörden zusammenarbeiten. Sie werden über die Frist und die Möglichkeiten unterrichtet, die ihnen zur Einhaltung der Verpflichtung, die Angaben nach Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU vorzulegen, zur Verfügung stehen sowie über die Folgen einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rücknahme des Antrags. Diese Informationen werden so rechtzeitig gegeben, dass die Antragsteller die in der vorliegenden Richtlinie garantierten Rechte in Anspruch nehmen und ihren in Artikel 13 genannten Verpflichtungen nachkommen können.
b) ...
...
f) Sie werden von der Asylbehörde über das Ergebnis der Entscheidung in einer Sprache unterrichtet, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, sofern sie nicht von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater unterstützt oder vertreten werden. Die Mitteilung muss auch Informationen darüber enthalten, wie eine ablehnende Entscheidung gemäß Artikel 11 Absatz 2 angefochten werden kann.
(2) Bezüglich der Verfahren nach Kapitel V sichern die Mitgliedstaaten allen Antragstellern Garantien zu, die den in Absatz 1 Buchstaben b bis e aufgeführten gleichwertig sind.
...
Kapitel V
Rechtsbehelfe
Artikel 46
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht haben gegen
a) eine Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz, einschließlich einer Entscheidung,
i) einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft und/oder den subsidiären Schutzstatus zu betrachten;
ii) ...
...
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von der Asylbehörde als Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz anerkannte Personen ihr Recht nach Absatz 1 wahrnehmen können, gegen eine Entscheidung, einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft zu betrachten, einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Unbeschadet des Absatzes 1 Buchstabe c kann - sofern der von einem Mitgliedstaat gewährte subsidiäre Schutzstatus die gleichen Rechte und Vorteile einräumt wie der Flüchtlingsstatus nach dem Unionsrecht und dem nationalen Recht - dieser Mitgliedstaat einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung, einen Antrag als unbegründet in Bezug auf die Flüchtlingseigenschaft zu betrachten, aufgrund mangelnden Interesses des Antragstellers an der Fortsetzung des Verfahrens als unzulässig betrachten.
(3) ...
...“
31 1. Zur Revision gegen Spruchpunkt A2)
32 Der Revisionswerber beruft sich darauf, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der nach § 29 Abs. 2a VwGVG vorgesehenen Belehrung nicht gesetzeskonform vorgegangen sei. Daher habe die Frist für den Antrag auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses nicht zu laufen begonnen. Infolgedessen sei sein (noch vor Zustellung einer Abschrift der mit einer ordnungsgemäß angeschlossenen Belehrung versehenen Niederschrift gestellter) Antrag gemäß § 29 Abs. 2b VwGVG zulässig und nicht verspätet gewesen.
33 Dem ist nicht beizupflichten.
34 In § 29 Abs. 5 VwGVG - worauf sich auch § 25a Abs. 4a VwGG bezieht - wird der Eintritt der dort genannten Rechtsfolgen (neben dem Vorliegen eines Verzichts) an den Ablauf der Frist von zwei Wochen für den (von mindestens einem der Berechtigten zu stellenden) Antrag auf Herstellung einer (vollen) Ausfertigung nach § 29 Abs. 4 VwGVG geknüpft. Ein solcher Antrag ist binnen zwei Wochen nach Ausfolgung oder Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG zu stellen.
35 Gemäß § 29 Abs. 2a erster Satz VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Fall der mündlichen Verkündung seiner Entscheidung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen.
36 Somit ist es nach dem Wortlaut dieser Bestimmungen für den Beginn der für den Antrag auf Ausfertigung einzuhaltenden Frist bereits hinreichend, dass die Niederschrift, mit der die mündliche Verkündung der Entscheidung beurkundet wurde, dem zur Antragstellung Berechtigten übersendet oder ausgefolgt wurde (vgl. ). Darauf bezieht sich § 29 Abs. 5 VwGVG, wenn dort auf die „Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a“ abgestellt wird, nicht aber auf die danach zu erteilende Belehrung. Unterbleibt die Zustellung dieser Niederschrift beginnt die in § 29 Abs. 5 VwGVG vorgesehene Frist von zwei Wochen, innerhalb der die Ausfertigung zu beantragen ist, nicht zu laufen. Ein diesfalls dennoch gestellter Antrag auf Ausfertigung findet in § 29 Abs. 2b VwGVG Deckung und führt dazu, dass die darauffolgende Erhebung einer Revision nach § 25a Abs. 4a letzter Satz VwGG zulässig ist (vgl. auch dazu VwGH Ra 2019/21/0293).
37 Dass die Frist für den Antrag auf Ausfertigung selbst dann zu laufen beginnt, wenn der übersendeten Niederschrift die nach § 29 Abs. 2a VwGVG vorgesehene Belehrung nicht angeschlossen ist, ergibt sich auch aus § 33 Abs. 4a VwGVG. Nach der letztgenannten Bestimmung ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war.
38 Die Schaffung eines auf das Fehlen der Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG abstellenden Wiedereinsetzungsgrundes wäre von vornherein sinnentleert, wenn der Gesetzgeber mit der in § 29 Abs. 5 VwGVG getroffenen Anordnung vor Augen gehabt hätte, dass die Frist für den Antrag auf (volle) Ausfertigung im Fall des Fehlens dieser Belehrung gar nicht zu laufen begonnen hätte.
39 Kommt es für den Beginn des Laufes der Frist für den Antrag auf Herstellung einer (vollen) Ausfertigung nicht darauf an, ob der die mündliche Verkündung beurkundenden Niederschrift überhaupt eine Belehrung im Sinn des § 29 Abs. 2a VwGVG angeschlossen war, kommt dann aber auch der Frage, ob eine solche Belehrung zwingend in einer von dieser Niederschrift separierten Urkunde, die dann der Niederschrift beizuschließen wäre, zu erfolgen hätte und ob die Belehrung immer dann, wenn eine Person nicht der deutschen Sprache mächtig ist, zusätzlich in eine für sie verständliche Sprache zu übersetzen wäre, für den Beginn des Laufes dieser Frist keine Bedeutung zu.
40 Im Übrigen ist auch nicht zu sehen, dass die Funktion der nach § 29 Abs. 2a VwGVG vorzunehmenden Belehrung nur dann ihren Zweck, einen an sich zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Berechtigten darüber zu informieren, dass zur Wahrung des Rechts, diese Befugnis ausüben zu können, ein Antrag auf Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung gestellt werden muss, erfüllen könnte, wenn die Belehrung auf einem separaten Beiblatt erteilt würde. Für die gegenteilige Behauptung bleibt der Revisionswerber eine nähere Begründung ebenso schuldig, wie für seine Ansicht, das in § 29 Abs. 2a VwGVG verwendete Wort „anzuschließen“ könne nur bedeuten, dass für die dort genannte Belehrung zwingend eine separate Urkunde angefertigt werden müsste. Vielmehr deutet der Umstand, dass der Lauf der Frist nicht nur durch die Zustellung, sondern auch durch die Ausfolgung der Niederschrift - evident gemeint: an die bei der mündlichen Verkündung anwesenden, zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organe - in Gang gesetzt wird, darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Anordnung, dass der Niederschrift die Belehrung „anzuschließen“ sei, sicherstellen wollte, dass diese Belehrung den zur weiteren Rechtsverfolgung Berechtigten jedenfalls (auch) in verschriftlichter Form zur Verfügung gestellt wird; und zwar selbst dann, wenn sie ihnen zuvor anlässlich der Verkündung der Entscheidung mündlich zur Kenntnis gebracht worden sein sollte.
41 Es ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass dem Revisionswerber eine Abschrift der Niederschrift, worin (neben dem Verlauf der vorangegangenen Verhandlung auch) die mündliche Verkündung der Entscheidung über seine Beschwerde beurkundet war, zugestellt wurde und er nicht innerhalb der Frist des § 29 Abs. 5 VwGVG von zwei Wochen nach Zustellung derselben einen Antrag auf (volle) Ausfertigung gestellt hat. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass sich der erst nach Ablauf der zweiwöchigen Frist gestellte (Haupt-)Antrag auf Ausfertigung wegen Verspätung als unzulässig dargestellt hat.
42 Da sohin in Bezug auf die Zurückweisung des vom Revisionswerber gestellten (Haupt-)Antrages die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war insoweit die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
43 2. Zur Revision gegen Spruchpunkt A)
44 Gemäß § 12 Abs. 1 BFA-VG haben die Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des Bundesverwaltungsgerichts den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache oder in einer Sprache zu enthalten, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.
45 Der Revisionswerber vertritt die Auffassung, unter „Rechtsmittelbelehrung“ im Sinn des § 12 Abs. 1 BFA-VG sei auch eine Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG zu verstehen und demnach in eine ihm verständliche Sprache zu übersetzen. Wenn bereits eine unrichtige Übersetzung das Recht begründe, wiedereingesetzt zu werden, müsse das umso mehr für das Fehlen einer Übersetzung gelten. Zudem sei das Fehlen einer Übersetzung der Belehrung dem Fehlen der Belehrung gleichzuhalten, sodass sich der Revisionswerber auf den Wiedereinsetzungsgrund des § 33 Abs. 4a VwGVG berufen könne. Er habe infolge nicht ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache und der fehlenden Übersetzung keine Kenntnis vom Inhalt der bloß in deutscher Sprache gehaltenen Belehrung erlangt.
46 § 12 BFA-VG steht in der mit BGBl. I Nr. 87/2012 (Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG) erlassenen Stammfassung des BFA-VG in Geltung. In den diesbezüglichen Erläuterungen wird ausdrücklich festgehalten, dass § 12 BFA-VG dem vorherigen § 22 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 AsylG 2005 sowie § 59 Abs. 1 FPG entspreche (RV 1803 BlgNR 24. GP, 14). Weiters wird in den Materialien (u.a.) wörtlich ausgeführt (RV 1803 BlgNR 24. GP, 15):
„Die Regelung der Übersetzungspflicht ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Betroffene die ihm zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zweckentsprechend wahrnehmen kann. Allerdings soll eine falsche Übersetzung nicht zu einer Nichtigkeit des Bescheides und des Verfahrens führen. Vielmehr wird der Fremde in den vorigen Stand auf Antrag wiedereingesetzt.“
47 Im Zeitpunkt der Schaffung des BFA-VG war jenes Bundesgesetz, mit dem das Verfahren der Verwaltungsgerichte geregelt werden sollte, noch nicht erlassen worden (das BGBl. I Nr. 87/2012 wurde am ausgegeben). Das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) wurde erst später mit BGBl. I Nr. 33/2013 (am ) kundgemacht. Obgleich nach Kundmachung des VwGVG Bestimmungen des BFA-VG an jene des VwGVG angepasst und etliche Sonderbestimmungen für jene Verfahren erlassen wurden, für die das BFA-VG gilt, wurde § 12 BFA-VG keiner weiteren Novellierung unterzogen. Auch anlässlich der mit BGBl. I Nr. 24/2017 erfolgten Änderung des VwGVG, womit die Möglichkeit geschaffen wurde, eine von einem Verwaltungsgericht mündlich verkündete Entscheidung in bloß gekürzter Form auszufertigen, wurde § 12 BFA-VG nicht geändert.
48 Der in den Materialien zur Erlassung des § 12 BFA-VG erwähnte § 22 AsylG 2005 sah - in der Fassung vor dem mit erfolgten In-Kraft-Treten des BFA-VG und hier bloß auszugweise wiedergegeben - vor, dass die Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten hatten (Abs. 1 dritter Satz). Die §§ 61a und 63 Abs. 5 letzter Satz AVG galten nicht (Abs. 3 erster Satz letzter Satzteil). In der Entscheidung war unter sinngemäßer Anwendung des § 61a AVG auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof auch in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache hinzuweisen (Abs. 4 letzter Satz). Eine unrichtige Übersetzung begründete lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden (Abs. 5).
49 Diese Regelung geht im Wesentlichen auf die Änderung des AsylG 2005 mit dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, zurück. Die danach erfolgten Novellierungen des § 22 AsylG 2005 (mit BGBl. I Nr. 29/2009, BGBl. I Nr. 122/2009 und BGBl. I Nr. 38/2011) brachten keine (inhaltlichen) Änderungen der hier in Rede stehenden, sich auf die Pflicht zur Übersetzung beziehenden Normen.
50 Jene Bestimmung, nach der die (direkte) Anwendung des (damals geltenden und mit BGBl. I Nr. 33/2013 aufgehobenen) § 61a AVG ausgeschlossen war, gründete sich darauf, dass aufgrund der mit BGBl. I Nr. 2/2018 erfolgten Änderung des B-VG sowie des Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetzes (mit ) ein Asylgerichtshof eingerichtet worden war, wobei nach dem damaligen (mittlerweile wieder aufgehobenen) Art. 132a B-VG dem Verwaltungsgerichtshof lediglich die Zuständigkeit zukam, über (von Amts wegen dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegende) Grundsatzentscheidungen des Asylgerichtshofes (im Sinn des damaligen Art. 129e Abs. 1 zweiter Satz B-VG) zu erkennen.
51 In diesem Sinn wurde in den Materialien zum Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz in Bezug auf die Änderung des § 22 AsylG 2005 lediglich darauf hingewiesen, dass damit die erforderlichen Anpassungen für die Erlassung von Entscheidungen des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes erfolgt seien (AB 371 BlgNR 23. GP, 8).
52 Davor sah § 22 AsylG 2005 (soweit hier von Interesse) in der bis geltenden Stammfassung des Fremdenrechtspaketes 2005 (BGBl I Nr. 100) vor, dass Bescheide den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und - in letzter Instanz - den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten hatten (Abs. 1 zweiter Satz). Eine unrichtige Übersetzung begründete lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden (Abs. 1 vierter Satz).
53 In den Erläuterungen zum Fremdenrechtspaket 2005 wurde zu § 22 AsylG 2005 festgehalten, dass, wie bereits nach der vorherigen Rechtslage des § 29 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1997, Bescheide nach dem AsylG 2005 den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten hätten. Die Regelung der Übersetzungspflicht sei unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Betroffene die ihm zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zweckentsprechend wahrnehmen könne. Allerdings sollte eine falsche Übersetzung nicht zu einer Nichtigkeit des Bescheides und des Verfahrens führen. Vielmehr werde der Asylwerber in den Stand vor Erlassung dieses Bescheids auf Antrag wiedereingesetzt, ihm sei dann ein neuer - seine rechtsschutzstaatlichen Garantien sicherstellender - Bescheid auszufolgen (RV 952 BlgNR 22. GP, 46).
54 Schon § 29 Asylgesetz 1997 (AsylG) enthielt (seit der Stammfassung, zunächst im ersten Satz, später in seinem Abs. 1) die Anordnung, dass Bescheide den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten hatten. Auch zur Schaffung dieser Bestimmung wurde in den Erläuterungen (lediglich) darauf hingewiesen, dass „[ä]hnlich der bisherigen Rechtslage (vgl. § 18 Abs. 1 letzter Satz des Asylgesetzes 1991)“ Bescheide nach dem AsylG den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten hätten. Die Ausdehnung der Übersetzungspflicht (dies bezog sich auf die Pflicht zur Übersetzung des Hinweises nach § 61a AVG sowie näher genannter Normen des AsylG) habe „in rechtsstaatlichen - im näheren in rechtsschutzstaatlichen - Überlegungen ihren Ursprung“ und sei „unabdingbare Voraussetzung dafür, daß der Betroffene die im zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zweckentsprechend wahrnehmen“ könne (RV 686 BlgNR 20. GP, 28).
55 Der damit angesprochene § 18 Abs. 1 Asylgesetz 1991 legte fest, dass, wenn ein Asylwerber der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig war, von Amts wegen seiner Vernehmung sowie einer mündlichen Verhandlung ein geeigneter Dolmetscher beizuziehen war, der den gesamten Verlauf der Vernehmung oder Verhandlung in die Muttersprache des Asylwerbers oder eine andere ihm ausreichend verständliche Sprache zu übersetzen hatte. Bescheiden, die einem solchen Asylwerber zuzustellen waren, war eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in diese Sprache anzuschließen.
56 In den Erläuterungen wurde zur letztgenannten Anordnung festgehalten, (§ 18) Abs. 1 letzter Satz (Asylgesetz 1991) sehe die amtswegige Übersetzung der wesentlichen Bescheidelemente in eine Sprache vor, die dem Asylwerber in gleicher Weise verständlich sei wie seine Muttersprache. Dadurch solle verhindert werden, dass ein Asylwerber eine Rechtsmittelfrist aus Unkenntnis des Inhaltes seines ihm zugestellten Bescheides nicht wahren könne (RV 270 BlgNR 18. GP, 21).
57 Aus dieser historischen Entwicklung und im Besonderen der diesbezüglichen Materialien wird deutlich, dass der Gesetzgeber mit der hier in Rede stehenden Anordnung zur Pflicht der Übersetzung bestimmter Bestandteile einer behördlichen Entscheidung stets das Ziel verfolgt hat, die Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme des Rechts eines Asylwerbers, ein Rechtsmittel gegen eine behördliche Entscheidung einlegen zu können, zu wahren.
58 Die nach § 18 Abs. 1 Asylgesetz 1991 vorgesehene Verpflichtung, den dem Asylwerber zuzustellenden (also nur schriftlich ergehenden) Bescheiden eine Übersetzung (auch) der Rechtsmittelbelehrung in seine Muttersprache oder in eine andere ihm ausreichend verständliche Sprache anzuschließen, erfasste allerdings nicht auch die Pflicht, den damals nach § 61a AVG aufzunehmenden Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof in Übersetzung beifügen zu müssen (vgl. , 0774). Der Hinweis nach § 61a AVG stellte nämlich keinen Bestandteil der Rechtsmittelbelehrung dar (vgl. , 0583; , 97/01/0945, 0946).
59 Erst das Asylgesetz 1997 legte in seinem § 29 fest, dass Bescheide (auch) den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten hatten, was nach den oben wiedergegebenen Erläuterungen mit Überlegungen zum Rechtsschutz der betroffenen Fremden begründet wurde.
60 Stets wurde in der zeitlich folgenden Rechtslage bis zur Schaffung des BFA-VG von der Pflicht zur Übersetzung auch der Hinweis nach § 61a AVG zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts oder - zur Zeit des Bestehens des Asylgerichtshofes - der in sinngemäßer Anwendung des § 61a AVG aufzunehmende Hinweis auf die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erfasst.
61 § 12 Abs. 1 BFA-VG sieht nach seinem Wortlaut nur die Übersetzung - des Spruchs und - der „Rechtsmittelbelehrung“ vor. Es besteht für den Verwaltungsgerichtshof aber kein Zweifel, dass der Gesetzgeber mit dieser ausdrücklich auch an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Anordnung auch die nunmehr nach § 30 VwGVG vorgesehene Belehrung über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof verstanden wissen wollte. In diesem Sinn hat der Gesetzgeber auch in den Erläuterungen zur Schaffung des § 12 BFA-VG ausdrücklich festgehalten, die damit geschaffene Rechtslage entspreche der vorherigen. Es kommt somit für das Verständnis des in § 12 Abs. 1 BFA-VG enthaltenen Wortes „Rechtsmittelbelehrung“ nicht entscheidend darauf an, dass in § 30 VwGVG - anders als in § 58 Abs. 1 und § 61 AVG, wo in Bezug auf Bescheide ausdrücklich von der „Rechtsmittelbelehrung“ gesprochen wird - lediglich von einer „Belehrung“ die Rede ist.
62 Anders als es das Bundesverwaltungsgericht vor Augen hat, schließt somit der Wortlaut des § 12 Abs. 1 BFA-VG nicht aus, dass vom darin verwendeten Begriff der „Rechtsmittelbelehrung“ auch eine Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG umfasst sein könnte.
63 Erst die Novellierung des VwGVG mit BGBl. I Nr. 24/2017 schuf für die Verwaltungsgerichte die Möglichkeit, eine mündlich verkündete Entscheidung in gekürzter Form ausfertigen zu können (vgl. zu mündlich verkündeten Entscheidungen eines Verwaltungsgerichts sowie deren Bekämpfbarkeit in unterschiedlichen Konstellationen ausführlich bis 0560). Mit der damit in Zusammenhang stehenden Regelung der Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, darüber belehren zu müssen, dass es zur Wahrung des Rechts, eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben zu dürfen, erforderlich ist, einen Antrag auf (volle) Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung zu stellen und welche Frist dabei einzuhalten ist, dient dem Rechtsschutz. Es soll damit verhindert werden, dass jene Personen und Organe, die zur Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts berechtigt wären, allein deshalb dieses Rechts verlustig gehen (sh. § 25a Abs. 4a VwGG, wonach eine Revision, wenn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts mündlich verkündet wurde, nur nach einem Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG durch mindestens einen der hiezu Berechtigten zulässig ist; sowie die inhaltlich gleichgelagerte Regelung in Bezug auf die Zulässigkeit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof in § 82 Abs. 3b VfGG), weil in Unkenntnis der Notwendigkeit der Antragstellung auf Ausfertigung eine solche unterbleibt.
64 Eine Änderung des § 12 Abs. 1 BFA-VG erfolgte allerdings weder anlässlich der mit BGBl. I Nr. 24/2017 vorgenommenen Novellierung des VwGVG noch zu einem späteren Zeitpunkt. Zur Frage, ob auch eine Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG vom in § 12 BFA-VG enthaltenen Begriff der „Rechtsmittelbelehrung“ umfasst (und daher ebenso wie die Belehrung nach § 30 VwGVG zu übersetzen) ist, hat sich der Gesetzgeber auch in den Materialien betreffend die Erlassung der hier in Rede stehenden Bestimmungen des VwGVG nicht geäußert.
65 Für das Verständnis des § 12 Abs. 1 BFA-VG kann nicht ausgeklammert bleiben, dass unionsrechtlichen Vorgaben - auch wenn solche zur Zeit der ersten Schaffung von Regelungen über die Übersetzung in asylrechtlichen Verfahren noch nicht maßgeblich waren - in Bezug auf die Ausgestaltung von Asylverfahren Beachtlichkeit zukommt.
66 Nach Art. 11 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass bei der Ablehnung eines Antrags auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ebenso wie des subsidiären Schutzstatus die sachlichen und rechtlichen Gründe für die Ablehnung in der Entscheidung dargelegt werden und eine schriftliche Belehrung beigefügt wird, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann.
67 Im vorliegenden Zusammenhang ist von Bedeutung, dass Art. 12 Abs. 1 lit. f der Verfahrensrichtlinie vorsieht, dass bezüglich der Verfahren des Kapitels III dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Antragsteller von der Asylbehörde über das Ergebnis der Entscheidung in einer Sprache unterrichtet werden, die sie verstehen oder von der vernünftigerweise angenommen werden darf, dass sie sie verstehen, sofern sie nicht von einem Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsberater unterstützt oder vertreten werden. Die Mitteilung muss auch Informationen darüber enthalten, wie eine ablehnende Entscheidung gemäß Art. 11 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie angefochten werden kann.
68 Weiters haben die Mitgliedstaaten nach Art. 46 Abs. 4 erster und zweiter Satz dieser Richtlinie angemessene Fristen und sonstige Vorschriften festzulegen, die erforderlich sind, damit der Antragsteller sein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 46 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie wahrnehmen kann. Die Fristen dürfen die Wahrnehmung dieses Rechts weder unmöglich machen noch übermäßig erschweren.
69 Im Lichte dieser Vorgaben, wonach es geboten ist, dem Fremden in einer ihm verständlichen Sprache auch eine Mitteilung darüber zukommen zu lassen, wie eine ablehnende Entscheidung gemäß Art. 11 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie angefochten werden kann, erscheint es jedenfalls auch angezeigt, ihm eine Information darüber zukommen zu lassen, dass es zur Wahrung des Rechts, ein Rechtsmittel überhaupt in Anspruch nehmen zu können, der Vornahme einer weiteren (der Erhebung des eigentlichen Rechtsmittels vorgelagerten) Verfahrenshandlung bedarf und innerhalb welcher Frist diese zu setzen ist.
70 Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass sich Art. 12 Verfahrensrichtlinie ausdrücklich auf das Verfahren des Kapitels III dieser Richtlinie, demnach auf das erstinstanzliche Verfahren, bezieht und zudem nach Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie bezüglich der Verfahren nach Kapitel V, also der Verfahren über Rechtsbehelfe vor einem Gericht, die Mitgliedstaaten allen Antragstellern Garantien zuzusichern haben, die den in Art. 12 Abs. 1 lit. b bis e aufgeführten - demnach nicht auch jenen der lit. f - gleichwertig sind.
71 Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass die Bestimmungen der Richtlinien 2013/32 (Verfahrensrichtlinie) und 2008/115 (Rückführungsrichtlinie) die Mitgliedstaaten zwar verpflichten, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen abschlägige Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und gegen Rückkehrentscheidungen vorzusehen. Keine dieser Bestimmungen sieht jedoch vor, dass die Mitgliedstaaten internationalen Schutz beantragenden Personen, deren Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags und die Rückkehrentscheidung abgewiesen wurde, ein (weiteres) Rechtsmittel (gegen die gerichtliche Entscheidung) gewähren müssen (vgl. , Rn. 23).
72 Das Unionsrecht hindert die Mitgliedstaaten zwar nicht daran, für Rechtsbehelfe gegen abschlägige Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und gegen Rückkehrentscheidungen einen zweiten Rechtszug vorzusehen. Die Richtlinien 2013/32 und 2008/115 enthalten jedoch keine Vorschriften über die Schaffung und Ausgestaltung eines solchen Rechtszugs (EuGH C-180/17, Rn. 26).
73 Die Schaffung eines zweiten Rechtszugs gegen abschlägige Entscheidungen über einen Antrag auf internationalen Schutz und gegen Rückkehrentscheidungen sind allerdings Verfahrensmodalitäten zur Umsetzung des in Art. 46 der Richtlinie 2013/32 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 vorgesehenen Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen solche Entscheidungen. Solche Verfahrensmodalitäten unterliegen nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zwar ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung, müssen aber die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität wahren (EuGH C-180/17, Rn. 34).
74 Nach Art. 5 Verfahrensrichtlinie können die Mitgliedstaaten bei den Verfahren zur Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes günstigere Bestimmungen einführen oder beibehalten, soweit diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind.
75 § 12 Abs. 1 BFA-VG ist sowohl auf Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl als auch des Bundesverwaltungsgerichts anzuwenden, ohne dass dafür unterschiedliche Voraussetzungen festgelegt wären. Ist aber nun wie oben ausgeführt - im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben nach Art. 12 Abs. 1 lit. f Verfahrensrichtlinie - davon auszugehen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in jene Mitteilung, wie eine ablehnende Entscheidung gemäß Art. 11 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie angefochten werden kann und die auch in einer für den Antragsteller verständlichen Sprache zu erfolgen hat, auch eine solche Information aufzunehmen hat, die dem Antragsteller Kenntnis davon verschafft, dass er bei Unterlassung einer bestimmten Verfahrenshandlung eines Rechtsmittels verlustig geht, so hat dies auch für das Bundesverwaltungsgericht zu gelten.
76 Wenngleich das Unionsrecht eine solche Verpflichtung in Bezug auf gerichtliche Entscheidungen, die der Anfechtung in einem weiteren Rechtszug unterliegen, nicht ausdrücklich vorgibt, ist in der auch Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts umfassenden Bestimmung des § 12 Abs. 1 BFA-VG eine im Sinn des Art. 5 Verfahrensrichtlinie günstigere Bestimmung zu erblicken. Dass diese - der Wahrung der Inanspruchnahme von gesetzlich eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten dienende - Anordnung mit den Bestimmungen dieser Richtlinie nicht vereinbar wäre, ist nicht zu sehen.
77 Eine solche Sichtweise entspricht zudem dem vom Gesetzgeber ausweislich der Materialien mit der Anordnung des § 12 BFA-VG verfolgten Ziel, wonach damit die Möglichkeit der tatsächlichen Inanspruchnahme von gesetzlich zustehendem Rechtschutz gewahrt werden soll.
78 Somit ist davon auszugehen, dass der in § 12 Abs. 1 BFA-VG enthaltene Begriff „Rechtsmittelbelehrung“ auch die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG umfasst. Nur dann ist auch gewährleistet, dass die Regelung über die Übersetzungspflicht ihre Aufgabe als - wie es der Gesetzgeber in den Erläuterungen zu § 12 BFA-VG (wie auch schon in den Materialien zu Vorläuferbestimmungen) zum Ausdruck gebracht hat - „unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Betroffene die ihm zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zweckentsprechend wahrnehmen“ kann, weiterhin im Fall einer mündlich verkündeten Entscheidung hinreichend zu erfüllen vermag.
79 Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, § 12 Abs. 1 BFA-VG sehe keine Verpflichtung vor, die nach § 29 Abs. 2a VwGVG vorzunehmende Belehrung in eine dem Fremden verständliche Sprache oder in eine Sprache zu übersetzen, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht, entspricht somit nicht dem Gesetz.
80 Damit stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen das Fehlen einer solchen Übersetzung zeitigen kann.
81 Wie bereits oben dargelegt, hindert das Fehlen einer Übersetzung der Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG den Beginn der zweiwöchigen Frist des § 29 Abs. 5 VwGVG nicht.
82 § 12 Abs. 1 BFA-VG sieht vor, dass eine unrichtige Übersetzung lediglich das Recht begründet, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.
83 Es wurde bereits dargelegt, dass § 12 BFA-VG noch vor Erlassung des VwGVG geschaffen, allerdings danach nicht an das Verfahrensregime des VwGVG angepasst wurde. Offenkundig ging der Gesetzgeber zur Zeit der Erlassung des BFA-VG noch davon aus, auch auf das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts werde künftig - wie zuvor auf das Verfahren des Asylgerichtshofes - § 71 AVG Anwendung finden. Das erst nach Erlassung des BFA-VG für die Verwaltungsgerichte geschaffene Verfahrensrecht knüpft zwar grundsätzlich an das AVG an (sh. § 17 VwGVG), enthält aber in wesentlicher Weise - wie etwa in § 33 VwGVG für die Wiedereinsetzung - auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren abgestimmte eigene Vorschriften. Dafür, dass ungeachtet dessen dennoch der Gesetzgeber mit dem (nach Erlassung des VwGVG unverändert gebliebenen) § 12 Abs. 1 BFA-VG weiterhin allein auf den für die Behörde maßgeblichen § 71 AVG, der gemäß § 17 VwGVG im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten an sich gerade nicht heranzuziehen ist (nach § 17 VwGVG ist, sofern im VwGVG nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des IV. Teiles des AVG, in dem sich auch § 71 AVG befindet, nicht anzuwenden), hätte abstellen wollen, gibt es keine Hinweise.
84 In diesem Zusammenhang ist auch auf Art. 136 Abs. 2 B-VG hinzuweisen, wonach das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen durch ein besonderes Bundesgesetz einheitlich geregelt wird. Durch Bundes- oder Landesgesetz können Regelungen über das Verfahren der Verwaltungsgerichte getroffen werden, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind oder soweit das im ersten Satz genannte besondere Bundesgesetz dazu ermächtigt. Weder das eine noch das andere ist in Bezug auf eine allfällige Heranziehung des § 71 AVG in Verfahren, die dem Anwendungsbereich des BFA-VG unterliegen, ersichtlich.
85 Es ist daher davon auszugehen, dass § 12 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG so zu verstehen ist, dass auch in den dort angesprochenen Fällen nicht allein stets auf § 71 AVG abzustellen ist, sondern § 33 VwGVG in den davon erfassten Fällen zur Anwendung gelangt. Daran ändert auch nichts, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten hat, dass die zu § 71 AVG ergangene Judikatur im Hinblick darauf, dass diese Gesetzesbestimmung im Wesentlichen inhaltlich dem § 33 VwGVG entspricht, auf diesen übertragen werden kann (vgl. ; , Ra 2020/14/0023, jeweils mwN; dort aber jeweils auch mit dem Hinweis, dass bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung ist und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt). § 33 VwGVG und § 71 AVG stellen sich nämlich nicht als völlig deckungsgleich dar, wie allein schon der Blick auf den in § 33 Abs. 4a VwGVG enthaltenen Wiedereinsetzungsgrund, dessen Eigenart im Zusammenhang mit der Anfechtbarkeit von im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mündlich verkündeten Entscheidungen zu sehen ist, ergibt (mag auch dessen Ausgestaltung an andere bereits bestehende Wiedereinsetzungsgründe angelehnt sein).
86 In § 12 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG wird nach seinem Wortlaut (nur) auf eine „unrichtige Übersetzung“ abgestellt. Das - gänzliche oder teilweise - Fehlen einer Übersetzung findet dort nicht ausdrücklich Erwähnung.
87 Die Anordnung, dass die unrichtige Übersetzung lediglich einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen kann, findet sich erstmals in der Stammfassung des § 22 AsylG 2005 (BGBl. I Nr. 100/2005). Der Gesetzgeber merkte dazu in den Erläuterungen an, eine falsche Übersetzung solle „allerdings“ nicht zu einer Nichtigkeit des Bescheides und des Verfahrens führen. Vielmehr werde der Asylwerber in den Stand vor Erlassung dieses Bescheids auf Antrag wiedereingesetzt, ihm sei ein neuer - seine rechtsschutzstaatlichen Garantien sicherstellender - Bescheid auszufolgen (RV 952 BlgNR 22. GP, 46). Mit dem Wort „allerdings“ knüpfte der Gesetzgeber an seine in den Materialien an dieser Stelle davor getätigte Aussage an, die „Regelung der Übersetzungspflicht“ sei „unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Betroffene die ihm zustehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zweckentsprechend wahrnehmen“ könne.
88 Damit wird aber klar, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung (wie auch mit den gleichgelagerten früheren und späteren) das Ziel verfolgte, dass der Fremde trotz fehlender oder nicht ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache die Kenntnis über jene Voraussetzungen erlangt, die es ihm ermöglichen, ein Rechtsmittel zu ergreifen. Vor diesem Hintergrund macht es dann allerdings für den Betroffenen keinen Unterschied, ob sich die Übersetzung einer „Rechtsmittelbelehrung“ als (gänzlich oder teilweise) unrichtig darstellt oder eine solche (gänzlich oder teilweise) fehlt.
89 An dieser Stelle ist auch festzuhalten, dass der Gesetzgeber mit dem Verweis auf die „bloße“ Möglichkeit der Wiedereinsetzung - ausweislich der Materialien, wonach eine falsche Übersetzung nicht zu einer Nichtigkeit des Bescheides und des Verfahrens führen sollte - auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 29 Abs. 1 AsylG reagiert hat. Nach dieser Rechtsprechung war - aufgrund des gegenüber § 18 Abs. 1 Asylgesetz 1991 geänderten Wortlautes des § 29 Abs. 1 AsylG (wonach Bescheide den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache „zu enthalten“ hatten) - auch der in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache gehaltene Spruch ein „Bestandteil des Bescheides“, wobei im Hinblick auf den Wortlaut des § 29 Abs. 1 AsylG nichts anderes für die Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung zu gelten hatte (vgl. ; dem folgend und 2002/01/0015). In den zitierten Fällen, in denen in der Übersetzung eine längere Frist für die Erhebung des Rechtsmittels angeführt war, wurde aufgrund des § 29 Abs. 1 AsylG die Anwendbarkeit des § 61 Abs. 3 AVG auf die falsch übersetzte Fassung der Rechtsmittelbelehrung bejaht und die darin angeführte längere Frist als maßgeblich angesehen. Hingegen wurde das Fehlen der Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung vor Erlassung des AsylG 2005 stets nur als Verstoß gegen eine bloße Ordnungsvorschrift gewertet, der die Rechtmäßigkeit des Bescheides nicht berührte (vgl. auch dazu VwGH 2001/20/0435, mit weiteren Nachweisen, insbesondere zur insoweit gleichgelagerten Rechtsprechung zu § 18 Abs. 1 Asylgesetz 1991; vgl. weiters dazu, dass der Verwaltungsgerichtshof an jener Rechtsprechung, wonach das Fehlen der Übersetzung die rechtliche Existenz eines Bescheides an sich nicht hindere, auch zum Asylgesetz 1997 festgehalten hat, ; , 99/01/0191).
90 Sohin zeigt sich, dass der Gesetzgeber mit der erstmals in § 22 AsylG 2005 (in der Stammfassung) enthaltenen ausdrücklichen Festlegung der Möglichkeit der Wiedereinsetzung eine Gleichschaltung der bereits bestehenden Rechtsprechung zum Fehlen der Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung (vgl. zu so einem Fall etwa , 1112) und der unrichtigen Übersetzung einer solchen herbeiführen wollte. Auch eine unrichtige Übersetzung kann daher - wie im Fall der fehlenden Übersetzung - seit der erstmals mit § 22 AsylG 2005 geschaffenen und sich nach wie vor in § 12 Abs. 1 BFA-VG findenden Rechtslage (anders als nach jener des Asylgesetzes 1997) nur noch zu einer Wiedereinsetzung führen. Hingegen ist durch eine unrichtige Übersetzung, die nun ebenfalls lediglich als Missachtung einer bloßen Ordnungsvorschrift zu werten ist, die Gültigkeit der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Entscheidung nicht (länger) in Frage gestellt. Dass es dann aber seitens des Gesetzgebers für nicht erforderlich erachtet wurde, in § 22 AsylG 2005 und - dieser Bestimmung zeitlich und inhaltlich folgend - in § 12 BFA-VG auch ausdrücklich auf das Fehlen der Übersetzung abzustellen, liegt somit auf der Hand.
91 Somit kann nicht nur eine unrichtige Übersetzung, sondern auch das Fehlen der Übersetzung der „Rechtsmittelbelehrung“ im Sinn des § 12 Abs. 1 BFA-VG nach Versäumung einer Frist zur Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen, wenn die sonst dafür gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung erfüllt sind.
92 Nach dem oben Gesagten stellt sich mithin im vorliegenden Fall als maßgeblich dar, ob sich der Revisionswerber zu Recht auf einen in § 33 VwGVG enthaltenen Wiedereinsetzungsgrund berufen kann.
93 Fallbezogen sind die in Abs. 1 und Abs. 4a des § 33 VwGVG genannten Gründe in den Blick zu nehmen.
94 Zunächst ist zum Verhältnis dieser Bestimmungen festzuhalten, dass sich die darin genannten Gründe nicht gegenseitig ausschließen. In § 33 Abs. 4a VwGVG ist nämlich ausdrücklich angeordnet, dass die Wiedereinsetzung auch dann zu bewilligen ist, wenn die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Somit ist die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung nicht auf die in § 33 Abs. 4a VwGVG genannten Fälle beschränkt (vgl. zum gleichgelagerten Verhältnis der ähnlichen Wiedereinsetzungsgründe der Z 1 und Z 2 des § 71 Abs. 1 AVG, wobei dort diese Ziffern mit dem Wort „oder“ verbunden sind, und mit dem Hinweis, dass sich die Z 2 im Verhältnis zur Z 1 des § 71 Abs. 1 AVG als lex specialis darstellt, ).
95 Gemäß § 33 Abs. 4a erster Satz VwGVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war.
96 Anders als gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist nach dem Abs. 4a nicht zu prüfen, ob dem Wiedereinsetzungswerber ein Verschulden an der Versäumung der Frist zur Last liegt. Es ist aber erforderlich, dass zwischen dem Fehlen des Hinweises auf die Erforderlichkeit eines Antrages auf Ausfertigung oder auf die Frist ein kausaler Zusammenhang mit der nicht rechtzeitigen Antragstellung besteht (arg.: „wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrages ... oder dabei die ... Frist nicht angeführt war“). Insoweit sind diese Wiedereinsetzungsgründe jenen des § 33 Abs. 2 zweiter und dritter Fall VwGVG („wenn die Frist versäumt wurde, weil ... die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder ... enthält“) nachgebildet, deren Vorbild wiederum in § 71 Abs. 1 Z 2 erster und zweiter Fall AVG („wenn: 2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist ... enthält“) erblickt werden kann. Auch in § 46 Abs. 2 VwGG findet sich eine gleichartige Regelung („wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung ... keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages ... enthält“).
97 Vor diesem Hintergrund kann zum Verständnis des Wiedereinsetzungsgrundes des § 33 Abs. 4a VwGVG auf die zu den genannten Bestimmungen ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden.
98 Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner Rechtsprechung davon ausgegangen, der Umstand, dass dem Bescheid entgegen § 18 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1991 keine Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung angeschlossen sei, könne nicht als tauglicher Wiedereinsetzungsgrund angesehen werden (vgl. ; , 92/01/1111, 1112, jeweils mwN). Dabei berief sich der Verwaltungsgerichtshof bei der gemäß § 46 VwGG erfolgten Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages auf jene (frühere) Rechtslage, wonach gemäß § 18 Asylgesetz 1991 keine Verpflichtung der Behörde bestand, dem angefochtenen Bescheid einen Hinweis im Sinn des § 61a AVG in einer für den Fremden verständlichen Sprache beizufügen (vgl. , 0574).
99 Weiters wurde in einem Fall, in dem ein Asylwerber die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fehlens einer Übersetzung der Rechtsmittelbelehrung in eine ihm verständliche Sprache nach § 71 Abs. 1 Z 2 AVG begehrt hatte, vom Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dem Vorbringen, dass dem in dieser Bestimmung enthaltenen Wiedereinsetzungsfall die „Unterlassung einer Rechtsmittelbelehrung in einer verständlichen Sprache“ gleichzuhalten wäre, sei nicht zu folgen. Es sei - so der Verwaltungsgerichtshof weiter - dem Vorbringen, der Fremde müsse die Möglichkeit haben, von nachteiligen Verfahrensergebnissen faktisch Kenntnis zu erlangen, um entsprechend disponieren zu können, mit dem Hinweis zu begegnen, dass dem Fremden diese Möglichkeit nicht genommen und es an ihm gelegen sei, zumindest zu versuchen, sich nach Zustellung des Bescheides hinreichend Gewissheit zu verschaffen, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Es sei auch darauf zu verweisen, dass eine gesetzliche Vorschrift, wie sie später mit § 18 Abs. 1 zweiter Satz Asylgesetz 1991 geschaffen worden sei, (damals) noch nicht existiert gehabt habe und diese im Übrigen eine bloße Ordnungsvorschrift dargestellt habe (vgl. , unter Verweis auf VwGH 92/01/1111, 1112).
100 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof einem Wiedereinsetzungswerber, der betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung (in einer baurechtlichen Angelegenheit) die Ansicht vertreten hatte, es müsse (dort: in der Rechtsmittelbelehrung eines Bescheides) näher konkretisiert werden, was mit „Zustellung des abweisenden Bescheides“ gemeint sei, und es müsse auch über die fristauslösende Wirkung der Zustellung (dort: eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts) belehrt werden, entgegengehalten, dass ein solcher Hinweis - dort: in der Belehrung nach § 30 VwGVG - nicht erforderlich sei und die Belehrung des Gerichts den Anforderungen des § 30 VwGVG entsprochen habe. Mit dem Vorbringen des Fehlens einer - von einem Antragsteller vermissten, aber - gesetzlich nicht vorgesehenen Konkretisierung einer Rechtsmittelbelehrung könne ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund nicht dargelegt werden (vgl. ).
101 Soweit ersichtlich, hat sich der Verwaltungsgerichtshof aber mit der Frage noch nicht auseinandergesetzt, ob dem Fehlen einer (Rechtsmittel-)Belehrung in Bezug auf den darauf abstellenden Wiedereinsetzungsgrund das Fehlen der Übersetzung der (Rechtsmittel-)Belehrung gleichzuhalten ist, wenn das Gesetz - anders als in den oben zitierten Fällen - die Übersetzung der Belehrung anordnet.
102 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der zu § 71 Abs. 1 Z 2 AVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die danach zu bewilligende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand maßgeblich ist, ob sich die Rechtsmittelbelehrung für einen juristischen Laien, d.h. für eine mit den Verwaltungsvorschriften nicht vertraute Person, als irreführend darstellt, gleichgültig, ob sie durch einen Rechtsfreund vertreten ist oder nicht (vgl. , Rn. 23, mwN). Das Fehlen jeglicher Rechtsmittelbelehrung erfüllt den Tatbestand des § 71 Abs. 1 Z 2 erste Alternative AVG. Dem kommt grundsätzlich die Eignung zur Irreführung zu, was letztlich anhand eines - unvertretenen - juristischen Laien zu beurteilen ist (VwGH Ra 2016/16/0038, Rn. 24), was bei der Prüfung der Kausalität des Mangels der Rechtsmittelbelehrung für die Versäumung der Frist für die Erhebung des Rechtsmittels zu beachten ist und entsprechende Feststellungen zu treffen sind (vgl. VwGH Ra 2016/16/0038, Rn. 25, im dortigen Fall hatte das Verwaltungsgericht letztlich nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht, dass die fehlende Rechtsmittelbelehrung die mangelhafte oder mangelnde Vorstellung des Betreffenden vom Rechtsmittel nach sich gezogen hatte).
103 Jene Wiedereinsetzungsgründe, die auf das Fehlen oder die Unrichtigkeit bestimmter (gesetzlich gebotener) Belehrungen abstellen, wollen somit hintanhalten, dass eine zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimierte Person deshalb dieses Rechtsmittels endgültig verlustig geht, weil sie entgegen der der Behörde oder dem Gericht auferlegten Pflicht nicht oder nur unzureichend über dieses Rechtsmittel informiert wird. Rechtsnachteile, die in kausaler Weise aufgrund dieses der Behörde oder dem Gericht zuzurechnenden Verhaltens dazu führen, dass ein Rechtsmittel vom Berechtigten nicht innerhalb der gesetzlich eingeräumten Frist erhoben wird, sollen so vermieden werden.
104 Dann ist allerdings davon auszugehen, dass, wenn das Gesetz das Fehlen einer bestimmten Belehrung als einen Wiedereinsetzungsgrund kennt, auch das Fehlen einer Übersetzung immer dann erfasst wird, wenn - wie in § 12 Abs. 1 BFA-VG - die Übersetzung dieser Belehrung gesetzlich angeordnet und zudem gesetzlich festgelegt ist, dass dem Fehlen der Übersetzung oder einer unrichtigen Übersetzung, wenn damit auch das Fehlen der Übersetzung zu verstehen ist, die Eignung zukommen soll, eine Wiedereinsetzung begründen zu können.
105 Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass das Fehlen der Übersetzung der nach § 29 Abs. 2a VwGVG vorzunehmenden Belehrung einen Grund für die Wiedereinsetzung nach § 33 Abs. 4a VwGVG darstellen kann.
106 Damit der darauf gestützte Antrag erfolgreich ist, müsste allerdings zwischen dem Fehlen der Übersetzung dieser Belehrung und der Versäumung der Frist für die Antragstellung auf Herstellung einer (vollen) Ausfertigung ein kausaler Zusammenhang bestehen; der Revisionswerber also insoweit dadurch in die Irre geführt worden sein.
107 Der Sache nach hat das Bundesverwaltungsgericht, das lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 VwGVG geprüft hat, das Bestehen eines solchen kausalen Zusammenhanges im Sinn des § 33 Abs. 4a VwGVG verneint, weil es davon ausgegangen ist, der Revisionswerber sei der deutschen Sprache so weit mächtig, dass er den maßgeblichen Inhalt der ihm - gemeinsam mit der Niederschrift über die mündliche Verkündung der Entscheidung über seine Beschwerde - übersendeten, in deutscher Sprache gehaltenen Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG ohnedies erfasst habe. Träfe das zu, wäre dies grundsätzlich geeignet, den Wiedereinsetzungsgrund des § 33 Abs. 4a VwGVG als nicht gegeben anzunehmen.
108 Bei dieser Einschätzung hat sich das Bundesverwaltungsgericht allerdings ohne nähere Begründung allein darauf bezogen, dass der Revisionswerber Deutschkenntnisse auf dem „Niveau B1“ aufweise. Auf jenes Vorbringen, wonach es ihm dennoch nicht möglich sei, komplexere in deutscher Sprache abgefasste Sprachinhalte, wie sie die Belehrung nach § 29 Abs. 2a VwGVG darstelle, zu verstehen, ist das Verwaltungsgericht nicht weiter eingegangen. Ausreichende Feststellungen, die eine solche Beurteilung ermöglicht hätten, enthält der angefochtene Beschluss - offenkundig weil das Verwaltungsgericht solche in Verkennung der dargestellten Rechtslage als nicht entscheidungswesentlich angesehen hat - nicht. Das gilt auch für das nicht weiter geprüfte Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe mit der gewählten Vorgangsweise, nur einen Teil der „Rechtsmittelbelehrung“ nach § 12 Abs. 1 BFA-VG zu übersetzen, „Verwirrung gestiftet“.
109 Auch in Bezug auf die Beurteilung nach § 33 Abs. 1 VwGVG ist dem Bundesverwaltungsgericht ein maßgeblicher Fehler unterlaufen.
110 Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
111 Mangelnde Rechtskenntnis oder ein Rechtsirrtum kann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis darstellen, welches eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen kann. Wird ein solcher Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht, ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Partei an der Unkenntnis der Rechtslage bzw. am Rechtsirrtum ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden trifft (vgl. , mwN).
112 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des minderen Grades des Versehens als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf daher nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben. An berufliche rechtskundige Parteienvertreter ist dabei ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige Personen (vgl. etwa , mwN).
113 Die eine „ordentliche Prozesspartei“ treffende Sorgfaltspflicht schließt eine Informationspflicht über die Einbringungsfristen generell mit ein; dies gilt auch für unvertretene, rechtsunkundige Parteien (vgl. nochmals VwGH Ra 2019/05/0102, mwN).
114 Der Verwaltungsgerichtshof ist in jenen Fällen, in denen im Antrag auf Wiedereinsetzung behauptet wurde, der Inhalt der angefochtenen Entscheidung sei nicht in eine dem Fremden verständliche Sprache übersetzt worden, obgleich derartiges gesetzlich nicht vorgesehen war, davon ausgegangen, dass mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache als solche ohne Hinzutreten besonderer Umstände keinen Wiedereinsetzungsgrund darstellen können. Selbst einem in Haft befindlichen Fremden fehlt die Dispositionsfähigkeit nicht soweit, dass er allein deswegen zur Wahrung einer Rechtsmittelfrist außer Stande wäre. Auch das Zusammentreffen dieser Umstände (Inhaftierung und fehlende Deutschkenntnisse) vermag die Bewilligung eines Antrages auf Wiedereinsetzung noch nicht zu rechtfertigen. Der Fremde darf die Ungewissheit über den Inhalt und die Bedeutung des Bescheides nicht einfach auf sich beruhen lassen, sondern hat Schritte zu unternehmen, um seine Rechte zu wahren (vgl. etwa ; so auch , mwN, dort mit dem weiteren Hinweis, dass eine Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nicht allein schon durch das Fehlen einer gesetzlichen Anordnung, wonach die Behörde eine Übersetzung vorzunehmen habe, bewirkt werde).
115 Auf diese Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht gestützt, wenn es dem Revisionswerber vorgehalten hat, er habe sich in Kenntnis darüber, dass er gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsmittel erheben könne, befunden und dennoch dafür - wenn auch innerhalb der Frist zur Erhebung dieser Rechtsmittel - erst so spät Schritte gesetzt, dass zwischenzeitig die Frist für den Antrag auf Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung verstrichen sei.
116 Das Bundesverwaltungsgericht hat dabei aber dem Umstand nicht gebührend Beachtung geschenkt, dass im vorliegenden Fall - insoweit dem § 12 Abs. 1 BFA-VG entsprechend - die Belehrung gemäß § 30 VwGVG in eine dem Revisionswerber verständliche Sprache übersetzt wurde. Wenn ein Fremder infolge dieser - ihm verständlichen - Belehrung nun nicht davon ausgeht, dass im nicht übersetzten Teil des ihm zugestellten Schriftstückes noch ein zusätzlicher - ihm nicht verständlicher und an sich zu übersetzender - Hinweis auf die Notwendigkeit einer weiteren, für die Wahrung des Rechts auf Erhebung des Rechtsmittels essentiellen Prozesshandlung enthalten sei, vermag dies nicht ohne Weiteres die Annahme begründen, es sei von einer Person, die sich innerhalb der ihr aufgrund der diesbezüglichen Übersetzung zur Kenntnis gelangten Frist um zweckentsprechende Unterstützung für die Erhebung des Rechtsmittels bemüht, die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen worden.
117 Der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, das bei der Beurteilung nach § 33 Abs. 1 VwGG davon ausgegangen ist, dem Revisionswerber sei, weil er zwar innerhalb der für die Erhebung des Rechtsmittels an sich vorgesehenen Frist, aber nicht sogleich nach Zustellung der Niederschrift Beratung gesucht habe, ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorzuwerfen, war daher in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Dass aber die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, der Revisionswerber habe ohnedies den Inhalt der in deutscher Sprache gehaltenen Belehrung hinreichend verstanden, an maßgeblichen Ermittlungs- und Begründungsmängeln leiden, wurde bereits oben dargelegt. Auch die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts, es ergäbe sich schon aus der Nichtteilnahme an der Verhandlung, dass der Revisionswerber generell und immer - also auch in Bezug auf die hier einzuhaltende Frist für den Antrag auf (volle) Ausfertigung - die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in besonders nachlässiger Weise außer Acht lasse, lassen sich nicht auf dafür geeignete Feststellungen zurückführen. Aus den vorgelegten Verfahrensakten ergibt sich, dass der Revisionswerber Schritte gesetzt hat, um dem Bundesverwaltungsgericht einen - zumindest aus der Sicht des Revisionswerbers bestehenden und tauglichen - Entschuldigungsgrund für die Nichtteilnahme an der Verhandlung nachzuweisen.
118 Das Bundesverwaltungsgericht hat sohin mit der angefochtenen Entscheidung, soweit damit über den Antrag auf Wiedereinsetzung entschieden wurde, die Rechtslage verkannt und infolge dessen seine Entscheidung auch mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. In diesem Umfang war der angefochtene Beschluss daher wegen - vorrangig wahrzunehmender - Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
119 Die Zuerkennung von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | AVG §71 AVG §71 Abs1 Z1 AVG §71 Abs1 Z2 AVG §72 BFA-VG 2014 §12 Abs1 BFA-VG 2014 §33 EURallg VwGG §25a Abs4a VwGG §42 Abs2 Z1 VwGG §46 Abs1 VwGG §46 Abs2 VwGVG 2014 §29 Abs2a VwGVG 2014 §29 Abs2b VwGVG 2014 §29 Abs4 VwGVG 2014 §29 Abs5 VwGVG 2014 §30 VwGVG 2014 §33 VwGVG 2014 §33 Abs1 VwGVG 2014 §33 Abs2 VwGVG 2014 §33 Abs4a VwRallg 32013L0032 IntSchutz-RL Art11 Abs2 32013L0032 IntSchutz-RL Art12 Abs1 litf |
Schlagworte | Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021200393.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-45812